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ID1004402900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/44 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 44. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/638, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/653 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/657 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/647, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 10/686, 10/716 —Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/687 — Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksachen 10/281, 10/535, 10/723 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/639, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/677 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/696 — in Verbindung mit Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/640, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/641, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/724, 10/733 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/725 — Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der unmittelbaren Kostenbeteiligung der Versicherten an der Krankenhaus- und Kurbehandlung (Selbstbeteiligungs-Aufhebungsgesetz) — Drucksache 10/120 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/675 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/676 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit — Drucksachen 10/189, 10/704 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag des Abgeordneten Hoss und der Fraktion DIE GRÜNEN Sofortmaßnahme: Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung — Drucksachen 10/205, 10/698 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Mutterschaftsurlaub — Drucksachen 10/358 Nr. 64, 10/706 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/645, 10/659 — in Verbindung mit Haushaltsgesetz 1984 — Drucksachen 10/658, 10/660 — Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU . 3109B, 3205 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3109C Wieczorek (Duisburg) SPD 3118A Carstens (Emstek) CDU/CSU 3123 D Stratmann GRÜNE 3128 B Dr. Weng FDP 3133 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3136 D Frau Simonis SPD 3144 B Glos CDU/CSU 3150 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 3154 D Vizepräsident Stücklen 3156 C Frau Fuchs (Köln) SPD 3165A Dr. Friedmann CDU/CSU 3171 D Frau Potthast GRÜNE 3175A Frau Seiler-Albring FDP 3176B, 3248 B Roth SPD 3178C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 III Wissmann CDU/CSU 3183 D Hoss GRÜNE 3186 A Dr. Haussmann FDP 3189 D Sieler SPD 3191 D Präsident Dr. Barzel 3194A Jagoda CDU/CSU 3195A Vizepräsident Frau Renger 3195 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 3198 D Gobrecht SPD 3201 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 3208 B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 3210 C Grünbeck FDP 3212 B Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 3213C Schulhoff CDU/CSU 3218 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 3220 D Frau Zutt SPD 3223 C Bredehorn FDP 3226 A Kiechle, Bundesminister BML 3227 D Hauck SPD 3230 B Dr. Hoffacker CDU/CSU 3232 C Eimer (Fürth) FDP 3236 B Jaunich SPD 3237 A Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 3239 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 3244 A Roth (Gießen) CDU/CSU 3245 D Walther SPD 3249 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 3250 B Vizepräsident Wurbs 3258 C Namentliche Abstimmungen . 3254 B,C, 3256 B,C Nächste Sitzung 3258 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3259* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO 3259* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3107 44. Sitzung Bonn, den 8. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Cronenberg (Arnsberg) 9. 12. Fischer (Frankfurt) 9. 12. Gerstl (Passau) * 9. 12. Gilges 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Haase (Fürth) * 9. 12. Haehser 9. 12. Handlos 9. 12. Frau Dr. Hartenstein 9. 12. Immer (Altenkirchen) 9. 12. Dr. Kreile 8. 12. Lemmrich* 9. 12. Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Dr. Müller* 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Reddemann* 9. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. von Schmude 9. 12. Schreiner 9. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Verheyen 9.12. Voigt (Frankfurt) 9. 12. Weiskirch (Olpe) 9. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO Zur Abstimmung über den Einzelplan 11 erkläre ich hiermit, daß ich aus den von Sprechern meiner Fraktion dargelegten Gründen nicht zustimmen kann. Ich begrüße jedoch, daß es auf Betreiben meiner Fraktion eine interfraktionelle Einigung darüber gegeben hat, wie sichergestellt werden kann, daß die drei im Hamburger Verkehrs-Verbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) auch künftig von Behinderten unentgeltlich in Anspruch genommen werden können. Ich begrüße weiter, daß die Fraktionen von CDU/CSU und FDP verbindlich erklärt haben, eine gesetzliche Regelung vorzunehmen, wenn der jetzt gemeinsam vorgesehene Weg nicht zum Ziel führt. Die Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD haben sich darauf geeinigt, im Rahmen der Aussprache zum Einzelplan 11 folgende Erklärung zu Protokoll zu geben: Die Fraktionen gehen übereinstimmend davon aus, daß die obersten Landesbehörden in Hamburg und Schleswig-Holstein die drei in den Hamburger Verkehrsverbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) als S-Bahnen im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Schwerbehindertengesetz anerkennen. Durch diese Entscheidung der zuständigen Landesbehörden soll sichergestellt werden, daß Behinderte auch künftig diese Linien, die eine Reihe von S-Bahnmerkmalen aufweisen, unentgeltlich in Anspruch nehmen können.
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    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten befürwortet weiterhin die konsequente Haushaltspolitik des Bundesfinanzministers Stoltenberg, dem wir — ich sage dies insbesondere für die Haushaltsabgeordneten unserer Fraktion — für seine Standhaftigkeit bei den jetzt abgeschlossenen Beratungen im Haushaltsausschuß dankbar sind.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich will hier für meine Fraktion ebenfalls festhalten, daß sich — allen Unkenrufen zum Trotz — die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nach dem Regierungswechsel auf der neuen finanzpolitischen Grundlage entscheidend verbessert hat. Der wirtschaftliche Aufschwung auf breiter Front stellt unserem liberalen Wirtschaftsminister, Otto Graf Lambsdorff, ein mehr als gutes Zeugnis aus.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Neuhausen [FDP]: Ein sehr gutes!)

