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ID1004402700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/44 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 44. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/638, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/653 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/657 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/647, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 10/686, 10/716 —Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/687 — Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksachen 10/281, 10/535, 10/723 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/639, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/677 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/696 — in Verbindung mit Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/640, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/641, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/724, 10/733 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/725 — Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der unmittelbaren Kostenbeteiligung der Versicherten an der Krankenhaus- und Kurbehandlung (Selbstbeteiligungs-Aufhebungsgesetz) — Drucksache 10/120 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/675 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/676 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit — Drucksachen 10/189, 10/704 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag des Abgeordneten Hoss und der Fraktion DIE GRÜNEN Sofortmaßnahme: Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung — Drucksachen 10/205, 10/698 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Mutterschaftsurlaub — Drucksachen 10/358 Nr. 64, 10/706 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/645, 10/659 — in Verbindung mit Haushaltsgesetz 1984 — Drucksachen 10/658, 10/660 — Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU . 3109B, 3205 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3109C Wieczorek (Duisburg) SPD 3118A Carstens (Emstek) CDU/CSU 3123 D Stratmann GRÜNE 3128 B Dr. Weng FDP 3133 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3136 D Frau Simonis SPD 3144 B Glos CDU/CSU 3150 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 3154 D Vizepräsident Stücklen 3156 C Frau Fuchs (Köln) SPD 3165A Dr. Friedmann CDU/CSU 3171 D Frau Potthast GRÜNE 3175A Frau Seiler-Albring FDP 3176B, 3248 B Roth SPD 3178C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 III Wissmann CDU/CSU 3183 D Hoss GRÜNE 3186 A Dr. Haussmann FDP 3189 D Sieler SPD 3191 D Präsident Dr. Barzel 3194A Jagoda CDU/CSU 3195A Vizepräsident Frau Renger 3195 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 3198 D Gobrecht SPD 3201 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 3208 B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 3210 C Grünbeck FDP 3212 B Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 3213C Schulhoff CDU/CSU 3218 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 3220 D Frau Zutt SPD 3223 C Bredehorn FDP 3226 A Kiechle, Bundesminister BML 3227 D Hauck SPD 3230 B Dr. Hoffacker CDU/CSU 3232 C Eimer (Fürth) FDP 3236 B Jaunich SPD 3237 A Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 3239 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 3244 A Roth (Gießen) CDU/CSU 3245 D Walther SPD 3249 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 3250 B Vizepräsident Wurbs 3258 C Namentliche Abstimmungen . 3254 B,C, 3256 B,C Nächste Sitzung 3258 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3259* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO 3259* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3107 44. Sitzung Bonn, den 8. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Cronenberg (Arnsberg) 9. 12. Fischer (Frankfurt) 9. 12. Gerstl (Passau) * 9. 12. Gilges 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Haase (Fürth) * 9. 12. Haehser 9. 12. Handlos 9. 12. Frau Dr. Hartenstein 9. 12. Immer (Altenkirchen) 9. 12. Dr. Kreile 8. 12. Lemmrich* 9. 12. Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Dr. Müller* 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Reddemann* 9. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. von Schmude 9. 12. Schreiner 9. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Verheyen 9.12. Voigt (Frankfurt) 9. 12. Weiskirch (Olpe) 9. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO Zur Abstimmung über den Einzelplan 11 erkläre ich hiermit, daß ich aus den von Sprechern meiner Fraktion dargelegten Gründen nicht zustimmen kann. Ich begrüße jedoch, daß es auf Betreiben meiner Fraktion eine interfraktionelle Einigung darüber gegeben hat, wie sichergestellt werden kann, daß die drei im Hamburger Verkehrs-Verbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) auch künftig von Behinderten unentgeltlich in Anspruch genommen werden können. Ich begrüße weiter, daß die Fraktionen von CDU/CSU und FDP verbindlich erklärt haben, eine gesetzliche Regelung vorzunehmen, wenn der jetzt gemeinsam vorgesehene Weg nicht zum Ziel führt. Die Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD haben sich darauf geeinigt, im Rahmen der Aussprache zum Einzelplan 11 folgende Erklärung zu Protokoll zu geben: Die Fraktionen gehen übereinstimmend davon aus, daß die obersten Landesbehörden in Hamburg und Schleswig-Holstein die drei in den Hamburger Verkehrsverbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) als S-Bahnen im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Schwerbehindertengesetz anerkennen. Durch diese Entscheidung der zuständigen Landesbehörden soll sichergestellt werden, daß Behinderte auch künftig diese Linien, die eine Reihe von S-Bahnmerkmalen aufweisen, unentgeltlich in Anspruch nehmen können.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eckhard Stratmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Ich werde auf das Fremdkapital gleich noch im Zusammenhang mit der vom Herrn Bundesfinanzminister behaupteten Verschränkung von Staatsverschuldung und Zinshöhen eingehen.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Kennen Sie den Unterschied überhaupt? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Hören Sie doch einmal zu, Herr Kollege Hinsken.
    Ein vierter Zusammenhang, der für die Haushaltskonsolidierung ganz entscheidend ist: Herr Stoltenberg hat in der ersten Lesung behauptet, es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen
    hoher Staatsverschuldung und der Zinshöhe und
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3131
    Stratmann
    damit der übermäßigen Belastung der Unternehmensinvestitionen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist auch richtig!)

