Verehrter Herr Kollege Hoffmann, es war genauso, wie ich es gesagt habe: Es war die Aufforderung zum Nachdenken, wie wir einen Zustand, den wir alle als unbefriedigend empfinden, für die Zukunft im Interesse der Arbeitnehmer wieder verbessern können.
Trotz aller Schwierigkeiten — die sowohl hausgemacht sind, die aber auch durch die weltweite Konjunktur- und Finanzkrise entstanden sind, die unseren Export hart trifft — können wir uns nach 14
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Monaten mit unseren Erfolgen sehen lassen. Vieles ist schneller gekommen als erwartet. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist zum Stillstand gekommen; der Sachverständigenrat erwartet sogar, daß der Umfang der Arbeitslosigkeit am Ende des nächsten Jahres deutlich unter dem jetzigen Niveau liegt. Hinzu kommt ein kräftiger Rückgang der Kurzarbeit, der sich nächstes Jahr fortsetzen wird.
Die wirtschaftliche Erholung ist kräftiger, als zunächst von allen erwartet. Nach zwei Jahren sinkender Produktion und sinkender Investitionen ist ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen, der vor allen Dingen in den Verlaufszahlen deutlich erkennbar ist.
Dieser Aufschwung ist um so bemerkenswerter, als er vom üblichen Schema abweicht. Diesmal war es nicht der Export — wie sonst —, der den Anstoß gab, sondern die inländische Nachfrage. Die gestiegene inländische Nachfrage ist auf das größere Vertrauen sowohl der Investoren als auch der Verbraucher zurückzuführen. Wir haben am letzten Samstag einen nie gekannten Ansturm im Weihnachtsgeschäft auf die Läden erlebt. Dies alles zeigt, daß man wieder bereit ist, sein Geld vom Sparbuch zu nehmen, daß man wieder Mut hat, daß man keine Angst hat, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Ich glaube, dies alles sind gute Zeichen.
Es ist auch ganz besonders bemerkenswert, daß der Aufschwung diesmal nicht von kreditfinanzierten, künstlichen Ankurbelungsmaßnahmen des Staates getragen worden ist, sondern daß er, wie gesagt, von den privaten Investoren und Verbrauchern gekommen ist.
— Ich bin der Überzeugung: Wenn Sie mithelfen, daß es vorwärts geht, und wenn Sie nicht jede gute wirtschaftspolitische Nachricht, die zu hören ist, als beklagenswert bezeichnen, weil sie nicht in Ihr parteipolitisches Kalkül paßt, wenn Sie mithelfen, den fälligen Optimismus zu verkünden, statt Pessimismus herbeizureden, dann wird der Aufschwung sehr lange dauern.
— Es klappt auf jeden Fall, Herr Kollege Friedmann. Vielen Dank. — Es wird beklagt, daß wir heute nicht schnell genug das erreichen, wozu die SPD in 13 Jahren nicht fähig war.
— Herr Kollege Hoffmann, da Sie dazwischen rufen: Wir müssen Sie fragen, wohin wir getrieben wären, wenn Sie die Regierungsverantwortung behalten hätten.
Wieviel Arbeitslose hätten wir denn jetzt im Dezember 1983 in unserem Land?
Sie haben es angekündigt, denn auf den Wahlplakaten in Hessen stand ja: 3 Millionen Arbeitslose im Dezember. — Wieviel Lehrstellen wären dann zur Verfügung gestellt worden? Wieviel Firmenzusammenbrüche mehr hätten wir in dieser Zeit erlebt?
Sehr erfreulich ist auch die Preisentwicklung. Wir haben die Inflationsrate halbieren können, dies trotz der Mehrwertsteuererhöhung. Auch hier sind die Verlaufszahlen noch günstiger als die Durchschnittszahlen. Gegen Ende des nächsten Jahres rechnet der Sachverständigenrat mit einer Preissteigerungsrate von nur noch 2 % gegenüber dem vierten Quartal dieses Jahres. Das inzwischen erreichte hohe Maß an Preisstabilität ist eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Erholung. Preisstabilität stärkt die private Kaufkraft und wirkt mäßigend auf die Zinsentwicklung.
