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ID1004505700

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    Plenarprotokoll 10/45 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 45. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3261 A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 10/798 — Dr. Vogel SPD 3261 B Dr. Mikat CDU/CSU 3262 D Krizsan GRÜNE 3264 B Mischnick FDP 3265 C Vizepräsident Stücklen 3266 D Beratung der Sammelübersicht 17 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/667 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 18 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/703 — 3267 A Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534, 10/631 bis 10/659 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348, 10/686 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349, 10/724 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350, 10/677 — Dr. Apel SPD 3267 D Dr. Schäuble CDU/CSU 3276 C Burgmann GRÜNE 3283 B Hoppe FDP 3286 A Dr. Jannsen GRÜNE 3289 B Dr. Riedl (München) CDU/CSU 3290 B Walther SPD 3293 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3298 A Namentliche Abstimmungen . . . 3302C, 3305A Nächste Sitzung 3307 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3308* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3308* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 3261 45. Sitzung Bonn, den 9. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Cronenberg (Arnsberg) 9. 12. Echternach 9. 12. Fischer (Frankfurt) 9. 12. Gerstl (Passau) * 9. 12. Gilges 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Haase (Fürth) * 9. 12. Haehser 9. 12. Handlos 9. 12. Frau Dr. Hartenstein 9. 12. Immer (Altenkirchen) 9. 12. Lemmrich * 9. 12. Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Dr. Müller * 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Reddemann * 9. 12. Sander 9. 12. Sauermilch 9. 12. Frau Schmedt (Lengerich) 9. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. von Schmude 9. 12. Schreiner 9. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim* 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockhausen 9. 12. Stockleben 9. 12. Verheyen 9. 12. Voigt (Frankfurt) 9. 12. Voigt (Sonthofen) 9. 12. Weiskirch (Olpe) 9. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Wischnewski 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Bericht der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen Gemeinschaften (Berichtszeitraum April 1983 bis September 1983 im Anschluß an den Bericht bis März 1983 - Drucksache 10/100) (Drucksache 10/614) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß Haushaltsführung 1983: hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 12 Tit. 681 01 - Arbeitslosenhilfe (Alhi) (Drucksache 10/734) zuständig: Haushaltsausschuß Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 11 Tit. 682 01 - Erstattung von Fahrgeldausfällen - (Drucksache 10/735) zuständig: Haushaltsausschuß Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 22 Tit. 559 31 - NATO-Frühwarnsystem AWACS - (Drucksache 10/699) zuständig: Haushaltsausschuß Der Vorsitzende des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Europäischen Küstencharta (Drucksache 10/358 Nr. 95) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Festlegung einer konzertierten Forschungsaktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Auswirkungen von Behandlungen und Vertrieb auf Qualität und Nährwert von Lebensmitteln Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Ermächtigung der Kommission, ein Übereinkommen über die Durchführung einer konzertierten Forschungsaktion betreffend die Auswirkungen von Behandlungen und Vertrieb auf Qualität und Nährwert von Lebensmitteln zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Drittstaaten, die an der europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung (COST) mitwirken, auszuhandeln (Drucksache 10/433 Nr. 10) Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung des Anhangs II der Richtlinie 75/895/EWG über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in Obst und Gemüse (Drucksache 10/ 358 Nr. 83)
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    Rede von Rudi Walther


