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ID1004801500

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    Plenarprotokoll 10/48 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 48. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Januar 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3439 A Aktuelle Stunde betr. Affäre Kießling Bastian GRÜNE 3439 B Francke (Hamburg) CDU/CSU 3440 B Dr. Apel SPD 3441 A Ronneburger FDP 3442 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 3443A Horn SPD 3444 B Hauser (Esslingen) CDU/CSU 3445 C Dr. von Bülow SPD 3446 B Wimmer (Neuss) CDU/CSU 3447 B Kolbow SPD 3448 B Frau Krone-Appuhn CDU/CSU 3449 B Jungmann SPD 3449 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 3450 D Berger CDU/CSU 3451 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand — Drucksache 10/880 — Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 3452 C Lutz SPD 3457 A Müller (Remscheid) CDU/CSU 3459 D Hoss GRÜNE 3463 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 3465 C Heyenn SPD 3467 C Frau Seiler-Albring FDP 3469 D Egert SPD 3470 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Bericht über die Eröffnung der Konferenz über Vertrauensbildung und Abrüstung in Europa in Stockholm vom 17. bis 19. Januar 1984 Genscher, Bundesminister AA 3472 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 3475 C Rühe CDU/CSU 3478 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 3481 B Schäfer (Mainz) FDP 3483 D Nächste Sitzung 3485 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3486*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3486* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1984 3439 48. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1984 Beginn: 8.30 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 1. Antretter* 20. 1. Bahr 20. 1. Bohl 20. 1. Brandt 20. 1. Brosi 20. 1. Büchner (Speyer) 20. 1. Frau Dr. Däubler-Gmelin 20. 1. Dr. Enders* 20. 1. Ertl 20. 1. Gerlach (Obernau) 20. 1. Grünbeck 20. 1. Frau Dr. Hamm-Brücher 20. 1. Handlos 20. 1. Haungs 20. 1. Heimann 20. 1. Huonker 20. 1. Graf Huyn 20. 1. Jansen 20. 1. Jung (Düsseldorf) 20. 1. Kretkowski 20. 1. Kroll-Schlüter 20. 1. Landré 20. 1. Lenzer* 20. 1. Dr. Lippold 20. 1. Dr. h. c. Lorenz 20. 1. Offergeld 20. 1. Petersen 20. 1. Frau Potthast 20. 1. Rawe 20. 1. Reddemann* 20. 1. Reschke 20. 1. Reuschenbach 20. 1. Saurin 20. 1. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Scheer 20. 1. Schlaga 20. 1. Frau Schmedt (Lengerich) 20. 1. Schmidt (Hamburg) 20. 1. Schmidt (München)* 20. 1. Schmidt (Wattenscheid) 20. 1. Schröder (Lüneburg) 20. 1. Schröer (Mülheim) 20. 1. Dr. Solms 20. 1. Spilker 20. 1. Stockleben 20. 1. Vahlberg 20. 1. Voigt (Frankfurt) 20. 1. Dr. Voigt (Northeim) 20. 1. Voigt (Sonthofen) 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesminister für Wirtschaft hat dem Präsidenten des Deutschen Bundestages mit Schreiben vom 23. Dezember 1983 eine Vorlage betreffend Vertragsverletzungsverfahren der EG-Kommission wegen des deutschen Filmförderungsgesetzes übermittelt. Der Bundestagspräsident hat aufgrund von § 77 Abs. 2 GO entschieden, daß diese Vorlage nicht als Bundestagsdrucksache veröffentlicht wird. Sie wurde den Fraktionen und dem Innenausschuß zugeleitet. Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 18. Januar 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Fünfzehnte Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer - Verlängerung der Frist für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems in der Republik Griechenland (Drucksache 10/799 Nr. 6)
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    Rede von Erwin Horn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch vor wenigen Wochen prahlte der Verteidigungsminister, einer seiner größten Erfolge bestehe darin, daß es gelungen sei, die Bundeswehr aus den Schlagzeilen zu nehmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben sie wieder hineingekriegt!)

    Stolz verkündete er: Das Verteidigungsministerium ist führbar.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sprach's und handelte!)

