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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der türkischen Nationalversammlung 3663 B Aktuelle Stunde betr. Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch chlorierte Kohlenwasserstoffe Frau Dr. Hickel GRÜNE 3623 B Boroffka CDU/CSU 3624 B Frau Dr. Hartenstein SPD 3625 B Baum FDP 3626 B Dr. Göhner CDU/CSU 3627 A Duve SPD 3627 D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 3628 C Müller (Düsseldorf) SPD 3629 C Fellner CDU/CSU 3630 C Lennartz SPD 3631 C Dr. Hirsch FDP 3632 C Sauermilch GRÜNE 3633 C Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 3634 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 3635A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wischnewski, Herterich, Bindig, Dr. Holtz, Voigt (Frankfurt) und der Fraktion der SPD Lage in Mittelamerika — Drucksache 10/279 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Entwicklungsprogramm Karibik und Zen- tralamerika — Drucksache 10/239 — Wischnewski SPD 3636 A Klein (München) CDU/CSU 3642 C Schäfer (Mainz) FDP 3646 A Frau Gottwald GRÜNE 3650 A Genscher, Bundesminister AA 3654 B Dr. Holtz SPD 3659 C Lamers CDU/CSU 3663 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 3666 D Frau Luuk SPD 3669 D Dr. Pinger CDU/CSU 3672 B Dr. Rumpf FDP 3675A Vizepräsident Frau Renger 3642 B Nächste Sitzung 3676 D Anlage I Liste der entschuldigten Abgeordneten 3677* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3677* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 3623 51. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1984 Beginn: 8.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 27. 1. Dr. Ahrens * 27. 1. Frau Dr. Bard 27. 1. Berschkeit 27. 1. Bohl 27. 1. Brosi 27. 1. Brück 27. 1. Büchner (Speyer) * 27. 1. Dr. von Bülow 27. 1. Dr. Dollinger 27. 1. Dr. Dregger 27. 1. Dreßler 27. 1. Duve 27. 1. Dr. Ehmke (Ettlingen) 27. 1. Ertl 27. 1. Gallus 27. 1. Gerstl (Passau) * 27. 1. Dr. Götz 27. 1. Grünbeck 27. 1. Haar 27. 1. Handlos 27. 1. Hartmann 27. 1. Dr. Hauchler 27. 1. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 1. Heimann 27. 1. Herkenrath 27. 1. Jansen 27. 1. Kirschner 27. 1. Kolbow ** 27. 1. Dr. Kreile 27. 1. Kretkowski 27. 1. Kroll-Schlüter 27. 1. Dr. h. c. Lorenz 27. 1. Lowack 27. 1. Lutz 27. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 27. 1. Dr. Meyer zu Bentrup 27. 1. Dr. Müller 27. 1. Müller (Wadern) 27. 1. Offergeld 27. 1. Petersen ** 27. 1. Reuschenbach 27. 1. Rohde (Hannover) 27. 1. Dr. Rose 27. 1. Roth (Gießen) 27. 1. Schluckebier 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Schmidt (Wattenscheid) 27. 1. Frau Schoppe 27. 1. Schröder (Lüneburg) 27. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 27. 1. Spilker 27. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 27. 1. Stücklen 27. 1. Tietjen 27. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Vahlberg 27. 1. Verheugen 27. 1. Voigt (Sonthofen) 27. 1. Weisskirchen (Wienloch) 27.1. von der Wiesche 27. 1. Wissmann 27. 1. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 22 Tit. 559 31 - NATO-Frühwarnsystem AWACS - - Drucksache 10/699 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 15 02 Tit. 652 11 des Haushaltsjahres 1983 (Beihilfen an junge Zuwanderer für ihre Schul- und Berufsausbildung) - Drucksache 10/623 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 12 Tit. 681 01 - Arbeitslosenhilfe (Alhi) - Drucksache 10/734 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 11 Tit. 682 01 - Erstattung von Fahrgeldausfällen - Drucksache 10/735 - Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Steuerliche und finanzielle Maßnahmen zur Investitionsförderung - Drucksache 10/133 Nr. 9 - Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Schutz der Dialysepatienten durch größtmögliche Verringerung der Aluminiumexposition - Drucksache 10/376 Nr. 74 - Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag einer Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind - Drucksache 10/873 Nr. 29 - Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Anwendung des Beschlusses zur Ermächtigung der Kommission, im Rahmen des neuen Gemeinschaftsinstruments Anleihen zur Investitionsförderung in der Gemeinschaft aufzunehmen - Drucksache 10/92 Nr. 24 - Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 unter Bezug auf § 17 Abs. 5 Postverwaltungsgesetz den Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 1984 übersandt. Der Voranschlag liegt im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Wischnewski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Verehrter Herr Kollege, ich bestreite nicht, daß Sie schon einmal in der Region unterwegs gewesen sind. Aber offensichtlich sind Ihnen wichtige Erkenntnisse bei Ihrer Reiserei entgangen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das erste: Ich habe eine klare und eindeutige Aussage in bezug auf die Tätigkeit von Demokraten dort gemacht. Das werden Sie mir nicht bestreiten können. Zweitens. Ich bestreite auf das entschiedenste, daß dort unter den Umständen freie Wahlen stattgefunden haben. Drittens. Es ist offenkundig, daß die Regierung mit denjenigen nicht fertig wird, die täglich morden.
    Daß der Vizepräsident der Vereinigten Staaten Bush der Regierung eine Liste mit den Namen von 28 Offizieren überreicht hat, von denen die Amerikaner den Eindruck haben, sie seien direkt oder indirekt an den Todesschwadronen beteiligt, daß die USA verlangt haben, sie abzusetzen, und daß das Ergebnis darin bestand, daß zwei in den auswärtigen Dienst versetzt worden sind und alle anderen ihre Aufgabe weiterhin wahrgenommen haben, ist für mich eine völlig unbefriedigende Situation. Wo mit amtlicher Unterstützung gemordet wird, kann die deutsche Entwicklungshilfe keinen Platz haben.

