Rede:
ID1005105200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Bundesminister: 1
    6. des: 1
    7. Auswärtigen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der türkischen Nationalversammlung 3663 B Aktuelle Stunde betr. Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch chlorierte Kohlenwasserstoffe Frau Dr. Hickel GRÜNE 3623 B Boroffka CDU/CSU 3624 B Frau Dr. Hartenstein SPD 3625 B Baum FDP 3626 B Dr. Göhner CDU/CSU 3627 A Duve SPD 3627 D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 3628 C Müller (Düsseldorf) SPD 3629 C Fellner CDU/CSU 3630 C Lennartz SPD 3631 C Dr. Hirsch FDP 3632 C Sauermilch GRÜNE 3633 C Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 3634 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 3635A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wischnewski, Herterich, Bindig, Dr. Holtz, Voigt (Frankfurt) und der Fraktion der SPD Lage in Mittelamerika — Drucksache 10/279 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Entwicklungsprogramm Karibik und Zen- tralamerika — Drucksache 10/239 — Wischnewski SPD 3636 A Klein (München) CDU/CSU 3642 C Schäfer (Mainz) FDP 3646 A Frau Gottwald GRÜNE 3650 A Genscher, Bundesminister AA 3654 B Dr. Holtz SPD 3659 C Lamers CDU/CSU 3663 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 3666 D Frau Luuk SPD 3669 D Dr. Pinger CDU/CSU 3672 B Dr. Rumpf FDP 3675A Vizepräsident Frau Renger 3642 B Nächste Sitzung 3676 D Anlage I Liste der entschuldigten Abgeordneten 3677* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3677* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 3623 51. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1984 Beginn: 8.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 27. 1. Dr. Ahrens * 27. 1. Frau Dr. Bard 27. 1. Berschkeit 27. 1. Bohl 27. 1. Brosi 27. 1. Brück 27. 1. Büchner (Speyer) * 27. 1. Dr. von Bülow 27. 1. Dr. Dollinger 27. 1. Dr. Dregger 27. 1. Dreßler 27. 1. Duve 27. 1. Dr. Ehmke (Ettlingen) 27. 1. Ertl 27. 1. Gallus 27. 1. Gerstl (Passau) * 27. 1. Dr. Götz 27. 1. Grünbeck 27. 1. Haar 27. 1. Handlos 27. 1. Hartmann 27. 1. Dr. Hauchler 27. 1. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 1. Heimann 27. 1. Herkenrath 27. 1. Jansen 27. 1. Kirschner 27. 1. Kolbow ** 27. 1. Dr. Kreile 27. 1. Kretkowski 27. 1. Kroll-Schlüter 27. 1. Dr. h. c. Lorenz 27. 1. Lowack 27. 1. Lutz 27. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 27. 1. Dr. Meyer zu Bentrup 27. 1. Dr. Müller 27. 1. Müller (Wadern) 27. 1. Offergeld 27. 1. Petersen ** 27. 1. Reuschenbach 27. 1. Rohde (Hannover) 27. 1. Dr. Rose 27. 1. Roth (Gießen) 27. 1. Schluckebier 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Schmidt (Wattenscheid) 27. 1. Frau Schoppe 27. 1. Schröder (Lüneburg) 27. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 27. 1. Spilker 27. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 27. 1. Stücklen 27. 1. Tietjen 27. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Vahlberg 27. 1. Verheugen 27. 1. Voigt (Sonthofen) 27. 1. Weisskirchen (Wienloch) 27.1. von der Wiesche 27. 1. Wissmann 27. 1. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 22 Tit. 559 31 - NATO-Frühwarnsystem AWACS - - Drucksache 10/699 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 15 02 Tit. 652 11 des Haushaltsjahres 1983 (Beihilfen an junge Zuwanderer für ihre Schul- und Berufsausbildung) - Drucksache 10/623 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 12 Tit. 681 01 - Arbeitslosenhilfe (Alhi) - Drucksache 10/734 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 11 Tit. 682 01 - Erstattung von Fahrgeldausfällen - Drucksache 10/735 - Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Steuerliche und finanzielle Maßnahmen zur Investitionsförderung - Drucksache 10/133 Nr. 9 - Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Schutz der Dialysepatienten durch größtmögliche Verringerung der Aluminiumexposition - Drucksache 10/376 Nr. 74 - Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag einer Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind - Drucksache 10/873 Nr. 29 - Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Anwendung des Beschlusses zur Ermächtigung der Kommission, im Rahmen des neuen Gemeinschaftsinstruments Anleihen zur Investitionsförderung in der Gemeinschaft aufzunehmen - Drucksache 10/92 Nr. 24 - Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 unter Bezug auf § 17 Abs. 5 Postverwaltungsgesetz den Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 1984 übersandt. Der Voranschlag liegt im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gabriele Gottwald


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Rumpf, ich muß sagen, ich finde diesen Umgang der Sandinisten mit den Misquito-Indianern sehr unglücklich.

