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ID1004500200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/45 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 45. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3261 A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 10/798 — Dr. Vogel SPD 3261 B Dr. Mikat CDU/CSU 3262 D Krizsan GRÜNE 3264 B Mischnick FDP 3265 C Vizepräsident Stücklen 3266 D Beratung der Sammelübersicht 17 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/667 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 18 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/703 — 3267 A Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534, 10/631 bis 10/659 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348, 10/686 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349, 10/724 — in Verbindung mit Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350, 10/677 — Dr. Apel SPD 3267 D Dr. Schäuble CDU/CSU 3276 C Burgmann GRÜNE 3283 B Hoppe FDP 3286 A Dr. Jannsen GRÜNE 3289 B Dr. Riedl (München) CDU/CSU 3290 B Walther SPD 3293 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3298 A Namentliche Abstimmungen . . . 3302C, 3305A Nächste Sitzung 3307 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3308* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3308* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 3261 45. Sitzung Bonn, den 9. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Cronenberg (Arnsberg) 9. 12. Echternach 9. 12. Fischer (Frankfurt) 9. 12. Gerstl (Passau) * 9. 12. Gilges 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Haase (Fürth) * 9. 12. Haehser 9. 12. Handlos 9. 12. Frau Dr. Hartenstein 9. 12. Immer (Altenkirchen) 9. 12. Lemmrich * 9. 12. Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Dr. Müller * 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Reddemann * 9. 12. Sander 9. 12. Sauermilch 9. 12. Frau Schmedt (Lengerich) 9. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. von Schmude 9. 12. Schreiner 9. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim* 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockhausen 9. 12. Stockleben 9. 12. Verheyen 9. 12. Voigt (Frankfurt) 9. 12. Voigt (Sonthofen) 9. 12. Weiskirch (Olpe) 9. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Wischnewski 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Bericht der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen Gemeinschaften (Berichtszeitraum April 1983 bis September 1983 im Anschluß an den Bericht bis März 1983 - Drucksache 10/100) (Drucksache 10/614) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß Haushaltsführung 1983: hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 12 Tit. 681 01 - Arbeitslosenhilfe (Alhi) (Drucksache 10/734) zuständig: Haushaltsausschuß Haushaltsführung 1983; hier: Einwilligung zu einer üpl. Ausgabe bei Kap. 11 11 Tit. 682 01 - Erstattung von Fahrgeldausfällen - (Drucksache 10/735) zuständig: Haushaltsausschuß Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 22 Tit. 559 31 - NATO-Frühwarnsystem AWACS - (Drucksache 10/699) zuständig: Haushaltsausschuß Der Vorsitzende des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Europäischen Küstencharta (Drucksache 10/358 Nr. 95) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Festlegung einer konzertierten Forschungsaktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Auswirkungen von Behandlungen und Vertrieb auf Qualität und Nährwert von Lebensmitteln Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Ermächtigung der Kommission, ein Übereinkommen über die Durchführung einer konzertierten Forschungsaktion betreffend die Auswirkungen von Behandlungen und Vertrieb auf Qualität und Nährwert von Lebensmitteln zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Drittstaaten, die an der europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung (COST) mitwirken, auszuhandeln (Drucksache 10/433 Nr. 10) Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung des Anhangs II der Richtlinie 75/895/EWG über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in Obst und Gemüse (Drucksache 10/ 358 Nr. 83)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Strafverfahren gegen Bundesminister Graf Lambsdorff hat in der bisherigen Haushaltsdebatte eine erhebliche Rolle gespielt. Das ist nicht verwunderlich. Immerhin ist es das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, daß ein Bundesminister unter der Anklage der Bestechlichkeit steht.
    Sie, Herr Bundeskanzler, haben versucht, diese Diskussion auf ein Nebengleis zu lenken. Sie haben Angriffe gegen die Strafverfolgungsbehörden gerichtet. Darauf werden Ihnen die dafür Zuständigen die gebührenden Antworten geben.
    Sie, Herr Bundeskanzler, und andere Redner der Koalition, insbesondere Herr Bundesminister Genscher, haben sich sodann des langen und breiten dazu geäußert, ob ihnen die Anklage begründet erscheint, ob Graf Lambsdorff schuldig oder unschuldig ist. Herr Bundeskanzler, das ist nicht Ihres Amtes. Das ist allein Sache der Gerichte.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie mischen sich genauso in die Kompetenz der Gerichte ein wie die, die Sie deshalb so heftig kritisieren und die für sich immerhin in Anspruch nehmen können, daß sie die Öffentlichkeit auf Verstrikkungen aufmerksam gemacht haben, aus denen
    sich die Parteien aus eigener Kraft über lange Zeit nicht haben lösen können. Was Sie tun, Herr Bundeskanzler, entbehrt jeder Rechtfertigung. Es ist schlimmer als das, was Sie kritisieren,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Zum Glück haben wir Sie, Herr Vogel!)

