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ID1004419800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/44 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 44. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/638, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/653 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/657 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/647, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 10/686, 10/716 —Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/687 — Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksachen 10/281, 10/535, 10/723 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/639, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/677 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/696 — in Verbindung mit Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/640, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/641, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/724, 10/733 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/725 — Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der unmittelbaren Kostenbeteiligung der Versicherten an der Krankenhaus- und Kurbehandlung (Selbstbeteiligungs-Aufhebungsgesetz) — Drucksache 10/120 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/675 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/676 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit — Drucksachen 10/189, 10/704 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag des Abgeordneten Hoss und der Fraktion DIE GRÜNEN Sofortmaßnahme: Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung — Drucksachen 10/205, 10/698 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Mutterschaftsurlaub — Drucksachen 10/358 Nr. 64, 10/706 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/645, 10/659 — in Verbindung mit Haushaltsgesetz 1984 — Drucksachen 10/658, 10/660 — Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU . 3109B, 3205 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3109C Wieczorek (Duisburg) SPD 3118A Carstens (Emstek) CDU/CSU 3123 D Stratmann GRÜNE 3128 B Dr. Weng FDP 3133 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3136 D Frau Simonis SPD 3144 B Glos CDU/CSU 3150 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 3154 D Vizepräsident Stücklen 3156 C Frau Fuchs (Köln) SPD 3165A Dr. Friedmann CDU/CSU 3171 D Frau Potthast GRÜNE 3175A Frau Seiler-Albring FDP 3176B, 3248 B Roth SPD 3178C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 III Wissmann CDU/CSU 3183 D Hoss GRÜNE 3186 A Dr. Haussmann FDP 3189 D Sieler SPD 3191 D Präsident Dr. Barzel 3194A Jagoda CDU/CSU 3195A Vizepräsident Frau Renger 3195 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 3198 D Gobrecht SPD 3201 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 3208 B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 3210 C Grünbeck FDP 3212 B Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 3213C Schulhoff CDU/CSU 3218 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 3220 D Frau Zutt SPD 3223 C Bredehorn FDP 3226 A Kiechle, Bundesminister BML 3227 D Hauck SPD 3230 B Dr. Hoffacker CDU/CSU 3232 C Eimer (Fürth) FDP 3236 B Jaunich SPD 3237 A Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 3239 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 3244 A Roth (Gießen) CDU/CSU 3245 D Walther SPD 3249 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 3250 B Vizepräsident Wurbs 3258 C Namentliche Abstimmungen . 3254 B,C, 3256 B,C Nächste Sitzung 3258 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3259* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO 3259* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3107 44. Sitzung Bonn, den 8. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Cronenberg (Arnsberg) 9. 12. Fischer (Frankfurt) 9. 12. Gerstl (Passau) * 9. 12. Gilges 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Haase (Fürth) * 9. 12. Haehser 9. 12. Handlos 9. 12. Frau Dr. Hartenstein 9. 12. Immer (Altenkirchen) 9. 12. Dr. Kreile 8. 12. Lemmrich* 9. 12. Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Dr. Müller* 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Reddemann* 9. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. von Schmude 9. 12. Schreiner 9. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Verheyen 9.12. Voigt (Frankfurt) 9. 12. Weiskirch (Olpe) 9. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO Zur Abstimmung über den Einzelplan 11 erkläre ich hiermit, daß ich aus den von Sprechern meiner Fraktion dargelegten Gründen nicht zustimmen kann. Ich begrüße jedoch, daß es auf Betreiben meiner Fraktion eine interfraktionelle Einigung darüber gegeben hat, wie sichergestellt werden kann, daß die drei im Hamburger Verkehrs-Verbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) auch künftig von Behinderten unentgeltlich in Anspruch genommen werden können. Ich begrüße weiter, daß die Fraktionen von CDU/CSU und FDP verbindlich erklärt haben, eine gesetzliche Regelung vorzunehmen, wenn der jetzt gemeinsam vorgesehene Weg nicht zum Ziel führt. Die Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD haben sich darauf geeinigt, im Rahmen der Aussprache zum Einzelplan 11 folgende Erklärung zu Protokoll zu geben: Die Fraktionen gehen übereinstimmend davon aus, daß die obersten Landesbehörden in Hamburg und Schleswig-Holstein die drei in den Hamburger Verkehrsverbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) als S-Bahnen im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Schwerbehindertengesetz anerkennen. Durch diese Entscheidung der zuständigen Landesbehörden soll sichergestellt werden, daß Behinderte auch künftig diese Linien, die eine Reihe von S-Bahnmerkmalen aufweisen, unentgeltlich in Anspruch nehmen können.
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    Rede von Horst Gobrecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege von Wartenberg, dieses werden dann Entlastungen sein, die Beträge von unter 1 000 DM ausmachen werden. Der große Teil der wirklich kleinen und mittleren Betriebe zahlt längst sowieso keine Vermögensteuer mehr. Die Ausdehnung ist also nicht gewaltig.