    Dieser Zusammenhang ist empirisch falsch. Ich argumentiere nur mit empirischen Belegen, und die sind für Sie genauso zugänglich wie für mich. Wie erklären Sie sich, wenn das so sein sollte, daß im Jahre 1982 in der Bundesrepublik bei stark steigendem Haushaltsdefizit die Zinsen gesunken sind? Wie erklären Sie sich, daß im Jahre 1983 bei sinkendem Staatsdefizit — ein Ergebnis Ihrer Haushaltskonsolidierung — die Zinsen nicht gesunken, sondern konstant geblieben sind?

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Schauen Sie sich doch einmal die absoluten Zahlen an!)

    Wie erklären Sie sich, daß wir in den USA die gleiche Entwicklung zu verzeichnen haben, daß dort im Jahre 1982 bei einer rapiden Zunahme des Budgetdefizits die Zinsen gesunken sind und daß im Jahre 1983 bei einer weiteren Verschärfung des Budgetdefizits die Zinsen konstant geblieben sind? Es ist überall das gleiche Bild: Die empirischen Belege für Ihre Investitionsideologie — von Theorie kann man gar nicht mehr sprechen — sind falsch. Belege: bürgerliche wirtschaftswissenschaftliche Institute und wirtschaftswissenschaftliche Zeitschriften.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Es bleibt das Fazit zu ziehen: Wie ist es zu erklären, daß die Bundesregierung erstens konzeptionell eine rein ideologische Position — in sich widersprüchlich — vertritt und zweitens einem Aufschwungmythos huldigt, der zwar für die Jahre 1983 und 1984 unbestritten positive Indikatoren aufzeigen kann, der aber keineswegs zu einer nachhaltigen Verbesserung in der Wirtschaft und keineswegs zu einer nachhaltigen Verbesserung bei der Arbeitslosigkeit führen kann?
    Unsere Einschätzung ist diese: Hinter dieser Politik und hinter diesen Konzeptionen steht ein kapitalorientiertes Gesellschaftsmodell.

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Jetzt haben wir es!)

    Alle Einzelpolitiken — Originalton Lambsdorff, Haushaltsdebatte erste Lesung — sollen dem Investitionsinteresse des Kapitals untergeordnet werden. Die Bundesregierung erweist sich damit als geschäftsführender Ausschuß des Kapitals.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    ARBED-Saarstahl wurde deutlich, was das praktisch auch für die betroffenen Kollegen heißt.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Darauf haben wir gewartet! — Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Haben Sie das im „Sozialistischen Büro" gelernt?)

    Herr Lambsdorff weiß ein Lied davon zu singen — und nicht nur er: auf der einen Seite Offenhandpolitik gegenüber dem Kapital,

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Das Kapital"!)

    auf der anderen Seite Brachialpolitik gegenüber den betroffenen Kollegen. Die marktwirtschaftlichen Grundsätze der Tarifautonomie wurden bei ARBED-Saarstahl ausgehebelt, die Gewerkschaft wurde erpreßt, auf Kosten der 50jährigen und älteren Kollegen wurden Massenentlassungen durchgesetzt, und dies alles unter dem Firmenschild „Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft".

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Herr Lambsdorff und Herr Stoltenberg, diese kapitalfixierte Haushalts- und Wirtschaftspolitik lehnen wir GRÜNEN ab, dieses kapitalfixierte Gesellschaftsmodell lehnen wir ab, und sowieso lehnen wir diese sozialdarwinistische, diese asoziale Marktwirtschaft ab.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Das einzige, was Sie nicht ablehnen, sind Transferzahlungen!)

    Unsere Alternative heißt — —

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ach, hören Sie doch einmal zu! Bevor Sie überhaupt nur einen Deut von Stamokap verstanden haben, sollten Sie mir einen solchen Unsinn nicht vorwerfen.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Unsere Wirtschafts- und Haushaltspolitik orientiert sich an folgenden Leitgrößen — in der Folge will ich mich insbesondere mit der SPD auseinandersetzen —: ökologisches Gleichgewicht, sinnvolle Arbeit für alle und soziale Sicherheit.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Mit Sprüchen kommen wir weiter! — Mit vollem Rentenanspruch!)