    Meine Damen und Herren, wer sich den Jahresbericht der Bundesschuldenverwaltung von 1982 ansieht und sich die Grafik über die Entwicklung der Finanzschulden des Bundes verdeutlicht, der stellt noch nachträglich mit Erschrecken fest, welchen Weg die Haushaltsführung der früheren Bundesregierungen — spätestens vom Jahre 1974 an — genommen hatte. Von der Öffentlichkeit zunächst weitgehend unbemerkt, wurde Jahr für Jahr — mit steigender Tendenz — wesentlich mehr Geld ausgegeben, als auf der Einnahmeseite zu verzeichnen war.

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: So haben die immer gerechnet!)

    Eine stolze Gesamtverschuldung des Bundes von über 310 Milliarden DM Ende 1982 ist das traurige Ergebnis dieser Politik.
    Aber wer erinnert sich schon noch an die Euphorie derer, die Anfang der 70er Jahre glaubten, durch globale staatliche Steuerung die Wirtschaftsentwicklung berechenbar machen zu können?

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Ökonomie schien beherrschbar geworden zu sein, die Politik ihr nicht länger unterworfen. Und dies war falsch.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Tatsache ist — hierzu benötigt man nur den Sachverstand des nüchtern rechnenden Kaufmanns —, daß niemand auf Dauer mehr Geld ausgeben kann, als er einnimmt, ohne hierdurch seine Ersparnisse aufzubrauchen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn der Staat keine Ersparnisse hat — was ja der Fall ist —, dann braucht er durch inflationäre Tendenzen die Ersparnisse seiner Bürger auf, besonders die Ersparnisse des vielzitierten kleinen Mannes, der sich einer solchen Entwicklung am allerwenigsten entziehen kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    So muß ein liberaler Politiker am heutigen Tag mit Stolz feststellen, daß der Kraftakt der politischen Wende, der unter Aspekten der Haushaltsund Wirtschaftspolitik notwendig wurde,

    (Zuruf von der FDP: Nicht nur deshalb!)

    3134 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Dr. Weng erfolgreich war.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Im Jahr 1983 wie im Jahr 1984 ist durch solide Politik der Mehrheit des Haushaltsausschusses mit unserer Unterstützung jeweils eine Minderverschuldung von ca. vier Milliarden DM erreicht worden, was allein eine Einsparung von über 700 Millionen DM jährlich beim Zinsdienst ausmachen wird. Erstmals sind die Haushalte in geringerem Umfang als die Einnahmen gewachsen, was konsequente Konsolidierung bedeutet.
    Es gibt bei mittelfristiger Finanzplanung ja zwei Möglichkeiten. Wir haben uns für die zweite entschieden. Man kann sagen: Im nächsten Jahr brauchen wir eine höhere, im übernächsten Jahr brauchen wir dann eine noch höhere Verschuldung; aber dann werden wir radikal an den Schuldenabbau gehen. Man kann aber auch — und dies haben wir getan — sagen: Wir fangen sofort an, Zug um Zug jedes Jahr diese Verschuldung zu senken. Dies ist solide Haushaltspolitik.
    Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß der heute in zweiter Lesung zu verabschiedende Haushalt 1984 nur ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist. Wir sind natürlich stolz darauf, daß die unabhängigen wirtschaftswissenschaftlichen Institute ebenso wie die Deutsche Bundesbank — und dies betone ich ganz besonders — den Kurs für richtig halten und seine konsequente Fortführung empfehlen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Tarifabschluß des öffentlichen Dienstes von 1974 war mit 11 % ein erster, aber entscheidender Schritt in die falsche Richtung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So war das!)

    Wer sich das Gesamtvolumen des Haushalts und die großen Ausgabenblöcke verdeutlicht, der muß einsehen, daß der Personalkostenbereich einen bestimmten Umfang nicht übersteigen darf.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Das bedeutet natürlich auch, daß die öffentliche Hand nicht grenzen- und schrankenlos Aufgaben an sich ziehen darf, für die sie nicht aus hoheitlichen Gründen zuständig ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Denn — und darin geben mir hoffentlich auch die Kollegen von der SPD recht — im Normalfall arbeitet die private Wirtschaft effizienter als der öffentliche Dienst. Wir werden deshalb in unserer Forderung nach Privatisierung sowohl staatlicher Kapitalanteile in der Wirtschaft als auch privatisierbarer Dienstleistungen nicht nachlassen. Ich danke dem Finanzminister für den mit der Veräußerung von VEBA-Anteilen gemachten ersten Schritt. Wer hier von Verschleuderung von Bundesvermögen spricht, soll einmal sagen, wo er mehr Geld für diese Anteile hätte erzielen können, als der Bundesfinanzminister erreicht hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich verbinde diesen Dank allerdings mit der Aufforderung, dem Parlament im nächsten Frühjahr ein geschlossenes Konzept weiterer Privatisierungsvorhaben vorzulegen.