    (Beifall bei der SPD)

    In bezug auf Nicaragua •

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Gilt das auch für Nicaragua?)

    gibt es Menschenrechtsverletzungen in dieser Form überhaupt nicht. Dazu gibt es von der Menschenrechtskommission eindeutige Aussagen. Ich habe klar und eindeutig erklärt, daß mir die Entwicklung in allen Punkten überhaupt nicht gefallen hat, aber daß es jetzt eine Öffnung gibt und unsere Aufgabe darin bestehen muß, diese Entwicklung weiter zu fördern.

    (Abg. Niegel [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)

    — Lassen Sie mich bitte zum Ende kommen. Meine Redezeit ist ohnehin schon abgelaufen.
    Ich möchte ein paar abschließende Bemerkungen mit Blick auf die Situation insgesamt machen. Was wollen wir gegenüber Zentralamerika? Wir wollen, daß alle Konflikte in dieser Region, sowohl die äußeren als auch die inneren, ausschließlich mit friedlichen Mitteln gelöst werden. Wir wollen, daß statt Waffenlieferungen — von welcher Seite auch immer — wirkliche Hilfe gewährt und ein Dialog geführt wird.
    Wir verurteilen jede Einmischung von außen, ganz gleich, von welcher Seite sie erfolgt, und unabhängig davon, ob sie durch militärische Drohung,
    3642 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984
    Wischnewski
    durch versuchte Destabilisierung oder durch Wirtschaftssanktionen geschieht. Wir wollen, daß der Prozeß wirklicher Demokratisierung einschließlich wirklich demokratischer Wahlen gefördert wird. Wir werden unsere Kontakte in dieser Region nutzen, um mitzuhelfen, dieses Ziel zu erreichen. Wir werden unsere Kontakte nutzen, um die Zusammenarbeit von Demokraten zu fördern.
    Wir wollen, daß die notwendigen Reformen nach dem Willen der Mehrheit der Menschen in dieser Region durchgeführt werden. Wir wollen, daß die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Gemeinschaft einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Not in der Region bekämpfen und den Menschen nach schrecklichen Jahren wieder ein wenig mehr Hoffnung geben zu können.
    Wir haben Verständnis für die besonderen Interessen der USA in dieser Region. Aber wir bitten die Vereinigten Staaten dringend, ihre derzeitige Politik gegenüber Zentralamerika zu überprüfen und sie in allen Punkten den Contadora-Prinzipien anzupassen. In allen Punkten!

    (Beifall bei der SPD)

    Und wir verlangen von der Sowjetunion und von Kuba, daß beide die Prinzipien von Contadora in allen Punkten einhalten und respektieren. Im Interesse der Menschen in Zentralamerika darf die Region nicht zum Bestandteil des Ost-West-Konfliktes werden.
    Von der Bundesregierung erwarten wir, daß sie nicht nur Erklärungen zu Contadora abgibt, sondern die Fehler der letzten Monate beseitigt und damit die Prinzipien von Contadora unterstützt und nicht behindert.
    Ich habe schon gesagt: Wir suchen in dieser Frage keinen Streit. Wir wollen, daß unser Land in dieser Region den Menschen hilft und einen gefährlichen Krisenpunkt in der Welt zu beseitigen mithilft.
    Vielen herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich habe vor der nächsten Worterteilung eine Bemerkung zu machen. Mir liegt ein Auszug aus dem stenographischen Bericht vor. Danach hat die Abgeordnete Frau Dr. Martiny-Glotz einen unserer Kollegen mit dem Wort „Hampelmann" bezeichnet.