Monatelang haben die SPD und ihr nahestehende Gruppen die von uns vorgenommenen Verbesserungen der Rahmenbedingungen für Investitionen auf das allerheftigste kritisiert und vor allen Dingen die Nutzlosigkeit eines solchen Vorgehens prophezeit. Wir würden Steuergelder verschwenden, hat man uns gesagt, wir würden eine Ellenbogengesellschaft wieder einführen wollen, wir würden Umverteilung von unten nach oben betreiben.
Das waren doch Ihre gängigen Formulierungen, und wir bekommen das heute noch ständig hingehalten.
— Es ist aber falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition. Der Sachverständigenrat bescheinigt uns jetzt, daß der eigentliche Antrieb für die wirtschaftliche Erholung aus dem geänderten Verhalten der Investoren und Konsumenten gekommen ist und — ich zitiere wörtlich —, „daß die Lähmung der Investitionsneigung im Verlauf des Jahres 1982 im Jahr 1983/84 einer deutlich gestiegenen Investitionsbereitschaft gewichen ist". Treibende Kraft war dabei vor allen Dingen der Wohnungsbau, wofür ich dem Wohnungsbauminister Schneider meinen ganz besonderen Dank aussprechen will.
Seit Mitte des Jahres haben sich auch die Exporte wieder deutlich verbessert. Neben dem privaten Verbrauch werden die inländischen Investitionen und der Export zunehmend zum Schrittmacher der Konjunktur.
Die wirtschaftliche Erholung hat also an Kraft gewonnen. Es geht wieder aufwärts. Die Zuversicht wächst. Jetzt müssen wir dafür sorgen, daß die wirtschaftliche Erholung in einen dauerhaften Aufschwung einmündet.
An einer anderen Front — und ich beklage das — haben wir leider weniger Erfolge errungen. Das ist die Subventionsfront. Allerdings wird die Diskus-
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sion um die staatlichen Subventionen teilweise nicht redlich geführt.
Die meisten, die sich zu dem Thema melden, verfahren nach dem Prinzip des Heiligen Sankt Florian: Verschon' mein Haus, zünd' andere an. — Wir sind leider in der wenig erfreulichen Situation, daß nur staatliche Finanzhilfen heute Zigtausende von Arbeitsplätzen, Zigtausende von Familieneinkommen, die wirtschaftliche Existenz ganzer Regionen und Branchen sichern. Ein undifferenzierter, globaler und massiver Abbau solcher Finanzhilfen beispielsweise für Kohle und Stahl oder für die Landwirtschaft hieße, auf einen Schlag Tausende von Arbeitsplätzen zu vernichten und ganze Regionen verarmen zu lassen.
Bei über 2 Millionen Arbeitslosen fällt es schwer, diese Subventionen zu streichen und Arbeitsplätze in diesen strukturschwachen Räumen zu vernichten. Wer das will und anderen mangelnden Mut vorwirft, der soll sich den betroffenen Arbeitnehmern an Ruhr, Saar oder an der Küste stellen und nicht vor Unbetroffenen das Subventionsunwesen bitter beklagen.
Dazu hat die SPD am allerwenigsten Grund, die in der Regierungsverantwortung in Bonn und auf Länderebene gerade diesen Mangel an Mut bewiesen hat, die Dinge hat treiben lassen, als die notwendigen Strukturänderungen mit einem wesentlich geringeren finanziellen Aufwand hätten durchgeführt werden können.
— Weil Sie zwischenrufen, verehrter Herr Oberbürgermeister von Recklinghausen: Bezeichnend ist doch, daß die Probleme in sozialdemokratisch regierten Bundesländern am allerschlimmsten sind.
— Sie kennen genau die besonderen Verhältnisse des Saarlandes.
Ich muß Ihnen keine Nachhilfe in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geben.