    Wir wollen dies auf drei Wegen erreichen:
    Erstens. Was wir brauchen, ist eine wachstumsunabhängige Wirtschaftspolitik.
    Zweitens bedarf es einer Umkehrung der Exportorientierung der Wirtschaft zu einer stärkeren binnenwirtschaftlichen Orientierung.

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Sprüche, nichts als Sprüche!)

    Drittens. Eine Politik für eine ökologische und soziale Produktion ist der beste Ansatzpunkt zur Haushaltskonsolidierung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was immer das ist!)

    Ich werde alle diese drei Punkte im folgenden erläutern.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das muß aber nicht sein! — Jetzt bin ich aber gespannt!)

    Zur wachstumsunabhängigen Politik: Wir haben es, wie in früheren Beiträgen ausgeführt worden ist und wie ich eben auch in meiner Kritik am Aufschwungmythos deutlich zu machen versucht habe,
    3132 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Stratmann
    mit einer Entkoppelung von Wachstum und Beschäftigung zu tun. Über Wachstumspolitik bekommen wir die Probleme der Arbeitslosigkeit nicht in den Griff. Aus Kreisen der SPD hört man jetzt zunehmend — Herr Vogel hat es gestern wieder vorexerziert —: Was wir brauchen, ist qualitatives Wachstum. — Ich bedaure, daß Herr Vogel nicht da ist, möchte aber trotzdem einige Worte an ihn richten.
    Herr Vogel hat sich wachstumskritisch geäußert und hat gesagt, wir brauchten qualitatives Wachstum. Er hat sich dazu in positiver Bezugnahme auf Herrn Biedenkopf ein sehr schönes Beispiel einfallen lassen, das ich noch einmal zitieren möchte. Er hat ausgeführt: Wir müssen unsere Volkswirtschaft mit einem Wald vergleichen, der sich bei gegebener Grundfläche und bei gegebener Höhe umfangmäßig nicht ausdehnt, aber dennoch wächst. — Unbezweifelbar! Das ist ein sehr gutes Beispiel von Herrn Biedenkopf; es könnte fast von uns GRÜNEN stammen.

    (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    Die wirtschaftspolitische Konsequenz daraus muß aber doch heißen: Wenn der Wald bei einem waldbaulichen Optimum, also gegebener Dichte, gegebener Höhe und gegebenem Umfang, trotzdem wächst, wächst nicht sein Umfang, wächst also, bezogen auf die Wirtschaft, nicht das Bruttosozialprodukt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Doch, doch!)

    Hier liegt die Falle für die SPD. Die SPD versucht, sich mit ökologischen Tönen zu schmücken, indem sie mit verbalen Äußerungen vom quantitativen Wachstum wegkommt

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir auch schon gemerkt!)

    und sich am qualitativen Wachstum orientiert. Sie meint aber nichts anderes als quantitatives Wachstum, Wachstum des Bruttosozialprodukts, mit ein paar ökologischen Einfärbungen.

    (Beifall bei den GRÜNEN) Das will ich Ihnen belegen.

    Herr Vogel hat als positives Beispiel für diese „qualitative Wachstumspolitik" Hessen — Landesregierung Börner — genannt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Startbahn West!)

    Ich habe das Vergnügen gehabt, vor ca. vier Wochen mit dem hessischen Umweltminister Schneider zu sprechen, der mit dem hessischen Programm „Arbeit und Umwelt" durch die Gegend läuft und wer weiß wie ökologische Töne spuckt. Schneider hat sich auf dem Umweltforum '83 im nordrhein-westfälischen Landtag an die eigene Brust geklopft und hat gesagt: Wir Politiker haben in den letzten zehn Jahren den Fehler gemacht, jährlich soundso viele Hektar zuzubetonieren und damit zig Arten von Tieren und Pflanzen dem Aussterben preiszugeben. — Ich war tief gerührt und beeindruckt und habe ihn dann gefragt: Herr Schneider, wie verträgt es
    sich denn mit dieser Ihrer Selbstkritik, daß Sie zur gleichen Zeit, zu der Sie das ökologische Programm „Arbeit und Umwelt" herausgeben, gegen den massiven Widerstand der Bevölkerung unter Zuhilfenahme von massiven Polizeieinsätzen mit der Startbahn West die Landschaft zubetonieren?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Darauf die bezeichnende Antwort von Herrn Schneider: Herr Stratmann, sagte er, im Gegensatz zu den GRÜNEN sind wir eben für Wachstum. Hier zeigt sich eindeutig, welche Qualität dieses qualitative Wachstum der SPD hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Diese Formel bei der SPD gleicht der alten Dame, die ihr Altern mit Lifting, Öko-Schminke und Minirock zu kaschieren versucht.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Mit Grün oder Lila? — Heiterkeit und weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ein weiteres Beispiel: aktuelle Auseinandersetzungen in der hessischen Landesregierung. Da läuft doch der Börner herum und nimmt zum erstenmal das Wort „Kohlekraftwerke mit Wirbelschichtfeuerung" in den Mund — ich bin tief gerührt —