    (Dr. Pinger [CDU/CSU]: Verbrecherisch!)

    Übrigens ist das aber gar nichts Besonderes, weil die Sandinisten selber ihren Umgang mit den Misquito-Indianern mittlerweile unmöglich finden und deswegen auch versuchen, heute eine andere Politik gegenüber den Misquitos zu machen, als sie das Anfang der 80er Jahre getan haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das gelingt ihnen nur nicht!)

    Ich zitiere noch einmal aus dem Antrag der CDU/ CSU und FDP:
    Es liegt nicht im Interesse der westlichen Demokratien, daß Diktatur und Unterdrückung in einzelnen Ländern bestehenbleiben ...
    Ich finde es schon bemerkenswert, wie wichtig es ist, was alles nicht oder doch im Interesse des Westens liegt. Die CDU/CSU sollte der Vollständigkeit halber dazuschreiben: Es liegt nicht im Interesse westlicher Demokratien, wenn Staaten der Dritten Welt ihren eigenen Weg gehen wollen, wie wir am Beispiel Nicaraguas sehen. — Das ist aber wiederum eine ganz andere Sache.
    Man kann der sandinistischen Regierung viele Fehler vorwerfen, aber man kann ihr nicht absprechen, daß sie stets versucht hat, ihren Zielen — gemischte Wirtschaft, politischer Pluralismus und Blockfreiheit — in der Praxis gerecht zu werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Man kann aber sehr wohl behaupten, daß die Vereinigten Staaten von Anfang an alles mit allen Mitteln versucht haben, damit dieses Modell nicht funktionieren kann.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Man kann auch über Militarisierung in Nicaragua lamentieren, ebenso über die zahlreichen Waffenkäufe aus der UdSSR, über die Militärberater aus Kuba und über die Wehrpflicht in Nicaragua. Gerade für uns GRÜNE sind das besorgniserregende Faktoren. Es gibt aber keinen Sinn, dies ständig zu konstatieren — wie es z. B. die Bundesregierung tut —, wenn man nicht die Ursachen dafür benennt. Die USA führen Krieg gegen Nicaragua. Die Nicaraguaner müssen ihr Land, ihre Kooperativen, ihre Bauern gegen die von den USA ausgebildeten Banden an der Grenze zu Honduras verteidigen. Sollen sie die Waffen dafür vielleicht in den USA kaufen?
    Nehmen Sie den Tatbestand der äußeren Aggression doch endlich einmal zur Kenntnis, und leugnen Sie ihn nicht ständig. Die Frage ist: Wer destabilisiert eigentlich wen? Destabilisiert Nicaragua vielleicht die USA? Es ist eine unglaubliche Frechheit, daß in der Antwort der Regierung auf die SPDAnfrage nicht einmal der Begriff Militärpolitik der USA in Zentralamerika vorkommt.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Was ist das für eine Friedenspolitik dieser Regierung, die auf dem linken Auge völlig übersichtig geworden ist, dafür aber auf dem rechten Auge völlig blind,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    die sich mit penetranter Konsequenz weigert, die Kriege ihres Bündnispartners überhaupt zur Kenntnis zu nehmen,

    (Richtig! bei den GRÜNEN)

    dafür aber von dem Wahn besessen ist, hinter jeder sozialrevolutionären Entwicklung in der Dritten Welt stehe der große Bruder aus dem Osten.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Das zweite große Problem in Zentralamerika ist El Salvador. In El Salvador haben sich weite Teile