    (Eigen [CDU/CSU]: Eben darum!)

    Meine Damen und Herren, kommen wir zu einem anderen Bereich der Einschränkung von Steuervergünstigungen, zu den berüchtigten Bauherrenmodellen und ähnlichen Konstruktionen der Vermögensbildung durch Steuerentzug, um den Terminus technicus „Steuerhinterziehung" zu vermeiden, weil es bisher ja leider eine legale Steuervermeidung ist.
    Da hatte sich nun die Bundesregierung bei der Bekämpfung von Abschreibungshaien in einem konkreten Punkt in der Kontinuität jahrelanger sozialliberaler Politik bewegt und in ihrem Gesetzentwurf eine konkrete Einschränkung bei den Bauherren- und Erwerbermodellen vorgesehen. Der Gesetzentwurf sah vor, die bei Steuersparmodellen zusammengeballt anfallenden Geldbeschaffungskosten — also Damnum, Disagio, Abgeld usw. — nicht mehr in einem Jahr, sondern auf fünf Jahre verteilt zum steuerlichen Abzug zuzulassen. Damit wäre ein wichtiges Element, wenn auch nur eines, für die Attraktivität von Bauherren- und Erwerbermodellen entfallen.
    Doch unter dem Druck der Interessenverbände, insbesondere natürlich der Abschreibungslobby, aber auch der Bundesratsmehrheit hat die Koalition die von ihrer eigenen Bundesregierung vorgesehene Einschränkung aufgegeben und hier — für uns natürlich nicht überraschend — tatsächlich eine Wende vollzogen.

    (Zuruf des Abg. Kühbacher [SPD])

    Der Umfall der Koalition bei der Einschränkung dieser Steuersparmodelle, die nichts mit Steuergerechtigkeit zu tun haben, die vielfach Kapital in völlig falsche Richtungen lenken, ja die sogar bei den eben angesprochenen Mittelständlern, wie man z. B. an konkreten Fällen in dieser Woche dem „Spiegel" entnehmen kann, zum Ruin führten, und zwar durch Leichtfertigkeit in diesem Bereich, zeigt, daß die Koalition weder Kraft noch Mut hat, wirklich die Abschreibungsbranche zu bekämpfen.

    (Beifall bei der SPD — Uldall [CDU/CSU]: Warum hatten Sie denn nicht die Kraft und den Mut? — Eigen [CDU/CSU]: 13 Jahre hätten Sie es machen können!)

    Die Mehrheit der CDU/CSU hat sich im Finanzausschuß nicht einmal geschämt, ihre eigene Regierung in diesem Punkt niederzustimmen.
    Wir haben eine ganze Menge gemacht. Das hätten Sie gemerkt, wenn Sie ein bißchen aufgepaßt hätten. Wir hatten jemanden im Bremserhäuschen, der möglicherweise auch bei dieser Sache gebremst hat. Ich hatte allerdings den Eindruck, daß der kleine Koalitionspartner in diesem Punkt beim großen Koalitionspartner weit offene Türen einrannte.
    Der nun vorgelegte Ersatzbeschluß der Koalition, allein das Vorauszahlungsverfahren bei Verlusten aus Vermietung und Verpachtung einzuschränken, hat wohnungspolitisch negative Folgen. Die Abschreibungsbranche wird insgesamt nur geringfügig betroffen, die Bauherrenmodelle aber mehr als die Erwerbermodelle. Der schon heute zu beobachtende Trend, statt neuen Wohnraums zu errichten, bestehende Wohnungen über Erwerbermodelle zu kaufen und dann zu modernisieren und damit den Einkommensschwächeren mietpreisgünstigen Wohnraum zu entziehen, wird verstärkt.
    Daß dies, nebenbei gesagt, auch für die Baukonjunktur negativ ist, liegt auf der Hand.
    Jedenfalls kann man diesen kleinen, der Finanzverwaltung verdientermaßen die Arbeit erleichternden Schritt nicht zu einem großen Sieg bei der Bekämpfung der Abschreibungsbranche hochstilisieren. Das sollten Sie sich abschminken.