(Schwenninger [GRÜNE]: Das ist ja unglaublich! — Lachen)

— Was soll denn das nun heißen?

(Schwenninger [GRÜNE]: Wir sind entrüstet!)

— Das ist auch richtig, daß Sie entrüstet sind. Dafür erhält die Frau Kollegin einen Ordnungsruf. Wenn Sie sich in der gleichen Weise äußern wollen, kann ich das natürlich fortsetzen.

(Zurufe von den GRÜNEN: Nein! — Lachen)

Meine Damen und Herren, wir fahren in der Debatte fort. Das Wort hat der Abgeordnete Klein (München).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Klein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Der Kollege Wischnewski

    (Zuruf von der SPD: War gut!)

    hat mit dem ihm eigenen dramatischen Tremolo (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Pathos!)

    die totale Umkehr in der Politik der Bundesregierung konstatiert. Herr Kollege Wischnewski, wir geben uns Mühe, in diesem Ihnen nicht unbekannten Prozeß der Standpunktannäherung von Koalitionspartnern möglichst leise zu sein. Das gelingt nicht immer; manchmal brüstet sich eine Seite. Das ist so. Sie haben heute ausgerechnet uns einen besonderen Gefallen getan. Dafür bedanke ich mich.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat der Bundesregierung 14 Fragen zur Lage in Mittelamerika gestellt: Zwölf vergleichsweise sachliche Fragen, eine programmatische Frage und eine Frage, die eine Unterstellung enthält. Die Bundesregierung hat diese Fragen klar und korrekt beantwortet.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Schön wär's!)

    Wenn wir uns an die Tonlage dieser Fragen und dieser Antworten halten, können wir eine Debatte führen,

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: In der nichts gesagt wird!)

    die dem Thema angemessen ist.

    (Bindig [SPD]: Klar wie das Delphische Orakel!)

    Wir sprechen über Not und Bedrängnis eines großen Teils der mehr als 20 Millionen Menschen in den mittelamerikanischen Staaten El Salvador, Nicaragua, Guatemala, Honduras und Costa Rica. Aber wir sprechen auch darüber, wie ihnen die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit ihren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika helfen kann.
    Ich wünschte mir, daß in diesem Hohen Hause bei allen Unterschieden in der Analyse der historischen, wirtschaftlichen, sozialen, ethnischen und politischen Ursachen der heutigen Zustände in Mittelamerika wenigstens darin Übereinstimmung erzielt werden könnte, die demokratischen Kräfte der Mitte gegenüber gewalttätigen Extremisten links wie rechts wirksam zu unterstützen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Vor allem auch die demokratischen Kräfte der Linken!)

    — Lieber Herr Kollege Voigt, wenn ich von den demokratischen Kräften der Mitte im Gegensatz zu extremen Linken spreche, dann reicht ja wohl die Mitte ziemlich weit, rechts und links.

    (Zuruf von der SPD: Einig!)

    Vielleicht ist auch noch — zumindest mit den Sozialdemokraten — Übereinstimmung in dem Ur-



    Klein (München)

    teil erreichbar, daß mit Ausnahme von Costa Rica die Menschenrechtssituation in den mittelamerikanischen Staaten bedenklich bis verheerend ist.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Überall in Lateinamerika!)

    Ich weiß, daß es in der SPD-Fraktion eine Reihe von Mittelamerika-Spezialisten mit soliden Kenntnissen und differenziertem Urteilsvermögen gibt. Um so erstaunlicher mutet es mich an, daß, während die Bundesregierung in ihrer Antwort mehrfach auf Costa Rica eingeht, die SPD in ihrer Großen Anfrage nicht das geringste Interesse an diesem sozialdemokratisch regierten, die Menschenrechte strikt beachtenden, auf friedlichen Ausgleich mit seinen Nachbarn bedachten, um sein wirtschaftliches Überleben jedoch schwer ringenden Land bekundet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dabei verdient Costa Rica unsere besondere Zuwendung.

    (Bindig [SPD]: Wir haben doch gute Kontakte zu Costa Rica!)

    Mit seinem inzwischen Jahrzehnte alten, freiheitlich-demokratischen System ist es ein Hort der Stabilität inmitten einer von Unruhen und Umstürzen heimgesuchten Region.