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Schily, ich nehme das natürlich zur Kenntnis und erkenne an, daß Sie als erfahrener Strafverteidiger auch der Fähigkeit der Rabulistik mächtig sind. Aber ich bin Ihnen für diese Erklärung — sie kommt ja ins Protokoll — dankbar. Wir werden bei anderer Gelegenheit vielleicht noch die Chance haben, an dieser Ecke noch ein bißchen weiter zu diskutieren.
    Übrigens, meine Damen und Herren, was die Frivatisierungsideologie anlangt: Der Hinweis auf die Münchmeyer-Bank zeigt j a, daß Private es auch nicht immer besser können als die öffentlichen Hände.
    Eine weitere Senkung der Nettokreditaufnahme glauben Sie durch den Wunderglauben an die Null-Runde im öffentlichen Dienst verantworten zu können. Nun, meine Damen und Herren, Sie widerlegen sich selber. Die Bundesregierung legt ihren Planungen, ihren Rahmendaten für das Jahr 1984 eine Steigerung der Bruttolohnsumme um 3,4% zugrunde. Wenn sie selber an die Null-Runde glaubt, dann bedeutete dies für die übrige Wirtschaft eine Steige-
    3296 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983
    Walther
    rung der Lohnsumme um 4 % bis 5 %. Da ich nicht annehmen kann — auch angesichts des Appells des Kollegen Dr. Riedl —, daß Sie an solche Lohnerhöhungen glauben, kann ich nur davon ausgehen, daß Sie nicht an die Null-Runde glauben. Aber Sie müssen sich entscheiden, woran Sie denn eigentlich glauben. Denn wenn Sie an die Null-Runde glauben, dann stimmt Norbert Blüms Rentenkasse nicht mehr; dann hat er nämlich weniger Einnahmen, und auch der Herr Stingl in Nürnberg hat weniger Einnahmen; dann müssen Sie da höhere Zuschüsse gewähren. Das Ganze ist ein Null-Summen-Spiel, Herr Kollege Carstens: Entweder stimmt die Null-Runde, dann stimmt Herrn Blüms Rentenkasse nicht, oder Sie glauben nicht an die Null-Runde, dann stimmt Ihre Nettokreditaufnahme nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wissen: 1 % Lohnerhöhung bedeutet etwa 350 Millionen DM Belastung für den Bundeshaushalt mehr. Ich sage Ihnen jetzt schon voraus, daß Sie an dieser Stelle mindestens eine halbe Milliarde DM drauflegen müssen,

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Ich würde nach den Ergebnissen dieses Jahres mit Prognosen vorsichtig sein!)

    zumal schon Ihre jetzigen Berechnungen nicht stimmen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Eine weitere Senkung der Nettokreditaufnahme suchen Sie dadurch zu erreichen, daß Sie bei der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg — ich rechne jetzt einmal netto — mehr als 900 Millionen DM — übrigens gegen den Rat von Norbert Blüm und Josef Stingl — herausstreichen. Sie gehen dabei von niedrigen Arbeitslosenzahlen aus — okay, wenn sie eintreffen, sind wir alle glücklich —, aber — das ist der eigentliche Kritikpunkt — Sie gehen auch von einer noch niedrigeren Empfängerquote aus. Norbert Blüm hat Ihnen im Haushaltsausschuß vorgerechnet, daß die Arbeitslosen aus den Krisenbranchen, die demnächst vor den Türen der Arbeitsämter stehen, alle voll anspruchsberechtigt sind und die Empfängerquote von daher eher ansteigen als absinken wird. Hätten Sie sich anders verhalten — ich verstehe das ja —, hätten Sie selber dokumentiert, daß der Aufschwung, von dem Sie in diesen vier Tagen mit Ihrem Wunderglauben geredet haben, so gar nicht eintreffen kann.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ist es!)

    Meine Damen und Herren, wir haben im Haushaltsausschuß über zwei volle Tage eine Anhörung gehabt, die sehr interessant war. Ich denke, es waren für alle Seiten im Haushaltsausschuß Lehrstunden darüber, wie Wirtschaftswissenschaft in diesem unserem Lande gehandhabt wird und wie unsicher eigentlich Wirtschaftsprognosen für die Zukunft sind.
    Graf Lambsdorff hat auch in der früheren Regierung seine eigenen Probleme mit den Voraussagen der Sachverständigen gehabt. Ich erinnere nur an das Jahr 1982, als die Sachverständigen einen realen Zuwachs von 3% vorausgesagt hatten und Graf
    Lambsdorff sich dem anschloß. Der Finanzminister Lahnstein hat dann einen Haushalt auf der Basis dieser Voraussagen gemacht, und nach wenigen Monaten stimmte das nicht, weil sich die Sachverständigen leider geirrt hatten.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Der stocksolide Lahnstein!)

