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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der türkischen Nationalversammlung 3663 B Aktuelle Stunde betr. Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch chlorierte Kohlenwasserstoffe Frau Dr. Hickel GRÜNE 3623 B Boroffka CDU/CSU 3624 B Frau Dr. Hartenstein SPD 3625 B Baum FDP 3626 B Dr. Göhner CDU/CSU 3627 A Duve SPD 3627 D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 3628 C Müller (Düsseldorf) SPD 3629 C Fellner CDU/CSU 3630 C Lennartz SPD 3631 C Dr. Hirsch FDP 3632 C Sauermilch GRÜNE 3633 C Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 3634 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 3635A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wischnewski, Herterich, Bindig, Dr. Holtz, Voigt (Frankfurt) und der Fraktion der SPD Lage in Mittelamerika — Drucksache 10/279 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Entwicklungsprogramm Karibik und Zen- tralamerika — Drucksache 10/239 — Wischnewski SPD 3636 A Klein (München) CDU/CSU 3642 C Schäfer (Mainz) FDP 3646 A Frau Gottwald GRÜNE 3650 A Genscher, Bundesminister AA 3654 B Dr. Holtz SPD 3659 C Lamers CDU/CSU 3663 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 3666 D Frau Luuk SPD 3669 D Dr. Pinger CDU/CSU 3672 B Dr. Rumpf FDP 3675A Vizepräsident Frau Renger 3642 B Nächste Sitzung 3676 D Anlage I Liste der entschuldigten Abgeordneten 3677* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3677* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984 3623 51. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1984 Beginn: 8.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 27. 1. Dr. Ahrens * 27. 1. Frau Dr. Bard 27. 1. Berschkeit 27. 1. Bohl 27. 1. Brosi 27. 1. Brück 27. 1. Büchner (Speyer) * 27. 1. Dr. von Bülow 27. 1. Dr. Dollinger 27. 1. Dr. Dregger 27. 1. Dreßler 27. 1. Duve 27. 1. Dr. Ehmke (Ettlingen) 27. 1. Ertl 27. 1. Gallus 27. 1. Gerstl (Passau) * 27. 1. Dr. Götz 27. 1. Grünbeck 27. 1. Haar 27. 1. Handlos 27. 1. Hartmann 27. 1. Dr. Hauchler 27. 1. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 1. Heimann 27. 1. Herkenrath 27. 1. Jansen 27. 1. Kirschner 27. 1. Kolbow ** 27. 1. Dr. Kreile 27. 1. Kretkowski 27. 1. Kroll-Schlüter 27. 1. Dr. h. c. Lorenz 27. 1. Lowack 27. 1. Lutz 27. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 27. 1. Dr. Meyer zu Bentrup 27. 1. Dr. Müller 27. 1. Müller (Wadern) 27. 1. Offergeld 27. 1. Petersen ** 27. 1. Reuschenbach 27. 1. Rohde (Hannover) 27. 1. Dr. Rose 27. 1. Roth (Gießen) 27. 1. Schluckebier 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Schmidt (Wattenscheid) 27. 1. Frau Schoppe 27. 1. Schröder (Lüneburg) 27. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 27. 1. Spilker 27. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 27. 1. Stücklen 27. 1. Tietjen 27. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Vahlberg 27. 1. Verheugen 27. 1. Voigt (Sonthofen) 27. 1. Weisskirchen (Wienloch) 27.1. von der Wiesche 27. 1. Wissmann 27. 1. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 22 Tit. 559 31 - NATO-Frühwarnsystem AWACS - - Drucksache 10/699 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 15 02 Tit. 652 11 des Haushaltsjahres 1983 (Beihilfen an junge Zuwanderer für ihre Schul- und Berufsausbildung) - Drucksache 10/623 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 12 Tit. 681 01 - Arbeitslosenhilfe (Alhi) - Drucksache 10/734 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 11 Tit. 682 01 - Erstattung von Fahrgeldausfällen - Drucksache 10/735 - Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Steuerliche und finanzielle Maßnahmen zur Investitionsförderung - Drucksache 10/133 Nr. 9 - Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Schutz der Dialysepatienten durch größtmögliche Verringerung der Aluminiumexposition - Drucksache 10/376 Nr. 74 - Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag einer Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind - Drucksache 10/873 Nr. 29 - Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage absieht: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Anwendung des Beschlusses zur Ermächtigung der Kommission, im Rahmen des neuen Gemeinschaftsinstruments Anleihen zur Investitionsförderung in der Gemeinschaft aufzunehmen - Drucksache 10/92 Nr. 24 - Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 19. Januar 1984 unter Bezug auf § 17 Abs. 5 Postverwaltungsgesetz den Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 1984 übersandt. Der Voranschlag liegt im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Sitzung ist eröffnet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf Grund einer Anregung im Ältestenrat möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß der Bundeskanzler wegen seines Besuchs in Israel verhindert ist, an der heutigen Plenarsitzung teilzunehmen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 1 zur Tagesordnung auf:
Aktuelle Stunde
Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch chlorierte Kohlenwasserstoffe
Die Fraktion DIE GRÜNEN hat gemäß Nr. 1 c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch chlorierte Kohlenwasserstoffe verlangt. — Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Frau Abgeordnete Dr. Hickel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erika Hickel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GRÜNE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor Weihnachten hörten wir von dem Aussickern hochgiftiger chlorierter Kohlenwasserstoffe aus der Mülldeponie in HamburgGeorgswerder, einem Tatbestand, der der dortigen Regierung bereits sehr viel früher, mindestens ein Jahr früher, bekannt war.
    Kürzlich alarmierte uns der dioxinhaltige Staub aus der Altölverbrennungsanlage in Landsweiler im Saarland. Auch dieser Tatbestand war der Regierung spätestens seit Oktober 1982 bekannt. Der Betrieb dieser Anlage war, entgegen den Bestimmungen des Altölgesetzes, auch genehmigt worden.
    Vorgestern erfuhren wir nun, daß allein in Nordrhein-Westfalen pro Jahr über 30 kg an Dioxinen aus Müllverbrennungsanlagen entweichen, eben Gifte einer Klasse, die bereits in Bruchteilen eines Milligramms Leber und Nieren angreifen, langfristig Krebs erzeugen und die Schädigung menschlicher Embryonen hervorrufen.
    Diese chemischen Produkte aus der Stoffklasse der Seveso-Gifte sind Neben- und Folgeprodukte der chlorierten Kohlenwasserstoffe, aus denen sie bei Erhitzung entstehen. Sie sind inzwischen überall verbreitet. Bezeichnend ist, daß sie schon in dem Urin von Menschen vorkommen, die mit ihnen bewußt gar nicht in Berührung gekommen sind. Es handelt sich hier um eine chemische Zeitbombe, die zwar schon jetzt explodiert, aber heimtückisch genug ist, gleichzeitig ein sich dauernd vermehrendes, schleichendes Langzeitgift für die Zukunft zu sein.
    Und nun erfahren wir, daß das Umweltbundesamt für die Regierung eine Studie dazu angefertigt haben soll. Ich meine nicht diesen allgemeinen Sachstandsbericht vom Frühjahr 1983, sondern eine zweite, detailliertere Studie, die eine genaue Aufstellung all der Fälle enthalten soll, in denen diese Dioxine entstehen können. Diese zweite Studie wird geheimgehalten.