    weil Sie sich in amtlicher Eigenschaft, weil Sie sich unter Mißbrauch Ihrer Regierungsämter an die Stelle des Gerichts setzen wollen. Das ist mit der Gewaltenteilung unvereinbar.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Kleinert [Hannover] [FDP]: Dummes Zeug! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/ CSU und der FDP)

    Wir tun das nicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dumm Tüch!)

    Wir respektieren die Zuständigkeit der dritten Gewalt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das merkt man! — Feilcke [CDU/CSU]: Sie sind ein Pharidocumentsäer, Herr Vogel!)

    Wir sagen kein Wort dazu, ob Graf Lambsdorff schuldig oder unschuldig ist. Ich wiederhole: Wir halten es für durchaus möglich, daß die Anklage nicht zugelassen wird oder das Verfahren mit Freispruch endet. Ja, ich füge hinzu:

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Und dann stellen Sie diesen Antrag?!)

    Wir hoffen es sogar, schon um des Ansehens unseres Staatswesens willen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sagen etwas ganz anderes. Wir sagen: Wer unter der Anklage der Bestechlichkeit steht, würde als Beamter sofort des Dienstes enthoben.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Sie wiederholen sich!)

    Das ist eine Selbstverständlichkeit für jeden, der im öffentlichen Dienst steht. Für einen Bundesminister müßten eher strengere Maßstäbe, zumindest aber dieselben Maßstäbe gelten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    3262 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983
    Dr. Vogel
    Er kann nicht länger im Amt bleiben, und zwar ganz gleich, wie die Anklage im einzelnen begründet ist. Ein angeklagter Bundesminister kann nicht im Amt bleiben, weil das mit unserer politischen Ordnung unvereinbar ist. Er kann nicht im Amt bleiben, weil dadurch das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beschädigt wird. Er kann nicht im Amt bleiben, weil er seine Kraft nicht mehr in dem notwendigen Umfang seinem Ressort widmen kann. Er kann nicht im Amt bleiben, weil er seinen Untergebenen und Gesprächspartnern gegenüber befangen erscheint. Er kann nicht im Amt bleiben, weil der Respekt vor der Integrität unseres parlamentarischen Rechtsstaats seinen Rücktritt verlangt.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Von den preußischen Tugenden, die einige von Ihnen beständig im Munde führen, völlig zu schweigen.
    Ich bedauere, Graf Lambsdorff, daß Sie den befreienden Entschluß nicht selbst gefaßt haben. Wir hoffen jetzt, daß Sie Ihren Rücktritt erklären, wenn Sie in die Anklageschrift Einsicht genommen haben. Sie selbst haben dies in Ihren Erklärungen nicht ausgeschlossen. Unser Antrag nimmt darauf Rücksicht. Er fordert Ihre Entlassung deshalb für den Fall, daß Sie nach Einsichtnahme in die Anklageschrift nicht selbst zurücktreten.