    (Glos [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Konsequentes Fortfahren in der Sparsamkeit darf allerdings keinen Verzicht auf Politik bedeuten. Das ist auch der Grund dafür, warum wir Freien Demokraten überzeugt sind, daß die Reform des Einkommensteuertarifs zur Abflachung der Progressionszone, die wir wünschen, ebenso möglich sein wird wie die gestern vom Kanzler angekündigte Reform hin zu kinderfreundlicheren Tarifen.
    Die mittelfristige Finanzplanung, die bis 1987 eine Obergrenze der Nettoneuverschuldung von zirka 22 Milliarden DM beinhaltet, bleibt für uns allerdings verbindlich.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Aber aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einerseits und aus weiterem konsequentem Subventionsabbau andererseits werden die Mittel für diese Reform zum gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehen.
    Zum Stichwort Subventionsabbau: Unser Wirtschaftsminister hat sich bestmöglich bemüht, die Subventionen in Grenzen zu halten. Ich appelliere ausdrücklich an Sie, Graf Lambsdorff, in diesem Bemühen nicht nachzulassen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Kein Mensch kann Ihnen zum Vorwurf machen, daß sich Probleme aus dem EG-Bereich, bei denen wir keine direkten Einflußmöglichkeiten haben — ich meine hier insbesondere die Bereiche Kohle und Stahl —, bei uns so schwerwiegend auswirken. Deshalb war der Haushaltsausschuß hier auch zur Unterstützung Ihrer — richtigerweise allerdings restriktiven — Subventionspolitik bereit.
    Herr Kollege Wieczorek hat hier von Skandalen gesprochen. Der eigentliche Skandal, Herr Kollege Wieczorek, ist der, daß Sie dem Bürger nicht klargemacht haben, daß in dem von Ihnen genannten Bereich die höchsten Subventionen überhaupt aus diesem Haushalt gezahlt wurden, und zwar aus den Gründen, die Sie selber ja angeführt haben.

    (Glos [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das muß denen gesagt werden! — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Aber es muß denen immer wieder gesagt werden!)

    Meine Damen und Herren, eine völlig andere Situation sehe ich aber z. B. im Bereich der Werften. Während es einer größeren Zahl kleiner und mittlerer Werften, die sich frühzeitig spezialisiert und am Markt orientiert haben, ordentlich bis teilweise sogar sehr gut geht, haben in mitbestimmten Großwerften Kapitaleigner und Arbeitnehmervertreter in gemeinsamer Verantwortung die Entwicklung auf den Weltmärkten zu spät erkannt und fordern nun, unterstützt von der SPD, Hilfe aus Steuermitteln. Meine Damen und Herren, natürlich muß der Staat bei seinem Handeln und seinen Fördermaßnahmen auch regionale Gesichtspunkte berücksich-
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3135
    Dr. Weng
    tigen. Natürlich kann man Strukturhilfen als Überbrückungsmaßnahmen für bestimmte Industrien gewähren, bei denen berechtigte Hoffnung auf Gesundung besteht und bestehen muß. Dies darf aber in keinem Fall dazu führen, daß z. B. die betreffenden Großwerften nachher mit Dumpingpreisen die kleinen und mittleren Werften ruinieren.
    Deshalb sind wir gemeinsam mit den Kollegen der CDU/CSU den Weg gegangen, neben bestehender Werfthilfe und Neubauzuschüssen Finanzbeiträge zur Förderung der Seeschiffahrt derart einzuführen, daß 80 Millionen DM zur Unterstützung der Investitionstätigkeit der Schiffahrtsunternehmen gewährt werden sollen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir sind davon überzeugt, meine Damen und Herren, daß diese Mittel in Form zinsloser, nur bedingt rückzahlbarer Darlehen nahezu ausschließlich den deutschen Werften zugute kommen werden, ohne daß dadurch allzusehr in das Wettbewerbsgefüge eingegriffen wird.
    Ich will einen Appell an den Bundesverkehrsminister, Herrn Dollinger, anfügen: Sparsamkeit der Mittelverwendung, Herr Verkehrsminister, muß auch bedeuten, daß sinnvolle Ausgaben getätigt werden und daß an Änderungen in der Auffassung unserer Bevölkerung nicht vorbeigegangen wird. Ich habe zwar durchaus Verständnis dafür, Herr Kollege Glos, wenn sich Regionen unseres Landes zu Wort melden, die bisher bei der Verkehrsanbindung zu kurz gekommen zu sein glauben; ich meine aber, die Devise „Ausbau vor Neubau und möglichst keine Kahlschläge mehr durch die Landschaft" muß auch hier gelten, ohne daß ich eine Reduzierung der Finanzmittel für den Straßenbau verlangen wollte. Denn auch im Bereich des Erforderlichen gibt es viel zu tun.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Walther [SPD]: Wie war das mit dem Rhein-Main-Donau-Kanal? — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Herr Kollege Walther, von Wasserstraßen habe ich hier noch nicht gesprochen. Ich sprach vom Straßenbau. Ich komme aber auf einige andere Verkehrsgegebenheiten zurück.
    Die Straßenplaner haben sich nach meiner Überzeugung noch nicht auf die politischen Veränderungen eingestellt. Sowohl lassen die wirtschaftlichen Wachstumsraten eine massive Ausweitung der Finanzmittel für den Straßenbau nicht mehr zu, als auch muß im Bereich Landverbrauch der berechtigte Umschwung der öffentlichen Meinung nachvollzogen werden. Hier muß das Primat der Politik gelten.
    Ich will ein Beispiel aus meinem Erfahrungsbereich anführen, das nach meiner Überzeugung exemplarisch im Sinne negativer Entwicklung ist. Im Bereich meiner Heimatstadt Gerlingen wird die Autobahntrasse verlegt und wesentlich verbreitert. Dies ist notwendig und muß akzeptiert werden. Etwas fragwürdiger ist, daß man mit der Ausweisung eines nach Auffassung der Autobahnplaner unbedingt erforderlichen Parkplatzes so lange gewartet hat, bis das letzte Teilstück des Ausbaus in Angriff genommen wurde und ein solcher Parkplatz nirgends anders mehr unterzubringen ist. Den Gedanken, einen solchen Parkplatz in einen in nächster Nähe liegenden großzügigen Ein- und Ausfahrtsbereich zu integrieren, was erheblichen Erhalt hochwertiger landwirtschaftlicher Nutzfläche bedeuten würde, lehnen die Planer mit der Begründung ab, so etwas gehe nicht. Meine Damen und Herren, ich sage: Manches geht, wenn man nur will.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich habe als Kommunalpolitiker einen Flächennutzungsplan akzeptiert, der unter dem Aspekt „Keine totale Zersiedlung der Landschaft" die Erschließung von Wohngebieten drastisch reduziert. Dies sorgt dafür, daß sich die Baulandpreise bei ca. 800 bis 1 000 DM je Quadratmeter einpendeln und die Bürger daher normalerweise nicht mehr bauen können. Ein kleines Stück weiter aber gehen die Autobahnplaner mit der Fläche um, als sei die Zeit vor zehn Jahren stehengeblieben. Wenn die Dinge in so eklatanter Weise nicht in Relation zueinander stehen, wird es dem Politiker doch unmöglich gemacht, beim Bürger für solche Entscheidungen Verständnis zu finden.
    Deshalb, Herr Minister Dollinger, fordere ich Sie auf, die Planer zum Umdenken und zu mehr Beweglichkeit zu bringen. Ich erwarte von Ihnen, daß Sie bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans hier insbesondere den Straßenbedarfsplan weiter deutlich dadurch reduzieren, daß der tatsächlich zu erwartende Bedarf ebenso zugrunde gelegt wird wie die neuen politischen Rahmenvorstellungen.
    Sinnvoller Einsatz der Mittel ist auch, daß die Zukunftsinvestitionen wie der Bau von Neu- und Ausbaustrecken bei der Bahn zügig verwirklicht werden.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Einfache Kostenrechnung ist hier nicht am Platz, wenn es um ein Gesamtschienenwegkonzept geht, in dem es keine eklatanten Schwachstellen geben darf.
    Meine Damen und Herren, die neue Regierung hat ihre Ankündigung, die Staatsfinanzen zu konsolidieren und die Wirtschaft in Ordnung zu bringen, bisher wahrgemacht. Durch die Verbesserung wichtiger Rahmenbedingungen wurden positive Trends möglich.
    Ich will nur einige aufzählen. Der Preisanstieg hat ganz erheblich nachgelassen; er betrug nur noch 2,6 % im letzten Monat. Die Zinsen liegen deutlich unter dem im Sommer 1981 erreichten Zinsgipfel. Die Zinsen sind offensichtlich verhältnismäßig stabil geworden. Die Bundesbank unterstützt uns ja hier mit ihren Maßnahmen.

