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    Plenarprotokoll 10/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der türkischen Nationalversammlung 3663 B Aktuelle Stunde betr. Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch chlorierte Kohlenwasserstoffe Frau Dr. Hickel GRÜNE 3623 B Boroffka CDU/CSU 3624 B Frau Dr. Hartenstein SPD 3625 B Baum FDP 3626 B Dr. Göhner CDU/CSU 3627 A Duve SPD 3627 D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 3628 C Müller (Düsseldorf) SPD 3629 C Fellner CDU/CSU 3630 C Lennartz SPD 3631 C Dr. Hirsch FDP 3632 C Sauermilch GRÜNE 3633 C Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 3634 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 3635A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wischnewski, Herterich, Bindig, Dr. Holtz, Voigt (Frankfurt) und der Fraktion der SPD Lage in Mittelamerika — Drucksache 10/279 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Entwicklungsprogramm Karibik und Zen- tralamerika — Drucksache 10/239 — Wischnewski SPD 3636 A Klein (München) CDU/CSU 3642 C Schäfer (Mainz) FDP 3646 A Frau Gottwald GRÜNE 3650 A Genscher, Bundesminister AA 3654 B Dr. Holtz SPD 3659 C Lamers CDU/CSU 3663 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 3666 D Frau Luuk SPD 3669 D Dr. Pinger CDU/CSU 3672 B Dr. Rumpf FDP 3675A Vizepräsident Frau Renger 3642 B Nächste Sitzung 3676 D Anlage I Liste der entschuldigten Abgeordneten 3677* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3677* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 3623 51. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1984 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 27. 1. Dr. Ahrens * 27. 1. Frau Dr. Bard 27. 1. Berschkeit 27. 1. Bohl 27. 1. Brosi 27. 1. Brück 27. 1. Büchner (Speyer) * 27. 1. Dr. von Bülow 27. 1. Dr. Dollinger 27. 1. Dr. Dregger 27. 1. Dreßler 27. 1. Duve 27. 1. Dr. Ehmke (Ettlingen) 27. 1. Ertl 27. 1. Gallus 27. 1. Gerstl (Passau) * 27. 1. Dr. Götz 27. 1. Grünbeck 27. 1. Haar 27. 1. Handlos 27. 1. Hartmann 27. 1. Dr. Hauchler 27. 1. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 1. Heimann 27. 1. Herkenrath 27. 1. Jansen 27. 1. Kirschner 27. 1. Kolbow ** 27. 1. Dr. Kreile 27. 1. Kretkowski 27. 1. Kroll-Schlüter 27. 1. Dr. h. c. Lorenz 27. 1. Lowack 27. 1. Lutz 27. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 27. 1. Dr. Meyer zu Bentrup 27. 1. Dr. Müller 27. 1. Müller (Wadern) 27. 1. Offergeld 27. 1. Petersen ** 27. 1. Reuschenbach 27. 1. Rohde (Hannover) 27. 1. Dr. Rose 27. 1. Roth (Gießen) 27. 1. Schluckebier 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Schmidt (Wattenscheid) 27. 1. Frau Schoppe 27. 1. Schröder (Lüneburg) 27. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 27. 1. Spilker 27. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 27. 1. Stücklen 27. 1. Tietjen 27. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Vahlberg 27. 1. Verheugen 27. 1. Voigt (Sonthofen) 27. 1. Weisskirchen (Wienloch) 27.1. von der Wiesche 27. 1. Wissmann 27. 1. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 22 Tit. 559 31 - NATO-Frühwarnsystem AWACS - - Drucksache 10/699 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 15 02 Tit. 652 11 des Haushaltsjahres 1983 (Beihilfen an junge Zuwanderer für ihre Schul- und Berufsausbildung) - Drucksache 10/623 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 12 Tit. 681 01 - Arbeitslosenhilfe (Alhi) - Drucksache 10/734 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 11 Tit. 682 01 - Erstattung von Fahrgeldausfällen - Drucksache 10/735 - Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Steuerliche und finanzielle Maßnahmen zur Investitionsförderung - Drucksache 10/133 Nr. 9 - Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Schutz der Dialysepatienten durch größtmögliche Verringerung der Aluminiumexposition - Drucksache 10/376 Nr. 74 - Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag einer Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind - Drucksache 10/873 Nr. 29 - Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Anwendung des Beschlusses zur Ermächtigung der Kommission, im Rahmen des neuen Gemeinschaftsinstruments Anleihen zur Investitionsförderung in der Gemeinschaft aufzunehmen - Drucksache 10/92 Nr. 24 - Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 unter Bezug auf § 17 Abs. 5 Postverwaltungsgesetz den Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 1984 übersandt. Der Voranschlag liegt im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Denn ich habe im Moment die Aufmerksamkeit der GRÜNEN-Fraktion in einer Weise, wie man das nicht immer haben kann, und möchte deshalb die wirklich kurze Zeit, die Sie bis zur Durchführung der Rotation hier bei uns sein werden, nutzen, um Ihnen unsere Politik noch zu vermitteln.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Lachen bei den GRÜNEN — Schwenninger [GRÜNE]: Jetzt auch noch diese Masche! — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Bald rotiert jemand ganz anders! Im Moment „wörnert" es! — Weitere anhaltende Zurufe von den GRÜNEN)