    Deshalb kann ich Ihnen nur raten, meine Damen und Herren von der Koalitionsmehrheit, diesem Wunderglauben nicht anzuhängen.
    Ich habe den Eindruck, weil Konjunktur auch ein Stück Psychologie ist, wie ich gerne zugebe, daß Sie hier eine konzertierte psychologische Kampagne in Gang gesetzt haben, um den Aufschwung herbeizureden, die sich aus den realistischen Zahlen nicht herleiten läßt. Das erinnert mich übrigens an die Kampagne von Frau Noelle-Neumann vor dem 6. März, wie sie durch angeblich demoskopisch gesicherte Zahlen die Wählermeinung beeinflußt hat, übrigens vom Bundespresseamt bezahlt.
    Wer im Haushaltsausschuß genau zugehört hat, der weiß, daß alle Sachverständigen, einschließlich derer, auf die sich die Bundesregierung besonders gern beruft, gesagt haben, ein Aufschwung sei nicht in Sicht, sondern höchstens eine leichte Belebung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Unsinn!)

    Alle, inklusive der Bundesbank, die mit ihrem Wunderglauben am weitesten gediehen ist, Herr Schlesinger, haben uns gesagt: Wie es ab Mitte 1984 oder gar 1985 weitergeht, weiß kein Mensch. Ich kann das zitieren, aber aus Zeitgründen verzichte ich darauf. Im Gegenteil gibt es eine Reihe von Sachverständigen, die uns gesagt haben: Ab Mitte 1984 geht es wieder bergab.
    In diesem Zusammenhang muß ich wieder darauf hinweisen, daß uns alle Sachverständigen, inklusive der Kieler und woher sie alle kamen, wie konservativ sie immer gewesen sein mögen, bestätigt haben, daß von diesem Haushalt nachfragedämpfende Wirkungen ausgehen. Sie haben nur gemeint, dies werde durch Optimismus und andere Einflüsse überspielt, so daß unter dem Strich trotz gesunkener Masseneinkommen, trotz gesunkener Nachfrage zum Schluß doch ein Aufschwung herauskäme.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Was Sie sagen, ist falsch!)

    Dies ist ein Wunderglaube.
    Wer die „Wirtschaftswoche" von vor 14 Tagen, die in diesen Tagen hier schon so oft zitiert worden ist, noch einmal genau nachliest, kann feststellen, daß sich die Rechenwerke der Sachverständigen gegenseitig so widersprechen, daß — so sagt die Wirtschaftswoche — dieses Rechenwerk auf politischen Vorgaben beruhe. Das steht wörtlich darin. Die „Wirtschaftswoche" sagt, der Aufschwung solle herbeigerechnet werden.
    Meine Damen und Herren, worauf beruht Ihr Wunderglaube? Er beruht auf der Annahme, daß, wenn Sie Unternehmungen Steuergeschenke ma-
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 3297
    Walther
    chen, diese das Geld nehmen würden, um zu investieren, aus den Investitionen entstehe Massenkaufkraft usw. Sie kennen diese ganze theoretische Kette. Ich muß Ihnen sagen: In der Zeit der sozialliberalen Koalition von 1977 bis 1982 haben wir einschließlich der Investitionszulage eine Reihe von die Unternehmen entlastenden Steuergesetzen gemacht mit einer Gesamtsumme von 17 Milliarden DM Entlastungen. Sie haben im letzten Jahr noch 2 Milliarden DM hinzugetan, und Sie wollen im kommenden Jahr bei der Vermögensteuer und anderen Dingen noch ein paar Milliarden DM hinzutun. Das heißt, 17 plus 2 Milliarden DM, 19 Milliarden DM sind schon jetzt den Unternehmern zurückgegeben worden. Und wie sieht es mit der Investitionsquote aus? Überhaupt kein realer Anstieg mit Ausnahme des ersten Halbjahres, als Folge der von uns gemeinsam beschlossenen Investitionszulage, Herr Kollege Hoppe, gegen die die damalige Opposition hier in diesem Saal polemisiert hatte. Das haben uns alle Sachverständigen gesagt.
    Nun frage ich: Wenn die 19 Milliarden DM der letzten Jahre zur Förderung von Investitionen nie für die Investitionen eingesetzt wurden, warum sollen sie ausgerechnet im Jahre 1984 zu mehr Investitionen führen?
    Selbst die Bundesbank — ich sage noch einmal: deren Heilsglaube besonders groß und hoch entwikkelt ist — sagt folgendes: Im nächsten Jahr wird die Sparquote vermutlich nicht höher sein — und in diesem Jahr ist sie ja schon relativ niedrig — als im Jahre 1983, aber, sagt sie, die Struktur der Sparquote wird sich verändern. Es wird eine geringere private Sparquote geben und eine höhere Sparquote der Unternehmungen. Das heißt, die Bundesbank selbst sagt, die Betriebe werden die ersparten Steuern eben nicht in Investitionen umsetzen, sondern in Geldvermögen anlegen. Das ist die konkrete Aussage der Deutschen Bundesbank. Wenn Sie meinen, daß sich daraus ein selbsttragender Aufschwung ableiten ließe, da muß ich Sie wirklich enttäuschen.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Warum machen die das? Warum? Weil die Zinsen so hoch sind! Die Zinsen müssen weiter fallen!)

