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ID1004426100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/44 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 44. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/638, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/653 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/657 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/647, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 10/686, 10/716 —Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/687 — Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksachen 10/281, 10/535, 10/723 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/639, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/677 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/696 — in Verbindung mit Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/640, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/641, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/724, 10/733 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/725 — Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der unmittelbaren Kostenbeteiligung der Versicherten an der Krankenhaus- und Kurbehandlung (Selbstbeteiligungs-Aufhebungsgesetz) — Drucksache 10/120 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/675 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/676 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit — Drucksachen 10/189, 10/704 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag des Abgeordneten Hoss und der Fraktion DIE GRÜNEN Sofortmaßnahme: Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung — Drucksachen 10/205, 10/698 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Mutterschaftsurlaub — Drucksachen 10/358 Nr. 64, 10/706 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/645, 10/659 — in Verbindung mit Haushaltsgesetz 1984 — Drucksachen 10/658, 10/660 — Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU . 3109B, 3205 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3109C Wieczorek (Duisburg) SPD 3118A Carstens (Emstek) CDU/CSU 3123 D Stratmann GRÜNE 3128 B Dr. Weng FDP 3133 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3136 D Frau Simonis SPD 3144 B Glos CDU/CSU 3150 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 3154 D Vizepräsident Stücklen 3156 C Frau Fuchs (Köln) SPD 3165A Dr. Friedmann CDU/CSU 3171 D Frau Potthast GRÜNE 3175A Frau Seiler-Albring FDP 3176B, 3248 B Roth SPD 3178C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 III Wissmann CDU/CSU 3183 D Hoss GRÜNE 3186 A Dr. Haussmann FDP 3189 D Sieler SPD 3191 D Präsident Dr. Barzel 3194A Jagoda CDU/CSU 3195A Vizepräsident Frau Renger 3195 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 3198 D Gobrecht SPD 3201 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 3208 B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 3210 C Grünbeck FDP 3212 B Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 3213C Schulhoff CDU/CSU 3218 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 3220 D Frau Zutt SPD 3223 C Bredehorn FDP 3226 A Kiechle, Bundesminister BML 3227 D Hauck SPD 3230 B Dr. Hoffacker CDU/CSU 3232 C Eimer (Fürth) FDP 3236 B Jaunich SPD 3237 A Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 3239 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 3244 A Roth (Gießen) CDU/CSU 3245 D Walther SPD 3249 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 3250 B Vizepräsident Wurbs 3258 C Namentliche Abstimmungen . 3254 B,C, 3256 B,C Nächste Sitzung 3258 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3259* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO 3259* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3107 44. Sitzung Bonn, den 8. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Cronenberg (Arnsberg) 9. 12. Fischer (Frankfurt) 9. 12. Gerstl (Passau) * 9. 12. Gilges 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Haase (Fürth) * 9. 12. Haehser 9. 12. Handlos 9. 12. Frau Dr. Hartenstein 9. 12. Immer (Altenkirchen) 9. 12. Dr. Kreile 8. 12. Lemmrich* 9. 12. Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Dr. Müller* 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Reddemann* 9. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. von Schmude 9. 12. Schreiner 9. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Verheyen 9.12. Voigt (Frankfurt) 9. 12. Weiskirch (Olpe) 9. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO Zur Abstimmung über den Einzelplan 11 erkläre ich hiermit, daß ich aus den von Sprechern meiner Fraktion dargelegten Gründen nicht zustimmen kann. Ich begrüße jedoch, daß es auf Betreiben meiner Fraktion eine interfraktionelle Einigung darüber gegeben hat, wie sichergestellt werden kann, daß die drei im Hamburger Verkehrs-Verbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) auch künftig von Behinderten unentgeltlich in Anspruch genommen werden können. Ich begrüße weiter, daß die Fraktionen von CDU/CSU und FDP verbindlich erklärt haben, eine gesetzliche Regelung vorzunehmen, wenn der jetzt gemeinsam vorgesehene Weg nicht zum Ziel führt. Die Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD haben sich darauf geeinigt, im Rahmen der Aussprache zum Einzelplan 11 folgende Erklärung zu Protokoll zu geben: Die Fraktionen gehen übereinstimmend davon aus, daß die obersten Landesbehörden in Hamburg und Schleswig-Holstein die drei in den Hamburger Verkehrsverbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) als S-Bahnen im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Schwerbehindertengesetz anerkennen. Durch diese Entscheidung der zuständigen Landesbehörden soll sichergestellt werden, daß Behinderte auch künftig diese Linien, die eine Reihe von S-Bahnmerkmalen aufweisen, unentgeltlich in Anspruch nehmen können.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Hauck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach so viel Aufschwungs-euphorie der Koalition muß ich noch einmal zur bitteren Wahrheit dieser Weihnachtszeit zurückführen. Erinnern Sie sich noch an jenen rheinland-pfälzischen Sozialminister — er ist jetzt Generalsekretär und Bundesminister —, der in den 70er Jahren für die CDU die neue soziale Frage entdeckte? All jene sollten besonders in die Obhut genommen werden, denen große Interessenverbände keinen oder nicht ausreichenden Beistand gewährten.
    Wie sieht das nun heute aus? Aus der neue sozialen Frage ist die neue Armut geworden,