    (Beifall des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Die Bürger zum weiteren haben mehr Vertrauen und Mut in den Staat gefaßt; denn das Konsum-
    3136 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Dr. Weng
    klima ist deutlich verbessert. Ich verstehe hier nicht, weswegen immer behauptet wird, durch die Einsparungsmaßnahmen werde der Konsum zurückgeführt, wenn die Entwicklung ersichtlich deutlich macht, daß genau das Gegenteil der Fall ist. Sehen Sie sich die Ergebnisse des Einzelhandels an den verkaufsoffenen Samstagen jetzt vor Weihnachten an!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Ertragssituation der Unternehmen hat sich in vielen Bereichen wesentlich verbessert. Die deutsche Wirtschaft befindet sich außerdem wieder im außenwirtschaftlichen Gleichgewicht. So gibt es seit längerer Zeit erstmals wieder positive Seiten im langfristigen Kapitalverkehr mit dem Ausland. Auch auf den internationalen Finanzmärkten hat sich also das Vertrauen in eine wieder bessere Konstitution der deutschen Wirtschaft durchgesetzt. Die positiven Wechselkurserwartungen in die Deutsche Mark dürften sich jetzt mehr und mehr durchsetzen und die Kursentwicklung auf den Devisenmärkten beeinflussen.

    (Walther [SPD]: Und der Dollar steigt immer weiter!)

    Wir können festhalten, daß die Nettokreditaufnahme für das laufende Jahr erheblich geringer ausfallen wird als ursprünglich angenommen. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich nochmals an die Weissagungen der Opposition, die Eckdaten des Haushalts 1983 seien geschönt und unrealistisch, die neue Bundesregierung werde schon nach einigen Monaten einen Nachtragshaushalt in einer Größenordnung von mehr als 5 Milliarden DM, finanziert durch zusätzliche Verschuldung, vorlegen müssen, und die Neuverschuldung erreiche dann 45 Milliarden DM. Herr Kollege Wieczorek, ich kann mich gut erinnern, daß die erste Äußerung im Haushaltsausschuß, die mir von Ihnen noch ein Begriff ist, die war, daß ein solcher Nachtragshaushalt kommen werde. Ich meinte damals schon, daß mit dieser Erwähnung ein an sich lächerlicher Nebenschauplatz aufgemacht würde; denn natürlich muß eine Regierung einen Nachtragshaushalt vorlegen, wenn dieser erforderlich wird, und es ist müßig, zu Beginn eines Jahres darüber zu streiten, ob das wohl gegen Ende des Jahres eintreffen werde oder nicht. Aber ich habe mit großem Interesse festgestellt, daß Sie, der Sie damals diesen Nebenschauplatz aufgemacht haben, heute hier keinen Ton mehr darüber verloren haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Glos [CDU/CSU]: Ihm hat es die Sprache verschlagen! — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Dann haben Sie nicht zugehört, Herr Kollege!)