    Dann werden Sie durch die eigenen Zahlen, die Ihre Theorie bestätigen sollen, nicht untermauert, Herr Kollege Dr. Stavenhagen.
    Das hat j a auch seinen Grund. Alle Zahlen, die der Bundeswirtschaftsminister liefert, sagen ja aus, daß die Kapazität in der deutschen Wirtschaft nach wie vor deutlich unterausgelastet ist. Es ist doch logisch, daß unterausgelastete Kapazitäten nicht zur Erweiterung von Kapazitäten führen, bestenfalls zu Rationalisierungsinvestitionen, aber nicht zu Erweiterungsinvestitionen. Das kann Ihnen jeder wirtschaftspolitische Fachmann sagen.
    Von daher ist dieser Haushalt ohne jede Perspektive. Er ist sozial ungerecht. Ich möchte den Kollegen Norbert Blüm ansprechen. Herr Bundesminister, ich möchte Sie als Gewerkschaftskollege ansprechen. Ihr Fraktionsvorsitzender sagt immer mit
    Stolz, Sie seien der promovierte Opel-Arbeiter. Mein Eindruck nach Ihrer Rede von gestern ist, daß der Weg vom Opel-Arbeiter bis zum Ministerschreibtisch ein sehr langer mit erheblichem Bewußtseinswandel gewesen ist.

    (Beifall bei der SPD — Oh-Rufe bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wenn ich Sie richtig verstanden habe, müßten doch die Armen in diesem unserem Lande dieser Regierung dankbar sein dafür, daß ihnen Geld genommen wird, weil sie auf diese Art und Weise mit dazu beitragen, daß der ominöse Aufschwung kommt.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Im Ausschuß sind Sie doch ganz vernünftig!)

    Wenn das aber so wäre, wenn diese Ideologie stimmte, warum kann diese Ideologie nicht auch dann stimmen, wenn man den Reichen etwas Geld wegnimmt? Warum denn immer bei den Ärmeren, wie das bei Ihnen geschieht?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Beispiele!)