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Börner mit Öko-Schminke! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das heizt der mit Dachlatten! — Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Das sind die Fundamentalisten!)

    und spricht von dezentraler Energieversorgung. Da ist eine Einigung mit den GRÜNEN natürlich leicht möglich, auch in Hessen. Auf der einen Seite sagt Börner, wir brauchten dezentrale Energieversorgung,

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Die GRÜNEN braucht er! — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Ein bißchen Restverstand hat er auch noch!)

    auf der anderen Seite aber sagt er, wir brauchten Biblis A und B — energiemonströse Unternehmungen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Zur Begründung für diese Energiemonstren fällt ihm nichts anderes ein als die SPD-Parteiprogramme von 1977 bis 1981. Hier zeigt sich die vollkommene ökologische Konzeptionslosigkeit und Widersprüchlichkeit der SPD.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Sehr richtig! bei der CDU/CSU — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich möchte dies gern noch an einem anderen Beispiel verdeutlichen. — Ich habe noch eine Minute; kann ich noch zwei Minuten bekommen, damit ich das tun kann? —

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Kein Wachstum, keine Umverteilung! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Von der SPD! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Nein, nein!)

    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3133
    Stratmann
    Die SPD in Nordrhein-Westfalen hat sich auf ihre Fahnen geschrieben, das Waldsterben und das Zechensterben gleichzeitig zu bekämpfen.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Das, was die SPD in Nordrhein-Westfalen überhaupt nicht in den Griff kriegt, auch überhaupt nicht angehen und verstehen will, dies gilt für Herrn Wolfram und den SPD-Abgeordneten Adolf Schmidt, den Vorsitzenden der IG Bergbau und Atomenergie —, ist, daß der Ausbau der Atomenergie und der weitere Betrieb der bestehenden Atomkraftwerke der zukünftige Tod der Zechen sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch im Saarland sind,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    spätestens 1995, wenn der Jahrhundertvertrag ausläuft.

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: So, die Minute ist um! Machen Sie hier keine Programmerklärung!)

    Der forcierte Ausbau der Atomenergie hindert die EVUs daran, die sofort notwendige Entschwefelung bei Kohlekraftwerken vorzunehmen.

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Sie wollten drei Punkte erklären!)

    Dieser innere Widerspruch kennzeichnet die nordrhein-westfälische SPD, kennzeichnet die SPD-Abgeordneten im Wirtschaftsausschuß, ihre absolut widersprüchliche Position,

    (Dr. Rumpf [FDP]: Sehr richtig!)

    3) und zwar sowohl hinsichtlich der Erhaltung der Arbeitsplätze im Bergbau, Herr Wolfram, auch wenn Sie lachen, als auch hinsichtlich der Umstellung auf eine dezentrale Energieversorgung.
    Ich bin mir dessen bewußt, daß der Streit innerhalb der SPD-Reihen begonnen hat, daß Herr Duve einen Vorstoß in Ihren eigenen Reihen vorgenommen hat; ich begrüße das.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Duve vor!)

    Ich hoffe, daß der Umschwung bei der nordrhein-westfälischen SPD spätestens bis 1985, zur Landtagswahl, so weit gediehen ist, Herr Wolfram, daß auch wir dann einmal in ein wirklich ökologisches Gespräch eintreten können.
    Danke schön.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Austermann [CDU/CSU]: Zur Finanzierung hat er überhaupt nichts gesagt!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Weng.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten befürwortet weiterhin die konsequente Haushaltspolitik des Bundesfinanzministers Stoltenberg, dem wir — ich sage dies insbesondere für die Haushaltsabgeordneten unserer Fraktion — für seine Standhaftigkeit bei den jetzt abgeschlossenen Beratungen im Haushaltsausschuß dankbar sind.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich will hier für meine Fraktion ebenfalls festhalten, daß sich — allen Unkenrufen zum Trotz — die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nach dem Regierungswechsel auf der neuen finanzpolitischen Grundlage entscheidend verbessert hat. Der wirtschaftliche Aufschwung auf breiter Front stellt unserem liberalen Wirtschaftsminister, Otto Graf Lambsdorff, ein mehr als gutes Zeugnis aus.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Neuhausen [FDP]: Ein sehr gutes!)