    (Zuruf des Abg. Gerster [Mainz] [CDU/ CSU])

    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir respektieren mit dieser Fassung unseres Antrags die Position, die nicht nur der Betroffene, sondern auch der Bundeskanzler vorgestern in diesem Hause vertreten hat. Ich sage: Wir respektieren sie; wir teilen sie nicht, wir halten sie sogar für bedenklich und für den Betroffenen für abträglich. Gibt es denn, Herr Bundeskanzler, eine stärkere Vorverurteilung, als wenn Sie zunächst sagen, ob der Minister im Amt bleiben könne, hänge vom Inhalt der Anklageschrift ab, und wenn Sie ihn dann nach Würdigung der Anklageschrift, also der konkreten Tatvorwürfe und der Beweismittel, entlassen? Eine stärkere Vorverurteilung ist doch gar nicht möglich.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben sich mit dem, was Sie von dieser Stelle aus erklärt haben, in eine schlimme Sackgasse manövriert. Sie haben Schaden gemehrt, wo es Ihre Pflicht gewesen wäre, durch rechtzeitiges Handeln Schaden abzuwenden.

    (Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU]: Terrafinanz!)

    Wir begeben uns nicht auf dieses Glatteis. Für uns ist im jetzigen Zeitpunkt allein die Tatsache der Anklage maßgebend, nicht ihr Inhalt.

    (Zuruf des Abg. Kleinert [Hannover] [FDP])

    Unser Antrag achtet die durch die Gewaltenteilung gezogenen Grenzen. Unser Antrag bringt zum Ausdruck, daß es aus politischen Gründen nicht angeht, gleichzeitig Bundesminister zu sein und unter schwerer Anklage zu stehen. Die Zustimmung zu diesem Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Gebot parlamentarischer und staatspolitischer Selbstachtung.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Jeder einzelne von Ihnen, meine Damen und Herren, ist gefordert, sich zu entscheiden.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie sind überfordert!)

    Sie sind gefordert, sich zu entscheiden zwischen der Loyalität gegenüber einem — aus welchen Gründen auch immer — in Bedrängnis geratenen Freund und der Loyalität gegenüber einem passiv gebliebenen Bundeskanzler einerseits und der Loyalität gegenüber den Staatsnotwendigkeiten und dem Gemeinwohl andererseits.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Lattmann [CDU/CSU])

    Sie sollten sich für das Gemeinwohl entscheiden.
    Wenn Ihnen trotzdem noch Zweifel bleiben, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dann fragen Sie sich, wie wohl ein Thomas Dehler, ein Theodor Heuss, ein Hermann Ehlers an Ihrer Stelle heute entscheiden würde.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Dazu sind gerade Sie berufen!)

    Bedenken Sie bitte: Nicht die Fraktionen, jeder einzelne von Ihnen ist gefordert in seiner ganz persönlichen Verantwortung.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Bötsch [CDU/ CSU]: Es sprach der Scharfrichter von Frau Donnepp! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich eröffne die Aussprache. Meine Damen und Herren, es ist vereinbart, über diesen Antrag nach Beendigung der Aussprache zu den Tagungsordnungspunkten V und IX abzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Professor Mikat.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Mikat


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist es das gute Recht der Antragsteller, wann immer sie wollen, einen solchen Antrag zu stellen.

    (Lattmann [CDU/CSU]: Die stellen ja jede Woche einen!)

    Aber eine ganz andere Frage ist, ob die Antragsteller auch gut beraten sind, wenn sie sich mit einem solchen Antrag auch nur in die Nähe derjenigen begeben, die seit Jahr und Tag ein schwebendes Ermittlungsverfahren zum Anlaß einer geradezu beispiellosen Kampagne genommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Parlament tut gut daran, wenn es auch nur jeden Anschein einer Vorverurteilung meidet, und da es an Vorverurteilungen jeglicher Art in diesen
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983 3263
    Dr. Mikat
    Tagen nicht mangelt, muß ein solcher Antrag, mögen die Antragsteller es wollen oder nicht, mögen sie sich dessen bewußt sein oder nicht, geradezu zwangsläufig in den Kontext bereits erfolgter Vorverurteilungen geraten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Rechtsgrundsatz, daß vor dem Richterspruch keiner für schuldig erklärt werden darf, wird so oft verletzt,