    Nein, meine Damen und Herren, dieser Haushalt hat keine Perspektive. Real steigt die Investitionsquote nicht. Ich will Ihnen noch ein Beispiel geben. Da hat doch die Bundesbank in dem Hearing im Haushaltsausschuß in der Tat behauptet, sie vermute, daß im nächsten Jahr die öffentlichen Investitionen real um 3 % steigen würden. Auf unsere Nachfrage, bei wem denn, kam keine Antwort. Mit dem Bundeshaushalt kommt keine reale Steigerung, denn BAföG und Gewährleistungszuwächse sind ja wohl keine Investitionen. Von den Ländern kommt kein Zuwachs, und die Vertreter der Gemeinden haben uns im Haushaltsausschuß gesagt, sie erwarteten eine reale Schrumpfung der öffentlichen Investitionen bei den Gemeinden um 10 %. Wo dann real 3 % plus bei den öffentlichen Haushalten herauskommen sollen, das ist wirklich mehr als dubios und zeigt die ganze Merkwürdigkeit der Annahmen, auf die sich die Rechenwerke beziehen, über die heute morgen und gestern und vorgestern in Aufschwungeuphorie geredet worden ist.
    Herr Kollege Dr. Riedl, ich will auch Ihrem bayerischen Ministerpräsidenten recht geben, der gesagt hat, bei dieser Bundesregierung finde keine Industriepolitik statt. Dies ist wahr. In diesem Haushalt finden sich nicht im entferntesten Ansätze für eine fortschrittliche, für eine auf die Zukunft gerichtete Industriepolitik.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber Mittelstandspolitik!)

    Herr Kollege Dr. Stavenhagen, Sie sind doch im Haushaltsausschuß Berichterstatter in dem Bereich. Sie müsen auch Fehlanzeige melden, wenn ich frage: Wo gibt es in diesem Haushalt auch nur im entferntesten Ansätze für eine zukunftsgerichtete Industriepolitik?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie dafür Anträge gestellt?)

    Nein, meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist sozial ungerecht, dieser Haushalt vermittelt
    3298 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983
    Walther
    keine Perspektive. Die Sozialdemokraten lehnen diesen Haushalt auch deshalb ab und dokumentieren dies, indem sie nachher bei der namentlichen Abstimmung mit Nein stimmen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die mehrtägige Debatte zum Bundeshaushalt 1984 und zu den Begleitgesetzen steht unmittelbar vor dem Abschluß. Ich möchte nach gutem Brauch noch zu einigen Punkten dieser Diskussion Stellung nehmen, aber ich werde das auch ein bißchen mit dem Blick auf die Geschäftslage des Hohen Hauses und auf die mir bekannten weiteren Termine des heutigen Tages tun.
    Nach den Stellungnahmen der Fraktionen erwarte ich, daß der Deutsche Bundestag die Vorlagen in der Fassung der Ausschußberichte verabschieden wird. Ich rechne auch damit, daß die Vorlagen am 16. Dezember die Zustimmung des Bundesrates finden werden, dem wir wichtige Beiträge zu unseren Beratungen verdanken. So können wir davon ausgehen, daß die Vorlagen und der Haushalt fristgerecht in Kraft treten.
    Jeder wird verstehen, daß ich dies mit großer Befriedigung verzeichne. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben. Dieser Dank gilt insbesondere den Mitgliedern des federführenden Haushaltsausschusses und dessen Vorsitzenden, dem Herrn Kollegen Walther.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Ich unterstreiche mit ihm den gemeinsamen Dank auch an die Mitarbeiter des Bundesministeriums der Finanzen und der Bundestagsverwaltung, die maßgeblich an diesem Ergebnis beteiligt waren.
    Meine Damen und Herren, in der parlamentarischen Auseinandersetzung sind natürlich noch einmal grundlegende Unterschiede zwischen den Auffassungen der Fraktionen sichtbar geworden und ausgetragen worden. Es wäre reizvoll, davon heute morgen noch einiges aufzunehmen; aus den eingangs genannten Gründen muß ich mich aber konzentrieren.
    Herr Kollege Walther, was mich an Ihrem Beitrag nachdenklich gestimmt hat, ist insbesondere das vollkommen veränderte Verhältnis der Sozialdemokratischen Partei zur wissenschaftlichen Prognose.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    1970 gingen Ihren Freunde von der Planbarkeit der Prozesse über 10, 15 Jahre aus.

    (Zuruf von der SPD: Wir waren lernfähig!)

