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    Plenarprotokoll 10/60 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 60. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. März 1984 Inhalt: Verzicht des Abg. Schröder (Lüneburg) auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 4229A Eintritt der Abg. Frau Dempwolf in den Deutschen Bundestag 4229 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Verlauf des EG-Gipfels in Brüssel Dr. Kohl, Bundeskanzler 4229 B Dr. Vogel SPD 4233 B Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 4237 C Frau Kelly GRÜNE 4242 A Genscher FDP 4244 D Beratung des Agrarberichts 1984 der Bundesregierung — Drucksachen 10/980, 10/981 — Kiechle, Bundesminister BML 4267 B Vizepräsident Westphal 4276 A Fragestunde — Drucksache 10/1171 vom 23. März 1984 — Verhinderung des Kaufs und Verkaufs von Ausbildungsplätzen MdlAnfr 6, 7 23.03.84 Drs 10/1171 Dr. Jannsen GRÜNE Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . 4248 A, B, C, D ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 4248B, D Blutspendenaufkommen und Organisation des Blutspendenwesens der Bundeswehr MdlAnfr 9, 10 23.03.84 Drs 10/1171 Pauli SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg 4248D, 4249 B, C, D, 4250A, B ZusFr Pauli SPD 4249 A, B, 4250 A ZusFr Frau Weyel SPD 4249C, 4250 B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD . . . 4249C, 4250 B ZusFr Berger CDU/CSU 4249 D Ausweisung des Ortes Wüschheim im Hunsrück als Operationsbasis für Cruise Missiles in Protokollen des US-Repräsentantenhauses MdlAnfr 11 23.03.84 Drs 10/1171 Frau Nickels GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg 4250 C, D, 4251A, B ZusFr Frau Nickels GRÜNE 4250C, D ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 4251A ZusFr Horacek GRÜNE 4251A ZusFr Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE . 4251 A Ergebnis der Erörterung der neuen amerikanischen Heeresdienstvorschrift „Field Manual 100/5" in einer Sitzung der NATO-Verteidigungsminister MdlAnfr 12 23.03.84 Drs 10/1171 Dr. Scheer SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg 4251 B, C, D, 4252A ZusFr Dr. Scheer SPD 4251 C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. März 1984 ZusFr Bahr SPD 4251 D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 4252 A Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für Teilnehmer an Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung MdlAnfr 17, 18 23.03.84 Drs 10/1171 Delorme SPD Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG 4252 A, C, D ZusFr Delorme SPD 4252 B, C ZusFr Frau Weyel SPD 4252 C Schutz der Verbraucher vor Frischmilch mit HCH-Rückständen; Verhinderung des Angebots als H- oder Trockenmilch MdlAnfr 20, 21 23.03.84 Drs 10/1171 Frau Weyel SPD Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG 4253 A, B, C, D, 4254 A, B, C, D, 4255 A ZusFr Frau Weyel SPD 4253C, D ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE . . 4254 A, B ZusFr Kastning SPD 4254B, C ZusFr Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 4254 C ZusFr Werner CDU/CSU 4254 D Wasserdampfverfahren als Alternative zur Begasung oder Bestrahlung von Gewürzen; Deklarationsmerkmale angeblich für den Export bestrahlter Lebensmittel MdlAnfr 26, 27 23.03.84 Drs 10/1171 Frau Dr. Vollmer GRÜNE Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG 4255 B, C, 4256 A, B, C ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE 4255 B, C, 4256 A ZusFr Frau Nickels GRÜNE 4256 B ZusFr Horacek GRÜNE 4256 C ZusFr Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE . 4256 C Differenz zwischen den über die Krankenkasse abgerechneten und den an das Statistische Bundesamt gemeldeten Schwangerschaftsabbrüchen MdlAnfr 28, 29 23.03.84 Drs 10/1171 Werner CDU/CSU Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 4256D, 4257 A, B, C, D, 4258 A, B, C, D ZusFr Werner CDU/CSU 4256 D, 4257 D ZusFr Pfeffermann CDU/CSU . 4257A, 4258 C ZusFr Frau Weyel SPD 4257A, 4258 A ZusFr Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 4257B, 4258 B ZusFr Becker (Nienberge) SPD 4258 B ZusFr Frau Hürland CDU/CSU 4258 C ZusFr Frau Nickels GRÜNE 4258 D Gebührenerhöhung der Technischen Überwachungsvereine MdlAnfr 32 23.03.84 Drs 10/1171 Schmidbauer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 4259 A, B ZusFr Schmidbauer CDU/CSU 4259 B Beantragung einer Anhebung der Behördengebühren durch die Bundesländer MdlAnfr 33 23.03.84 Drs 10/1171 Schmidbauer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 4259 B, C ZusFr Hornung CDU/CSU 4259 C Handel mit nicht in den Verkauf gekommenen Olympia-Briefmarken 1980 MdlAnfr 39, 40 23.03.84 Drs 10/1171 Pfeffermann CDU/CSU Antw PStSekr Rawe BMP . . 4259D, 4260 A, C, D, 4261 A, B ZusFr Pfeffermann CDU/CSU . . 4260 A, B, C, D ZusFr Becker (Nienberge) SPD 4261A ZusFr Kastning SPD 4261 B Verwirklichung des amerikanischen „Master-Restationing-Plan" (MRP); Einbringung der ÖTV-Forderungen auf arbeitsrechtliche Besserstellung der Arbeitnehmer bei den US-Streitkräften MdlAnfr 56, 57 23.03.84 Drs 10/1171 Stiegler SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 4261 C, D, 4262A, B ZusFr Stiegler SPD 4261 C, D, 4262A, B Änderung der 1976 erlassenen „Grundsätze über die Gewährung von Ausgleichszahlungen des Bundes an Gemeinden" nach Art. 106 Abs. 8 GG als Folge von Grundsteuermindereinnahmen MdlAnfr 58, 59 23.03.84 Drs 10/1171 Weiß CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Voss BMF . . 