    Frau Gottwald
    der Bevölkerung zum erbitterten Kampf gegen ein Regime entschlossen, das zur Aufrechterhaltung der herrschenden Ausbeutungsverhältnisse Verfolgung, Folter und politische Morde zum täglichen Regierungsgeschäft gemacht hat. Die Opposition hat mittlerweile eine solche politische und militärische Stärke entwickelt, daß das Militärregime ohne US-Hilfe längst zusammengebrochen wäre.
    Todesschwadrone und Killerkommandos, deren Chef der jetzige Präsident der verfassunggebenden Versammlung ist, beherrschen das Land. Daß sie sich aus Teilen der Regierungsarmee zusammensetzen und deshalb eine Trennung von Militär und Todesschwadronen nur schwer möglich ist, bestätigte uns selbst der Präsident des Landes, als eine Delegation des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit im November 1983 dort war. Diese Tatsache macht übrigens mittlerweile selbst dem amerikanischen Präsidenten Sorge.
    Nur die Bundesrepublik ist nicht in der Lage, der Realität zu folgen. Auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Waltemathe antwortete sie, daß nach ihren Informationen den salvadorianischen Regierungskräften keine rechtswidrigen Handlungen unterstellt werden könnten. Wer im Fall von El Salvador von Demokratisierungsprozessen und von der Verbesserung der Menschenrechtslage spricht, leugnet die Realität und widerspricht allen Untersuchungen internationaler Menschenrechtsorganisationen —

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    außer natürlich den Untersuchungen, die die USRegierung selber angestellt hat.

    (Schily [GRÜNE]: Herr Jaeger wird jetzt wahrscheinlich für Abhilfe sorgen!)

    Die Wahlen im März dieses Jahres werden, falls sie überhaupt stattfinden, die Situation nicht verändern. Ganz abgesehen davon, daß sich die Opposition an den Wahlen nicht beteiligen darf und kann — was die Freiheit der Wahlen unabhängig von den zu erwartenden Wahlfälschungen nicht gerade freier macht —, wird der Wahlausgang die faktischen Machtverhältnisse nicht berühren. Selbst unter der christdemokratischen Duarte-Regierung Anfang 1980 hat es Menschenrechtsverletzungen in großem Umfang gegeben. Die März-Wahlen lassen die Greueltaten des Militärs unberührt. Sie bieten allenfalls eine neue Fassade für die Legitimierung weiterer ausländischer Hilfe. Darauf spekuliert wohl auch die Bundesregierung bei ihrem Beschluß, wieder Entwicklungshilfe zu zahlen.
    In der Antwort auf die SPD-Anfrage ist darüber hinaus das Loblied der Bundesregierung auf die Agrarreform sehr verwunderlich. In El Salvador gibt es keine in weitem Umfang eingeleitete Agrarreform, wie es in der Antwort geschrieben steht. Die entscheidende Phase zwei der Agrarreform, die den Hauptteil des großen und mittleren Grundbesitzes des Kaffeeanbaus betreffen sollte, ist nie durchgeführt worden. Die verbleibenden Teile dieser Reform sind in der Umsetzung von den Militärs massiv gestört worden. Im Dezember 1983 ist auf
    Druck der Oligarchie die Agrarreform von der verfassunggebenden Versammlung faktisch gestoppt worden. Sollte das dem Auswärtigen Amt wiederum entgangen sein?

    (Zuruf von den GRÜNEN: Natürlich!)

    Mittelamerika ist auf Grund seiner sozialen Problematik und der politischen Repression zum Unruheherd geworden, der nach Veränderung und Überwindung dieser Situation schreit. Die USA sorgen dafür, daß das nicht passiert.
    Die USA führen in Zentralamerika und der Karibik auf allen Ebenen und mit unterschiedlicher Intensität Krieg: politisch, ökonomisch, militärisch, offen, verdeckt, direkt oder mit regionalen Helfershelfern wie z. B. Honduras. Wer es bis dahin noch immer nicht glauben wollte, daß die USA jederzeit mit militärischen Überfällen kalkulieren, wenn ihnen in der Region eine Regierung nicht in den Kram paßt, wer es immer noch nicht wußte, konnte sich am 25. Oktober 1983 noch einmal ein Lehrstück in Sachen Demokratie anschauen. Grenada, das seit 1979 einen Weg der politischen und ökonomischen Unabhängigkeit zu gehen versuchte,

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ha, ha, ha!)

    wurde von US-Truppen und einigen ostkaribischen Feigenblattsoldaten besetzt. — Daß Sie die Invasion begrüßen, Herr Marx, ist mir klar.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ich heiße nicht Marx! — Heiterkeit — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Bayerische Gebirgsjäger waren auch dabei!)