    Mitte der 70er Jahre haben Sie sich um einen
    „Orientierungsrahmen" bis 1985 bemüht. Die erkennbaren Enttäuschungen sollten aber nicht zu
    dem Maß an — ich darf das so sagen — Geringschätzung ernsthafter Beiträge der Wissenschaftler auch in der Konjunkturdiskussion führen, das in einigen Ihrer Bemerkungen angeklungen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein anderer erhellender Vorgang war heute morgen der kurze Wortwechsel zum Thema „etablierte Parteien". Hier wird der Unsinn allmählich zur Methode, meine Damen und Herren. Das muß ich hier für jeden, der den Wortwechsel und die Interpretation von Herrn Schily gehört hat, ganz klar sagen. Wir sollten doch mit der deutschen Sprache etwas sorgfältiger umgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In dem Moment, in dem eine Partei sich gegründet hat und gemäß den Anforderungen des Parteiengesetzes mit Kandidaten zu demokratischen Wahlen antritt, ist sie im Sinne des Wortes eine etablierte Partei. Nichts anderes kann man ernsthaft sagen!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hier nun zwischen etablierten Parteien erster Qualität — das ist neuerdings die Koalition — und zweiter Qualität — das ist die SPD — und Parteien dritter Qualität zu unterscheiden, scheint mir wirklich nicht ernsthaft zu sein, wenn wir versuchen — und das sollte man bei einem Rechtswissenschaftler doch eigentlich unterstellen, Herr Schily —, in vernünftiger Sprache miteinander zu reden.
    Aber ich will zur Debatte zurückkommen und sagen, daß sie uns nach meiner Einschätzung geholfen hat, zentrale Probleme der künftigen Politik — auch über den Bereich des Haushalts hinaus — deutlicher zu beschreiben, in der Diskussion herauszuarbeiten und Wechselwirkungen besser zu verstehen.
    Einig sind sich ja Regierung und Opposition in der Formulierung wichtiger Aufgaben. Die Wiedergesundung unserer Wirtschaft, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Gesundung der sozialen Sicherungssysteme, die Wiedergewinnung wirtschaftlicher Dynamik und die notwendige Verbindung mit einem wirksameren ökologischen Ordnungsrahmen sind über die Tage und Meinungen hinweg zentrale Punkte der Debatte gewesen. Dies wird in diesem Hohen Hause sicher so bleiben.
    Für mich hat die Diskussion im Für und Wider der Argumente die Vordringlichkeit eines konsequenten Kurses zum weiteren Abbau der Neuverschuldung und auch zur Umschichtung, zur Verbesserung der Struktur des Haushalts bestätigt. Herr Kollege Hoppe, Herr Kollege Riedl, Herr Kollege Schäuble, ich bin Ihnen und allen, die das von seiten der Koalition noch einmal unterstrichen haben, dafür dankbar.
    Gerade der Zweifel der sozialdemokratischen Opposition an der Dauerhaftigkeit des wirtschaftlichen Aufschwungs müßte auch sie zu entsprechenden Konsequenzen führen. Vielleicht wird das ein Lernprozeß, dessen Zwischenstation wir im nächsten Jahr in weiteren Debatten registrieren können.
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 3299
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Sparsamkeit in der Haushaltspolitik ist für uns kein Selbstzweck, sondern die Voraussetzung, bessere Bedingungen für die Gesundung und Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft und eine nachhaltige Trendwende auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Der Staat zieht sich damit j a auch nicht aus der Verantwortung zurück, aber wir erkennen nach manchen enttäuschenden Erfahrungen früherer Jahre, daß die Grenzen staatlicher Administration und Intervention neu bestimmt werden müssen. Ein Staat, der sich übernimmt und die Kräfte seiner steuerzahlenden Bürger und seiner Betriebe überfordert, würde in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik schließlich handlungsunfähig werden. Das ist eine Konsequenz, die ich aus den 70er Jahren ziehe.
    Herr Kollege Apel, es ist das klassische Recht der Opposition, aus politischen Gründen nicht nur den Gesamtetat, sondern auch viele Einzelpläne abzulehnen. Daß Sie freilich gestern bei der öffentlichen Abstimmung hier auch den Einzelplan 32 in zweiter Lesung abgelehnt haben, hat mich doch sehr überrascht; denn Sie sollten doch mindestens sicherstellen, daß die Bundesregierung die Zinsen und die Tilgung für die von Ihnen gemachten Schulden ordnungsgemäß vornehmen kann.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist doch eine staatspolitische Anforderung, die wir an Sie richten dürfen.