4262 B, D, 4263A ZusFr Weiß CDU/CSU 4262 D ZusFr Stiegler SPD 4263 A Verhinderung von Massenentlassungen bei den zum bundeseigenen Salzgitterkonzern gehörenden Howaldtswerken-Deutsche Werft MdlAnfr 60 23.03.84 Drs 10/1171 Gansel SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 4263 B, C ZusFr Gansel SPD 4263B, C ZusFr Pfuhl SPD 4263 C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. März 1984 III Verzicht auf Einzelnachweise bei der steuerlichen Behandlung der Kinderbetreuungskosten; Auslegung der Begriffe „Beaufsichtigung" und „Betreuung" MdlAnfr 61, 62 23.03.84 Drs 10/1171 Frau Huber SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 4263D, 4264 A, B, C, D ZusFr Frau Huber SPD 4264 A, B, C, D Bindung der gaststättenrechtlichen Erlaubnis an die Abgabe mindestens eines alkoholfreien Getränkes unter dem Preis alkoholischer Getränke aus Gründen des Jugendschutzes MdlAnfr 65 23.03.84 Drs 10/1171 Rapp (Göppingen) SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . 4265 A, C, D, 4266A ZusFr Rapp (Göppingen) SPD . . . . 4265B, C ZusFr Grünbeck FDP 4265 C ZusFr Pfuhl SPD 4265 D ZusFr Gansel SPD 4265 D Erteilung einer Exporterlaubnis für U-Boote nach Chile vor der Beschlußfassung des Bundestages über die Chile-Resolution MdlAnfr 71 23.03.84 Drs 10/1171 Gansel SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 4266B, D ZusFr Gansel SPD 4266C, D Nächste Sitzung 4276 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4277*A Anlage 2 Berufung und Zusammensetzung einer Zulassungs- und Aufbereitungs-Kommission „Organtherapeutische Therapierichtung und Stoffgruppe" sowie Existenz und Arbeitsergebnisse anderer Kommissionen nach dem Arzneimittelgesetz MdlAnfr 22, 23 23.03.84 Drs 10/1171 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG 4277* B Anlage 3 Verbot der Verwendung von rektifiziertem Traubenmostkonzentrat in Wein; Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland; Verwendung geeigneter Trauben und Moste für die Herstellung von rektifiziertem Traubenmostkonzentrat aus vorhandenen Anpflanzungen MdlAnfr 24, 25 23.03.84 Drs 10/1171 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG 4277* D Anlage 4 Reduzierung des Eisenbahnpersonenverkehrs in der Region Ingolstadt, insbesondere Streichung des IC-Haltepunkts MdlAnfr 34, 35 23.03.84 Drs 10/1171 Seehofer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . 4278* B Anlage 5 Glasfaserverkabelung in Schleswig-Holstein MdlAnfr 38 23.03.84 Drs 10/1171 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rawe BMP 4278* C Anlage 6 Verzögerung der Abschiebung von Asylbewerbern durch Folgeanträge im Sinne des Asylverfahrensgesetzes MdlAnfr 48, 49 23.03.84 Drs 10/1171 Dr. Hirsch FDP SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 4278* D Anlage 7 Belastung der Bundesbeamten durch Anpassung von Beihilfevorschriften an Landesregelungen MdlAnfr 50, 51 23.03.84 Drs 10/1171 Austermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 4279* B Anlage 8 Neugestaltung der steuerlichen Wohnungseigentums-Förderung und künftige steuerliche Behandlung von selbstgenutztem Wohnungseigentum MdlAnfr 53, 54 23.03.84 Drs 10/1171 Dr. Sperling SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . . 4279* C Anlage 9 Lieferung deutscher Hubschrauber, Panzertransporter und Flugabwehrraketen direkt oder über Drittländer an den Irak MdlAnfr 70 23.03.84 Drs 10/1171 Bindig SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4280* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. März 1984 4229 60. Sitzung Bonn, den 28. März 1984 Beginn: 8.30 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 30. 3. Breuer 28. 3. Brosi 30. 3. Dr. von Bülow 29. 3. Dr. Bugl 28. 3. Buschbom 30. 3. Curdt 30. 3. Dr. Ehrenberg 28. 3. Engelsberger 30. 3. Frau Fischer 30. 3. Dr. Hackel* 28. 3. Herterich 28. 3. Klein (München) 28. 3. Krizsan 29. 3. Liedtke 28. 3. Frau Dr. Martiny-Glotz 29. 3. Dr. Müller* 30. 3. Niegel 30. 3. Offergeld 30. 3. Porzner 30. 3. Schemken 28. 3. Schmidt (Hamburg) 30. 3. Schmidt (München) * 28. 3. Schmidt (Wattenscheid) 30. 3. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 3. Dr. Warnke 30. 3. Weiskirch (Olpe) 30. 3. Wischnewski 30. 3. Dr. Zimmermann 30. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 10/1171 Fragen 22 und 23): Wird die Bundesregierung entsprechend dem Arzneimittelgesetz eine Zulassungs- und Aufbereitungskommission für den humanmedizinischen Bereich „Organtherapeutische Therapierichtung und Stoffgruppe" berufen, und wie wird diese zusammengesetzt? Welche anderen Zulassungs- und Aufbereitungskommissionen nach dem Arzneimittelgesetz wurden bisher berufen, und wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse der Arbeit dieser Kommissionen? Zu Frage 22: Es ist nicht beabsichtigt, die bereits berufenen fünfzehn Kommissionen um weitere zu ergänzen. Die Zulassung und Aufbereitung von Arzneimitteln, die aus Organen gewonnen werden, sollten zweckmäßigerweise entsprechend ihren Anwendungsgebieten den bereits berufenen Zulassungs- und Aufbereitungskommissionen zugeordnet werden. Bei der Behandlung von Organpräparaten können sich Anlagen zum Stenographischen Bericht diese Kommissionen besonderer Schverständiger bedienen. Zu Frage 23: Im humanmedizinischen Bereich existieren eine Kommission für die Zulassung bisher unbekannter Arzneimittel und ein gestrafftes System von zehn Aufbereitungskommissionen für bekannte Arzneimittel, gegliedert nach Großgruppen der Anwendungsgebiete. Hinzu treten die Kommissionen für die Arzneimittel der Homöopathie, Anthroposophie und Phytotherapie die gleichzeitig die Zulassungsund Aufbereitungsaufgaben wahrnehmen. Eine Kommission betreut die Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren. Einzelheiten sind den Veröffentlichungen im Bundesanzeiger vom 13. April 1977 und 22. April 1982, die ich Ihnen gern zugänglich machen werde, zu entnehmen. Die Bundesregierung ist im übrigen in ihrem Bericht über Erfahrungen mit dem Arzneimittelgesetz (BT-Drucksache 9/1355) umfassend auf die Arbeit der Zulassungs- und Aufbereitungskommissionen eingegangen. Ich kann mich daher hier auf grundsätzliche Feststellungen beschränken, daß sich die Beteiligung des in den Kommissionen versammelten Sachverstandes positiv auf das Zulassungsverfahren ausgewirkt hat. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Fragen der Abgeordneten Frau Will-Feld (CDU/ CSU) (Drucksache 10/1171 Fragen 24 und 25): Wird die Bundesregierung bei den weiteren Verhandlungen in Brüssel die Beschlußempfehlung des Bundesrates zum Einsatz von rektifiziertem Traubenmostkonzentrat (RTK) (BR-Drucksache 543/83) vom 24. Februar 1984 dahin gehend aufnehmen, daß die Ersetzung des Zuckers durch rektifiziertes Traubenmostkonzentrat abgelehnt wird, und kann die Bundesregierung bestätigen, daß bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Verbots der Verwendung von rektifiziertem Traubenmostkonzentrat in Wein aus den Weinbaugebieten der Bundesrepublik Deutschland anhängig ist? Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Beschlußempfehlung des Bundesrates zum Einsatz von rektifiziertem Traubenmostkonzentrat (RTK) (BR-Drucksache 543/83), und hat sie bereits Vorstellungen, wie kontrolliert werden soll, daß für die Herstellung von RTK nur geeignete Trauben und Moste aus vorhandenen Anpflanzungen verwendet werden? Zu Frage 24: Wie ich Ihnen schon in meinem Schreiben vom 30. Dezember 1983 erklärt habe, hat die Bundesregierung ein Verbot der Saccharose als Anreicherungsmittel von Anfang an abgelehnt. Sie hat deshalb auch den Vorschlag der Kommission, dies in der Verordnung (EWG) Nr. 337/79 ab 16. März 1989 vorzuschreiben, die Zustimmung versagt. Im selben Schreiben habe ich Ihnen auch mitgeteilt, daß die EG-Kommission wegen des im Weinge- 4278* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. März 1984 setz enthaltenen Verbots, RTK zur Anreicherung von Landwein und von Qualitätswein zu verwenden, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat. In diesem Verfahren hat die Kommission am 23. Februar 1984 die mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben, die nach Artikel 169 des EWG-Vertrags Voraussetzung für die Klageerhebung zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist. Zu Frage 25: Nach dem geltenden Gemeinschaftsrecht bleibt Saccharose wie bisher als Anreicherungsmittel zulässig. Die Bundesregierung geht daher davon aus, daß die Weinwirtschaft weiterhin von diesem ihr vertrauten und in der Anwendung problemlosen Stoff gebrauch machen wird. Gleichwohl hat die Bundesregierung in Brüssel darauf gedrängt, daß in der Gemeinschaft strenge Kontrollmaßnahmen zur Überwachung der Produktion und des Transports von RTK wie auch seiner Anwendung geschaffen werden. Hierzu ist durch Änderung der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften die Beförderung mit Begleitdokument in gekennzeichneten Normbehältnissen mit einem fälschungssicheren Verschluß bis zum Anwender vorgesehen. Dieser hat dann die Verwendung in seiner Weinbuchführung abzuschreiben. Der Entwicklung praxisgerechter Nachweismethoden für Saccharose und RTK wird die Bundesregierung auch künftig besondere Aufmerksamkeit widmen. Die geschmackliche Neutralität von RTK ist bei Einhaltung der gemeinschaftlichen Begriffsbestimmung gewährleistet. Daß keine Rebflächen zum Zwecke der RTK-Produktion angelegt werden dürfen, ist der übereinstimmende Wille aller Mitgliedstaaten. Die Kontrolle hierüber obliegt den Überwachungsorganen der Erzeugermitgliedstaaten. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Seehofer (CDU/CSU) (Drucksache 10/1171 Fragen 34 und 35): Plant die Deutsche Bundesbahn in der Region Ingolstadt eine Reduzierung ihres Angebots auf der Schiene oder gar Streckenstillegungen? Trifft es zu, daß zukünftig IC-Züge nicht mehr über Ingolstadt geführt werden und dafür mehr D-Züge eingesetzt werden sollen? Zu Frage 34: Ich beantworte Ihre Frage mit nein. Zu Frage 35: Zum Jahresfahrplan 1984/85 (Beginn 3. Juni 1984) wird nach Mitteilung der zuständigen Deutschen Bundesbahn keine grundsätzliche Änderung der Bedienung von Ingolstadt durch Fernzüge vorgenommen. Künftig werden lediglich bei den IC-Zügen IC 583 (Bremen—München) statt IC 581 (Hamburg—München) und bei den D-Zügen FD 723 (Dortmund—Berchtesgaden) statt D 883 (Rheine—München) in Ingolstadt halten. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rawe auf die Frage des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 10/1171 Frage 38): Wann soll nach den Plänen der Bundesregierung mit der Glasfaserverkabelung in Schleswig-Holstein begonnen werden, und teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß für dieses Bundesland wegen seiner Randlage neue Dienste der Telekommunikation genauso wichtig wie überregionale Verkehrsanbindungen sind? Die Deutsche Bundespost beabsichtigt, zum frühest möglichen Zeitpunkt mit dem nachfrage- und rentabilitätsorientierten Ausbau eines langfristig einzurichtenden Glasfasernetzes für neue Breitbanddienste der Individualkommunikation zu beginnen. Bis zur Realisierung optischer Übertragungen in der Ortsebene sind aber noch eine Reihe technischer und wirtschaftlicher Fragen zu klären, so daß mit einer Diensteinführung auf der Basis optischer Nachrichtentechnik erst zu Beginn des nächsten Jahrzehnts zu rechnen ist. Es ist selbstverständlich, daß beim Ausbau der Netze zur gegebenen Zeit auch die Interessen des Landes Schleswig-Holstein und seine besondere geographische Situation berücksichtigt werden. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hirsch (FDP) (Drucksache 10/1171 Fragen 48 und 49): In wie vielen Fällen wurden 1982 und 1983 von Asylbewerbern sogenannte „Folgeanträge" im Sinne des Asylverfahrensgesetzes gestellt? In wie vielen Fällen blieben diese Anträge erfolglos, und haben sie zu einer merklichen Verzögerung der Abschiebung von Asylbewerbern geführt? Zu Frage 48: Das Asylverfahrensgesetz unterscheidet zwischen beachtlichen und unbeachtlichen Folgeanträgen. Nach dem Asylverfahrensgesetz werden dem Bundesamt nur beachtliche Folgeanträge zur Entscheidung zugeleitet. Eine Erfassung dieser Anträge erfolgt erst seit dem 1. Januar 1983. Im Jahre 1983 sind 1 581 beachtliche Folgeanträge an das Bundesamt weitergeleitet worden. Nach dem Asylverfahrensgesetz entscheiden über unbeachtliche Folgeanträge die Ausländerbehörden in eigener Zuständigkeit. Das Bundesamt erhält von diesen unbeachtlichen Folgeanträgen nur Kenntnis, soweit sie ihm von den Ausländerbehörden gemeldet werden. Im Jahre 1983 sind dem Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. März 1984 4279* Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge insgesamt 2 449 unbeachtliche Folgeanträge gemeldet worden. Es ist aber davon auszugehen, daß die tatsächliche Zahl der unbeachtlichen Folgeanträge erheblich höher ist. Da auch die Länder unbeachtliche Asylanträge im allgemeinen nicht zentral erfassen, vermag die Bundesregierung die genaue Zahl dieser Anträge nicht anzugeben. Zu Frage 49: Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, das nur über beachtliche Folgeanträge zu entscheiden hat, behandelt diese Anträge wie Erstanträge. Die Entscheidungen darüber werden deshalb auch nicht gesondert erfaßt. Die Bundesregierung kann somit nicht beantworten, in wie vielen Fällen beachtliche Folgeanträge erfolglos geblieben sind. Unbeachtliche Folgeanträge verzögern die Abschiebung von Asylbewerbern, da gegen die Abschiebungsandrohung das Verwaltungsgericht regelmäßig angerufen und vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung beantragt wird. Nicht selten stellen Ausländer einen zweiten und dritten Folgeantrag, um die Durchsetzung ihrer Ausreisepflicht zu verzögern. Die Ausländerbehörden sollen hierdurch vorgesehene Verfahren immer von neuem einleiten, um durch Rechtsbehelfeinlegung den Vollzug der Abschiebung hinauszuschieben. In diesen Fällen wird die Abschiebung nicht selten erheblich verzögert. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Austermann (CDU/CSU) (Drucksache 10/1171 Fragen 50 und 51): Zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Zielsetzung beabsichtigt die Bundesregierung, neue Beihilfevorschriften zu verabschieden? Ist dabei insbesondere zu erwarten, daß durch Anpassung an die Regelungen einzelner Bundesländer eine zusätzliche Belastung der Beamten des Bundes zu besorgen ist? Ziel der in Abstimmung mit den Ländern erarbeiteten Neuordnung des Beihilferechts des Bundes ist die dringend gebotene Rechts- und Verwaltungsvereinfachung, die erforderliche Vereinheitlichung dieses Rechtsgebietes, aber auch die ebenso notwendige Beseitigung von Fehlentwicklungen. Dadurch wird gleichzeitig ein Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen geleistet. Diese Zielsetzung würde gefährdet, wenn in der Neuordnung Regelungen vorgesehen würden, die mit den Grundsätzen beamtenrechtlicher Krankenfürsorge unvereinbar sind und deswegen von den Ländern nicht mitgetragen würden. Der Bundesminister des Innern, der nach § 200 des Bundesbeamtengesetzes für den Erlaß der Beihilfevorschriften zuständig ist, wird daher Regelungen einzelner Bundesländer nicht in die Neuordnung aufnehmen, die zu zusätzlichen Belastungen führen. Nach seiner Auffassung ist durch die bereits erbrachten Sparbeiträge die Belastungsgrenze der Beamten und Versorgungsempfänger erreicht. Über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuordnung ist eine abschließende Entscheidung noch nicht ergangen, sie wird in Kürze getroffen werden. Es ist jedoch gewährleistet, daß zwischen Verkündung und Inkrafttreten eine ausreichende Anpassungsfrist von etwa 6 Monaten vorgesehen wird. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache 10/1171 Fragen 53 und 54): Treffen Meldungen zu, daß die Bundesregierung bei der Neugestaltung der steuerlichen Wohneigentums-Förderung von einem umschichtbaren Finanzvolumen von 7,2 Milliarden DM ausgeht? Ist es zutreffend, daß die Bundesregierung davon ausgeht, daß selbstgenutztes Wohneigentum steuerlich künftig prinzipiell wie ein Konsumgut behandelt werden soll? Über die langfristigen Perspektiven der Wohnungsbauförderung, insbesondere über die Neugestaltung der steuerlichen Regelungen für das selbstgenutzte Wohneigentum nach Auslaufen der Ende 1982 beschlossenen, zeitlich befristeten Maßnahmen hat am 14. Februar 1984 ein erstes Gespräch zwischen den Ministern Dr. Stoltenberg und Dr. Schneider stattgefunden. Fachbeamte des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und des Bundesministeriums der Finanzen prüfen derzeit verschiedene mögliche Elemente und Formen einer Neuregelung der steuerlichen Behandlung des Wohneigentums im Hinblick auf ihre finanziellen Auswirkungen, die damit verbundenen steuerlichen Aspekte und ihre wohnungspolitische Wirksamkeit. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Zu Einzelfragen, zum Beispiel ob selbstgenutztes Wohneigentum zukünftig als Konsum- oder Investitionsgut behandelt wird, kann ich deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Stellungnahme abgeben. Die Bundesregierung wird, wie ich Ihnen bereits am 25. Januar 1984 mitgeteilt habe, zu gegebener Zeit das Ergebnis ihrer Prüfung mitteilen und einen Lösungsvorschlag unterbreiten, der den in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 4. Mai 1983 formulierten Zielen entspricht, daß viele Bürger Wohneigentum erwerben können, steuerliche Verzerrungen beseitigt und familienfreundliche Lösungen angestrebt werden. 4280* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. März 1984 Es wird angestrebt, vor der Sommerpause eine Kabinettvorlage zu erarbeiten, aus der sich die neuen Rahmenbedingungen ergeben. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 10/1171 Frage 70): Treffen Angaben von „sipri" zu, wonach Hubschrauber des Typs BO-105 — direkt und über Drittländer — sowie Panzertransporter und Roland-Flugabwehrraketen über die deutsch-französische Firma Euromissile an den Irak geliefert werden, und hat die Bundesregierung hierfür die gesetzlich vorgeschriebenen Ausfuhrgenehmigungen erteilt? Der Export der militärischen Version des Hubschraubers BO 105 ist nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz genehmigungspflichtig; Genehmigungen für den Export solcher Hubschrauber direkt oder über Drittländer in den Irak sind nicht erteilt worden. Dagegen ist der Export von zehn zivilen Hubschraubern in den Irak im Jahre 1978 nach dem Außenwirtschaftsgesetz genehmigt worden. Genehmigungen für den Export speziell für Panzertransporte konstruierter Fahrzeuge aus der Bundesrepublik Deutschland direkt oder über Drittländer in den Irak sind ebenfalls nicht erteilt worden. Nicht auszuschließen ist, daß zivile Hubschrauber des Typs BO 105, die nicht mit genehmigungspflichtigen Navigationsgeräten ausgestattet sind, und Fahrzeuge, die nicht für militärische Zwecke besonders konstruiert sind, wie z. B. Zugmaschinen, Tieflader oder handelsübliche Lastkraftwagen, für deren Export es daher keiner Genehmigung bedarf, in den Irak geliefert worden sind. Die Firma Euro-Missile exportiert die im Rahmen einer Gemeinschaftsproduktion hergestellten Roland-Flugabwehrraketen in eigener Verantwortung und im Rahmen der französischen Exportregelungen für Rüstungsgüter.
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    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fakten sind unbestreitbar: Nach dem Gipfel von Stuttgart, nach dem Gipfel von Athen ist jetzt auch der Gipfel von Brüssel gescheitert. Der Gemeinschaft droht die Zahlungsunfähigkeit, mehr noch: Die europäische Idee selbst droht zu ersticken: an nationalen Egoismen, an überwuchernder Bürokratie, an einem abstoßenden Gegensatz zwischen europäischer Rhetorik und europäischer Wirklichkeit.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir alle sind endgültig in Gefahr, eine der wichtigsten Errungenschaften, eine der wichtigsten Zielsetzungen nach 1945 zu verspielen, nämlich die europäische Einigung.
    Wir nehmen das, Herr Bundeskanzler, nicht zum Anlaß von Schuldvorwürfen im innenpolitischen Meinungsstreit. Wir erinnern uns allerdings daran, daß Sie als Sprecher der Opposition anders gehandelt haben,