    (Zuruf von der SPD: Wer bestreitet denn das? — Zurufe von den GRÜNEN)

    Und Honduras, von der Bundesregierung ebenfalls an mehreren Stellen der Antwort aufgeführt, wird von der SPD nur adjektivisch erwähnt. Ich widerstehe der Versuchung, mich eingehender mit der verräterischen Wortwahl der betreffenden Frage auseinanderzusetzen, der zufolge grenzverletzende Guerillatrupps Flüchtlinge und antimarxistische Ex-Sandinisten Konterrevolutionäre sind.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Natürlich! Was sonst? Freiheitskämpfer vielleicht?)

    Doch auch in Honduras haben nach langen Jahrzehnten der Militärherrschaft Parlamentswahlen stattgefunden, aus denen eine Zivilregierung hervorgegangen ist. Da wir aber weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind sind, stehe ich nicht an zu erklären, daß der Weg zu einer wirklichen Demokratie ohne Militäreinfluß und ohne schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in Honduras noch weit ist.
    Die Militarisierung Nicaraguas und der anhaltende Guerillakrieg in El Salvador machten Honduras einerseits zu einer antisandinistischen Base, andererseits zum Zufluchtsland für ungezählte Tausende von salvadorianischen Flüchtlingen.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Aber man kann sie doch zählen?)

    Nach vorsichtigen Schätzungen gibt es gegenwärtig in ganz Mittelamerika über 1 Million Flüchtlinge, die größtenteils im Elend leben. Wer dies jemals mit eigenen Augen gesehen hat, kann nur Zorn über Menschen empfinden, die in einschlägigen linken Blättern der Bundesrepublik Deutschland oder
    West-Berlins um Geldspenden inserieren, mit denen Waffen für die Guerillas in El Salvador gekauft werden sollen.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich! — Niegel [CDU/CSU]: Das sind die gleichen, die bei uns gegen die Nachrüstung sind! — Zuruf der Abg. Frau Gottwald [GRÜNE])

    Die Guerilla ist aber wesentlich für das Klima der Gewalt in El Savador verantwortlich. Ihre mörderischen Aktionen lieferten — Herr Kollege Wischnewski, das wissen Sie genau — der militanten Rechten, den war lords, den Todesschwadronen die Begründung für ihr nicht minder grausames Vorgehen. Das salvadorianische Volk will Frieden und in Frieden arbeiten.

    (Zuruf des Abg. Schwenninger [GRÜNE])

    Gewalttätern gewährt es keinen Rückhalt. Das weiß die Guerilla inzwischen. Unter großen Opfern und gegen schwere Widerstände hat El Salvador den Weg zur Demokratie eingeschlagen. Dieser Prozeß wäre schon jetzt erfolgreicher verlaufen, hätte die Guerillabewegung nicht Ermutigung aus dem Ausland, insonderheit auch von der Sozialistischen Internationale, erfahren

    (Schwenninger [GRÜNE]: Warum wohl?)

    bei ihrer Boykotthaltung gegenüber den, Herr Kollege Wischnewski, wirklich freien Wahlen am 28. März 1982.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Der Kollege Wischnewski hat es heute wieder einmal mit seiner in der Tat publikumswirksamen Formel versucht, der Dialog zwischen den politischen Kontrahenten in El Savador sei aus Verschulden beider Seiten gescheitert. Das klingt gut, klingt offen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Ist auch gut! — Zuruf von der CDU/CSU: Aber falsch!)

    Dann sprach er von den angeblich schwachen Figuren, die auf Regierungsseite dafür ausersehen gewesen seien,

    (Wischnewski [SPD]: Das hat mir der Außenminister von El Salvador gesagt!)

    aber er verschwieg, daß die linke Guerilla erneut das demokratische Verfahren von freien Wahlen ablehnt und vorher, ohne Wahlen, an der Regierung beteiligt werden möchte — als Bedingung.
    Ich bedanke mich ausdrücklich für die ausgewogenen und respektvollen Worte, Herr Kollege Wischnewski, die Sie für unsere christdemokratischen Freunde in El Salvador gefunden haben. Ihr Spitzenkandidat, Napoleon Duarte, hat in den bevorstehenden Wahlen zweifellos gute Aussichten. Sie haben auch ihn bei mehrfacher Gelegenheit als einen Demokraten von hohen Graden charakterisiert.