    Meine Damen und Herren, wer sich den Jahresbericht der Bundesschuldenverwaltung von 1982 ansieht und sich die Grafik über die Entwicklung der Finanzschulden des Bundes verdeutlicht, der stellt noch nachträglich mit Erschrecken fest, welchen Weg die Haushaltsführung der früheren Bundesregierungen — spätestens vom Jahre 1974 an — genommen hatte. Von der Öffentlichkeit zunächst weitgehend unbemerkt, wurde Jahr für Jahr — mit steigender Tendenz — wesentlich mehr Geld ausgegeben, als auf der Einnahmeseite zu verzeichnen war.

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: So haben die immer gerechnet!)

    Eine stolze Gesamtverschuldung des Bundes von über 310 Milliarden DM Ende 1982 ist das traurige Ergebnis dieser Politik.
    Aber wer erinnert sich schon noch an die Euphorie derer, die Anfang der 70er Jahre glaubten, durch globale staatliche Steuerung die Wirtschaftsentwicklung berechenbar machen zu können?

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Ökonomie schien beherrschbar geworden zu sein, die Politik ihr nicht länger unterworfen. Und dies war falsch.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Tatsache ist — hierzu benötigt man nur den Sachverstand des nüchtern rechnenden Kaufmanns —, daß niemand auf Dauer mehr Geld ausgeben kann, als er einnimmt, ohne hierdurch seine Ersparnisse aufzubrauchen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn der Staat keine Ersparnisse hat — was ja der Fall ist —, dann braucht er durch inflationäre Tendenzen die Ersparnisse seiner Bürger auf, besonders die Ersparnisse des vielzitierten kleinen Mannes, der sich einer solchen Entwicklung am allerwenigsten entziehen kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    So muß ein liberaler Politiker am heutigen Tag mit Stolz feststellen, daß der Kraftakt der politischen Wende, der unter Aspekten der Haushaltsund Wirtschaftspolitik notwendig wurde,

    (Zuruf von der FDP: Nicht nur deshalb!)

    3134 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Dr. Weng erfolgreich war.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Im Jahr 1983 wie im Jahr 1984 ist durch solide Politik der Mehrheit des Haushaltsausschusses mit unserer Unterstützung jeweils eine Minderverschuldung von ca. vier Milliarden DM erreicht worden, was allein eine Einsparung von über 700 Millionen DM jährlich beim Zinsdienst ausmachen wird. Erstmals sind die Haushalte in geringerem Umfang als die Einnahmen gewachsen, was konsequente Konsolidierung bedeutet.
    Es gibt bei mittelfristiger Finanzplanung ja zwei Möglichkeiten. Wir haben uns für die zweite entschieden. Man kann sagen: Im nächsten Jahr brauchen wir eine höhere, im übernächsten Jahr brauchen wir dann eine noch höhere Verschuldung; aber dann werden wir radikal an den Schuldenabbau gehen. Man kann aber auch — und dies haben wir getan — sagen: Wir fangen sofort an, Zug um Zug jedes Jahr diese Verschuldung zu senken. Dies ist solide Haushaltspolitik.
    Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß der heute in zweiter Lesung zu verabschiedende Haushalt 1984 nur ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist. Wir sind natürlich stolz darauf, daß die unabhängigen wirtschaftswissenschaftlichen Institute ebenso wie die Deutsche Bundesbank — und dies betone ich ganz besonders — den Kurs für richtig halten und seine konsequente Fortführung empfehlen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Tarifabschluß des öffentlichen Dienstes von 1974 war mit 11 % ein erster, aber entscheidender Schritt in die falsche Richtung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So war das!)

    Wer sich das Gesamtvolumen des Haushalts und die großen Ausgabenblöcke verdeutlicht, der muß einsehen, daß der Personalkostenbereich einen bestimmten Umfang nicht übersteigen darf.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Das bedeutet natürlich auch, daß die öffentliche Hand nicht grenzen- und schrankenlos Aufgaben an sich ziehen darf, für die sie nicht aus hoheitlichen Gründen zuständig ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Denn — und darin geben mir hoffentlich auch die Kollegen von der SPD recht — im Normalfall arbeitet die private Wirtschaft effizienter als der öffentliche Dienst. Wir werden deshalb in unserer Forderung nach Privatisierung sowohl staatlicher Kapitalanteile in der Wirtschaft als auch privatisierbarer Dienstleistungen nicht nachlassen. Ich danke dem Finanzminister für den mit der Veräußerung von VEBA-Anteilen gemachten ersten Schritt. Wer hier von Verschleuderung von Bundesvermögen spricht, soll einmal sagen, wo er mehr Geld für diese Anteile hätte erzielen können, als der Bundesfinanzminister erreicht hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich verbinde diesen Dank allerdings mit der Aufforderung, dem Parlament im nächsten Frühjahr ein geschlossenes Konzept weiterer Privatisierungsvorhaben vorzulegen.