    (Schily [GRÜNE]: Unglaublich so etwas!)

    Wenn das stimmt — und wir verlangen von Ihnen darüber Auskunft —, dann hat diese Regierung etwas zu verbergen;

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Jetzt hören Sie doch mit Ihrer Panikmache auf!)

    denn sie ist schließlich für den Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit verantwortlich.

    (Duve [SPD]: Die Regierung tritt kaum noch in Erscheinung! — Dr. Vogel [SPD]: Herr Spranger ist übriggeblieben! Der letzte Mohikaner!)

    — Sie hat noch mehr zu verbergen, ich weiß.
    Stimmt es nicht — und darüber bitte ich um Auskunft —, dann hat diese Regierung offensichtlich selber keine Übersicht darüber, wo überall diese Stoffe aus der Klasse der Seveso-Gifte in welchen Mengen bei uns entstehen, obwohl wir GRÜNEN die Regierung bereits im Sommer 1983 aufgefordert hatten, dies zu erforschen. Leicht ist es nicht, sie zu erforschen, das wissen wir. Und wir allein oder die ökologischen Forschungsinstitute, denen Sie so gern solche Arbeit überlassen, können das nicht erledigen; denn etwa 50 % aller chemischen Prozesse in der Industrie beinhalten den Umgang mit polychlorierten Kohlenwasserstoffen, aus denen bei Erhitzung immer Dioxine entstehen können.

    (Boroffka [CDU/CSU]: Dies ist nachweislich falsch!)

    3624 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1984
    Frau Dr. Hickel
    — Gucken Sie in „Römpps Lexikon". Schon da steht es.

    (Boroffka [CDU/CSU]: Ich bin Chemiker!) — Ich auch.

    Sie entstehen beim Verbrennen von Leder, von Strümpfen, von Holz und von anderen Stoffen und Gegenständen, die man gegen Pilzbefall schützen zu müssen meint, beim Verbrennen von Transformatoren, von Altöl. Ja, man muß schon fragen: Wo entstehen sie nicht? Es handelt sich also um eine Gefährdung umfassenden Ausmaßes, bei der ein politisches Konzept für den Umgang mit derartigen Stoffen unerläßlich ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir GRÜNEN erwarten Auskunft von der Bundesregierung: Welches ist Ihr Konzept für den Umgang mit diesen polychlorierten Kohlenwasserstoffen und mit ihren hochgiftigen Folgeprodukten? Was unternimmt die Bundesregierung, um die chemische Industrie zu veranlassen, ihre Produktionsverfahren und ihre Produkte so umzustellen, daß in absehbarer Zeit keine Stoffe aus der Klasse der Seveso-Gifte mehr entstehen können?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie werden mir sicher erzählen wollen: Das geht gar nicht. So, wie es heute läuft, geht's tatsächlich nicht. Da muß sich etwas ändern.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wann endlich gedenken Sie das Chemikaliengesetz so anzuwenden, daß es in Fällen wie diesen wirklich etwas nützt? In welchem Ausmaß werden bei uns immer noch — das ist eine weitere Frage — trotz des teilweise erlassenen Produktionsverbots polychlorierte Biphenyle, Pentachlorphenol und 2,4,5-T-Säure angewendet?