Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verstehe, daß um diese Uhrzeit jeder, der dieses Rednerpult betritt, mit wenig Sympathie empfangen wird.
Aber ich bitte um Verständnis dafür, nachdem in
diesen vier Tagen soviele Redner an dieses Pult
getreten sind, die ich in den letzten Monaten im
Haushaltsausschuß nie gesehen habe, daß zumindest der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hier noch einige Bemerkungen nicht nur für den gesamten Ausschuß, sondern auch für seine Fraktion machen möchte.
Ich muß zunächst — ich vermute, im Namen des gesamten Ausschusses — den unerträglichen Zeitdruck erneut beklagen, unter dem vor allem die Mitglieder des Haushaltsausschusses, aber auch derjenigen Fachausschüsse standen, die die umfänglichen und schwierigen Haushaltsbegleitgesetze zu beraten und mitzuberaten hatten. Niemand kann heute guten Gewissens von sorgfältigen, von jeden Fehler ausschließenden Beratungen sprechen. Ich kann nur unbeschadet politisch unterschiedlicher Bewertungen der geplanten Maßnahmen hoffen, daß niemandem, vor allem von der parlamentarischen Mehrheit, dabei schwerwiegende ungewollte Fehler unterlaufen sind.
— Ja, Frau Kollegin Berger; Sie wissen also, daß uns in den vergangenen Jahren der eine oder andere Fehler wegen der Eile unterlaufen ist.
Wir müssen uns bewußt sein, daß bei allem, was hier beschlossen werden soll, menschliche Schicksale in zum Teil unerhörtem Ausmaß betroffen werden.
Der Haushaltsausschuß hat in insgesamt 115 Beratungsstunden, in 15 Sitzungen, von denen viele über 10 Stunden ohne Unterbrechung dauerten,
den Haushalt 1984 und die Haushaltsbegleitgesetze beraten. Dazu kamen unzählige Stunden der Vorbereitung in den einzelnen Gruppen der Fraktionen. Die physische und psychische Belastung war in diesen Wochen ungeheuer. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich allen Kolleginnen und Kollegen dafür Dank sage, daß sie es mir ermöglicht haben, die Beratungen so zu steuern, daß wir rechtzeitig bis zum 1. Dezember fertig werden konnten. Ich bitte um Verständnis, daß ich — namentlich — stellvertretend für alle beteiligten Kolleginnen und Kollegen die Obleute Manfred Carstens, Helmut Wieczorek, Hans-Günther Hoppe und Hubert Kleinert nenne
und mich auch bei Ihnen, Herr Kollege Dr. Riedl, als meinem Stellvertreter sehr herzlich bedanke.
Ich möchte meinen Dank auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Ausschußsekretariats und der Sekretariate der anderen Ausschüsse richten;
3294 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983
Walther
denn sie haben durch intensive Vor- und Nachbereitung dafür gesorgt, daß die Beschlüsse rechtzeitig auf dem Tisch liegen konnten.
In diesen Dank will ich alle Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung einschließen, insonderheit der Bundestagsdruckerei, die schnell gearbeitet haben.
In diesen Dank schließe ich auch die Mitarbeiter des Finanzministeriums und der Fachministerien ein, ohne deren Hilfe wir ebenfalls nicht hätten fertig werden können.
Trotzdem muß ich hier offen bekennen — ich denke, auch dem wird niemand widersprechen —, daß viele Beratungen im Schweinsgalopp vorgenommen werden mußten.
— Jawohl, genau, Frau Kollegin Berger. — Dies entspricht nach meinem Verständnis nicht unserer Verantwortung gegenüber unseren Bürgern, vor allem nicht gegenüber den Steuerzahlern.
Das, was ich beklage, ist nicht Folge von bösem Willen von irgend jemandem, sondern von objektiven Gegebenheiten. Den Beginn unserer Beratungen bestimmt praktisch der Ferienkalender der Kultusministerkonferenz — d. h., vor Anfang September geht es nicht los —, das Ende das Grundgesetz, das uns vorschreibt, daß das Haushaltsgesetz vor dem 31. Dezember im Bundesgesetzblatt zu stehen habe, und darüber hinaus dem Bundesrat eine — zu Recht übrigens — dreiwöchige Beratungsfrist für unsere Beschlüsse zubilligt; d. h., wir müssen immer bis Ende November fertig werden. Ich möchte deshalb an dieser Stelle, weil diese objektive Sachlage uns jedes Jahr in diesen Zeitdruck bringen muß, meine Anregung an alle Fraktionsspitzen, aber auch an den Herrn Bundesfinanzminister öffentlich wiederholen, darüber nachzudenken, wie wir das Grundgesetz so moderieren, daß dabei eine etwa vier Wochen längere Beratungszeit herauskommt. Denn dies kann der Qualität unserer Beschlüsse nur zugute kommen.
Für meine Fraktion möchte ich noch einige Schlußbemerkungen machen.
Ich hätte mich gern, zunächst bezugnehmend auf einen Vorgang von heute nacht, an den Kollegen Schily gewandt. Aber der ist nicht im Saal. Vielleicht, Herr Kollege Kleinert, können Sie es ihm wiedergeben.
Gestern hat der Pressesprecher der GRÜNEN im
Bundestag — Heinz Suhr, lese ich — behauptet, den
GRÜNEN werde durch die anderen Fraktionen des
Bundestages die Teilnahme am Unterausschuß des Haushaltsausschusses verwehrt. Nun nehme ich nicht so tragisch, Herr Kollege Kleinert, was Pressesprecher sagen. Von Herrn Boenisch wissen wir j a auch, daß er nicht immer die Wahrheit sagen kann.
Aber nachdem wir heute nacht hier durch meinen Redebeitrag und durch Abstimmungsverhalten deutlich gemacht haben, wie wir in dieser Frage stehen, hat der Kollege Schily heute morgen in einem Interview des Westdeutschen Rundfunks wieder so getan, als hätten alle — ich benutze jetzt sein Schimpfwort — „etablierten Parteien" den Versuch unternommen, die Grünen auszuschließen.
Ich nehme das dem Herrn Kollegen Schily persönlich sehr übel. Ich meine das sehr ernst, Herr Kollege Kleinert. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm das ausrichten könnten und wenn er Gelegenheit fände, dies zurechtzurücken.
Nun komme ich zu dem sehr verehrten Herrn Kollegen Schäuble. Herr Kollege Schäuble, Sie haben an einigen Stellen Ihrer Rede einen Appell an Gemeinsamkeiten der großen Fraktionen gerichtet. Ich will das gern positiv aufnehmen. Nur, als ich vor einem Jahr hier für meine Fraktion, in anderer Funktion sprechend, das Angebot gemacht habe, wir seien bereit, viel von dem, was uns eigentlich gegen den Strich geht, mitzutragen, wenn Sie bereit seien, zumindest einen Teil unserer Beschäftigungsinitiativen mitzutragen, haben Sie dies mit Hohnlachen abgelehnt. An dieser Stelle gab es laut Protokoll noch den vereinzelten Beifall des Abgeordneten Hoppe.
— Doch, das stimmt.
Zweitens, Herr Kollege Schäuble: Wenn ich richtig gehört habe — aber Sie können das gleich berichtigen —, haben Sie zum Schluß Ihrer Ausführungen die unerträgliche Behauptung aufgestellt, in diesem Parlament gebe es keine demokratische Alternative. Wenn das anders gemeint sein sollte, gebe ich Ihnen gern Gelegenheit zu einer Zwischenfrage, Herr Kollege Schäuble. Aber der Herr Präsident hat zu entscheiden.