    (Glos [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Konsequentes Fortfahren in der Sparsamkeit darf allerdings keinen Verzicht auf Politik bedeuten. Das ist auch der Grund dafür, warum wir Freien Demokraten überzeugt sind, daß die Reform des Einkommensteuertarifs zur Abflachung der Progressionszone, die wir wünschen, ebenso möglich sein wird wie die gestern vom Kanzler angekündigte Reform hin zu kinderfreundlicheren Tarifen.
    Die mittelfristige Finanzplanung, die bis 1987 eine Obergrenze der Nettoneuverschuldung von zirka 22 Milliarden DM beinhaltet, bleibt für uns allerdings verbindlich.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Aber aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einerseits und aus weiterem konsequentem Subventionsabbau andererseits werden die Mittel für diese Reform zum gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehen.
    Zum Stichwort Subventionsabbau: Unser Wirtschaftsminister hat sich bestmöglich bemüht, die Subventionen in Grenzen zu halten. Ich appelliere ausdrücklich an Sie, Graf Lambsdorff, in diesem Bemühen nicht nachzulassen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Kein Mensch kann Ihnen zum Vorwurf machen, daß sich Probleme aus dem EG-Bereich, bei denen wir keine direkten Einflußmöglichkeiten haben — ich meine hier insbesondere die Bereiche Kohle und Stahl —, bei uns so schwerwiegend auswirken. Deshalb war der Haushaltsausschuß hier auch zur Unterstützung Ihrer — richtigerweise allerdings restriktiven — Subventionspolitik bereit.
    Herr Kollege Wieczorek hat hier von Skandalen gesprochen. Der eigentliche Skandal, Herr Kollege Wieczorek, ist der, daß Sie dem Bürger nicht klargemacht haben, daß in dem von Ihnen genannten Bereich die höchsten Subventionen überhaupt aus diesem Haushalt gezahlt wurden, und zwar aus den Gründen, die Sie selber ja angeführt haben.

    (Glos [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das muß denen gesagt werden! — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Aber es muß denen immer wieder gesagt werden!)