    — Also, das Wort „Masche", Herr Kollege, stammt nicht von mir. Aber wenn Sie damit sagen wollten, daß Ihre Erklärung vor der Wahl, Sie wollten die Mandate nach zwei Jahren wechseln, eine Wahlmasche war, dann wird das für Ihre Wähler eine außerordentlich interessante Information sein, die etwas mit Ihrer politischen Glaubwürdigkeit zu tun hat. —

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Bundesminister, ich darf Sie noch einmal fragen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wischnewski?

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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich möchte meine Ausführungen gern fortsetzen, Herr Kollege Wischnewski. —
    Mittelamerika ist seit vielen Jahren ein gefährliches Spannungsgebiet; das kann niemand bestreiten. Die Völker dieser Region ringen um eine gerechte politische, wirtschaftliche und soziale Ordnung. Sie wollen demokratische Institutionen. Sie fordern eine eigenständige Entwicklung, die frei von fremden Einflüssen ist. Da kann es gar keinen Zweifel geben, daß die Ursachen der gegenwärtigen Auseinandersetzungen zunächst einmal in überkommenen, nicht mehr tragfähigen wirtschaftlichen und sozialen Strukturen liegen.
    Die wirtschaftlichen und finanziellen Probleme haben zu einer Krise der Gesellschaftssysteme vieler mittelamerikanischer Länder geführt. Der



    Bundesminister Genscher
    Glaube an gewaltsame Lösungen hat sich leider ausgebreitet — wir müssen das sehen —, nachdem Wünsche über lange Zeit, Wünsche nach Reformen, mit nichts anderem als mit Repression beantwortet worden sind.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Sehen Sie, es wäre ganz falsch, wenn man eben erwachende demokratische Hoffnungen jetzt mit anderer Form und anderer politischer Zielrichtung der Repression beantworten würde. Das ist doch das Problem.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Dann soll man aber die Interventionstruppen wegnehmen! — Frau Gottwald [GRÜNE]: Das müssen Sie uns doch nicht sagen, Herr Genscher!)

    Das kann man nur objektiv tun, wenn man für die Gefahren von links und rechts für die Demokratie und nicht nur von der einen Seite ein scharfes Auge hat. Die Gefahren aus beiden Richtungen muß man sehen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Wir sind blockfrei! Sie nicht, Herr Genscher!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Länder brauchen wirtschaftliche und finanzielle Hilfe von außen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist eine Hühneraugenphilosophie, die Sie hier entwickeln!)

    Diese Unterstützung ist gegenwärtig in besonderem Maße notwendig.

