Herr Kollege Apel, die von Ihnen zitierten Verbände und Organisationen, deren Mitglieder uns in großer Zahl politisch eng verbunden sind,
— lassen Sie mich doch jetzt die Frage beantworten! —, kritisieren bestimmte Kürzungs- und Sparentscheidungen. Aber sie übernehmen, wie ich aus vielen Diskussionen mit ihnen weiß, nicht die pauschalen Schlag- und Kampfworte, die Sie in diese Diskussion einführen. Da liegt ein erheblicher Unterschied.
Ich werde auf das Thema Familienpolitik im Rahmen der Steuerdebatte und der Perspektive unserer Politik der nächsten Jahre noch zurückkommen. Übrigens sind meine Erfahrungen in den Diskussionen mit den Mitgliedern dieser Verbände etwas positiver, als Sie das eben unterstellt haben.
— Ich darf das ja sagen. Ich darf doch aus eigenen Erfahrungen berichten.
Die schwierige Entscheidung, das Mutterschaftsgeld zu kürzen — und dies zu begründen —, wird dann möglich, wenn klar ist, daß wir politisch entschieden haben, in dieser Wahlperiode endlich die Gleichstellung aller Frauen beim Mutterschaftsgeld einzuführen.
Die krasse Diskriminierung der Hälfte der Frauen, die ein Kind bekommen, in Ihrer Gesetzgebung seit 1979 ist gerade von den genannten Verbänden über Jahre hinweg viel härter kritisiert worden als alles, wozu wir heute kritische Anmerkungen von Ihnen hören.
Nur, Herr Kollege Apel, Frau Kollegin Fuchs, solange Sie in der Regierung waren, waren Ihre Ohren taub gegenüber denjenigen, die Sie jetzt als Kronzeugen gegen uns bringen möchten; das ist der Unterschied.
Aber lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zu meinem Gedankengang und zu meinen Ausführungen im Kontext der Überlegungen und Probleme zurückkommen. Ich möchte hier als Letztes noch etwas zum Thema der sozialen Wirkungen sagen. Zu der Bilanz, die j a gestern schon erläutert wurde, gehört auch die Tatsache, daß wir im November 1983 rund 500 000 Kurzarbeiter weniger haben als im November 1982, einen Rückgang von knapp 1 Million auf knapp 500 000. Das sind 500 000 Arbeitnehmer und ihre Familien. Ich habe einmal in einer Modellrechnung hier darlegen lassen — ich möchte es Ihnen kurz vortragen —, was das konkret für berufstätige Menschen unseres Landes und ihre Familien bedeutet. Das Kurzarbeitergeld wird ja für die Ausfallstunden gewährt. Es beträgt 68 des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelts. Unterstellt wird hier, daß 50 % der normalen Arbeitszeit ausfallen. Ein verheirateter Arbeiter im Bergbau, der vor einem Jahr Kurzarbeit leisten mußte und jetzt nicht mehr, hat dadurch ein Mehreinkommen, d. h. die Wiederherstellung seines normalen Einkommens, von 332 DM. Ein verheirateter Angestellter in der Verbrauchsgüterindustrie mit einem Durchschnittseinkommen hat, wenn er nicht mehr Kurzarbeitet, sondern wieder regulär arbeiten kann, ein Mehreinkommen von 284 DM monatlich. Das bedeutet bei einem mittleren Mehrverdienst von 300 DM beim Rückgang der Kurzarbeit in der genannten Größenordnung ein
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Mehreinkommen der betroffenen Arbeitnehmer von 150 Millionen im Monat und, wenn sich dies, wie wir hoffen, im Jahresverlauf bestätigt, von 1,8 Milliarden DM jährlich. Auch das ist eine Wirkung unserer Politik auf Arbeitnehmer, auf Familieneinkommen und Verbrauchernachfrage. Sie sollten das, Herr Kollege Apel, nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch in weiteren Würdigungen und Diskussionen über die sozialen Wirkungen der Finanzpolitik, der Wirtschaftspolitik dieser Regierung endlich beachten und anerkennen.
— Ich bitte um Entschuldigung, ich schaue ein bißchen auf die Uhr und möchte im Interesse der weiteren Redner fortfahren.