    Meine Damen und Herren, eine völlig andere Situation sehe ich aber z. B. im Bereich der Werften. Während es einer größeren Zahl kleiner und mittlerer Werften, die sich frühzeitig spezialisiert und am Markt orientiert haben, ordentlich bis teilweise sogar sehr gut geht, haben in mitbestimmten Großwerften Kapitaleigner und Arbeitnehmervertreter in gemeinsamer Verantwortung die Entwicklung auf den Weltmärkten zu spät erkannt und fordern nun, unterstützt von der SPD, Hilfe aus Steuermitteln. Meine Damen und Herren, natürlich muß der Staat bei seinem Handeln und seinen Fördermaßnahmen auch regionale Gesichtspunkte berücksich-
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3135
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    tigen. Natürlich kann man Strukturhilfen als Überbrückungsmaßnahmen für bestimmte Industrien gewähren, bei denen berechtigte Hoffnung auf Gesundung besteht und bestehen muß. Dies darf aber in keinem Fall dazu führen, daß z. B. die betreffenden Großwerften nachher mit Dumpingpreisen die kleinen und mittleren Werften ruinieren.
    Deshalb sind wir gemeinsam mit den Kollegen der CDU/CSU den Weg gegangen, neben bestehender Werfthilfe und Neubauzuschüssen Finanzbeiträge zur Förderung der Seeschiffahrt derart einzuführen, daß 80 Millionen DM zur Unterstützung der Investitionstätigkeit der Schiffahrtsunternehmen gewährt werden sollen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir sind davon überzeugt, meine Damen und Herren, daß diese Mittel in Form zinsloser, nur bedingt rückzahlbarer Darlehen nahezu ausschließlich den deutschen Werften zugute kommen werden, ohne daß dadurch allzusehr in das Wettbewerbsgefüge eingegriffen wird.
    Ich will einen Appell an den Bundesverkehrsminister, Herrn Dollinger, anfügen: Sparsamkeit der Mittelverwendung, Herr Verkehrsminister, muß auch bedeuten, daß sinnvolle Ausgaben getätigt werden und daß an Änderungen in der Auffassung unserer Bevölkerung nicht vorbeigegangen wird. Ich habe zwar durchaus Verständnis dafür, Herr Kollege Glos, wenn sich Regionen unseres Landes zu Wort melden, die bisher bei der Verkehrsanbindung zu kurz gekommen zu sein glauben; ich meine aber, die Devise „Ausbau vor Neubau und möglichst keine Kahlschläge mehr durch die Landschaft" muß auch hier gelten, ohne daß ich eine Reduzierung der Finanzmittel für den Straßenbau verlangen wollte. Denn auch im Bereich des Erforderlichen gibt es viel zu tun.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Walther [SPD]: Wie war das mit dem Rhein-Main-Donau-Kanal? — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Herr Kollege Walther, von Wasserstraßen habe ich hier noch nicht gesprochen. Ich sprach vom Straßenbau. Ich komme aber auf einige andere Verkehrsgegebenheiten zurück.
    Die Straßenplaner haben sich nach meiner Überzeugung noch nicht auf die politischen Veränderungen eingestellt. Sowohl lassen die wirtschaftlichen Wachstumsraten eine massive Ausweitung der Finanzmittel für den Straßenbau nicht mehr zu, als auch muß im Bereich Landverbrauch der berechtigte Umschwung der öffentlichen Meinung nachvollzogen werden. Hier muß das Primat der Politik gelten.
    Ich will ein Beispiel aus meinem Erfahrungsbereich anführen, das nach meiner Überzeugung exemplarisch im Sinne negativer Entwicklung ist. Im Bereich meiner Heimatstadt Gerlingen wird die Autobahntrasse verlegt und wesentlich verbreitert. Dies ist notwendig und muß akzeptiert werden. Etwas fragwürdiger ist, daß man mit der Ausweisung eines nach Auffassung der Autobahnplaner unbedingt erforderlichen Parkplatzes so lange gewartet hat, bis das letzte Teilstück des Ausbaus in Angriff genommen wurde und ein solcher Parkplatz nirgends anders mehr unterzubringen ist. Den Gedanken, einen solchen Parkplatz in einen in nächster Nähe liegenden großzügigen Ein- und Ausfahrtsbereich zu integrieren, was erheblichen Erhalt hochwertiger landwirtschaftlicher Nutzfläche bedeuten würde, lehnen die Planer mit der Begründung ab, so etwas gehe nicht. Meine Damen und Herren, ich sage: Manches geht, wenn man nur will.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich habe als Kommunalpolitiker einen Flächennutzungsplan akzeptiert, der unter dem Aspekt „Keine totale Zersiedlung der Landschaft" die Erschließung von Wohngebieten drastisch reduziert. Dies sorgt dafür, daß sich die Baulandpreise bei ca. 800 bis 1 000 DM je Quadratmeter einpendeln und die Bürger daher normalerweise nicht mehr bauen können. Ein kleines Stück weiter aber gehen die Autobahnplaner mit der Fläche um, als sei die Zeit vor zehn Jahren stehengeblieben. Wenn die Dinge in so eklatanter Weise nicht in Relation zueinander stehen, wird es dem Politiker doch unmöglich gemacht, beim Bürger für solche Entscheidungen Verständnis zu finden.
    Deshalb, Herr Minister Dollinger, fordere ich Sie auf, die Planer zum Umdenken und zu mehr Beweglichkeit zu bringen. Ich erwarte von Ihnen, daß Sie bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans hier insbesondere den Straßenbedarfsplan weiter deutlich dadurch reduzieren, daß der tatsächlich zu erwartende Bedarf ebenso zugrunde gelegt wird wie die neuen politischen Rahmenvorstellungen.
    Sinnvoller Einsatz der Mittel ist auch, daß die Zukunftsinvestitionen wie der Bau von Neu- und Ausbaustrecken bei der Bahn zügig verwirklicht werden.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Einfache Kostenrechnung ist hier nicht am Platz, wenn es um ein Gesamtschienenwegkonzept geht, in dem es keine eklatanten Schwachstellen geben darf.
    Meine Damen und Herren, die neue Regierung hat ihre Ankündigung, die Staatsfinanzen zu konsolidieren und die Wirtschaft in Ordnung zu bringen, bisher wahrgemacht. Durch die Verbesserung wichtiger Rahmenbedingungen wurden positive Trends möglich.
    Ich will nur einige aufzählen. Der Preisanstieg hat ganz erheblich nachgelassen; er betrug nur noch 2,6 % im letzten Monat. Die Zinsen liegen deutlich unter dem im Sommer 1981 erreichten Zinsgipfel. Die Zinsen sind offensichtlich verhältnismäßig stabil geworden. Die Bundesbank unterstützt uns ja hier mit ihren Maßnahmen.