    Denn, meine Damen und Herren, heute wissen wir, daß rund 4 Milliarden DM weniger als nach der ursprünglichen Annahme auf dem Kapitalmarkt aufgenommen werden müssen. — Ich habe, Herr Kollege Wieczorek, sehr gut zugehört, gerade bei Ihnen, weil ich auf diese Dinge besonders achten wollte.
    Die Risiken, die Sie vorausgesagt hatten, sind nicht eingetreten. Ich weiß natürlich, daß das für Sie, für die Opposition, nach den jahrelangen eigenen Erfahrungen, die Sie mit öffentlichen Finanzen gemacht haben, unverständlich ist.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten.

    (Zurufe von der SPD: Brauchen Sie nicht!)

    — An der Stelle der Sozialdemokraten würde ich hier besonders aufmerksam zuhören. Ich werde nämlich nachher sagen, wen ich zitiert habe. — Ich zitiere also:
    Es durfte keine Ausgabeninflation der öffentlichen Hand erkennbar werden, weil sonst der neu gewonnene Handlungsspielraum verlorengehen würde und bedacht werden mußte, daß die autonomen Gruppen im volkswirtschaftlichen Gesamtprozeß höchstens so stabilitätsbewußt handeln, wie es die öffentliche Hand vormacht. So entstand bei mir die Erkenntnis, ich selbst könne helfen, aber nur mit meinem Rücktritt.
    Mit diesen Sätzen, meine Damen und Herren, hat der frühere Finanzminister der SPD, Alex Möller, am 13. Mai 1971 seinen Rücktritt wegen der Haushaltslage erklärt.

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Das waren noch Zeiten!)

    Mit konsequenter Fortführung unserer Politik, mit konsequenter Fortführung Ihrer Politik, Herr Minister Stoltenberg, die wir voll und ganz unterstützen, werden Sie einen solchen Schritt zu keinem Zeitpunkt nötig haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister für Wirtschaft.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Oppositionsführer hat gestern gemeint, ich liebte es — er kann leider im Augenblick nicht hier sein, aber ich will die paar Sätze dazu doch sagen —, hart und mitunter verletzend zu kritisieren. Ich habe diese Bewertung bedauert. Hart kritisieren, j a. Verletzend? — Ich bemühe mich darum, dies nicht zu tun. Der Kollege Vogel hat gemeint, ich hätte eine Kostprobe davon in meinem Beitrag zur Stationierungsdebatte vor 14 Tagen gegeben. Ich habe mir daraufhin diese Rede noch einmal durchgelesen. Ich kann nichts Verletzendes darin sehen. Dann müßten wir die Empfindlichkeitsschwelle schon sehr weit herunterziehen. Ich glaube, ich habe klar und deutlich gesprochen, aber ich habe niemanden, auch nicht den Kollegen Vogel, in dieser Rede verletzt, ganz gewiß nicht verletzen wollen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er ist so empfindsam! — Dr. Riedl [München] [CDU/ Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3137 Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff CSU]: Er war schon in München eine Mimose! — Zurufe von der SPD: Er kommt gleich!)

    — Klar. Es gibt keine Eile. Das ist auch keine Kritik. Ich weiß, wie das ist.
    Ich will hier jetzt nicht die einzelnen Punkte wiederholen, die ich damals vorgetragen habe — das wäre auch nur Nachkarten —, aber ich möchte deutlich machen: Es liegt mir daran, sehr klar Positionen zu vertreten, wie ich sie sehe, sie aber nicht so zu vertreten, daß sich andere persönlich verletzt oder gar herabgesetzt fühlen.
    Heute geht es um die Wirtschafts- und Haushaltspolitik, eben auch um den Einzelplan 09 des Bundeswirtschaftsministeriums, von dem ich schon an dieser Stelle sagen möchte: Ich sehe mit ganz geringem Vergnügen die Zuwachsraten in diesem Haushalt. Es sind im wesentlichen Subventionsnotwendigkeiten. Sie laufen dem Ziel, das wir uns vorgenommen haben und an dem wir festhalten werden
    — Subventionen, insonderheit Erhaltungssubventionen zurückzuführen —, entgegen.
    Es ist, glaube ich, mit vollem Recht gesagt worden
    — das ist ja auch die Übung —, daß bei einer solchen Debatte die grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Positionen, wie sie sich zwischen Koalition und Opposition ergeben, diskutiert werden müssen und sollen. Sie, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, werfen der Bundesregierung vor, hier und draußen, sie habe kein wirtschaftspolitisches Konzept. Ich habe mir die Vorschläge angesehen, die uns in den Entschließungsanträgen vorgelegt worden sind, und ich habe mir die wirtschaftspolitischen Ausführungen des Vorsitzenden der SPD-Fraktion, des Kollegen Vogel, angehört. Ich möchte nicht versäumen, das wirtschaftspolitische Konzept Ihrer Fraktion und Ihrer Partei, wie ich es aus diesen Äußerungen entnehmen kann — also auf der Basis dieser Beiträge —, einmal vorzuführen.
    Die SPD will die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken und fordert die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, Umweltabgaben und die Erhaltung von Industriestandorten. Die SPD will die Zinsen senken und fordert riesige staatliche Beschäftigungsprogramme, die über Staatsschulden finanziert werden sollen. Die SPD will Investitionen und Innovationen anregen, den Mittelstand stärken und die Gründung von selbständigen Existenzen fördern und fordert gleichzeitig die Ergänzungsabgabe, die Rücknahme der Vermögensteuersenkung, mehr Staat und mehr Schulden. Diese Reihe ließe sich fortsetzen. Mit Ökonomie hat das alles nicht sehr viel zu tun.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: Mit Ideologie!)

