Rede von
Dr.
Wolfgang
Schäuble
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Apel, es ist für Sie nicht ganz leicht, hier zu reden; wir haben das alle gespürt. Sie sagen, Ihre Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit seien klar. Nun, die Wahrheit ist ja wohl die, daß Sie die Probleme geschaffen haben und daß wir mit diesem Haushalt und mit diesen Begleitgesetzen die Antworten auf die Fragen, die Ihre Erblast uns hinterläßt, hier in diesen Tagen vorgelegt haben.
Wir haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, nun eine drei Tage lange Debatte hinter uns. Die dritte Lesung des Haushalts und der Begleitgesetze bietet vielleicht Anlaß, ein bißchen die Bilanz dieser Debatte zu ziehen und nach der Hektik — der teilweisen Hektik — der vergangenen Tage die politischen Argumente noch einmal etwas ruhiger zu wägen. Ich will den Tonfall, Herr Apel, dessen Sie sich in weiten Teilen bedient haben, hier gern aufnehmen.
Wir wollen, soweit wir können, doch noch einmal objektiv fragen: Wie ist denn — nach der Debatte dieser Woche — der Stand der wirtschaftlichen Entwicklung? Welches sind die gegenseitigen Argumente? Wo — vielleicht — finden wir Gemeinsamkeiten? Wo muß der eine oder der andere seinen Standpunkt überdenken, wo müssen wir die Auseinandersetzung fortführen?
Das meiste von dem, was Sie vorgetragen haben, war nicht ganz neu. Doch finde ich, daß wir in den Reden der Opposition, der SPD-Fraktion, in dieser Woche eine gewisse Akzentverschiebung feststellen konnten. Sie werfen uns, wenn ich das richtig verstanden habe, im Gegensatz zu früher nicht mehr vor, daß wir den finanzpolitischen Kurs der Konsolidierung nicht ernsthaft, konsequent und erfolgreich betreiben würden. Sie haben uns bis in den Sommer hinein — Herr Apel, bei Ihnen ist das noch ein bißchen durchgeklungen, aber auch in Ihrer Argumentation war es nicht tragend — gleichzeitig vorgeworfen, wir würden zuviel sparen und zuviel Schulden machen. Jetzt konzentrieren Sie — das ist immerhin ein Ansatz zu mehr Folgerichtigkeit — Ihre Angriffe auf die Sparpolitik.
Für mich am deutlichsten hat das der Kollege Wieczorek gestern ausgeführt, der gesagt hat: Die
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 3277
Dr. Schäuble
Rückführung der Neuverschuldung in den vier Jahren dieser Legislaturperiode um 30 Milliarden DM, die wir vorhaben — bis jetzt sind wir auf dem richtigen Weg dorthin —, sei mit den Erfordernissen einer wachsenden Volkswirtschaft nicht zu vereinbaren. Die Sozialdemokraten meinen, eine zurückhaltende Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand entziehe Nachfrage und schade dem Konjunkturverlauf, der durch kreditfinanzierte staatliche Nachfrage gestützt werden müsse.
Nun haben Sie, Herr Apel, gesagt, es sei unwahr, daß die Sozialdemokraten Beschäftigungsprogramme durch Schulden finanzieren wollten. Sie müßten eigentlich Ihre eigene Politik noch kennen; genau dies haben Sie getan, und genau dies haben Sie auch in Ihren Programmen wieder vorgelegt. Im übrigen, Herr Kollege Apel, will ich gleich auch hinzufügen: Im Grunde ist es fast zweitrangig, ob Sie staatliche Ausgaben durch Schuldaufnahmen oder durch Steuereinnahmen finanzieren. Nach unserer Überzeugung müssen wir den Staatsanteil insgesamt zurückfahren, und deswegen müssen wir bei den Ausgaben ansetzen, wenn wir zur Konsolidierung der Haushalte kommen wollen.