    (Zustimmung des Abg. Kühbacher [SPD])

    Wenn die Regierungskoalition es wirklich ernst damit gemeint hätte, den Abschreibungshaien das Wasser abzugraben, hätte sie unserem Alternativkonzept zustimmen müssen. Mit einem Bündel aus drei sich wechselseitig ergänzenden und verstärkenden Maßnahmen hätte ein ernsthafter weiterer Schritt getan werden können.
    Wir haben im Ausschuß — und wir werden das ja auch hier heute noch tun — zur Abstimmung gestellt, die Verteilung der Geldbeschaffungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf fünf Jahre vorzusehen, wie es auch der urspüngliche Regierungsentwurf beinhaltete, die Verlängerung der Spekulationsfrist nach § 23 des Einkommensteuergesetzes für Grundstücke auf 15 Jahre mit im Zeitablauf abnehmbarer Besteuerung vorzusehen, wobei alle eigengenutzten Einfa-
    3204 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Gobrecht
    milienhäuser, Eigentumswohnungen und Zweifamilienhäuser ausgenommen werden sollen, und schließlich den Ausschluß der Verluste aus Vermietung und Verpachtung im Einkommensteuervorauszahlungsverfahren, was im Zusammenhang mit der Verteilung der Geldbeschaffungskosten erst richtig Sinn macht, den die alleinige Regelung des Vorauszahlungsverfahrens nicht mit sich bringt. Ich habe das dargestellt.
    Bis auf den letzten Punkt haben Sie das alles abgelehnt — ganz offensichtlich, meine Damen und Herren von der CDU/CSU und von der FDP, damit die Abschreibungshaie weiterhin ihr Steuerfutter, das Hunderte von Millionen, wenn nicht sogar über 1 Milliarde DM beträgt, zu Lasten der Masse der Bürger, zu Lasten der Einnahmen von Gemeinden, Städten, Ländern und Bund verzehren können.

    (Zuruf von der SPD: Das ist das wahre Gesicht! — Dr. Spöri [SPD]: Schlimm!)

    Die Regierungskoalition hat ihr Zurückweichen vor der Abschreibungslobby natürlich zu kaschieren versucht, in diesem Fall durch eine Entschließung, in der die Bundesregierung eine recht zahme Prüfungsbitte erhält. Aber die Regierungskoalition konnte sich nicht einmal entschließen, konkrete Fragen an die Bundesregierung, die wir Sozialdemokraten formuliert hatten, in diese Entschließung aufzunehmen. Auch damit machen Sie deutlich, daß Sie Verlustzuweisungsgesellschaften nicht wirklich bekämpfen wollen.

    (Kühbacher [SPD]: Geben die auch Parteispenden?)

    — Verehrter Kollege Kühbacher, da will ich mich mal ganz zurückhalten, aber die Vermutung ist wahrscheinlich nicht ganz falsch.
    Sie haben in die Fragen, die die Bundesregierung prüfen soll, nicht einmal den Vorschlag der Mindeststeuer aufgenommen, den die Sozialausschüsse sogar zu einem Gesetzentwurf ausgearbeitet haben. Nicht einmal den aufzunehmen, haben Sie sich getraut. Ich wundere mich schon sehr, wie Sie mit den Mitgliedern der Sozialausschüsse innerhalb Ihrer Partei umgehen.

    (Dr. von Wartenberg [CDU/CSU]: Was sagen Sie denn zu dem Vorschlag?)

    Ich gehe zu einem weiteren Punkt über. (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Ich will gern etwas dazu sagen. Wir haben das konkret in Frageform formuliert. Eine Frage ist das allemal wert. Es wäre auch einer Prüfung durch die Bundesregierung wert. Ich frage mich, warum Sie das abgelehnt haben. Das hätten Sie ja aus Ihren eigenen Reihen nun wenigstens aufnehmen können. Sie müssen dafür doch einen Grund gehabt haben.

    (Zuruf des Abg. Gattermann [FDP] — Dr. von Wartenberg [CDU/CSU]: Das steht ja drin!)