    Die Widersprüche werden entweder verschwiegen, oder sie werden nicht erkannt. Es gibt bei Ihnen kein der Situation angepaßtes wirtschaftspolitisches Konzept. Der Wähler hat das früh erkannt. Ihr Bundesgeschäftsführer Peter Glotz, Mitglied dieses Hauses, hat ja nach dem 6. März 1983 selber festgestellt und erklärt: Aus den Wahlanalysen läßt sich ablesen, daß der Wähler der Sozialdemokratischen Partei die Kompetenz zur Bewältigung der wirtschaftspolitischen Probleme abgesprochen hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ein kluger Wähler! — Zuruf des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

    — Natürlich habe ich das gelesen, aber selbstverständlich! Ich bin doch auf den Zwischenruf gewappnet, Herr Wolfram. Sie wissen doch, daß ich morgens früh aufstehe und die Zeitungen lese. Meine Güte!

    (Zurufe von der SPD)

    — Wir beide müssen uns doch nicht darüber streiten, wer früher aufsteht. Herr Kollege Wolfram ist ein fleißiger Mann. Das weiß ich.
    Hätte der Wähler übrigens gewußt, wohin sich Ihre sicherheitspolitische Talfahrt entwickeln würde, so hätten Sie auch das noch im Wahlergebnis zu spüren bekommen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Sie, meine Damen und Herren von der SPD, weigern sich, davon Kenntnis zu nehmen, daß sich die in den 70er Jahren bei uns weltweit angewandten Rezepte mehr und mehr nicht nur als wirkungslos, sondern schließlich auch als schädlich erwiesen haben. Sie versuchen immer noch, auf strukturelle Verwerfungen mit konjunkturellen Maßnahmen zu reagieren. Ich finde, es ist schon eine merkwürdige Debatte: Wenn die Koalition der Mitte sagt, wir brauchen mehr Marktwirtschaft, mehr Leistungsbereitschaft, mehr Risikobereitschaft, dann werfen Sie uns vor, wir wollten mit den Mitteln der 50er und 60er Jahre die Probleme der 80er Jahre lösen. Aber eines steht doch fest: In den 50er und 60er Jahren hat die deutsche Wirtschaft die ihr gestellten Aufgaben gemeistert, und in den 70er Jahren ist uns das nur noch eingeschränkt gelungen.

    (Dr. von Wartenberg [CDU/CSU]: So ist es!)

    Warum führen wir eigentlich keine Diskussion über die Frage, welche Grundauffassung von Wirtschaftspolitik für die 80er Jahre notwendig ist und welche Folgen für den Instrumentenkasten dieser Wirtschaftspolitik sich dann aus den konkreten Problemen der 80er Jahre ergeben?
    Die Antwort der Bundesregierung auf diese Frage ist klar: Ohne Stärkung der marktwirtschaftlichen Kräfte, ohne Rückbesinnung auf bewährte ordnungspolitische Prinzipien werden wir unsere Probleme nicht lösen. Wenn Sie mit uns bereit sind, diesen Grundmaßstab gemeinsam anzulegen, dann können wir über Einzelmaßnahmen, über Instrumente immer, wie ich glaube, vernünftig miteinander reden.

    (Zuruf des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

    Wenn Sie sich aber weiter von dem abwenden, wofür Männer wie Heinrich Deist, Klaus Dieter Arndt und Karl Schiller in Ihrer Partei standen und stehen, dann werden wir in der wirtschaftspolitischen Diskussion weiter aneinander vorbeireden.
    3138 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    Ich will versuchen, die unterschiedlichen Denk- und Lösungsansätze — übrigens so, wie ich es damals mit einem Einzelthema, Herr Stratmann hat das ja erwähnt, nämlich mit Rationalisierung, Produktivität und ihrer Auswirkung auf die Beschäftigung, bei der ersten Lesung getan habe — an einem, wie ich glaube, wichtigen Einzelthema deutlich zu machen. Es ist ein Einzelthema, das ich kürzlich mit dem Kollegen Roth in einer Fernsehsendung nur andiskutieren konnte.
    Wir werden im Jahr 1983 knapp 30 Milliarden DM für Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe ausgeben. Es gibt — allerdings nicht unproblematische — Rechnungen, die die Kosten der Arbeitslosigkeit noch wesentlich höher ansetzen.
    Von seiten der Sozialdemokraten und speziell vom Kollegen Roth ist gefordert worden, diese Gelder — wie Sie sagen — sinnvoller einzusetzen. Die Faszination, statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, Beschäftigungsprogramme aufzulegen und damit zum Beispiel Umwelt- und Energieeinsparungsinvestitionen durchzuführen, ist in der Tat mehr als verführerisch.