    (Beifall bei der SPD)

    die sich im alten Gewand in unserer Republik breitmacht

    (Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Na, das ist Schwarzmalerei!)

    und besonders jene erfaßt, die keine starke Lobby haben:

    (Beifall bei der SPD)

    Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose, alte, kranke und behinderte Menschen.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und der FDP, berühren die Briefe, Gespräche, Eingaben und Hilferufe der Hunderttausende von Behinderten, deren Eltern und Sozialhilfeempfängern Sie eigentlich überhaupt nicht, die die Welt nicht mehr begreifen und nicht verstehen, warum die Sparpolitik sie am härtesten trifft, gerade sie, die neben materiellen Engpässen, zum Teil beengten Wohnverhältnissen, vor allem auch physisch und psychisch schwersten Belastungen ausgesetzt sind?

    (Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Na, na!)

    Sie greifen im Rahmen Ihrer Haushaltskonsolidierung voll in den untersten Bereich hinein und stellen die Substanz der Sozialhilfe, die für mich das kulturelle und humanitäre Fundament unserer sozialen Ordnung ist, in Frage.
    Wir waren uns doch schon einmal — 1982 — fraktionsübergreifend einig, daß wir in der Sozialhilfe keine kurzatmigen Veränderungen vornehmen wollen. Erinnern Sie sich daran, daß wir 1982 die vom Vermittlungsausschuß vorgenommenen Änderungen — ich denke an das Taschengeld für Heimbewohner und an die Kostenbeteiligung der Eltern behinderter Kinder — hier gemeinsam zurückgenommen haben? Dies war nicht Schwäche oder Zurückweichen vor dem Druck der Straße, wie einige verächtlich meinten. Nein, dies war vielmehr ein Schritt, der von der Erkenntnis getragen war, daß man einen so sensiblen Bereich in seiner innergesetzlichen Ausgewogenheit nicht durch unsystematische Eingriffe weiterhin gefährden darf.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieser Grundsatz gilt für meine Fraktion heute noch genauso wie damals. Wir bedauern nur, daß die CDU/CSU, nun in der Regierungsverantwortung, diesen Grundsatz, der fast ein Konsens war, verlassen hat und mit Art. 21 des Haushaltsbegleitgesetzes im BSHG entscheidende Änderungen vornimmt,

    (Zuruf von der SPD: Unerhört!)

    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3231
    Hauck
    die in dieser isolierten Form unausgereift sind und jeglicher sozialen Gerechtigkeit entbehren.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie uns diese Feststellung nicht glauben, dann verweise ich auf das Ergebnis der Sachverständigenanhörung am 12. Oktober 1983,

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Sehr richtig!)

    in der fast alle Sachverständigen einhellig der Meinung waren, daß die punktuellen Eingriffe, die die Bundesregierung in einer überhasteten Art und Weise vornimmt, ausschließlich unter fiskalischen Gesichtspunkten vorgenommen werden. Besonders stark hat mich die Aussage des für den Caritasverband anwesenden Nestors der katholischen Soziallehre, Prof. Dr. Oswald von Nell-Breuning, berührt. Er brachte seine große Sorge zum Ausdruck, daß durch eine Vielzahl von in sich sehr geringfügigen Maßnahmen, die sich zum Ziel setzen, hier und dort eine Ersparnis zu erreichen, der Grundgedanke, ja sogar die ordnungspolitische Entscheidung, die in den 50er Jahren mit dem BSHG getroffen worden ist, getrübt, ja sogar grundlegend verfälscht wird. —

    (Beifall bei der SPD)

    So ist es. Denn die Erfüllung des sozialstaatlichen Auftrags, jedem die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, hängt entscheidend von der Möglichkeit individueller Leistungsbemessung ab.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch nicht objektiv!)