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: So ist es!)

    daß Sie unsere europäische Gesinnung damals immer wieder in Zweifel gezogen, ja daß Sie mehr als einmal versucht haben, die Sozialisten und die Sozialdemokraten als die eigentlichen Gegner der europäischen Einigung hinzustellen.

    (Zustimmung bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wir zahlen das nicht mit gleicher Münze zurück. Daß Frau Thatcher keine Sozialistin ist, wissen Sie ohnehin. Daß der Sozialist Mitterrand an der Spitze derer stand und steht, die Europa in Brüssel und auch sonst zum Erfolg führen wollten und wollen, haben Sie dankenswerterweise selber anerkannt.

    (Beifall bei der SPD)

    Übrigens, in diesem Zusammenhang noch eine geschichtliche Reminiszenz: Wir Sozialdemokraten haben schon vor 60 Jahren als erste politische Kraft in diesem Lande in unserem Heidelberger Programm die Schaffung einer europäischen Wirtschaftseinheit und die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa gefordert. Wir sind dieser Forderung in den sechs Jahrzehnten stets treu geblieben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wissen, daß es zu Europa keine Alternative gibt. Deshalb wollen wir, daß alle politischen Kräfte unseres Landes, daß das ganze Gewicht unserer Bundesrepublik auf ein Ziel gerichtet wird, nämlich auf die Beendigung der Krise, auf die Überwindung der Rückschläge, auf neue Fortschritte zur europäischen Einigung. Dahinter muß alles andere zurückstehen. Darum verzichte ich auch auf die Frage und ihre Erörterung, ob Sie, Herr Bundeskanzler, während Ihrer Präsidentschaft und auch in Athen und in Brüssel wirklich alles getan haben, um das Scheitern zu verhindern. Ihr Ja auf diese Frage in der Regierungserklärung, die Sie soeben abgegeben haben, klang da ein wenig zu selbstgerecht. Uns fällt jedenfalls auf, daß die Berichte in der internationalen Presse darüber nicht verstummen, daß Sie in der Schlußphase der Brüsseler Verhandlungen eher Verwirrung ausgelöst und dadurch eher zum Schei-