    (Abg. Voigt [Frankfurt] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Ich hatte darum gebeten, meine Ausführungen zu Ende führen zu können, weil ich im Interesse der Redezeit der anderen Redner der Koalition nicht übermäßig lange sprechen will.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    — Ich bedauere wirklich, daß ich Ihnen nicht noch mehr erzählen kann. Ich würde das tun; denn ich halte Sie zwar für langfristig einseitig festgelegt, aber doch noch überzeugbar und gewinnbar.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Im Gegensatz zu Ihnen! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    Diese Unterstützung ist gegenwärtig in besonderem Maße notwendig; denn die Auswirkungen der weltweiten wirtschaftlichen Rezession, hohe Zinsen, sinkende Exporterlöse, erdrückende Schuldenlasten erschweren die eigenen Anstrengungen der Länder um Gesundung und Erneuerung. Ich habe manchmal den Eindruck, daß in der Diskussion über Zentralamerika vielleicht ein bißchen überstark auch innenpolitische Gegensätze aus diesem Lande auf die Außenpolitik übertragen werden, statt über die brennenden Probleme der Menschen dort zu sprechen, die sie unabhängig davon haben, wer dort gerade die Regierungsgewalt hat. Armut drückt auch dort, wo eine andere politische Richtung diese Armut prolongiert.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Das müssen Sie bei Ihrer Wirtschaftspolitik im internationalen Rahmen gerade sagen! Wenn es international um das Zahlen geht, ist die Bundesregierung der erste, der nicht zahlt! Das ist doch furchtbar!)

    — Sie können uns doch dazu keine Vorwürfe machen; denn wir sind auf jeden Fall eine Regierung, die in der Lage ist, unser Land aus einer schweren wirtschaftlichen Krise herauszuführen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Auf Kosten der Dritten Welt! — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Erst würgen Sie ihnen was rein, dann würgen Sie es wieder raus!)

    Das erklärt auch, warum wir bei der friedlichen Entwicklungshilfe eine so hervorragende internationale Position haben, während Länder, die ein anderes politisches System haben, nur eine einzige Spitzenposition haben,

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Fragen Sie doch Herrn Warnke, der lobt das Geschäft doch immer!)

    nämlich die Spitzenposition bei Waffenlieferungen in Krisengebiete, wo in Wahrheit Traktoren, Schulen und Krankenhäuser gebraucht werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Wer klatscht da? Waffenexporteure!)

    Mittelamerika liegt nicht isoliert. Was sich dort entwickelt und was dort geschieht, hat seine Auswirkungen auf die umliegenden Nachbarländer, auf ganz Lateinamerika. Da zeigt sich, daß unsere Auffassung, daß die Lösung von regionalen Problemen am besten in der Hand von politischen Kräften aus der Region liegt, nicht nur von uns für richtig gehalten, sondern auch von den Staaten der Region bejaht wird. Deshalb unterstützen wir die ContadoraInitiative.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Aus dem Satz ist die Luft raus!)

    Wir haben das von Anfang an getan, wir werden das auch in Zukunft tun. Da werden wir die Vorschläge, die jetzt gemacht worden sind, sehr genau prüfen; aber wir werden uns auch das Recht vorbehalten zu prüfen, welches der Länder, das diese Verpflichtungen unterzeichnet hat, sie wirklich erfüllt oder wer dort mit der Unterschrift nur einen guten Konferenzabgang haben wollte.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Wer hat denn schon etwas gemacht und wer nicht? — Weitere Zurufe von den GRÜNEN — Dr. Marx [CDU/CSU]: Ich möchte gern zuhören, Herr Präsident!)

    Deshalb kommt es jetzt darauf an, daß wir alle unsere politischen Möglichkeiten einsetzen, daß es zur Durchführung der Entscheidungen kommt, die durch die Vermittlung der Contadora-Staaten zustande gekommen sind, und daß wir durch unsere