    Im Gegensatz dazu stehen die vorgeschlagenen Veränderungen, insbesondere die unzureichenden Regelsätze für Empfänger laufender Hilfen, die Nichtanrechnung der Mieten in ihrer tatsächlichen Höhe, die Nichtanrechnung von Mehrkosten bei besonderen Bedürfnissen. Ich könnte hier noch andere Beispiele bringen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß wir uns im klaren sein müssen, daß diese Beispiele Einzelschicksale kennzeichnen, die fast wie Hilferufe klingen.

    (Beifall bei der SPD)

    Besonders erschütternd sind nicht nur diese Einzelschicksale, sondern besonders erschütternd ist auch die Tatsache, daß es bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes Behörden und Ämter gibt, die diese Verschlechterungen ohne individuelle Rücksichtnahme rigoros durchsetzen und damit praktisch schon Unruhe draußen verbreiten.
    Lassen Sie mich noch zwei Punkte nennen, die mich innerlich empören und beunruhigen, weil ich sie fast als zynisch empfinde.
    Erstens nenne ich das meines Erachtens völlige Fehlverständnis bzw. die Fehlinterpretation des für die Sozialhilfe maßgebende Subsidiaritätsprinzips. Der Hinweis auf notwendige Verlagerung von Positionen vom „großen Netz" auf „kleine Netze", sprich: Angehörige, Selbsthilfegruppen und örtliche Einrichtungen, hilft nicht weiter, wenn die „kleinen
    Netze" finanziell nicht in die Lage versetzt werden, die ihnen zugedachten Aufgaben zu erfüllen.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Sozialstaat darf sich doch nicht mit dem Hinweis auf die Subsidarität aus der Verantwortung stehlen. Eine Sozialpolitik, die auf das Prinzip „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott" setzt, ist, wie ich schon sagte, zynisch und nicht vertretbar.

    (Beifall bei der SPD)

    Genauso empörend finde ich zweitens die so oft versuchte Inanspruchnahme des Sozialhilfeempfängers, der Behinderten oder sagen wir einfach: der sozial Schwachen als Alibipersonen für die Begründung von Kürzungen und Verschlechterungen in anderen Bereichen. Es ist geschmacklos, wenn man die Floskel hört, da ja vom Sozialhilfeempfänger Opfer gefordert würden, müsse man auch im Jugend- und Familienbereich sparen, müsse man für eine Besoldungspause im öffentlichen Dienst Verständnis haben, müsse man bei Tarifverhandlungen Zurückhaltung üben usw. usw.
    Was soll dies alles? Wo kommen wir hin, wenn wir das schwächste Glied im sozialen Sicherungssystem als Eckposition darstellen, statt zu überlegen, wie man jenen hilft, die fast schon unterhalb des Existenzminimums liegen?
    Gestatten Sie mir noch ein Wort zu den Kommunalfinanzen, die hier auch eine Rolle spielen. Ohne Zweifel resultiert die Finanzknappheit der Städte, Gemeinden und Kreise auch aus den enormen Belastungen, denen die Sozialhilfeetats ausgesetzt sind. Die enorme Kostensteigerung ist in den letzten Jahren durch mehrere Faktoren beeinflußt worden, nicht zuletzt durch die mittelbaren Auswirkungen der Haushaltsgesetze des Bundes, durch Kürzungen bei der Arbeitslosenversicherung, der Krankenversicherung, dem Wohngeld, dem Kindergeld und der Ausbildungsförderung,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Operation '82!)