    — Es ist in den Fragen nicht drin, verehrter Herr Kollege Gattermann. Lesen Sie mal nach!
    Ich gehe aber zu einem weiteren Punkt über. Wir haben nun das Haushaltsbegleitgesetz, das ja schon sehr lang ist. Da gibt es einen Art. 26. Wenn die Zeit es erlaubte, würde ich gern einmal das vorlesen, was dort zur Investitionshilfeabgabe — besser und klarer: Zwangsanleihe — gesagt ist. Da ist nun dieser schwierige Koalitionskompromiß, den Sie da im Frühjahr gefunden haben, im Gesetzestext untergebracht. Ich muß schon sagen, ich finde das einen ziemlichen Mangel an Sensibilität gegenüber den verfassungsrechtlichen Einwendungen, die sehr, sehr stark und kaum widersprochen schon seinerzeit bei der geplanten Verabschiedung der Zwangsanleihe von den Verfassungsrechtlern vorgebracht worden sind. Ich finde es erst recht ganz erstaunlich, daß Sie das zu einem Zeitpunkt machen, wo über diese Kritik der Verfassungsrechtler an der Zwangsanleihe hinaus inzwischen eine Reihe von Vorlagebeschlüssen der Finanzgerichte vorliegen, die sagen: Diese Mißgeburt ist eindeutig verfassungswidrig.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich verstehe nicht, daß Sie gleichwohl daran festhalten, daß Sie das in einem ungemein komplizierten Gesetzgebungsverfahren noch einmal aufgreifen und den Urteilen der Finanzgerichte überhaupt nicht Rechnung tragen. Ich weiß nicht, warum Sie das machen. Wahrscheinlich wollen Sie diesen Kelch bis zur bitteren Neige leeren; denn mit ziemlicher Sicherheit wird Ihnen das Verfassungsgericht schon im Frühjahr die Verfassungswidrigkeit der Zwangsanleihe bescheinigen.
    Der Bundesfinanzminister sollte in Zusammenarbeit mit den Finanzministern der Länder wenigstens sicherstellen, daß bei der anschwellenden Prozeßlawine in diesem Bereich die Aussetzung der Vollziehung, d. h. die Nichtzahlung der streitigen Zwangsanleihe, den einzelnen Steuerbürgern ermöglicht wird.
    Ich bin damit bei einem weiteren Bereich, in dem die Unionsparteien das Gegenteil von dem tun, was sie in ihrer Oppositionszeit vollmundig gefordert haben. Nicht nur die Gesetzgebung zur Zwangsanleihe spricht jeder Steuervereinfachung hohn, nein, dies gilt für die gesamte Steuerpolitik der KohlKoalition und auch für die jetzt vorgelegten gesetzlichen Vorschriften. Sie komplizieren das Steuerrecht mit der Zwangsanleihe erheblich weiter, wie soeben dargestellt, Sie haben dies mit der bürokratisch außerordentlich aufwendigen Insolvenzrücklage, mit Ihrem Bescheinigungsverfahren getan, Sie tun dies bei der Vermögensteuer mit Sonderregelungen für das Betriebsvermögen, wie ich es dargestellt habe, und Sie tun es mit der Ausdehnung des Verlustrücktrages von 5 auf 10 Millionen DM. Auch dies ist eine weitere Komplizierung des Steuerrechts, ganz abgesehen davon, daß man auch hier wieder, selbst in einem scheinbar kleinen Punkt, bei diesen Beträgen deutlich machen kann, daß es Ihnen nicht um die wirklich kleinen und mittleren Betriebe geht. Bei 10 Millionen DM Verlust, die vor- oder zurückgetragen werden sollen, geht es Ihnen natürlich um die großen Betriebe.
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3205
    Gobrecht
    Wo sind nun eigentlich die Taten hinsichtlich der Steuervereinfachung, die Sie immer gefordert haben, wo sind wenigstens Vorschläge zur konkreten Steuervereinfachung, die Sie aus Ihrer Oppositionszeit eigentlich in den Schubladen gehabt haben müßten? Was in den Schubladen war, hat mein Fraktionsvorsitzender j a schon in anderem Zusammenhang gesagt.

    (Eigen [CDU/CSU]: „Tote Fliegen" hat er gesagt!)