    (Beifall des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Die Bürger zum weiteren haben mehr Vertrauen und Mut in den Staat gefaßt; denn das Konsum-
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    klima ist deutlich verbessert. Ich verstehe hier nicht, weswegen immer behauptet wird, durch die Einsparungsmaßnahmen werde der Konsum zurückgeführt, wenn die Entwicklung ersichtlich deutlich macht, daß genau das Gegenteil der Fall ist. Sehen Sie sich die Ergebnisse des Einzelhandels an den verkaufsoffenen Samstagen jetzt vor Weihnachten an!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Ertragssituation der Unternehmen hat sich in vielen Bereichen wesentlich verbessert. Die deutsche Wirtschaft befindet sich außerdem wieder im außenwirtschaftlichen Gleichgewicht. So gibt es seit längerer Zeit erstmals wieder positive Seiten im langfristigen Kapitalverkehr mit dem Ausland. Auch auf den internationalen Finanzmärkten hat sich also das Vertrauen in eine wieder bessere Konstitution der deutschen Wirtschaft durchgesetzt. Die positiven Wechselkurserwartungen in die Deutsche Mark dürften sich jetzt mehr und mehr durchsetzen und die Kursentwicklung auf den Devisenmärkten beeinflussen.

    (Walther [SPD]: Und der Dollar steigt immer weiter!)

    Wir können festhalten, daß die Nettokreditaufnahme für das laufende Jahr erheblich geringer ausfallen wird als ursprünglich angenommen. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich nochmals an die Weissagungen der Opposition, die Eckdaten des Haushalts 1983 seien geschönt und unrealistisch, die neue Bundesregierung werde schon nach einigen Monaten einen Nachtragshaushalt in einer Größenordnung von mehr als 5 Milliarden DM, finanziert durch zusätzliche Verschuldung, vorlegen müssen, und die Neuverschuldung erreiche dann 45 Milliarden DM. Herr Kollege Wieczorek, ich kann mich gut erinnern, daß die erste Äußerung im Haushaltsausschuß, die mir von Ihnen noch ein Begriff ist, die war, daß ein solcher Nachtragshaushalt kommen werde. Ich meinte damals schon, daß mit dieser Erwähnung ein an sich lächerlicher Nebenschauplatz aufgemacht würde; denn natürlich muß eine Regierung einen Nachtragshaushalt vorlegen, wenn dieser erforderlich wird, und es ist müßig, zu Beginn eines Jahres darüber zu streiten, ob das wohl gegen Ende des Jahres eintreffen werde oder nicht. Aber ich habe mit großem Interesse festgestellt, daß Sie, der Sie damals diesen Nebenschauplatz aufgemacht haben, heute hier keinen Ton mehr darüber verloren haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Glos [CDU/CSU]: Ihm hat es die Sprache verschlagen! — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Dann haben Sie nicht zugehört, Herr Kollege!)

    Denn, meine Damen und Herren, heute wissen wir, daß rund 4 Milliarden DM weniger als nach der ursprünglichen Annahme auf dem Kapitalmarkt aufgenommen werden müssen. — Ich habe, Herr Kollege Wieczorek, sehr gut zugehört, gerade bei Ihnen, weil ich auf diese Dinge besonders achten wollte.
    Die Risiken, die Sie vorausgesagt hatten, sind nicht eingetreten. Ich weiß natürlich, daß das für Sie, für die Opposition, nach den jahrelangen eigenen Erfahrungen, die Sie mit öffentlichen Finanzen gemacht haben, unverständlich ist.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten.

    (Zurufe von der SPD: Brauchen Sie nicht!)

    — An der Stelle der Sozialdemokraten würde ich hier besonders aufmerksam zuhören. Ich werde nämlich nachher sagen, wen ich zitiert habe. — Ich zitiere also:
    Es durfte keine Ausgabeninflation der öffentlichen Hand erkennbar werden, weil sonst der neu gewonnene Handlungsspielraum verlorengehen würde und bedacht werden mußte, daß die autonomen Gruppen im volkswirtschaftlichen Gesamtprozeß höchstens so stabilitätsbewußt handeln, wie es die öffentliche Hand vormacht. So entstand bei mir die Erkenntnis, ich selbst könne helfen, aber nur mit meinem Rücktritt.
    Mit diesen Sätzen, meine Damen und Herren, hat der frühere Finanzminister der SPD, Alex Möller, am 13. Mai 1971 seinen Rücktritt wegen der Haushaltslage erklärt.

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Das waren noch Zeiten!)

    Mit konsequenter Fortführung unserer Politik, mit konsequenter Fortführung Ihrer Politik, Herr Minister Stoltenberg, die wir voll und ganz unterstützen, werden Sie einen solchen Schritt zu keinem Zeitpunkt nötig haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)