    Wohin hat nun dieser Minister unsere Bundeswehr geführt? In ihre schwerste Krise, in eine Krise des Vertrauens.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Ach du meine Güte!)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie einmal in die Truppe gehen, können Sie feststellen: Die Bundeswehr steht Kopf über diesen Vorfall.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Lachhaft!)

    Unsere Soldaten, und zwar alle Soldaten, müssen aus diesem Zwielicht heraus.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das reden Sie nur herbei!)

    Das Vertrauen zwischen politischer Leitung und unseren Streitkräften, das Vertrauen all derjenigen, die sich — vom General bis zum Gefreiten, aber auch die Beamten und die Angestellten — einer Sicherheitsprüfung unterziehen müssen, muß wiederhergestellt werden.
    Wir sind betroffen und bedrückt über die Behauptungen, die der Minister auch im Verteidigungsausschuß nicht belegt hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben noch nicht einmal zugehört!)

    Da sind offenkundige Tatsachen, die verschwiegen werden. Da ist die verantwortungslose, ja, menschenverachtende Art, in der hier vorgegangen wurde.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unverschämt!)

    Auf einen vertraulichen Hinweis hin geht ein unkontrollierter Apparat auf einen Menschen los,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Reden Sie doch nicht so!)

    veranstaltet ein Schmutzbad ohnegleichen,

    (Beifall bei der SPD — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    und der Verteidigungsminister läßt es zu, daß der höchste Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland in der NATO durch Indiskretionen gerade der Leute, die ihn schützen sollen, als Mensch fertiggemacht und der öffentlichen Hinrichtung preisgegeben wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Ist es denn ministrabel, wenn Herr Wörner im September schwerwiegende Entscheidungen trifft, aber erst im Dezember von deren Ausgangspunkt erfährt? Glaubt er denn, er kann einen fraglos verdienten Mann einfach davonjagen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt ja gar nicht, was Sie hier sagen!)

    ohne daß der sich rechtfertigen kann,

    (Berger [CDU/CSU]: Hat er nicht getan!)




    Horn
    ohne einen Beweis, ja, ohne auch nur ein Datum für das hochstilisierte Sicherheitsrisiko nennen zu können?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Quatsch! — Unsinn!)

    Auf Antrag und mit Zustimmung der Sozialdemokraten in der PKK — das weiß doch Dr. Wörner — wurden die Beamten in der PKK gehört. Die Sozialdemokraten im Verteidigungsausschuß wollen und wollten alle hören, aber nicht nur die Beweiszeugen des Ministers.

    (Beifall bei der SPD — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sie sollten sie auch hören! — Dr. Miltner [CDU/CSU]: Wen hätten sie noch hören sollen?)

    Herr Wörner darf nicht glauben, er könne sich jetzt hinter den Soldaten verstecken, weder hinter dem Generalinspekteur noch hinter dessen Stellvertreter noch hinter der Generalität insgesamt. Auch die Ausrede des Urlaubs gilt nicht. Zumindest darf er nachträglich keine Verfahrensweisen dekken, die den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlassen.
    Ich frage: Wer hat Verantwortung getragen? Wer hat entschieden, daß der Militärische Abschirmdienst einen Vier-Sterne-General observiert? Welche MAD-Gruppe war denn zuständig? Welche wurde tätig? Welche Beweismittel können auf den Tisch gelegt werden, mit Namen, Ort und Zeit? Wo sind die Beweismittel, deren Bestechlichkeit nicht in den Gazetten steht oder mir von Betroffenen selbst zugetragen wird? Welche Gesellschaften, welche Seilschaften gibt es denn in diesem Sumpf, welches Komplott, möglicherweise auch gegen den Minister selbst, den er in seiner Eitelkeit nicht bemerkt?

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist unerträglich, daß der Verteidigungsminister angesichts der Dürftigkeit und Unhaltbarkeit der von ihm genannten Gründe für seine Entscheidung im nachhinein versucht, neue Begründungen nachzuschieben, ja, erst feststellen zu lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Am 11. Januar 1984 habe ich öffentlich erklärt: Die SPD wird keine Wiederholung der Fritsch-Affäre zulassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Heute fordert die SPD für unsere Soldaten im und außer Dienst Gerechtigkeit auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeit. Wenn sich der Verteidigungsminister seiner Verantwortung nicht stellt, dann wird er jedenfalls von der Opposition in die Pflicht genommen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Hauser (Esslingen).