    Dies geschah, sehr verehrte Kollegen von der CDU/CSU, im Namen der Freiheit, versteht sich.
    Wir können aus der Politik der Vereinigten Staaten folgendes Fazit ziehen: Die USA behindern nach besten Kräften eine durchgreifende strukturelle Lösung der sozialen Konflikte in den einzelnen Ländern der Region. Sie wollen weiterhin günstige Investitionsbedingungen für das US-Kapital und billige Arbeitskräfte in den jeweiligen Ländern garantiert wissen. Sie wollen aus geostrategischen Gründen im gesamten karibischen Becken umfassende Kontrollen behalten und benötigen dafür überall Militärstützpunkte, die sie auch aufbauen. Sie wollen ihre politische Vormachtstellung demonstrieren sowie ihre Bereitschaft, überall in der Welt ihre Interessen durchzusetzen.
    Ab Oktober 1983 wurden seitens der USA Schritte zur Wiederbelebung des zentralamerikanischen Verteidigungsrates Condeca gegen Nicaragua unternommen. Die Einberufung des interamerikanischen Verteidigungspakts TIAR gegen Nicaragua wurde ebenfalls erwogen.
    Die Gesamtstrategie der USA als Geflecht von politischen, ökonomischen und militärischen Maßnahmen mit dem Schwerpunkt auf militärischen Lösungen zeigt sich besonders gut im Bericht der von der Reagan-Administration eingesetzten Kissinger-Kommission. Diese Kommission wurde von Reagan eingesetzt. Das Ergebnis fiel dementsprechend aus. Kernstück des Berichts ist die Militärhilfe. Der Bericht geht wie die Reagan-Administration