    — Das muß dann wohl richtig sein.
    Zum Schluß: Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat im Finanzausschuß einzelnen Vorschriften im Steuerentlastungsgesetz zugestimmt. Dies betrifft z. B. die Sonderabschreibungen für Klein- und Mittelbetriebe wie die Sonderabschreibungen für Energieersparnis und für Forschung und Entwicklung. Es betrifft ebenso eine Korrektur des Körperschaftsteuergesetzes bei bestimmten Ausschüttungen.
    Insgesamt jedoch wird die sozialdemokratische Bundestagsfraktion das Steuerentlastungsgesetz 1984 ablehnen; denn dieses Gesetz hat eine schwere verteilungspolitische Schlagseite. Mit seinem milliardenschweren Vermögensteuergeschenk wird nur die Wirtschaft und hier überwiegend die Großwirtschaft begünstigt. Dieses Gesetz bringt mit seiner Begünstigung früherer Investitionen nichts für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und neuer Ausbildungsplätze, dieses Gesetz tut nichts Durchschlagendes gegen die Abschreibungsbranche, sondern beläßt es bei kosmetischen Eingriffen in Sachen Bauherrenmodell. Dieses Gesetz bedeutet eine weitere starke Komplizierung des Steuerrechts, nämlich mehr Bürokratie für die Bürger.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Meyer zu Bentrup.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hauptziele des Steuerentlastungsgesetzes 1984 sind mehr Eigenkapitalbildung und größere Wettbewerbschancen durch weniger ertragsunabhängige Steuern, mehr Investitionskapital durch Abschreibungserleichterungen und die Einschränkung steuerlicher Vorteile aus der Beteiligung an sogenannten Bauherrenmodellen. Wir wollen damit die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessern für eine breite Investitions- und Innovationstätigkeit der Wirtschaft, für eine erleichterte Anpassung an den technischen Fortschritt und eine stärkere Stellung im internationalen Wettbewerb mit unseren Konkurrenzländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir unterstützen mit diesem Gesetzentwurf den Aufwärtstrend unserer Wirtschaft nach Jahren des Niedergangs, nach Jahren einer Steuerpolitik, die die Belastbarkeit der Wirtschaft testen wollte. Das fatale Ergebnis kennen wir: ein hoher Verlust an Arbeitsplätzen, ein hoher Verlust an selbständigen
    Existenzen, eine Auszehrung der Betriebe und die steigenden Abgabelasten für die arbeitenden Menschen.
    Der Kollege Gobrecht hat vom falschen gesellschafts- und steuerpolitischen Ansatz gesprochen. Dazu sage ich Ihnen: Das Kardinalproblem unserer wirtschaftlichen Misere ist die Ertragsschwäche und die Kapitalschwäche. Wer heute morgen der Wirtschafts- und Finanzdebatte zugehört hat, der weiß, daß diese beiden Punkte auch von dem Kollegen Wieczorek unterstrichen wurden. Unsere Steuerpolitik setzt hier an, diese Fundamente wieder in Ordnung zu bringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber wir haben nur begrenzte Möglichkeiten im Rahmen unserer Steuerpolitik, die wirtschaftlichen Kräfte zu revitalisieren und damit die Arbeitslosigkeit erfolgreich abzubauen. Denn wir haben über 300 Milliarden DM an Schulden in der Bundeskasse vorgefunden — in allen öffentlichen Haushalten sind es über 700 Milliarden DM —, die unseren finanzpolitischen Handlungsspielraum einengen. Denn wir wollen an der erfolgversprechenden und Erfolg zeigenden Haushaltskonsolidierung festhalten.

    (Zuruf von der SPD: Wo sind denn die Erfolge?)

    Der Kollege Gobrecht sprach von unseren Grundsätzen in der Opposition,

    (Zuruf von der SPD: Alle vergessen!)

    z. B. dem Abbau heimlicher Steuervergünstigungen. — Der frühere finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und heutige Staatssekretär, Dr. Häfele, hat in seiner Rede zum Bundeshaushalt 1983, den Lahnstein hier eingebracht hat, gesagt — Sie können es im Plenarprotokoll vom 15. September 1982, Seite 6917 nachlesen —:
    Wir müßten eigentlich den Abbau dieser heimlichen Steuererhöhungen fordern.

    (Gobrecht [SPD]: Das war die große Kurve!)