    Dr. Vogel
    tern als zum Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen beigetragen haben.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Marx [CDU/ CSU]: Unsinn! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich lasse das auf sich beruhen. Ich stelle fest: Wir brauchen Europa, die Völker der Gemeinschaft wollen Europa, auch die Welt braucht Europa. Sie braucht den mäßigenden, ausgleichenden Einfluß, den ein einiges Europa auf die weltpolitische Entwicklung nehmen kann. Ein einiges, selbstbewußtes, zur Selbstbehauptung entschlossenes Europa könnte in diese Entwicklung sein wirtschaftliches Gewicht, seine geschichtlichen Erfahrungen und seine geistigen Traditionen einbringen. Es könnte die Konfrontation zwischen den Weltmächten mildern — auch durch eine eigenständigere Verantwortung für seine Sicherheit und seine Verteidigung. Es könnte schädliche Einflüsse auf die Weltwirtschaft, wie sie gegenwärtig vor allem von der amerikanischen Defizit- und Hochzinspolitik ausgehen, zurückdrängen. Es könnte technologisch wieder schneller zu den Vereinigten Staaten und zu Japan aufschließen. Es könnte der Dritten Welt als ein verantwortungsbewußter Partner begegnen.
    Die Vernunft sagt uns: Das sind gemeinsame Ziele. Deshalb sind wir weiterhin bereit, die Bundesregierung bei der Überwindung der gegenwärtigen Krise konstruktiv zu unterstützen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das heißt Zustimmung, wo Sie auf dem richtigen Wege sind, das heißt aber auch Warnung vor Irrwegen, das heißt weiterführende Vorschläge oder Widerspruch, wo beides im Interesse des gemeinsamen Zieles geboten erscheint.
    Herr Bundeskanzler, wir unterstützen das Bemühen, erneut die Verständigung mit Irland und Großbritannien zu suchen. Der Übergang zu einer gerechteren Lastenverteilung innerhalb der Gemeinschaft bedeutet dafür eine Hilfe. Aber dieser Versuch muß mit der Frage verbunden werden, ob wirklich alle Mitglieder die europäische Einigung anstreben oder ob einzelne in Wahrheit doch nur eine Freihandelszone wollen, ob es um die Bewahrung und die Stärkung einer politischen Gemeinschaft oder nur um günstigere Bedingungen zur Erlangung nationaler Vorteile geht. Diese Frage muß gestellt und beantwortet werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Es muß wohl auch daran erinnert werden, daß es ein Brite, daß es Winston Churchill war, der in seiner berühmten Zürcher Rede im Jahre 1946 die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa, also einer sehr engen Gemeinschaft, vorgeschlagen hat. Wenn es hier zwischen Winston Churchill und Frau Thatcher einen Widerspruch gibt, dann entscheiden wir uns für Winston Churchill und gegen Frau Thatcher!