    Frau Gottwald
    von der absurden Annahme aus, die Sicherheit der USA in dieser Region werde von der Sowjetunion und Kuba bedroht. Damit wird auch weiterhin der Ost-West-Gegensatz an die Stelle der eigentlichen Ursachen der Konflikte in der Region gesetzt, nämlich der sozialen Auseinandersetzungen im Innern der einzelnen Länder. Dieser Bericht ist letztlich ein Freibrief für Reagan, seine Kriegspolitik in Zentralamerika mit noch höheren finanziellen Mitteln als bisher fortsetzen zu können.
    Den Empfehlungen der Kissinger-Kommission stehen die Vereinbarungen der Contadora-Staaten mit den fünf zentralamerikanischen Ländern von Anfang 1984 direkt gegenüber. Die Zielrichtung des Kissinger-Berichts und die der Contadora-Initiative widersprechen sich.
    Die Bundesregierung hat sich entschlossen, all diese Fakten nicht zur Kenntnis zu nehmen. Auf alle Fälle spricht sie nie darüber, wie man an der Antwort auf die SPD-Anfrage sehen kann. Oder sie streitet diese Fakten ab, wie Minister Genscher auf der Botschafterkonferenz in San José im Oktober 1983. Eine aggressive Politik der USA gegen Nicaragua gebe es nicht, war seine Aussage in einem dpa-Interview.
    Warum diese Politik? Es geht offensichtlich um Höheres als um die Konflikte in Mittelamerika. Es geht um das Nordatlantische Bündnis. Um jeden Preis muß eine Kritik am Bündnispartner USA vermieden werden. Um jeden Preis muß die innenpolitische Diskussion über die Konsequenzen der US-Politik vermieden werden, auch um den Preis der eigenen Glaubwürdigkeit.
    Daß bei einer solchen Politik Peinlichkeiten und verheerende Widersprüche auftauchen, läßt sich nicht vermeiden. Nachdem die USA nach monatelangen Sabotageversuchen die Contadora-Initiative verbal unterstützen, da sie ihr keine Bedeutung mehr beimessen, gibt die Bundesregierung auch ein Lippenbekenntnis dazu ab. In ihrer Antwort auf die SPD-Anfrage begrüßt die Bundesregierung auch die Unterstützung der fünf mittelamerikanischen Staaten für Contadora, vergißt dabei aber zu erwähnen, daß just im Oktober 1983 vier dieser Staaten den mittelamerikanischen Verteidigungspakt Condeca unter Anleitung der USA gegen Nicaragua wiederbelebt hatten.
    Im Januar 1984 erscheint der Kissinger-Bericht, dessen Empfehlungen die Bundesregierung aufs heftigste begrüßt. Die Verdoppelung der Wirtschaftshilfe für El Salvador findet sie ausgezeichnet. Daß Nicaragua kein Geld bekommt, stört sie nicht. Sie hat offensichtlich ähnliche Pläne. Die Militärhilfe an El Salvador, Honduras und Guatemala wird nicht erwähnt, wie überhaupt unerwähnt bleibt, daß die Konzeption des Kissinger-Berichts primär eine militärische ist und die Wirtschaftshilfe als flankierende Maßnahme gedacht ist.
    Die Bundesregierung unterstützt nun zwei Initiativen, die einander grundsätzlich widersprechen. Contadora ist für Entmilitarisierung und Einstellung externer Militärhilfe; die Kissinger-Kommission ist für massive Aufrüstung der reaktionären
    Militärdiktaturen zwecks Vorbereitung eines regionalen Krieges. Wen stört's?
    In bezug auf Nicaragua gehen die Widersprüche weiter. Ich zitiere:
    Der Bundesregierung liegen Informationen über einen aggressiven Ideologieexport und eine Destabilisierungspolitik Nicaraguas vor.
    So lautet eine Antwort des Auswärtigen Amtes vom 6. Dezember 1983 auf meine Frage, warum die Finanzhilfe an Nicaragua nicht ausgezahlt wird. Übrigens liegen mir andere Informationen vor. Außerdem hatte ich nicht nach Informationen, sondern nach Beweisen gefragt.
    Nebenbei bemerkt: Wenn Sie wissen wollen, was Ideologieexport ist, dann lesen Sie einmal die Entschließung des Deutschen Bundestages zur personellen Entwicklungshilfe der Bundesrepublik auf Drucksache 9/2220. Wenn Sie das lesen, dann wissen Sie, was Ideologieexport ist! — Ja, Herr Lamers, Sie wissen, was darin steht, sonst würden Sie nicht so lachen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Angaben über die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit deri Staaten Zentralamerikas in der Antwort auf die SPD-Anfrage betrachte ich als bewußte Irreführung. Nicaragua als das angeblich am meisten geförderte Land anzugeben soll wohl von der Tatsache ablenken, daß es seit 1981 keine Finanzhilfe mehr erhalten hat und daß diese Bundesregierung dabei ist, die Zahlungen ganz einzustellen. Es ist überhaupt sehr interessant, welche Begründungen für die Nichtauszahlung der 40 Millionen DM Finanzhilfe vom BMZ gegeben werden. Unter anderem behauptet das Ministerium, Nicaragua habe zu wenige Projekte eingereicht und es gebe keinerlei Mittelzusage von seiten der Bundesrepublik.
    Als nun die Delegation des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit im November 1983 in Nicaragua war, mußte sie folgendes feststellen: Die Anzahl der vorgeschlagenen Projekte ist mehr als ausreichend gewesen. Es existiert außerdem eine mündliche Zusage in Form einer Verbalnote von 1981 über eben diese 10 Millionen DM Warenhilfe für bereits gekaufte Landmaschinen aus der Bundesrepublik, die jetzt offensichtlich mit noch ausstehenden Schulden seitens Nicaraguas verrechnet werden sollen. Die Aussagen des BMZ, die es uns gegenüber vorher gemacht hatte, waren offensichtlich falsch.
    Was völlig fehlt, ist — so haben wir in Nicaragua festgestellt — eine Kommunikation des BMZ mit der nicaraguanischen Regierung über die angeblichen Vorbehalte gegenüber den eingereichten Projektvorschlägen. Was fehlt, ist offensichtlich der politische Wille zur Auszahlung der Gelder.

    (Zuruf von der SPD: Das ist es!)

    Dieses Problem hat das BMZ bei El Salvador nicht. Welche Projekte sind eigentlich für El Salvador vorgesehen? Basisnahe Kleinprojekte, die stets angestrebt werden, werden in der gegenwärtigen Situation kaum durchgeführt werden können. Was
    3654 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984
    Frau Gottwald
    bleibt, sind Infrastrukturmaßnahmen, die auch bereits als Ersatzprojekte ausgeschrieben sind. AEG-Telefunken war schon in El Salvador, wie uns dort im November der Planungsminister mitteilte. Für Nicaragua werden die Renovierung und der Ausbau des Fernmeldewesens verweigert, weil es sich laut BMZ bei Infrastrukturmaßnahmen stets um strategische Projekte handele. Trifft das bei El Salvador eigentlich nicht zu?
    Fazit: Die Bundesregierung verfolgt eine Mittelamerikapolitik, die sich streng an die Vorgaben der USA anlehnt,

    (Zuruf von den GRÜNEN: So ist es!)