    Jetzt kommt seine Bemerkung — noch in der Opposition —:
    Aber weil die Staatskasse nichts mehr hergibt, fehlt jede Handlungsfähigkeit in dieser Richtung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben also schon damals angekündigt, daß es nur begrenzte Möglichkeiten gibt.
    Heute morgen haben wir gesagt: Die Haushaltskonsolidierung ist auch ein wichtiger Maßstab für die anstehende Tarifreform. Die Haushaltskonsolidierung ist existenzwichtig für die Wirtschaft. Wir müssen sie fest im Auge behalten.
    So sind 3,5 Milliarden DM an Steuererleichterungen, die diese Regierung, die die Koalition der Mitte gibt, ein Angebot für die gewerbliche Wirtschaft. Vorhin ist die Richtigkeit der Zahlen bezweifelt worden. Dazu muß ich sagen: Natürlich ist es uns schwergefallen, zum jetzigen Zeitpunkt diese steu-
    3206 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Dr. Meyer zu Bentrup
    erlichen Erleichterungen überhaupt zu finanzieren. Aber um überhaupt etwas zu machen, haben wir diese Mittel aus der Mehrwertsteuererhöhung bereitgestellt. Es handelt sich also sozusagen um eine Umschichtungsmasse.
    Wir stellen in den Bundeshaushalt 1984 28,7 Milliarden DM für den Zinsendienst ein. Welch einen Gestaltungsspielraum in der Steuerpolitik könnten wir durch diese 28,7 Milliarden DM gewinnen, wenn wir die Zinsen nicht für die Folgen Ihrer Politik ausgeben müßten. Dies muß man sehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daher sind unsere finanziellen Möglichkeiten begrenzt, um etwa Wunder zu erwarten.
    Steuerpolitik ist eine Vertrauensfrage. Das wichtigste Kapital, das wir einbringen, das Vertrauenskapital, ist diese Bundesregierung, ist dieser Bundesfinanzminister

    (Zuruf von der SPD: Ach, du lieber Himmel!)

    und die Koalition der Mitte. Vertrauenskapital ist die wichtigste Voraussetzung, um hier wieder handlungsfähig zu werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Herr Kollege Gobrecht, Sie sagen „Schlingerkurs": Schon nach 12 Monaten Regierungszeit dieser Koalition der Mitte sind so viele positive Ansätze zu erkennen. Sie können es in einem Harvard-Lehrbuch nachlesen: Die klassische Aufwärtsentwicklung beginnt zunächst an der Börse — die haben wir gehabt —, dann bei den Investitionen — die haben wir ermutigt —, und jetzt die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Dies ist eine klassische Aufwärtsentwicklung!
    Auf Grund der von uns vorgeschlagenen Steuererleichterungen werden die kleinen und mittleren Betriebe entlastet und ihre Investitionsbedingungen verbessert. Bei der ertragsunabhängigen Vermögenssteuer, die in schwierigen Zeiten zum Substanzverzehr und zum Existenzverlust führen kann, wird das Betriebsvermögen entlastet. Der neu eingeführte Freibetrag von 125 000 DM entlastet die mittelständischen Unternehmen. Das ist die Konstruktion des Freibetrages. Von den 300 000 natürlichen Personen mit Betriebsvermögen werden 60 000 Personen, von den 140 000 Körperschaften werden künftig 80 000 von der Vermögensteuer völlig freigestellt. Das den Freibetrag übersteigende Betriebsvermögen wird nur noch zu 75 % seines Wertes angesetzt. Bei einem Unternehmen mit einem Betriebsvermögen von 250 000 DM sind das 63 % an Entlastung, bei einem Unternehmen mit 10 Millionen DM Betriebsvermögen sind das aber nur 26 % an Entlastung. Das ist ein Entlastungseffekt, der strukturpolitisch auf die kleineren und mittleren Betriebe gerichtet ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Unternehmen mit einem Betriebsvermögen
    über 50 Millionen DM zahlen insgesamt 70 % der
    auf nichtnatürliche Personen entfallenden Vermögensteuer. Deswegen sind die 60 % der Entlastungssumme zieladäquat eingesetzt.
    Wir räumen in dem Bündel von Maßnahmen neue Sonderabschreibungen in Höhe von 10 % für kleinere Betriebe ein, deren Einheitswert 120 000 DM bzw. deren Gewerbekapital 500 000 DM nicht übersteigt. Die begünstigten Betriebe können somit im ersten Jahr bis zu 40 % über Investition abschreiben. Zu Ihrer Sorge, Herr Kollege Gobrecht, wir würden nicht genug machen, um die Investitionsbedingungen zu verbessern: Dies ist eine Maßnahme, die wir viel großzügiger ausstatten würden, wenn wir mehr Geld in der Kasse von Ihnen hätten übernehmen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben werden Sonderabschreibungen ermöglicht, und zwar 40 % für bewegliche Anlagegüter und bis zu 15 % für unbewegliche Anlagegüter, wenn sie zu mehr als zwei Dritteln der Forschung oder Entwicklung dienen. Diese Abschreibungen verbessern die Liquidität der Betriebe kurz- und mittelfristig.
    Diese Steuerentlastungen sind keine Steuergeschenke, sie sind das Gebot der wirtschaftlichen Vernunft! Herr Kollege Gobrecht, mit emotionalen Parolen können Sie den dramatischen Rückgang des Eigenkapitals und der Rentabilität der deutschen Betriebe nicht bremsen und umkehren!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich entnehme dem Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1982, daß der Anteil der Eigenmittel an der Bilanzsumme von 30 v. H. im Jahre 1965 auf 19 v. H. im Jahre 1981 zurückgegangen ist. Der Eigenkapitalverlust beträgt in diesen Jahren 165 Milliarden DM. Ich könnte auch sagen, weil wir heute morgen das Bild schon einmal gebraucht haben: ein enormer Blutverlust für die Wirtschaft,