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir bekräftigen, daß ohne eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Paris und Bonn Fortschritte kaum möglich sind.
    Wir begrüßen, daß über den Beitritt Spaniens und Portugals nun offenbar Einvernehmen erzielt worden ist. Daß dieser Beitritt finanzielle Folgen hat, wissen wir, aber die Iberische Halbinsel gehört zu Europa, und die ausgestreckten Hände der Demokratien, die in beiden Ländern mit unserer Hilfe Diktaturen überwunden haben, wollen und dürfen wir nicht zurückweisen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir anerkennen schließlich, daß sich die Agrarminister überhaupt über einen Kompromiß verständigt haben. Wir wissen, daß dies seit mehr als zehn Jahren nicht gelungen war, und wir verkennen nicht, daß erstmals eine Kostenbegrenzung — genauer gesagt, eine Verlangsamung des weiteren Kostenanstiegs — zustande kam.
    Aber wir sind mit dem sachlichen Inhalt des Kompromisses mehr als unzufrieden. Der Kompromiß bedeutet keine wirkliche Umkehr. Er macht nicht die finanziellen Mittel frei, die die Gemeinschaft dringend für andere Aufgaben braucht. Er wird auch zu einer weiteren Wucherung der Bürokratie führen, und er wird die Existenz kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe gefährden und diesen Betrieben jede Perspektive nehmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Er wird die kleinen und mittleren Betriebe gefährden, aber den Milchfabriken in Holland und anderswo, die im wesentlichen mit importierten Futtermitteln sinnlose Überschüsse produzieren, kaum Abbruch tun.

    (Beifall bei der SPD)

    Auf diesem Hintergrund verstehen wir auch die nachdrücklichen Proteste eines beträchtlichen Teils der Landwirte, nämlich der einkommensschwächeren, derer, die schon vom gegenwärtigen Agrarmarktsystem unterdurchschnittlichen Nutzen haben. Gerade sie warnen wir aber: Lassen Sie sich nicht vor den Karren der Großproduzenten spannen, und seien Sie mißtrauisch, wenn einer von den Großen, wenn Herr Heereman

    (Zustimmung bei der SPD)

    sich an dem Kunststück versucht, als Ihr Präsident gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung, als CDU-Bundestagsabgeordneter hier in diesem Saal aber für diese Politik zu sein und einzutreten!

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir Sozialdemokraten sind jedenfalls auf sein Abstimmungsverhalten gespannt, wir sind gespannt, ob er heute das Wort nimmt, wir sind gespannt, wie er diesen Zwiespalt auflösen will.

    (Rühe [CDU/CSU]: Sie wissen doch, daß die Debatte zeitlich begrenzt ist!)

    Ich füge hinzu: Nur über den Preis, ohne ergänzende direkte Einkommensübertragung, wird es für



    Dr. Vogel
    die einkommensschwächeren Landwirte keine befriedigende Regelung geben,

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    obwohl gerade sie einen besonderen Beitrag zur Erhaltung einer ökologisch gesunden Umwelt leisten.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Agrarfabrikanten, die Lagerhalter und die Exporteure werden wie bisher die eigentlichen Nutznießer dieses Systems bleiben.
    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn in diesen Tagen von Europa und der Verwendung der finanziellen Mittel der Gemeinschaft die Rede ist, verfestigt sich bei den Menschen draußen der Eindruck, dieses Europa sei ausschließlich ein Europa der Landwirtschaft, nein, es sei ein Europa der sinnlosen Überschußproduktion. Soll die Gemeinschaft Bestand haben — das gilt für uns alle in diesem Haus —, dann muß das geändert werden. Dann muß Europa endlich auch zum Europa der Arbeitnehmer werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Sorgen der Arbeitnehmer — ich nenne die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Sicherung und Fortentwicklung der Mitbestimmung und der sozialen Sicherungssysteme — müssen endlich den gleichen Rang einnehmen wie die Sorgen anderer, zahlenmäßig viel kleinerer Gruppen. Es darf nicht so bleiben, daß die Arbeitnehmer die Milliarden aufbringen, diese dann anderen zufließen und sogar noch bewirken, daß die Arbeitnehmer für die so geförderten Produkte überhöhte Preise bezahlen,

    (Beifall bei der SPD — Eigen [CDU/CSU]: Unerhört!)

    Preise, die gar nicht allein den Bauern, sondern vielmehr in großem Umfang der Nahrungsmittelindustrie und dem Nahrungsmittelhandel zugute kommen.

    (Eigen [CDU/CSU]: Sie müssen noch viel lernen, Herr Vogel! Sie wissen zu wenig davon! — Zuruf des Abg. Gallus [FDP])

    Darum verlangen wir von der Bundesregierung verstärkte Anstrengungen für eine europäische Beschäftigungs-, Technologie-, Forschungs- und Industriepolitik, die diesen Namen wirklich verdient. Den Ankündigungen, Herr Bundeskanzler, die wir gerade gehört haben, müssen jetzt auf diesem Gebiet Taten folgen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Stercken [CDU/ CSU]: Unbezahlbar!)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Vogel, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Gallus?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich möchte meine Ausführungen im Zusammenhang vortragen.