Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die „giftgrüne Horror-show", von der Herr Boroffka gesprochen hat, war für mich heute nicht giftgrün, sie hat nämlich schon mit der Zeitungslektüre beim Frühstück begonnen, als ich zur Kenntnis nahm, daß das Bundesgesundheitsamt nun endlich 65 Rheuma- und Schmerzmittel verboten hat. Dies ist ein weiterer Skandal, kein Umweltskandal, aber ein Gesundheitsskandal, der sich über Monate hinzieht.
Täglich erleben wir neue Horrormeldungen dieser Art.
Unser Problem ist doch nicht, ob wir uns morgens um 8 Uhr oder um 9 Uhr oder abends um 10 Uhr in Sachen Umwelt zusammensetzen, um eine gemeinsame Linie zu finden, sondern unser gemeinsames Problem ist doch: Wie können wir es eigentlich erreichen, daß wir rechtzeitig, gründlich, wahrhaftig, nicht beschönigend, nicht verharmlosend über die Gesundheitsgefährdung informiert werden, die von Chemikalien ausgeht?
Der Skandal ist doch auch nicht das, was im „Stern", im „Spiegel", in der „WAZ" oder wo immer, auch in Broschüren der Verbraucherzentralen, an Berichten über Chemikalien steht,
sondern der eigentliche Skandal ist doch, daß die
Informationspolitik der Chemieindustrie, ihrer Verbände und auch der Bundesregierung immer hinter
den Skandalen herhinkt, von denen tagtäglich in den Zeitungen zu lesen ist.
Wenn Sie, Herr Baum, vom Vollzugsdefizit gesprochen haben, ist das absolut richtig. Aber der Vollzug hätte doch sicherlich schon damit beginnen müssen, daß der Bericht des Umweltbundesamtes über Dioxin vom Mai 1983 umgehend veröffentlicht und mit den Ländern diskutiert wird, um daraus ein Handlungskonzept herzuleiten.
Der Vollzug beginnt doch sicherlich auch damit, daß man mit einer Antwort auf eine Große Anfrage der GRÜNEN, die im August veröffentlicht worden ist, nicht bis zum Februar wartet, sondern sie umgehend formuliert.
— Die Kleine Anfrage! Jetzt reden Sie doch nicht immer dazwischen, Sie Hampelmann.
Ich war vor zwei Jahren in den Vereinigten Staaten und habe mir angeguckt, wie die Deregulierungspolitik der Regierung Reagan sich im Umweltbereich ausgewirkt hat. Ich dachte, dies ist, was die Mülldeponien angeht, wirklich das Allerletzte, der allergrößte Skandal, den man sich überhaupt denken kann. Heute weiß ich: Wir hinken weit hinter dem her, was damals in den Vereinigten Staaten vorlag. Die hatten wenigstens schon ein Kataster über sämtliche besonders gefährlichen wilden Müllkippen in dem ganzen riesigen Land. Wir haben nicht einmal dieses. Dann nützt ein Hinweis darauf, daß etwas in Hamburg, im Saarland oder in Nordrhein-Westfalen gefunden wurde, während in Bayern löblicherweise bisher noch nichts gefunden worden ist, überhaupt nichts; denn wir sitzen alle im selben Boot und müssen sehen, daß wir so schnell wie möglich die wilden Deponien, von denen Gesundheitsgefährdungen ausgehen können, im ganzen Bundesgebiet finden, feststellen, wer dafür verantwortlich ist, ein Umlagefinanzierungssystem entwickeln, um sie zu beseitigen, und dafür sorgen, daß in Zukunft weniger Müll produziert wird.
Vielen Dank.