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    Rede von Otto Hauser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Horn, die Krise, von der Sie hier reden, haben doch Sie verursacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Diese Betroffenheit und diese Bedrücktheit, von der Sie hier reden, läßt Sie doch rot im Gesicht werden!

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Waren Sie im Urlaub?)

    Herr Apel, daß ausgerechnet Sie von Schaden reden! Wir wollen hier nicht darüber reden, wie es wäre, wenn wir Sie zu beurteilen hätten.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Was ist denn geschehen? Der Bundesverteidigungsminister hat einen General in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Der Minister entschied nach der Gesetzeslage und im Interesse der Sicherheit unserer Republik. Aber nach welchen Kriterien haben diejenigen entschieden, die jetzt mit Hilfe von Herrn Kießling einen politischen Skandal inszenieren wollen? Ihr Geheule, meine Damen und Herren von der Opposition, hätte ich hören wollen, wenn der Minister nicht oder zu spät entschieden und gehandelt hätte, um einen Schaden für das Ansehen und die Sicherheit unseres Staates zu verhüten. Ich möchte nur an den Spionagefall Guillaume erinnern. Ich weiß, Herr Ehmke, daß Ihnen gerade das nicht gefällt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Minister Wörner hatte und hat nicht zu entscheiden, ob Herr Kießling eine bestimmte Veranlagung hatte oder nicht. Ihre geifernden Angriffe gehen deshalb ins Leere.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie von der SPD fordern Beweise. Warum waren Sie denn nicht bereit — das wiederhole ich deutlich —, die angebotenen Informationen am Mittwoch im Verteidigungsausschuß entgegenzunehmen?

    (Zurufe von der SPD)

    Sagen Sie doch offen, Herr Apel, daß Sie nicht hören wollten, was die Polizeibeamten zu sagen hatten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Wir haben sie doch gehört!)

    Sagen Sie doch, daß es Ihnen nur darum ging, diese Kampagne am Leben zu erhalten!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Schaden, den Sie dadurch in der Bundeswehr stiften, wird allein auf Sie zurückfallen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    Sie, meine Damen und Herren von der SPD, reden vom angeblichen Unrecht, das Herrn Kießling widerfahren sei. Reden Sie doch bitte auch einmal davon, daß die Zeugen, die bereit sind, den Aufenthalt von Herrn Kießling in verschiedenen Lokalen der Kölner Szene zu bestätigen, inzwischen an Leib



    Hauser
    und Leben bedroht werden, um sie an der Aussage zu hindern.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Unglaublich!)

    Erst gestern haben Zeugen erneut bestätigt, daß sie Herrn Kießling auf Grund seines Fernsehauftritts am Mittwoch eindeutig identifiziert haben.
    Ich möchte noch auf zwei Einzelaspekte eingehen, die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Herrn Kießling rechtfertigen. Dem Generalinspekteur, Herrn Altenburg, sagte er sinngemäß, er habe einmal in einer für ihn schwierigen Situation alles zugegeben; diesen Fehler werde er nicht noch einmal machen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Und nun gibt Herr Kießling am laufenden Band Zusicherungen und eidesstattliche Erklärungen ab. Ich frage Sie: Wie läßt sich das eine mit dem anderen vereinbaren?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was zur Aufhellung der Umstände beiträgt, muß er auf den Tisch legen. Herr Kießling handelt hier nicht ehrlich.
    Auch nicht ehrlich ist er bei der Begründung, warum er sich vom Bundesnachrichtendienst einen Sonderausweis ausstellen ließ, der ihm zu einem anderen Namen verhalf. Wenn Herr Kießling öfter nach Berlin flog, um die Gräber seiner Eltern zu besuchen, brauchte er doch keinen Sonderausweis mit falschem Namen. Warum also das Inkognito? Warum sollte niemand erfahren, daß sich Herr Kießling in West-Berlin aufhält? Hat er denn etwas zu vertuschen?
    Solche Zweifel mußten den Minister zum Handeln veranlassen. Auch die militärische Führung sah diese Notwendigkeit. Der Bundesverteidigungsminister Wörner hat das im Interesse der Sicherheit unseres Staates und der Bundeswehr getan.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)