    diese begleitet und ergänzt. Sie legitimiert das Vorgehen der USA in der Region, übernimmt deren Feindbilder und teilt deren antikommunistische Doktrin.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Sie stellt damit die sozialen und politischen Konflikte der Region in den Kontext der Ost-West-Problematik. Sie macht das Gegenteil von dem, was sie stets beteuert. Sie unterstützt nicht die Kräfte, die sich für soziale Verbesserung und Demokratisierung einsetzen. Sie setzt sich nicht für Frieden ein, sondern steht auf seiten der Kriegstreiber.
    Eine Politik, die nicht bereit ist, die Kriegspolitik der USA in Zentralamerika und in der Karibik zu verurteilen, wie wir es in unserem Entschließungsantrag fordern, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, die Interessen der armen Bevölkerung in der Region zu vertreten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie kann ebenfalls nicht in Anspruch nehmen, eine internationale Friedenspolitik zu sein.
    Die Interessen liegen offensichtlich ganz woanders. Die Hauptgefahr heute in Zentralamerika und der Karibik ist die Militarisierung der Region durch die USA.

    (Zustimmung bei der GRÜNEN - Niegel[CDU/CSU]: Kuba!)

    Ohne Einstellung der US-Intervention wird es nie einen Frieden in Mittelamerika geben.

    (Beifall bei der GRÜNEN Zurufe von der CDU/CSU)

    In diesem Sinne ist der Antrag der GRÜNEN-Fraktion zu verstehen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst ein Wort an den Kollegen Wischnewski richten, der von dem legitimen Recht der Opposition Gebrauch gemacht hat, den Zeitpunkt der Beantwortung der Großen Anfrage zu beanstanden. Herr Kollege, das gab uns die Möglichkeit, zu erwartende, aber in ihrem Eintreten nicht sichere Entwicklungen mitzuberücksichtigen, insbesondere die Verabschiedung einer Verfassung in El Salvador im Dezember 1983, die Anberaumung der Präsidentschaftswahlen für dieses Land für den 25. März 1984, die Ankündigung der Vorlage eines Wahlgesetzes in Nicaragua für den 21. Februar 1984 und schließlich die Verabschiedung eines grundsätzlichen Arbeitsdokuments der vier Contadora- und der fünf zentralamerikanischen Staaten am 8. Januar dieses Jahres sowie der Bericht der Kissinger-Kommission, der am 11. Januar vorgelegt wurde. Auch diese Tatsachen, Herr Kollege Wischnewski, würden noch nicht erklären können, warum die Bundesregierung erst am letzten Mittwoch über die Antwort auf die Anfrage beschlossen hat. Das hat vielmehr etwas mit mir persönlich zu tun, mit den Folgen meines Unfalls und meiner Abwesenheit durch die Teilnahme an der Konferenz in Stockholm. Ich darf insofern um Nachsicht bitten und Ihnen schon jetzt Besserung zusagen und mir persönlich Besserung erhoffen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sprechen über eine Region, die seit langem nicht nur im Interesse unseres Landes und der Menschen unseres Landes steht, sondern mit der wir zutiefst mitfühlen.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Mir kommen die Tränen!)

    Die Politik, die wir betreiben, hat allein das Ziel, diese Region nicht zum Austragungsort der Gegensätze zwischen West und Ost werden zu lassen.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Dann verhalten Sie sich auch so!)

    Wer das schreckliche Jahr 1962, Frau Kollegin, miterlebt hat, als es darum ging, ob sowjetische Raketen auf Kuba stationiert würden oder nicht,

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Jetzt stehen sie bei uns im Land, Herr Genscher! Das beunruhigt Sie wohl nicht?)

    als die Welt vor einem Dritten Weltkrieg stand, der wird eines verstehen: daß wir alles daransetzen müssen, diese Region nicht zum Austragungsort eines Machtkampfes zwischen den beiden Großmächten werden zu lassen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Dort keine Raketen! Lieber hier die Raketen, genau!)

    Deshalb hätte ich mir gewünscht, daß Sie bei den von Ihnen so nachdrücklich vorgebrachten, von mir nicht geteilten, aber aus Ihrer Sicht verständlichen kritischen Bemerkungen zur Politik der Vereinigten Staaten auch einmal etwas zu den destabilisierenden Aktivitäten der Sowjetunion gesagt hätten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Wulff [CDU/CSU]: Da gibt es keine Zwischenrufe, keine Fragen! — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Herr Genscher, wo ist eine destabilisierende Aktivität der SoBundesminister Genscher wjetunion? Sind Todesschwadronen Aktivitäten der Sowjetunion?)