    (Zuruf von der SPD: Sie ist richtig!)

    Aber ich warne davor, diesen Weg zu beschreiten. Hier werden Illusionen gezüchtet, die sich in der Wirklichkeit nicht umsetzen lassen. Der Ansatz verkennt die Ursachen der Arbeitslosigkeit, und er übersieht die negativen Rückwirkungen solcher Vorschläge auf Zinsen, Wechselkurse, Preise und Investitionen und damit auf die bestehenden Arbeitsplätze.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Also sind Sie für die Arbeitslosigkeit!)

    An einer extremen Rechnung wird deutlich, daß mit diesem vermeintlichen Patentrezept nichts anderes als eine Wirtschaftspolitik à la Münchhausen versucht würde.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Nimmt man zwei Millionen Arbeitslose mit einem durchschnittlichen Arbeitslosengeld von z. B. 20 000 DM pro Jahr und würde der Staat zum Lohnausgleich weitere 5 000 DM je Arbeitslosen drauflegen, so könnten — das wird behauptet — mit 50 Milliarden DM 2 Millionen Arbeitslose von der Straße geholt werden. Dies, meine Damen und Herren, ist eine Milchmädchenrechnung.
    Erstens. Tatsache ist zunächst, daß die 2 Millionen Arbeitslosen so schnell überhaupt keine Arbeit finden, weil die Arbeitsplätze erst durch entsprechende Investitionen geschaffen werden müssen, und auch die kosten Geld.

    (Stratmann [GRÜNE]: Teilweise!)

    Zweitens. Die Finanzierungs- und Subventionsproblematik wird völlig außer acht gelassen, wenn aus dem Arbeitslosengeld z. B. Investitionen im Umweltschutz bei den Gemeinden mitfinanziert würden. Werden nämlich erst einmal subventionierte Arbeitsplätze in großer Zahl geschaffen, dann ist es für die Unternehmen, aber auch für die Stadtkämmerer, wie wir gesehen haben, interessanter, teure Arbeitsplätze, die sich bisher selbst bezahlen mußten, durch staatlich subventionierte Arbeitsplätze zu ersetzen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das ist wirklichkeitsfremd!)

    Die Arbeitslosigkeit wäre nicht beseitigt. Sie würde an anderer Stelle in verstärkter Form wieder auftreten. Der Ruf nach weiteren Subventionen würde dann um so lauter erschallen. Das ist eine Kette ohne Ende.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Subventionierung von Beschäftigten hat im Prinzip die gleiche Wirkung wie die Subventionierung von Unternehmen: Arbeitskräfte werden in unproduktiven Verwendungen festgehalten, Initiativen werden gelähmt. Subventionierte Arbeitskräfte verschlechtern die Chancen derjenigen, die ihre Einkommen am Markt verdienen müssen. Wachstumschancen und damit die Schaffung produktiver dauerhafter Arbeitsplätze werden so verschenkt.
    Gerade die Erfahrung mit solchen Beschäftigungsprogrammen sollte gelehrt haben, daß über Subventionierung von Arbeitsplätzen keine vollwertigen, sich selbst tragenden Arbeitsplätze geschaffen werden können. Natürlich, solange der Staat die Subventionen zahlt, können solche Arbeitsplätze aufrechterhalten werden. Doch diese Subventionen werden im Laufe der Zeit immer teurer, so daß der Staat sehr schnell an die Grenzen seiner Finanzierungsmöglichkeiten stößt. Wie schädlich dies ist, haben wir gerade erlebt.
    Wir konsolidieren doch heute, weil diese Grenzen erreicht wurden, weil das Vertrauen in die Solidität der Staatsfinanzen erschüttert wurde. Herr Kollege Wieczorek, wir konsolidieren nicht aus Selbstzweck. Wenn Sie sagen, auch Sie seien für das Konsolidieren, sich dann aber gleichzeitig einmal ansehen, was Sie alles vorschlagen, dann wirken Sie doch etwa wie der Direktor der Schnapsfabrik, der gegen den Alkoholkonsum auftritt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Spöri [SPD]: Das Niveau war schon höher!)

    Solche Überlegungen verkennen auch völlig die Rückwirkungen auf den Kapitalmarktzins, wenn sich der Staat in der jetzigen Phase weiter zusätzlich verschulden würde. Das Ifo-Institut schätzt, daß eine dauerhafte Erhöhung des langfristigen Zinssatzes um einen Prozentpunkt nach Ablauf aller Anpassungsprozesse zu einem Rückgang der Anlageinvestitionen der Unternehmen von fast 20% führen würde.
    Werden statt dessen Steuern erhöht, würden Unternehmen in die Pleite getrieben, die bisher gerade noch rentabel waren, oder die Belastung der Arbeitnehmer, die für zusätzliche verdiente Einkommen schon jetzt im Durchschnitt bei 50% liegt, würde weiter steigen.
    Zudem müßten die Folgekosten künstlich geschaffener staatlicher Arbeitsplätze bei den Ge-
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3139
    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff meindehaushalten gesehen werden. Die Fehler, die mit Bettenbergen in Krankenhäusern, zu aufwendigen Rathäusern und Schwimmopern begangen wurden,

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Lassen Sie doch die Beleidigungen der Gemeinden!)

    sollten doch wahrlich nicht wiederholt werden. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    — Herr Oberbürgermeister, es muß sich nicht jeder angesprochen fühlen. Ich weiß ja nicht, ob das für Sie gilt. Aber es sieht so aus, nach Ihrer Reaktion zu urteilen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD)

    Eine weitere zusätzliche Verschuldung des Staates hätte schließlich negative Auswirkungen auf den Wechselkurs und damit auf die mit viel Mühe erreichte Stabilisierung der Preise. Neue Inflationsschübe würden mit Sicherheit zu mehr und nicht zu weniger Arbeitslosigkeit führen. Nicht zu vergessen: Die Entwicklung des Wechselkurses bestimmt wesentlich mit, inwieweit es uns gelingt, uns vom Zins in den Vereinigten Staaten abzukoppeln.