    (Zurufe von der SPD)

    und das heißt Investitionsverlust, das heißt Investitionslücke. Deshalb haben wir heute diese fatale Lage auf dem Arbeitsmarkt, die wir alle beklagen und ändern wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Entwicklung hat der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, Dr. Helmut Schlesinger — er ist heute vom Kollegen Wieczorek als uribestrittene Autorität in unserem Lande dargestellt worden —, auf dem Deutschen Betriebswirtschaftlertag in Berlin am 17. Oktober 1983 zutreffend mit den Worten charakterisiert:
    Unser Problem ist nicht so sehr die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren als vielmehr die Umsetzung neuer Ideen in marktreife Produkte. Dies fällt unserer Industrie schwerer als den Konkurrenten, weil die ausreichende Kapitalbasis fehlt, um neue Investitionsrisiken eingehen zu können. Die Verbesserung liegt in einer schrittweisen Verringerung der Unternehmenbesteuerung.
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3207
    Dr. Meyer zu Bentrup
    Soweit Schlesinger. Mit kleinen Schritten gehen wir in diese Richtung, aber die Richtung stimmt.
    Die so beschriebene Strukturkrise läßt sich nicht mit staatlich finanzierten Ausgabenprogrammen bewältigen. Wer heute mehr Schulden, mehr Staat und weniger Arbeit fordert, wird die Krise nicht meistern!
    Wir benötigen die wirtschaftliche Dynamik und Leistungskraft der Unternehmen, die man nicht mit Programmen, wie sie eben beschrieben wurden, verbessern kann. Die Ursachen liegen in der Verknappung des Realkapitals. Deswegen ist unsere Antwort auf die Krise, die wirtschaftliche Dynamik und Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Unternehmens, einzelnen für sich und durch alle gemeinsam in ihrer Vielfalt wieder zu erneuern und zu stärken.
    Die Schlüsselworte dazu — das sage ich so ausdrücklich, weil Sie, Herr Kollege Gobrecht, gefragt haben, wie der Kurs ist — lauten: Investition und Innovation, denn die schaffen neue Arbeitsplätze und neue Existenzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben Ihre bei der Einbringung des Gesetzentwurfes geäußerte Kritik in der Frage der Steuervereinfachung ernstgenommen. Wir haben uns der Kritik des Bundesrates und der Sachverständigen in der Anhörung gestellt. Wir haben uns den Forderungen auch gestellt.
    Der Bundesrat hat der verwaltungsmäßigen Abwicklung naturgemäß besondere Aufmerksamkeit geschenkt und hat entsprechende Änderungen vorgeschlagen. Wir sind den Anregungen in entscheidenden Vereinfachungsfragen gefolgt. Dies ist ein gutes Beispiel für eine parlamentarische Beratungskultur der gegenseitigen Respektierung.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Gobrecht [SPD])

    — Herr Kollege Gobrecht, das betrifft zum einen die im Entwurf der Bundesregierung vorgesehene zusätzliche Hauptveranlagung auf den 1. Januar 1984, die zur Veranlagung der Vermögensteuer vorgesehen war. Hier ist eine Regelung gefunden worden, die eine zusätzliche Hauptveranlagung und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand vermeidet.
    Zum anderen wird die Einschränkung von steuerlichen Vorteilen aus der Beteiligung an Bauherrengemeinschaften mit einer beachtlichen Entlastung der Steuerverwaltung erreicht.
    Wir verlassen damit nicht die Zielsetzung des Gesetzentwurfes, wie sie in der Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 niedergelegt ist. Hier heißt es:
    Wir wollen eine gerechtere Besteuerung. Deshalb werden wir z. B. die Möglichkeiten für Steuerersparnisse einschränken, die sich für Bezieher höherer Einkommen aus der Beteiligung an sogenannten Verlustzuweisungsgesellschaften ergeben.

    (Poß [SPD]: Sie haben Angst vor Spekulanten!)

    Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah vor, künftig den vollen Abzug der Geldbeschaffungskosten nicht mehr zuzulassen. Die hohen Finanzierungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sollten steuerlich auf die Darlehenszeit, längstens auf fünf Jahre, verteilt werden.
    Gegen diesen Vorschlag wurden vom Bundesrat, aber auch in der Anhörung von den Sachverständigen erhebliche Bedenken geäußert, verwaltungstechnische, steuerrechtliche und steuersystematische Bedenken, aber auch Bedenken, daß eine nicht erwünschte Schlechterstellung für private Bauvorhaben eintreten könnte.
    Auf der Grundlage des Bundesratsvorschlages ist nun eine überzeugende Lösung gefunden worden, die steuerlichen Vergünstigungen beim Bauherrenmodell einzuschränken: Im Rahmen der Einkunftsart aus Vermietung und Verpachtung können Verluste bei den Einkommensteuervorauszahlungen erst im Jahr nach der Fertigstellung berücksichtigt werden. Das heißt im Klartext: Die hohen Werbungskosten können nicht mehr sofort bei der Zeichnung eines Bauherrenmodells steuerlich geltend gemacht werden, sondern erst nach Fertigstellung der Wohnung.
    Gleichzeitig mit dieser Regelung, wird der später vermietende Bauherr dem Eigennutzer gleichgestellt, der ebenfalls erst nach der Fertigstellung in den Genuß der steuerlichen Vorteile gelangt. Für diesen Vorschlag, den wir dem Parlament jetzt empfehlen, spricht auch eine wesentliche Vereinfachung für die Steuerverwaltung,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    die Sie, Herr Kollege Gobrecht, soeben kritisiert haben; aber Sie haben keine Schlüsse aus Ihrer Kritik gezogen. Vorgeschaltete und sehr aufwendige Prüfungen entfallen, weil für die Festsetzung der Vorauszahlungen erst nach Abschluß der Investition die tatsächlich entstandenen Verluste geltend gemacht werden können.
    Mit diesem Vorschlag werden die steuerlichen Vergünstigungen beim Bauherrenmodell weiter erheblich eingeschränkt, nachdem in den Jahren zuvor bereits der Bauherrenerlaß, die Neuregelung der Grunderwerbsteuer und das Auslaufen der Mehrwertsteueroption zum 31. Dezember 1984, in die gleiche Richtung zielten. Somit bleibt abzuwarten, welche Entwicklung die Bauherrenmodelle nach dieser gesetzlichen Verschärfung nehmen werden.
    Die Beratungen im Finanzausschuß haben gezeigt, welche Schwierigkeiten sich ergeben, Verlustzuweisungsgesellschaften einwandfrei abzugrenzen und damit Verlustzuweisungen einzuschränken.
    Das gilt besonders in bezug auf neugegründete Unternehmen, bei denen in der Aufbauphase Verluste entstehen können. Vor dem Hintergrund der geringen Eigenkapitalausstattung bleibt unser Hauptaugenmerk darauf gerichtet, wie vorhandenes Sparkapital in produktivere Bereiche und volkswirtschaftlich erwünschte Innovationen gelenkt werden kann. Diese Zielsetzung ist leicht zu formulieren, die praktische Ausgestaltung der Gesetze aber
    3208 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Dr. Meyer zu Bentrup
    nicht ohne Hindernisse. Aus diesem Grunde wird in einer gemeinsamen Entschließung des Finanzausschusses die Bundesregierung aufgefordert, dem Deutschen Bundestag über die Auswirkungen der heute zu treffenden Entscheidungen bis zum 1. Juli 1984 zu berichten und darüber hinaus weitere Maßnahmen zu prüfen, die die Verlustzuweisungsmodelle eindämmen, um dadurch sicherzustellen, daß sich niemand mehr durch Beteiligung an volkswirtschaftlich nicht erwünschten Verlustzuweisungsmodellen seiner Steuerpflicht ganz oder überwiegend entziehen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist die Zielsetzung des gemeinsamen Entschließungsantrages, der mit zur Abstimmung gestellt wird und um dessen Annahme ich Sie bitten möchte.

    (Zuruf des Abg. Gobrecht [SPD])

    Deswegen müssen wir, Herr Kollege Gobrecht, Ihre Änderungsanträge und Ihren Entschließungsantrag ablehnen. Wir meinen, daß wir auf das Thema zurückkommen, sobald die Bundesregierung uns den Bericht vorgelegt hat.
    Wir stimmen dem Steuerentlastungsgesetz 1984 zu.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)