Rede von
Dr.
Graf
Otto
Lambsdorff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, Herr Stratmann, ich will mich nicht damit aufhalten, ob das eine Frage oder ein Debattenbeitrag gewesen ist.
Die Binnennachfrage in der Bundesrepublik hat die Konjunktur in diesem Jahr wider alle Voraussagen und Erwartungen erheblich getragen.
— Es ist entspart worden, Frau Kollegin. Was bedeutet das denn? Das bedeutet, daß die Leute bei sinkenden Realeinkommen das Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft haben, so daß sie auf Ihre Spareinlagen zurückgreifen.
Es bedeutet natürlich in gewissen Fällen auch — ich sage: auch —, daß sie, was ich gar nicht verschweigen will, darauf angewiesen sein können, auf ihre Ersparnisse zurückzugreifen. Es kommt natürlich hinzu, daß es in diesem Jahr durch freiwerdende Prämiensparverträge — Herr Mitzscherling hat gestern mit vollem Recht darauf hingewiesen — eine Sonderbewegung gegeben hat.
— Ich bin gerade bei diesem Thema.
Dann hätten Sie, Herr Mitzscherling, natürlich auch sagen müssen — ich glaube, Sie haben es sogar gesagt —, daß der Sachverständigenrat vorhergesagt hat, daß sich diese Entwicklung und Bewegung auch im nächsten Jahr fortsetzen wird, zumal sich dieser Entsparprozeß aufs Kontensparen beschränkt. Er findet natürlich nicht bei Bausparverträgen, bei Lebensversicherungsverträgen, bei
all den laufenden Sparverträgen und Sparanlagen statt. Es besteht überhaupt kein Grund zur Aufregung, das etwa negativ zu würdigen. Im Gegenteil: Dies hat uns ganz erheblich geholfen. Aus der Frage des Kollegen Stratmann entnehme ich aber den alten Irrtum und den alten Fehlschluß, daß Nachfrage immer nur Konsumnachfrage sein muß. Nachfrage ist natürlich auch Nachfrage nach Investitionsgütern. Und die zieht glücklicherweise wieder an.
Wenn wir aus den heutigen Zeitungsüberschriften entnehmen, daß auch im Export der Motor anspringt — —
— Ich habe doch der Investitionszulage seinerzeit zugestimmt. Warum soll ich sie für schlecht halten? Natürlich hat sie uns geholfen. Aber der Sinn einer Investitionszulage — deswegen bin ich so eisern dafür, die Fristen einzuhalten — besteht doch darin, den Motor anzuwerfen und dann darauf zu setzen, daß er weiterläuft, daß er durchdreht — im positiven Sinn.
Dies meine Damen und Herren, ist jetzt auch auf der Exportseite zu sehen. Daß die deutsche Wirtschaft, daß wir unsere Probleme nicht lösen können, wenn bei einer stark exportabhängigen Wirtschaft der Exportmotor nicht anspringt und nicht läuft, das weiß doch jeder. Darauf haben wir gewartet. Wir waren vorsichtig, die ersten vier Monate dieses Jahres zu hoch zu bewerten. Aber es zeigt sich, daß auch hier eine Zuversicht rechtfertigende
— ich will nicht sagen: robuste - Entwicklung einsetzt.
— Auch mit neuen Arbeitsplätzen. Das sei einmal gesagt: Die Erwartungen der Bundesregierung und der Institute für das Jahr 1983 werden von der aktuellen Entwicklung am Arbeitsmarkt unterschritten. Die ist miserabel, ist schlecht, ist besorgniserregend und bedrückend. Ich habe vor dem 6. März in unzähligen Wahlversammlungen gesagt: Wenn wir es fertigbringen, im Jahre 1983 die stetig weiter steigende Arbeitslosigkeit zum Stillstand zu bringen, dann haben wir sehr viel erreicht. Niemals habe ich etwas anderes vorhergesagt. Und dies haben wir erreicht. Für 1984 werden wir diese Entwicklung fortsetzen.