    (Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    daß es an der Zeit ist, durch unser Nein zu ihrem Antrag gleichzeitig deutlich zu machen, daß das Parlament auch Wahrer dieses Rechtsgrundsatzes ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Es mag sein, Sie halten Ihren Antrag zu diesem Zeitpunkt für opportun. Und manche Zeichen sprechen dafür, daß Sie sich mit Ihrer Rolle als Opposition zugleich auf die Jagd nach der Opportunität begeben haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer Opportunismus für den Komparativ von Opposition hält, der irrt sich.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Erst vor zwei Tagen, am vergangenen Mittwoch, haben Sie, Herr Dr. Vogel, die mit Ihrem Antrag verfolgte Forderung von dieser Stelle aus bereits gestellt. Der Bundeskanzler hat Ihnen überzeugend geantwortet.

    (Lachen und Widerspruch von der SPD)

    Der Bundeskanzler hat — das will ich hier ausdrücklich feststellen — das Prinzip der Gewaltenteilung nicht tangiert. Es ist grotesk, ihm das zu unterstellen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Es ist grotesk, dem Bundeskanzler zu unterstellen, er habe in die Kompetenz einer Ermittlungsbehörde oder eines Gerichts eingegriffen. Der Bundeskanzler tut doch wohl nicht mehr als seine Pflicht, seine politische und seine menschliche Pflicht, wenn er wenigstens bis zur Zustellung der Anklageschrift wartet. Und wie auch der Bundeskanzler entscheidet, wir sind sicher, Herr Dr. Vogel, er entscheidet pflichtgemäß, unter Abwägung der Umstände, unter Wahrung der Kompetenzen. Wir lehnen Ihren Vorwurf, der Bundeskanzler habe das Prinzip der Gewaltenteilung verletzt — ein ungeheuerlicher Vorwurf — mit Nachdruck ab.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Warum hat er nicht zu Tandler Stellung genommen? Sagen Sie doch was zu Tandler!)

    Herr Dr. Vogel, Sie sind ein viel zu guter Jurist, als daß Sie nicht wüßten — —

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Feilcke [CDU/CSU]: Er war ein guter Jurist! — Kolb [CDU/CSU]: Nicht jeder Einser-Jurist ist auch ein guter Jurist! — Seiters [CDU/ CSU]: Ein selbstgerechter Jurist! — Schily [GRÜNE]: Sagen Sie was zu Tandler!)

    — Ja, meine Damen und Herren, da begebe ich mich zu Ihnen in einen Dissens: Ich schätze Herrn Dr. Vogel, auch wenn ich vielfach anderer Meinung bin, als einen vortrefflichen Juristen, wenn auch unsere Meinungen divergieren.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Ein Winkeladvokat!)

    Aber genau vor diesem Hintergrund ist das so schlimm. Sie wissen doch, Herr Dr. Vogel, was es bedeutet, einem Bundeskanzler oder sonst jemandem Verletzung eines Fundamentalprinzips unserer parlamentarischen Demokratie vorzuwerfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Warum hat der Bundeskanzler zu Tandler geschwiegen?)

    Herr Dr. Vogel, Sie haben hier Ihre Forderung bereits erhoben. Heute aber wollen Sie mehr als nur einen Appell. Heute wollen Sie einen förmlichen Beschluß des Parlaments. Das käme, würde das Parlament Ihnen folgen, wie Ihr Antrag selbst in die Nähe der Vorverurteilungen. Wir lehnen das ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Herr Mikat, es geht um die politische Verantwortlichkeit! Das müssen Sie trennen!)