    Man kann Außenpolitik nicht betreiben, wenn man das so einseitig macht, daß man überhaupt kein Gefühl mehr dafür hat, was andere denken und wollen.
    Meine Damen und Herren, wir haben uns doch über den Kissinger-Bericht noch gar keine abschließende Meinung gebildet, die amerikanische Regierung auch nicht.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Was Sie geschrieben haben, reicht schon!)

    Aber es gibt im Kissinger-Bericht doch ganz unbestreitbar Vorschläge, die jeder unterstützen kann und muß,

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Was denn?) der es mit dieser Region gut meint.


    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Mit El Salvador?)

    Wenn z. B. vorgeschlagen wird, daß bis 1990 in Höhe von 8 Milliarden Dollar Wirtschaftshilfe gezahlt werden soll, kann ich Ihnen sagen: Das genau ist es, was diese Region dringlich braucht, damit die sozialen und wirtschaftlichen Ursachen, die der politischen Instabilität zugrunde liegen, beseitigt werden können. Auch das muß unser Ziel sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Und wieviel für Waffenhilfe? — Frau Gottwald [GRÜNE]: Aber nicht für Nicaragua, Herr Genscher! Nicaragua ist explizit ausgenommen worden! Gehen Sie doch mal darauf ein!)

    Ich denke, daß die Staaten der Europäischen Gemeinschaft gerade in dieser Region eine besondere Verantwortung übernehmen können. Europa hat gezeigt, daß es als Europäische Gemeinschaft in der Lage ist, mit Staatengruppen in verschiedenen Teilen der Welt zusammenzuarbeiten. Europa, als Gemeinschaft auftretend, steht auch nicht im Verdacht, Vorherrschaftszonen und Einflußzonen errichten zu wollen. Die Zusammenarbeit mit den ASEAN-Staaten ist ein klassisches Beispiel dafür. Ich wünsche mir — und wir haben es in der Europäischen Gemeinschaft wiederholt vorgeschlagen —, daß die Europäische Gemeinschaft den Staaten Zentralamerikas auch das Angebot einer solchen partnerschaftlichen Zusammenarbeit macht, und zwar ganz unabhängig von den unterschiedlichen politischen Strukturen unter der Voraussetzung, daß diese partnerschaftliche Zusammenarbeit von allen mit dem Ziel geführt wird, zu stabilisieren und nicht zu destabilisieren, soziale Gerechtigkeit zu erreichen und soziale Ungerechtigkeit nicht aufrechtzuerhalten.

    (Zuruf des Abg. Fischer [Frankfurt] [GRÜNE])

    Und nun muß man natürlich etwas sehen, Herr Kollege Wischnewski, wenn Sie die Kontinuität der Politik der Bundesregierung an dieser Stelle kritisch betrachten. Sie haben ja sonst in der Frage der Kontinuität von Außenpolitik eine größere Beweglichkeit — ich meine nicht Sie selbst, aber die restlichen 97 % Ihres Parteitags —, wenn es um die Sicherheitspolitik geht.

    (Zuruf des Abg. Bindig [SPD])

    Aber ist es denn nicht so, daß wir alle nach der Revolution in Nicaragua einen großen Vertrauensvorschuß den Kräften gegeben haben, die dort die Diktatur überwunden hatten,

    (Dr. Wulff [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    daß wir eine Entwicklungshilfe gegeben haben, die außerhalb jeder Proportion war,

    (Dr. Wulff [CDU/CSU]: So ist es!)

    weil wir gesagt haben: Hier muß ein neuer demokratischer Anfang unterstützt werden?