    Bundesminister Genscher
    Politik dazu beitragen, diejenigen zu ermutigen, die das ernsthaft wollen. Es kommt darauf an, daß wir sagen, wir werden nicht achtlos daran vorübergehen, wenn selbst-erklärte Verpflichtungen nicht eingehalten werden.
    Ich glaube, daß wir unsere Verantwortung am besten erfüllen, wenn wir bei der Auseinandersetzung über die Entwicklung in Zentralamerika ein Land nicht als Nebenpunkt behandeln, das eigentlich ein Beispiel setzen sollte, wie Zentralamerika politisch sein könnte. Ich meine das Land Costa Rica.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist ein Land, meine Damen und Herren, mit einer funktionierenden Demokratie, mit schwersten ökonomischen Problemen, über deren Ursache ich nicht reden will — die nicht nur von außen kommen; aber das ist ein innenpolitisches Problem der dort agierenden politischen Kräfte. Wir sollten durch unsere Hilfe für Costa Rica zeigen, daß dies ein Modellfall für ein unabhängiges Land sein kann, für ein Land, das durch demokratische Struktur — das ist mehr als nur Pluralität — und durch eine weitgehend marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung, aber auch durch rechtzeitige soziale Reformen — Costa Ricas soziale Reformen werden oft übersehen — eine relativ stabile Demokratie geschaffen hat.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Darüber sind wir aber froh!)

    Das, was heute Costa Rica bedroht, ist nicht innere soziale oder politische Instabilität. Was Costa Rica heute bedroht, ist die Gefahr, mehr und mehr in die Auseinandersetzungen anderer Staaten hineingezogen zu werden,

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Weil Pastora da ist! Der operiert von Costa Rica aus!)

    Objekt einer Instabilitätspolitik zu werden.
    Das Beispiel Costa Rica sollten Sie sich einmal genau ansehen, weil es das Land Zentralamerikas ist, das frühzeitig auf eigene Streitkräfte verzichtet hat, das heute gegenüber solchen Aktivitäten praktisch wehrlos ist und das gerade wegen dieser Wehrlosigkeit unserer besonderen politischen und wirtschaftlichen Unterstützung bedarf.
    Nun haben Sie, Frau Kollegin Gottwald, eine Bemerkung gemacht, die der Vertiefung bedarf.

    (Dr. Wulff [CDU/CSU]: Die hat noch nie zugehört!)

    Sie haben gesagt: Man kann ja nicht erwarten, daß sich überall in der Dritten Welt die demokratischen Entwicklungen so vollziehen, wie wir uns das hier in der Bundesrepublik Deutschland vorstellen.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Genau!) Da haben Sie absolut recht.


    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: In zwei Weltkriegen!)

    Das muß übrigens auch für alle Teile der Welt gelten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Richtig!)

    Unsere Auffassung, daß in der Blockfreienbewegung die Grundsätze der Unabhängigkeit, aber auch der nationalen Identität verwirklicht sein sollten, deckt sich genau mit dieser Auffassung. Wir können und wir wollen nicht Lehrmeister sein

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Dann lassen Sie es!)

    für die inneren Strukturen in diesen Ländern.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Verzichten Sie darauf; damit bin ich zufrieden!)

    Was wir anbieten können, ist das Beispiel unserer eigenen Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Bloß nicht! Nein!)

    Costa Rica ist ein solches Land, das dieses Beispiel positiv angenommen hat.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Das kann man der ganzen Dritten Welt nicht antun!)

    Diese Länder wissen, daß dieses Beispiel auch für sie gut ist.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Die sind bis über beide Ohren verschuldet, Herr Genscher!)

    Denn unsere gute wirtschaftliche Lage ermöglicht es uns — ich muß es Ihnen noch einmal sagen, auch wenn Sie es nicht gern hören —, bei der friedlichen Entwicklungshilfe mit an der Spitze der Welt zu stehen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

    Sagen wir es einmal deutlich: Wir, die Bundesrepublik Deutschland, leisten mehr als doppelt soviel staatliche Entwicklungshilfe

    (Schwenninger [GRÜNE]: Entwicklungsgeschäft!)

    als alle Staaten des Warschauer Pakts zusammengenommen.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Weil Sie mehr als 100 % daran verdienen, Herr Genscher! Weil es ein so gutes Geschäft ist!)