    (Abg. Voigt [Frankfurt] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    3644 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984
    Klein (München)

    Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt es ausdrücklich, daß die Bundesregierung die unterbrochene entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit El Salvador wieder aufnimmt. Daß sich die Bundesregierung, wie es in ihrer Antwort heißt, verpflichtet fühlt, die demokratischen Kräfte des Landes zu unterstützen, wird nunmehr sicher auch zur umgehenden Entsendung des Botschafters führen. Dieser Akt ist jetzt so überfällig, wie die seinerzeitige Abberufung überflüssig war.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, auch in Guatemala, dessen Präsident durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen ist, wo die Parteien amtlich suspendiert sind und nur als Vereinigungen von Privatpersonen toleriert werden, wo mehrere Grundrechte außer Kraft gesetzt sind und im Gefolge des Krieges gegen die Guerilla schwere Menschenrechtsverletzungen stattgefunden haben, stehen Wahlen bevor.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Und das bringt es?)

    Die Aussichten für eine demokratische Zukunft Mittelamerikas, ja, für den ganzen Kontinent, sind gut. Von den 32 unabhängigen Staaten in Lateinamerika und der Karibik sind heute 17 demokratisch.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Eine leicht bayerische Zählweise!)

    Eine ganze Reihe von Ländern hat in den letzten Jahren den friedlichen Übergang von Militärregierungen zu Wahlen und demokratischen Regierungsformen gefunden. Ich denke vor allem an Argentinien. Militärregime haben also offenbar die Fähigkeit zu friedlichem demokratischen Wandel. Im Gegensatz dazu warten wir bis heute darauf,

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Jetzt kommt Kuba!)

    daß sich ein marxistisch-leninistisches System aus freien Stücken durch eine Demokratie ablösen läßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Krizsan [GRÜNE]: Wie ist das mit Chile, Herr Klein? Was erwarten Sie denn da?)

    Wie, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht es nun mit Nicaragua?

    (Krizsan [GRÜNE]: Nichts zu Chile!)

    Die SPD spricht in ihrer Großen Anfrage von der „Aufrechterhaltung der Prinzipien der sandinistischen Revolution". Aufrechterhaltung? Herr Kollege Wischnewski, das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.

    (Roth [SPD]: Doch! Der Prinzipien: ja! — Frau Gottwald [GRÜNE]: Nennen Sie doch mal die Prinzipien!)

    Daß Sie eine einseitige Moskau-Orientierung als Blockfreiheit auslegen

    (Schwenninger [GRÜNE]: Nennen Sie mir mal die Prinzipien! Literatur!)

    — hier haben Sie das Prinzip Nummer eins, wenn Sie es gern wissen möchten —, kann ich angesichts der international akzeptierten Selbstbeschreibung Kubas beispielsweise, das sich ja auch blockfrei nennt, noch nicht einmal arg kritisieren.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Die sind blockfreier als Sie! Das steht ja wohl fest! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Aber verstehen Sie, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, unter politischem Pluralismus neuerdings eine Ein-Parteien-Diktatur?

    (Dr. Pinger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Und gilt es Ihnen als gemischtes Wirtschaftssystem, wenn es zu 80 % staatlich kontrolliert ist?

    (Schwenninger [GRÜNE]: Stimmt doch nicht! Falsch!)

    Die Sandinisten haben ihre eigenen Revolutionsziele verraten. Warum sonst wären prominente nicht-marxistische Führer des Aufstandes gegen Somoza ins Exil oder in den Untergrund gegangen, so Alfonso Robelo, dessen sozialdemokratisch inspirierte Partei vergeblich um Aufnahme in die Sozialistische Internationale nachsuchte, oder Edén Pastora, der populärste, freilich auch nichtmarxistische Guerilla-Führer gegen Somoza? Was heute zur Debatte steht, ist nicht eine Aufrechterhaltung der ursprünglich verkündeten Prinzipien, sondern eine Rückkehr zu ihnen.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Welche Prinzipien können Sie uns nennen? Das würde mich interessieren!)

    — Herr Kollege, ich habe nichts dagegen, wenn Sie nicht zuhören können. Aber Sie können offenbar auch nicht lesen.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Sie haben noch keines genannt!)

    Für den 21. Februar 1985, den 50. Todestag von Augusto César Sandino,

    (Zuruf von der SPD: 1984! — Schwenninger [GRÜNE]: Sie bringen nur Schlagworte! — Bindig [SPD]: Sind Sie Sandinist?)

    hat die marxistisch-leninistische Regierung Nicaraguas Wahlen angekündigt.

    (Wischnewski [SPD]: 1984!)

    — Herr Kollege Wischnewski, für 1985 hat sie sie angekündigt.

    (Bindig [SPD]: Wie kann ein einziger Mensch so viel Unsinn reden! — Lachen bei den GRÜNEN)