Zum künftigen finanzpolitischen Kurs der Bundesregierung will ich hier folgendes hervorheben. Stetigkeit und Verläßlichkeit sind oberstes Gebot. Die Bürger müssen sich darauf verlassen können, daß auch in den nächsten Jahren der konsequent eingeleitete Kurs der Gesundung der Staatsfinanzen, der Verringerung der Neuverschuldung und der Umschichtung zur Gesundung der Wirtschaft und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durchgehalten wird.
Der Etat 1984 ist ein gutes Zwischenergebnis, aber noch ist die Aufgabe der Gesundung nicht gemeistert. Wir brauchen eine Politik des langen Atems.
Ein bekannter Journalist hat unsere Haushaltsentscheidungen für 1983 vor zwölf Monaten mit dem Bild einer Notoperation in der Unfallstation verglichen. „Notoperation in der Unfallstation!" Der Patient war vorher sozusagen unter die Räder gekommen. Die damaligen Entscheidungen reichten aus, um die aktuelle Zahlungsfähigkeit des Staates und der Sozialversicherung wieder zu gewährleisten. Es war eine Rettungsaktion, wir können sagen: unter dramatischen Umständen.
— Ja, Herr Gobrecht, erlauben Sie, im Anschluß an einen stark beachteten Kommentar dieses Bild einmal zu verdeutlichen. Es ist manchmal etwas anschaulicher als der Fachjargon unserer steuer- und finanzpolitischen Spezialdiskussionen. Ich glaube, deswegen ist es ganz nützlich. — Wenn man dieses Bild aufnimmt, kann man sagen: Der Bundeshaushalt befindet sich heute in der Situation des Rekonvaleszenten, des wieder Genesenden.
Er ist aus der Intensivstation, Herr Kollege Vogel, herausgekommen, er ist nicht mehr in akuter Lebensgefahr, sein Befinden verbessert sich, er kann bereits Spaziergänge machen, aber er ist noch in der Situation des Rekonvaleszenten. Wer ihn wie
Sie durch Ihre Anträge und haltlosen Versprechungen erneut überlasten will oder ihn zu Höchstleistungen antreiben will, der gefährdet den Genesungsprozeß und bedroht damit die Gesundung unserer Finanzen und unserer sozialen Zukunft.
Dies ist natürlich ein Appell an alle Kollegen in diesem Haus, an alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte: Man darf auch bei einem großartigen Zwischenergebnis nicht erlahmen und nicht nachlassen.
— Ja, Herr Kollege Apel, Sie gehören doch zu den Seglern und den Bergsteigern, wenn ich das richtig verstanden habe. Wer einen Berg ersteigen will, darf nach einem schwungvollen Beginn nicht bereits an der letzten Hütte aufhalten und mit den Siegesfeiern beginnen. Auch das wäre ein falsches Verhalten.
Der wird das Ziel niemals erreichen.
Auch wenn wir, nach Ihren bisherigen Einlassungen, für die noch vor uns liegende Strecke nun nicht gerade mit der aktivsten Unterstützung der Sozialdemokratischen Partei rechnen können, werden wir uns auf den Weg machen, und wir werden auch die letzten Etappen schaffen, bis wir dem deutschen Volk sagen können, daß die Finanzen wirklich gesund sind, daß die Wirtschaft wieder in Orndung ist, daß die Arbeitsmarktperspektiven wieder dauerhaft positiv sind. Und spätestens wenn wir angekommen sein werden, positiv sind. Und spätestens wenn wir angekommen sein werden, werden Sie Ihr nächstes „Godesberg" an einem anderen schönen Ort der Bundesrepublik Deutschland veranstalten, meine Damen und Herren von der SPD.
Das heißt: Vorrang hat für die nächsten Jahre die Gesundung, mit dem Doppelziel, daß Finanzpolitik ein dauerhaftes, inflationsfreies Wirtschaftswachstum fördert. Das heißt für die Jahre ab 1985, wie in der Regierungserklärung und in der Koalitionsvereinbarung eindeutig festgelegt: Ab 1985 wird ein Ausgabenzuwachs von 3 % die Obergrenze sein. Und es ist wünschenswert, sie zu unterschreiten. So wollen wir die Nettokreditaufnahme bis 1987 auf rund 22 Milliarden DM zurückführen.
Ich will keinen Hehl aus meiner Einschätzung machen: Wenn wir das erreichen, ist das eine große Leistung; im Grunde ist dieser Betrag aber immer noch zu hoch.