    durch das starke Anwachsen des Anteils alter und pflegebedürftiger Menschen und in neuerer Zeit durch die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere die steigende Zahl von Dauerarbeitslosen. Hier haben wir noch viel zu tun. Besonders die Bundesregierung ist dazu aufgefordert.
    Rückblickend auf den letzten Freitag sei mir in diesem Zusammenhang die Bemerkung erlaubt, daß wir den Kommunen mit der Annahme unseres Gesetzentwurfs zur Verbesserung der Gemeindefinanzen zusätzliche Steuereinnahmen von insgesamt 4,5 Milliarden DM hätten zukommen lassen können. Sie haben sich verweigert. Das ist indirekt auch ein Druck auf die Sozialhilfekosten.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU])

    Aus diesem Grund stellt meine Fraktion den Antrag, Art. 21 des Haushaltsbegleitgesetzes zu streichen.

    (Beifall bei der SPD)

    3232 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Hauck
    Wir folgen damit den Erkenntnissen der Mehrheit der Sachverständigen aus der Anhörung vom 12. Oktober 1983. Diese Sachverständigen und fast alle Verbände waren sich darüber einig, daß eine sinnvolle Weiterentwicklung des BSHG durch die jetzt vorgeschlagenen Änderungen erschwert, ja zum Teil unmöglich gemacht wird. Wir aber wollen eine angemessene Novellierung und haben dies der Koalition in der Anhörung und im Ausschuß auch vorgeschlagen. Vor allem geht es uns darum, die Sozialhilfe unter den veränderten Rahmenbedingungen strukturell so anzupassen, daß sozial ausgewogene Regelungen zustande kommen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Vorrangig ist die Notwendigkeit einer Differenzierung, damit nicht spezielle Personengruppen wie z. B. Behinderte durch pauschale Regelungen hart getroffen und benachteiligt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind für ein solch differenziertes Vorgehen und fordern Sie daher auf, unserem Antrag auf Streichung von Art. 21 zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das gleiche gilt für Nr. 2 des Art. 7 des Haushaltsbegleitgesetzes, wonach in dem Gesetz für die Sozialversicherung Behinderter die Bemessungsgrundlage für die Beiträge zur Rentenversicherung von 90 auf 70 gesenkt wird. Diese Regelung führt zu einer Senkung der persönlichen Bemessungsgrundlage von derzeit 83,6 % auf 65 %. Für einen Behinderten würde dies nach 20jähriger Tätigkeit in einer geschützten Einrichtung einen Rentenbetrag ergeben, der noch unterhalb des Sozialhilferegelsatzes läge. 22 % beträgt die Senkung der Rente.
    Wenn ich mir vor Augen führe, daß die Regierung sagt, man müsse auch bei Behinderten sparen, damit Schwerstbehinderten geholfen werden könne, dann ist das eine Ironie auf diese Aussage.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die mit der Einführung dieses Gesetzes gewollte Einbeziehung der Schwerstbehinderten in geschützten Einrichtungen in das System der gesetzlichen Altersversorgung wird damit weitgehend wieder aufgehoben. Das können wir nicht zulassen. Deshalb fordern wir Sie auf, ebenfalls unserem Antrag Drucksache 10/757 zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Abgelehnt!)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Wir Sozialdemokraten wissen, daß die Systeme der sozialen Sicherung den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepaßt werden müssen. Im Unterschied zur Bundesregierung gilt für uns jedoch der Grundsatz, daß dies nicht durch pauschalen Leistungsabbau geschehen kann, sondern nur durch Strukturreformen, die dem Gebot der sozialen Ausgewogenheit entsprechen und der langfristigen Stabilisierung unserer sozialen Sicherungssysteme dienen.

    (Beifall bei der SPD) Dabei muß die Substanz insbesondere, die der Sozialhilfe, erhalten bleiben.


    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Hoffacker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Hoffacker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD und die GRÜNEN haben den Einzelplan in den wichtigsten Passagen abgelehnt.

    (Zurufe von der SPD)

    Sie sind demnach nicht bereit, eine Familienpolitik mitzutragen, welche die Lebens- und Erziehungsfähigkeit der Familie umfassend sichert.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Im Gegenteil — wir haben es gerade von Herrn Hauck hier gehört —, die SPD und die GRÜNEN haben den Gedanken immer noch nicht aufgegeben, Geldleistungen an die Familie durch neue Schulden zu finanzieren. Das ist unsozial und familienfeindlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)