    (Dr. Spöri [SPD]: Der Kurs ist zur Zeit nicht gut!)

    Das Beispiel Frankreichs und der rapide Kursverfall des französischen Franc sollten eine eindrucksvolle Warnung sein. Diesen schmerzhaften und teuren Lernprozeß sollten wir nicht nachmachen. — Der Kurs ist in der Tat nicht gut. Ich komme nachher noch auf die Bemerkung zurück, Herr Kollege Spöri.
    Fazit: Wie man es auch wendet, es hilft nichts, über staatliche Programme hohe Beschäftigungseffekte auszurechnen, aber die Arbeitsplätze zu ignorieren, die durch diese Politik über den Preis-, Zins-, Steuer- und Wechselkursmechanismus verdrängt bzw. vernichtet werden. Mit planwirtschaftlichen Methoden oder mit großangelegter Staatsbürokratie werden wir unsere Probleme nicht lösen können.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Mit Ihrem Plädoyer für die Arbeitslosigkeit auch nicht! — Weiterer Zuruf von der SPD)

    Hier liegt der grundlegend andere Ansatz, den die Bundesregierung wählt. — Herr Spöri, das Stichwort „Münchener Parteitag" haben Sie aufgebracht.

    (Dr. Spöri [SPD]: Immer dieselbe Platte, die Sie abziehen!)

    Ich hatte das gar nicht in meinem Manuskript.
    Wir wollen eben nicht, um Stefan Heym zu zitieren, Vollbeschäftigung im Leerlauf der Bürokratie haben. Das wollen wir getrost den Wirtschaften des Ostblocks überlassen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Ich weiß — und wir alle wissen das —, daß man
    Arbeit nicht nur unter dem Aspekt des Geldverdienens sehen darf. Aber daß wir das Problem mit
    Leerlaufarbeit abfangen, das wage ich sehr zu bezweifeln. Entscheidender ist: Am Ende dieses Prozesses werden noch mehr Leute stempeln gehen. Ich finde, man muß den Mut haben, das zu sagen.
    Unser Konzept setzt deshalb auf die Kraft des einzelnen, auf die Leistungsfähigkeit unserer privaten Unternehmen, auf die Stärke der Marktwirtschaft, die den planwirtschaftlichen Methoden überlegen war, überlegen ist und es auch bleiben wird. Bei Betrachtung dieser Vorschläge, der ganzen Liste, die heute in Ihren Beschlußanträgen enthalten ist, fällt mir wahrlich Bertold Brecht ein:

    (Schily [GRÜNE]: Lieber nicht!)

    „Mach' nur einen Plan, sei nur ein großes Licht, und mach' dann noch 'nen zweiten Plan, geh'n tun sie beide nicht!"

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, sicherlich ist es bedauerlich — darüber besteht gar keine Meinungsverschiedenheit —, daß heute so viel Geld für Arbeitslosigkeit aufgewendet werden muß. Doch die Hoffnung, diese Gelder statt dessen für staatlich subventionierte Arbeitsplätze einzusetzen, hieße letztlich, sie zweimal ausgeben zu wollen, nämlich erstens für subventionierte Arbeitsplätze und zweitens für die dann an anderer Stelle neu entstehende Arbeitslosigkeit. Der Schaden wäre verdoppelt, und dies ist ein wirtschaftspolitisch falsches Konzept.
    Es ist vielmehr erforderlich, die Voraussetzungen für mehr Investitionen und für sich selbst tragende rentable Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist und bleibt unsere Aufgabe Nr. 1 und die erste innenpolitische Verpflichtung, der sich diese Regierung stellt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Fangen Sie doch mal an!)

    Nur so, nur auf diesem Wege wird die Verantwortung, die der Staat für die Beschäftigung hat, richtig wahrgenommen. Herr Stratmann, hier spielt nun in der Tat die Eigenkapitalsituation der Unternehmen, die Ertragserwartung der Unternehmen eine ganz entscheidende, eine ganz wichtige Rolle.

    (Stratmann [GRÜNE]: Aber jetzt mal Argumente, Herr Lambsdorff!)

    Wir erwarten von einem Unternehmer, daß er investiert, wir erwarten damit von ihm, daß er ein Risiko eingeht, daß er sein eigenes Geld riskiert.

    (Schily [GRÜNE]: Wie ist es denn sein eigenes Geld geworden?)

    Er wird ein Risiko nur eingehen können, wenn seine Reserven, seine Eigenkapitalposition groß genug ist, um auch einen Fehlschlag hinnehmen zu können, und nicht so klein ist, daß er mit einer fehlgegangenen Investition seinen ganzen Laden umwirft. Dann können Sie keine Investitionen erwarten, und dann werden Sie keine Arbeitsplätze schaffen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    3140 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag. den 8. Dezember 1983