    (Dr. Wulff [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Und da wußten wir, daß es Kräfte in den regierenden Kreisen gibt, die gar nicht die Auffassungen haben, die wir hier, ganz gleich, wo wir sitzen mögen, für richtig hielten. Aber wir haben gesagt: Es sind Ziele gesetzt worden, und eines dieser Ziele ist der Pluralismus; und das wollen wir fördern; wir wollen, daß dieser Versuch eines demokratischen Anfangs Erfolg hat; und er wird ihn nur haben, wenn er wirtschaftlichen Fortschritt, wenn er sozialen Fortschritt bringt.
    Wenn die Bundesregierung heute sagt, daß ihre weitere Haltung zur Hilfe für Nicaragua dadurch beeinflußt werden wird, wie man sich zu den damals selber gesetzten Zielen stellt, dann ist das nichts anderes als das, was wir den Verantwortlichen in Nicaragua immer gesagt haben, wenn sie hierher kamen, wenn wir mit ihnen über diese Frage gesprochen haben. Denn das ist doch nicht eine Entwicklung der letzten drei Monate oder sieben Wochen; sondern es zeigte sich doch, wie immer mehr Kräfte von der Regierungsverantwortung ausgeschlossen wurden, wie immer stärker einseitig regiert wurde.
    Da können sie sich auch nicht auf den mir politisch nahestehenden, unserer Parteifamilie angehörenden Arbeitsminister berufen. Er hat zu dem Wahlgesetz Stellung genommen, Herr Kollege Wischnewski. Er hat gesagt, daß dieses Wahlgesetz ohne die Mitwirkung der anderen Parteien, auch der uns nahestehenden, entstanden sei. Und dann hat er gesagt, es bleibe abzuwarten, ob andere Parteien Gelegenheit zum Wahlkampf erhalten werden. Er stellt sich dieselbe Frage, die sich die Bundesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage der SPD stellt: ob es nur eine taktische Bewegung ist, die jetzt angekündigt ist, ober ob es wirklich eine Rückkehr zu den ursprünglichen Zielen nach der Machtablösung in diesem Land ist. Das ist die Haltung.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist die Frage!)

    Da befinden wir uns ganz in Übereinstimmung mit diesen demokratischen Kräften.
    3656 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984
    Bundesminister Genscher
    Was El Salvador angeht, Herr Kollege Wischnewski: Dort ringen demokratische Kräfte darum, daß ein Wahlvorgang trotz der Behinderungen durch Extremisten von rechts und links stattfinden kann. Niemand kann heute voraussagen, ob er so stattfinden wird, daß man von einem Wahlvorgang sprechen kann.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Mit El Salvador haben Sie doch keine Probleme, oder?)

    Denn niemand weiß, wie weit die Eskalation des Terrors geht. Nur, wenn uns diese demokratischen Kräfte bitten, zur Anerkennung ihres Bemühens auch durch den Status unserer diplomatischen Vertretungen beizutragen, und wenn wir den demokratischen Kräften in der Auseinandersetzung mit den Extremisten von rechts und links ein Zeichen der Hoffnung für die Zukunft dieses Landes setzen, dann kritisieren Sie das doch nicht! Das ist doch dieselbe Motivlage, die uns auch — unter anderen Voraussetzungen — bei Nicaragua veranlaßt hat, Hilfe zu leisten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Hier befinden wir uns voll in der Kontinuität der Politik, die dieses Land seit Jahren betrieben hat.

    (Bindig [SPD]: Na, na!)

    Aber wir dürfen nicht über das hinwegsehen, was sich auch an Änderungen an anderer Stelle ergibt. Wir dürfen doch nicht blind sein dafür, daß sich die Sandinisten mehr und mehr von ihren ursprünglichen Zielen entfernt haben. Aber wir sagen ja nicht: Sie werden nicht mehr dazu zurückkehren. Die Bundesregierung sagt: Wir werden unser Verhalten davon abhängig machen, ob es ein taktisches Manöver oder ob es wirkliche Politik ist, was jetzt eingeleitet worden ist.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist doch Heuchelei, Herr Genscher! Sie wissen doch, daß sich das Land unter Invasionsdruck militarisieren muß! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    Nichts würde uns mehr freuen, als wenn sich die Erwartungen und Hoffnungen, die wir alle haben, bestätigen. — Es würde Ihnen leichter fallen, die Politik der Bundesregierung zu verstehen, wenn Sie sich die Mühe geben würden, unsere Ausführungen hier im Deutschen Bundestag mit derselben Ruhe anzuhören, mit der wir Sie anhören.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Abg. Wischnewski [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Sie haben ja nachher noch Gelegenheit, Ihre gegenteilige Meinung darzustellen. Nur, Sie werden niemals — das muß ich Ihnen einmal sagen — zu einer objektiven Einschätzung außenpolitischer Lagen und Probleme kommen,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das wäre ja auch etwas: die und objektiv!)

    wenn Ihre erste These ist: wenn irgend etwas nicht stimmt, sind bestimmt die Amerikaner daran schuld. Das hat bei Ihnen Prädomination.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Sie haben überhaupt noch kein Wort in der Hinsicht verloren! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)