Verehrter Herr Kollege, ich bestreite nicht, daß Sie schon einmal in der Region unterwegs gewesen sind. Aber offensichtlich sind Ihnen wichtige Erkenntnisse bei Ihrer Reiserei entgangen.
Das erste: Ich habe eine klare und eindeutige Aussage in bezug auf die Tätigkeit von Demokraten dort gemacht. Das werden Sie mir nicht bestreiten können. Zweitens. Ich bestreite auf das entschiedenste, daß dort unter den Umständen freie Wahlen stattgefunden haben. Drittens. Es ist offenkundig, daß die Regierung mit denjenigen nicht fertig wird, die täglich morden.
Daß der Vizepräsident der Vereinigten Staaten Bush der Regierung eine Liste mit den Namen von 28 Offizieren überreicht hat, von denen die Amerikaner den Eindruck haben, sie seien direkt oder indirekt an den Todesschwadronen beteiligt, daß die USA verlangt haben, sie abzusetzen, und daß das Ergebnis darin bestand, daß zwei in den auswärtigen Dienst versetzt worden sind und alle anderen ihre Aufgabe weiterhin wahrgenommen haben, ist für mich eine völlig unbefriedigende Situation. Wo mit amtlicher Unterstützung gemordet wird, kann die deutsche Entwicklungshilfe keinen Platz haben.
In bezug auf Nicaragua •
gibt es Menschenrechtsverletzungen in dieser Form überhaupt nicht. Dazu gibt es von der Menschenrechtskommission eindeutige Aussagen. Ich habe klar und eindeutig erklärt, daß mir die Entwicklung in allen Punkten überhaupt nicht gefallen hat, aber daß es jetzt eine Öffnung gibt und unsere Aufgabe darin bestehen muß, diese Entwicklung weiter zu fördern.
— Lassen Sie mich bitte zum Ende kommen. Meine Redezeit ist ohnehin schon abgelaufen.
Ich möchte ein paar abschließende Bemerkungen mit Blick auf die Situation insgesamt machen. Was wollen wir gegenüber Zentralamerika? Wir wollen, daß alle Konflikte in dieser Region, sowohl die äußeren als auch die inneren, ausschließlich mit friedlichen Mitteln gelöst werden. Wir wollen, daß statt Waffenlieferungen — von welcher Seite auch immer — wirkliche Hilfe gewährt und ein Dialog geführt wird.
Wir verurteilen jede Einmischung von außen, ganz gleich, von welcher Seite sie erfolgt, und unabhängig davon, ob sie durch militärische Drohung,
3642 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984
Wischnewski
durch versuchte Destabilisierung oder durch Wirtschaftssanktionen geschieht. Wir wollen, daß der Prozeß wirklicher Demokratisierung einschließlich wirklich demokratischer Wahlen gefördert wird. Wir werden unsere Kontakte in dieser Region nutzen, um mitzuhelfen, dieses Ziel zu erreichen. Wir werden unsere Kontakte nutzen, um die Zusammenarbeit von Demokraten zu fördern.
Wir wollen, daß die notwendigen Reformen nach dem Willen der Mehrheit der Menschen in dieser Region durchgeführt werden. Wir wollen, daß die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Gemeinschaft einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Not in der Region bekämpfen und den Menschen nach schrecklichen Jahren wieder ein wenig mehr Hoffnung geben zu können.
Wir haben Verständnis für die besonderen Interessen der USA in dieser Region. Aber wir bitten die Vereinigten Staaten dringend, ihre derzeitige Politik gegenüber Zentralamerika zu überprüfen und sie in allen Punkten den Contadora-Prinzipien anzupassen. In allen Punkten!
Und wir verlangen von der Sowjetunion und von Kuba, daß beide die Prinzipien von Contadora in allen Punkten einhalten und respektieren. Im Interesse der Menschen in Zentralamerika darf die Region nicht zum Bestandteil des Ost-West-Konfliktes werden.
Von der Bundesregierung erwarten wir, daß sie nicht nur Erklärungen zu Contadora abgibt, sondern die Fehler der letzten Monate beseitigt und damit die Prinzipien von Contadora unterstützt und nicht behindert.
Ich habe schon gesagt: Wir suchen in dieser Frage keinen Streit. Wir wollen, daß unser Land in dieser Region den Menschen hilft und einen gefährlichen Krisenpunkt in der Welt zu beseitigen mithilft.
Vielen herzlichen Dank.