    Sie haben soeben so etwas in freier Rede gesagt: Ich habe niemals so viel Schulden gemacht wie Stoltenberg in diesem Jahr. — Also, Herr Apel, daraufhin habe ich mir die Zahlen noch einmal angeschaut. Ich will dies doch noch einmal deutlich machen, weil man j a der Legendenbildung im Interesse der historischen Wahrhaftigkeit vorbeugen muß.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Es gab einen Bundesfinanzminister Fritz Schäffer, der schied 1957 mit einem Haushalt aus dem Amt, in dem überhaupt keine Schulden gemacht wurden, sondern in dem Schulden in der Größenordnung von 500 Millionen DM getilgt wurden. Es gab einen Finanzminster Franz Josef Strauß, der schied 1969 aus dem Amt ohne eine Mark Nettokreditaufnahme. 1974 — ich raffe jetzt etwas —, Herr Kollege Apel, kamen Sie ins Amt mit einer j ährlichen Neuverschuldung von 9,5 Milliarden DM. Sie stieg — sicher unter dem Vorzeichen einer Rezession; das ist richtig — binnen eines Jahres auf 29,9 Milliarden DM.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    In der Zeit der Belebung und der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, die folgte, haben Sie den verhängnisvollen Fehler begangen, die Nettokreditaufnahme trotz günstiger Bedingungen bis 1978 nur auf 25,9 Milliarden DM abzusenken. Das war einer der schweren Fehler; denn damit war die Krise in der Phase einer neuen Stagnation nach 1980 vorprogrammiert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    So haben wir erlebt, daß die Neuverschuldung des Bundes 1981 auf 37,4 Milliarden DM emporschnellte. Sie betrug 1982 37,2 Milliarden DM. Sie wäre infolge der dramatischen Wirkungen der Rezession und der Arbeitslosigkeit in diesem Jahr auf mindestens 50 Milliarden DM angestiegen, wenn wir nicht den Kurswechsel herbeigeführt hätten. Sie wird, Herr Kollege Apel, nach meiner Schätzung auch schon in diesem Jahr unter den Werten der letzten Jahre liegen. Die Trendwende ist erreicht, und wir wollen diesen Kurs der Konsolidierung konsequent fortsetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist in wenigen Daten ein Stück Geschichte der Haushalts- und Finanzpolitik. Ich rate etwas zur Vorsicht.
    Herr Kollege Walther, wir werden den Bundesbankgewinn schrittweise zurückführen. Das ist auch eine Konsequenz kritischer Äußerungen früherer Jahre. Sie haben hier eine Äußerung von Herrn Kollegen Häfele zitiert.
    Die Struktur unseres Haushalts weiter zu verbessern, bleibt ein Thema der nächsten Jahre. Mehr Zukunftsvorsorge über die Entwicklung der Investitionsquote hinaus heißt hier die zentrale Aufgabe. Forschung, Technologie, bessere Rahmenbedingungen für Existenzgründungen und Betriebserweiterungen, Umweltschutz, Familienpolitik sind einige der wichtigsten Stichworte.
    Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nicht alles muß über die öffentlichen Haushalte geschehen. Steuerentlastungen können in einigen dieser Bereiche von noch größerer Wirkung sein. Wir glauben nicht an Umverteilung als das einzige Instrument zur Lösung politischer und sozialer Aufgaben in unserem Lande.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will noch einmal hervorheben, daß wir im Finanzplanungsrat zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu gewichtigen gemeinsamen Resultaten gekommen sind. Das gilt für den Vorrang der Konsolidierung ebenso wie für das Ziel einer deutlichen Ausgabenbegrenzung auch in der mittelfristigen Finanzplanung. Diese Konsolidierung, Herr Apel — ich muß Ihnen das sagen —, führt doch bei der Gesamtheit der Länder und Gemeinden zu einem noch rascheren Abbau der Defizite als beim Bund, dessen Ausgangssituation 1982 wesentlich ungünstiger war.
    Ich habe mit großer Verblüffung gehört, was Sie hier in bewegten, dramatischen Worten über die Wirkung unserer Politik auf die Gemeindefinanzen gesagt haben. Ich habe noch einmal die im Finanzplanungsrat abgestimmten Zahlen kurz zur Hand genommen. Sie ergeben für die Gemeinden folgende Bilanz: 1981 hatten die Gemeinden einen Finanzierungssaldo — also einen Fehlbetrag, um das verständlich zu sagen — in ihren Haushalten von über 10 Milliarden DM. 1982 waren es 7,5 Milliarden, 1983 sind es 3 Milliarden DM, und im nächsten
    3300 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Jahr werden es 1,5 Milliarden DM sein — in abgestimmten Zahlen.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Ich frage mich wirklich, woher Sie, die Sie in den für Gemeinden schwierigen Jahren Ihre Ohren taub gehalten haben, bei diesem Trend den Mut nehmen, heute hier vor dem Deutschen Bundestag als die großen Sprecher für die kommunalen Belange aufzutreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, es ist ein ernstes Problem — das ist wahr —, daß die kommunalen Investitionen so zurückgegangen sind, ein Einbruch, der 1980 dramatisch einsetzte und dessen Folgen Sie uns nicht anlasten sollten. Nach meiner Überzeugung ist ein Anstieg der kommunalen Investitionen begründet und richtig