    Vor einiger Zeit stellten Sie ähnliche Anträge gegen die Bundesminister Zimmermann und Geißler. Wäre das Parlament Ihren Anträgen gefolgt, was hätte es dann anderes getan, als ein Urteil zu fällen? Das hatten Sie damals ja schließlich auch begehrt: ein politisches Urteil. Nun sagen Sie heute, mit Ihrem Antrag — Sie haben das ja ausgeführt — wollten Sie ausdrücklich kein Urteil fällen. Doch so, wie die Dinge nun einmal liegen, muß Ihrem Antrag dennoch diese Wirkung beigemessen werden. Wir lehnen das ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hier kann es nicht darum gehen — hoffentlich —, alte Rechnungen zu begleichen. Natürlich weiß ich, daß aus dem Zusammenbruch der sozial-liberalen Koalition bei Ihnen noch einige Posten offen sind. Hier geht es einzig und allein darum, daß wir das Maß an Emotionen, das in der Öffentlichkeit die Ermittlungsaufgaben der Staatsanwaltschaft begleitet hat, nicht seitens des Parlaments noch vergrößern.
    In der bisherigen öffentlichen Diskussion — das übersehe ich nicht — wurde das Beispiel des kleinen Kassierers bemüht,

    (Duve [SPD]: Eines großen Kassierers!)

    der bis zum Abschluß eines Verfahrens von seinen Aufgaben entbunden würde, liefe gegen ihn ein Ermittlungsverfahren. Wer dieses Beispiel bemüht, gleich, ob er von einem großen oder kleinem Kassierer spricht, verkennt die Ebenen. Über den in Rede stehenden Kassierer befindet kein Parlament, also kein Verfassungsorgan. Dem Verfassungsorgan Parlament ist in besonderer Weise — das
    3264 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1983
    Dr. Mikat
    möchte ich noch einmal betonen — der Grundsatz der Unschuldsvermutung anheimgegeben. Das Parlament kann die Immunität aufheben. Es hat sie in diesem Fall ja auch aufgehoben, um ein Verfahren zu ermöglichen.

    (Schily [GRÜNE]: Die Unschuldsvermutung gilt auch für den kleinen Kassierer!)

    Dann aber sollte es kluge Selbstbescheidung üben und den Beteiligten Abwägung und Entscheidung ihrer Schritte überlassen. Das ist nicht zuletzt auch eine Frage der Selbstdisziplin.
    Niemand nimmt richterliche Entscheidung und Urteilsspruch vorweg, wenn er — wie jüngst in dankenswerter Weise Herr Kollege Schmude von Ihrer Fraktion — die persönliche Integrität des Grafen Lambsdorff nachdrücklich bekräftigt.
    Persönliche Integrität, das ist ein leicht verletzbares Gut. Sie ist in diesem Komplex in unseren Tagen zu oft angegriffen und nach vielen Richtungen hin — wohlgemerkt: nach vielen Richtungen hin, nicht nur in Richtung auf Graf Lambsdorff — verletzt worden.

    (Schily [GRÜNE]: Nennen Sie es doch beim Namen!)

    So nehmen wir denn Ihren Antrag auch zum Anlaß, die persönliche Integrität von Graf Lambsdorff ausdrücklich zu bekräftigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie mögen einwenden, Ihr Antrag stelle diese nicht in Frage. Sie müssen sich entgegenhalten lassen Umfeld und Klima, denen Ihr Antrag zwangsläufig nicht entrinnen kann.
    Entscheidungen, auch und gerade Entscheidungen über diesen Antrag, finden immer in einem bestimmten Klima, in einem bestimmten Umfeld statt.
    Zum Umfeld dieses Antrags — darüber gibt es keinen Streit — gehören Vorverurteilungen ebenso wie emotionsgeladene Wertungen. Darum lehnen wir Ihren Antrag ab, nicht weil es ein Antrag der Opposition ist, sondern weil wir davon überzeugt sind, daß der Sache, um die es eigentlich geht, mit diesem Antrag kein guter Dienst erwiesen wird.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)