    Wo wir nicht konkurrenzfähig sind, das sind die Waffenexporte. Dabei wollen wir das auch gar nicht sein. Ich spreche noch gar nicht von den privaten Investitionen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, es wird uns in der Mittelamerikapolitik mehr weiterhelfen — und damit auch den Völkern dort weiterhelfen —, wenn der Deutsche Bundestag weniger Vergangenheitsbewältigung betreibt oder versucht, Ost-West-Gegensätze oder Parteifamiliengegensätze in seine Debatte zu tragen, sondern wenn wir gemeinsam prüfen, wie wir dazu beitragen können, daß die Ziele und politischen Vorstellungen der Contadora-Gruppe verwirklicht werden. Es würde uns mehr helfen, wenn wir in unseren Parteifamilien in der Europäischen Gemeinschaft dafür sprächen, daß die anderen Mitgliedstaaten wie wir, die Bundesregierung, dafür eintreten, daß



    Bundesminister Genscher
    die Europäische Gemeinschaft eine besondere Verantwortung in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Zentralamerika erkennt, und wenn es gelingt, dieses Programm durch eine Gemeinschaft in die Tat umzusetzen, die auch nicht im Verdacht steht, diese Region dominieren zu wollen.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Sie steht in einem anderen Verdacht!)

    Daß hier ein Machtgefälle zwischen einem großen Nachbarn im Norden und kleineren Ländern besteht, ist doch objektiv richtig. Deshalb wird diese Zusammenarbeit mit der Europäischen Gemeinschaft ein Beitrag zur Selbständigkeit und Unabhängigkeit sein. Denn eines weiß die ganze Welt: Die Staaten der Europäischen Gemeinschaft und die Bundesrepublik Deutschland leisten Hilfe, um Hunger und Not zu überwinden. Wir wollen, daß überall in der Welt die Menschenrechte gewahrt werden. Aber was wir niemals verlangt haben und was wir um der Glaubwürdigkeit unserer Politik der Zusammenarbeit mit den Staaten der Dritten Welt willen auch nie tun werden, ist, daß wir erwarten, daß wir unser politisches System exportieren. Ich sage noch einmal: Wir zeigen es als Beispiel. Wir zeigen es als Modell. Wir wissen, daß nicht alles, was in Europa richtig ist, auf Asien, Afrika oder Amerika übertragbar ist.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Es ist nicht einmal in Europa richtig!)

    Ich stelle aber fest, Frau Kollegin — damit komme ich auf Costa Rica zurück —, im zentralamerikanischen Raum zeigt dieses Land doch, daß es durchaus möglich ist, die Grundsätze von Demokratie zu bejahen, die wir für richtig halten. Man kann Demokratie nicht durch Begriffe wie „Partizipation" als ersetzt gelten lassen, wie Sie das genannt haben. Das sind schöne Verschleierungen

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Das heißt Beteiligung!)

    dafür, daß man sich, wenn man an der Macht ist, nicht der Entscheidung der Wähler über Ablösung oder Bestätigung stellen will. Das ist der Punkt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Deshalb wird es unsere Aufgabe sein, uns in der Zentralamerikapolitik zuerst darauf zu konzentrieren, die sozialen und wirtschaftlichen Ursachen der Instabilität zu überwinden, alles zu tun, damit der West-Ost-Gegensatz nicht auf diese Region übertragen wird, und unseren Beitrag dazu leisten, daß diese Staaten ihre Unabhängigkeit stärken können.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Sagen Sie etwas zu USA, Herr Genscher!)

    Wenn wir das tun, dann dienen wir auch unseren europäischen Interessen.
    Ich erinnere an das, was ich Ihnen zur KubaKrise gesagt habe: Der Frieden in Zentralamerika ist nicht nur der Frieden dieser Völker, er ist nicht nur der Frieden der Vereinigten Staaten, an deren Frieden wir allerdings interessiert sind, weil sie auch Garant unseres Friedens sind, der Frieden dort ist auch unser Frieden. Wenn wir so an diese Aufgabe herangehen, kann sogar diese Diskussion und Debatte noch eine sachliche und konstruktive Definition dessen geben, was uns gemeinsam bewegen sollte. Das ist die Unterstützung der Politik der Contadora-Staaten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Schwenninger [GRÜNE]: Kein Wort zu USA!)