    (Walther [SPD]: Wo soll der denn herkommen, Herr Stoltenberg?)

    — aus der erwähnten deutlichen Reduzierung der Neuverschuldung und höheren Steuereinnahmen, auch durch unsere Entscheidung hinsichtlich der Verlagerung der Mehrwertsteuer —, auch wenn zu Recht die Folgekosten heute sorgfältiger und kritischer kalkuliert werden als in der Vergangenheit. Wichtige Felder sind hier eine vorausschauende Gewerbepolitik, Umweltschutzvorhaben, aber auch Vorhaben der Stadt- und Dorferneuerung, die vom Bund übrigens mit steigenden Mitteln gefördert werden.
    Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang noch einige Minuten auf die Fragen der Finanzpolitik der kommenden Jahre eingehen, die meine Vorredner kritisch angesprochen haben. In der Aussprache sind unsere steuerpolitischen Zielsetzungen und auch der Zeitplan für die Entscheidungen dargelegt worden. Ich brauche dem, Herr Kollege Apel, was ich gestern dazu gesagt habe, nichts Neues hinzuzufügen. Ich beziehe mich ausdrücklich auf meine Ausführungen und die der Kollegen der Koalition. Und wenn Sie da weiterhin Klarheit vermissen, dann will ich Ihnen sagen: Schwerwiegende Entscheidungen müssen Zug um Zug nach einem vernünftigen Plan des Vorgehens diskutiert und getroffen werden. Ihr Fraktionsvorsitzender hat doch Nachdenklichkeit, Diskussionsfähigkeit und die Fähigkeit zur Analyse hier in einer Grundsatzrede als Maßstäbe erfolgreicher Politik gepriesen. Wir nehmen das für uns in Anspruch, auch für die Art, wie wir schwere Entscheidungen für die nächste Phase vorbereiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mir liegt aber daran, einen Grundsatz zu betonen. Wir müssen dem Gesichtspunkt der besseren Überschaubarkeit des Steuerrechts einen eindeutigeren Vorrang einräumen, als das in der Vergangenheit geschah. Die Erfahrungen der Praxis zeigen uns — ich würde das gern auch bedeutenden Außenpolitikern hier sagen, verehrter Kollege, und wäre daher für das Gehör dankbar —, daß eine immer weitergehende Komplizierung durch den Anspruch der Würdigung von Gruppenbelangen und Einzelfällen dem Grundsatz der Gerechtigkeit im Steuerrecht zunehmend Abbruch getan hat.
    Unsere Politik ist durch eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundesbank bestimmt. Auch wir sehen im Abbau des amerikanischen Haushaltsdefizits — —