Ich sage das auch zu Ihnen, Herr Kollege Vogel, weil wir hier wirklich einen zentralen Punkt berühren. Sie hatten gestern gesagt, die Wachstumsraten der 60er Jahre seien nicht erreichbar und auch nicht wünschenswert. Vor allem über den zweiten Teil Ihres Satzes kann man kritisch und nachdenklich diskutieren. Aber ich nehme ihn einmal so, wie
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Sie ihn gesagt haben. Dann ist doch die logische Folge, der Sie sich nicht länger entziehen können: Je skeptischer man im Hinblick auf künftiges Wirtschaftswachstum ist, desto vordringlicher ist die Aufgabe der Konsolidierung, des Abbaus einer immer noch überhöhten Neuverschuldung, auch über den genannten Wert hinaus.
Gerade bei extrem niedrigen Wachstumserwartungen oder Zielvorstellungen darf man nicht mehr in der Art, wie Sie es in den 70er Jahren getan haben, Wechsel ziehen, die von einer künftigen Generation unter vermutlich ungünstigen oder jedenfalls nicht guten wirtschaftlichen Bedingungen eines Tages eingelöst werden müssen. Dieser Widerspruch zwischen Ihrer Einschätzung des erreichbaren oder wünschenswerten Wachstums und Ihrer Politik, die weiter auf kurzfristige Konjunkturbelebung durch höhere Neuverschuldung gekennzeichnet ist, ist einer der zentralen Widersprüche der Sozialdemokratischen Partei über diesen Tag hinaus.
Mich überzeugt ein betonter Wachstumspessimismus nicht. Andererseits machen wir auch keine Wachstumsratenpolitik. Das war die Welt von 1970. Natürlich haben wir alle seitdem zugelernt.
Wir verstehen Wachstum als Ergebnis der Risikobereitschaft, des Fleißes und der Tüchtigkeit unserer Arbeitnehmer und Unternehmer. Und dafür die Rahmenbedingungen zu verbessern, ist das Ziel unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Nur, meine Damen und Herren — ich möchte dies als vorletzten Gedanken hier sagen —, durch eine Politik der konsequenten Begrenzung der Ausgaben über das Jahr 1984 hinaus gewinnen wir auch den Spielraum für dauerhafte Steuerentlastungen, auf die insbesondere die berufstätigen Menschen unseres Landes einen Anspruch haben.
— Man muß die Themen immer trennen. Die Frage der steuerlichen Belastung für berufstätige Menschen, insbesondere auch Arbeitnehmer, ist ein brennendes Thema, wie die eben erwähnten Grenzbelastungen bei Monatseinkommen von 2 000 oder 4 000 DM auch Ihnen deutlich gemacht haben sollten.
Ich will zu den Diskussionen der letzten Wochen über steuerpolitische Fragen nur kurz einiges sagen. Wir stehen im ersten Halbjahr 1984 vor wichtigen Grundsatzdiskussionen und Entscheidungen. Ich bekräftige das, was der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung gesagt hat. Vorrang hat ein Konzept zur Senkung der Einkommen- und Lohnsteuer mit dem besonderen Ziel, auch die Familien nachhaltig zu entlasten. Insofern, Herr Kollege Vogel, können Sie über Papiere einiger Parteifreunde gerne weiterdiskutieren. Aber diese Entscheidung ist getroffen.
— Das weiß die FDP ganz genau. Die Entscheidung ist getroffen, daß das die vorrangige Aufgabe ist.
In Verbindung damit muß die Frage einer teilweisen Kompensation erörtert und entschieden werden, wenn wir zu einer wirklich anspruchsvollen Gestaltung eines neuen, besseren Tarifs kommen wollen. Es geht also darum, Vorschläge für den Abbau von Steuervergünstigungen zu machen und auch zu prüfen, ob andere Steuern erhöht werden müssen.
— Ich sage: um das zu prüfen. Ich bin wirklich für geordnete Arbeit. Sie können uns eine ganze Menge vorwerfen, aber daß wir seit dem April auch in den Fragen der Finanzpolitik und Haushaltspolitik nicht bis an den Rand unserer Kräfte gearbeitet und die Dinge auf diesem Gebiet gestaltet haben, kann mir zum Jahresende keiner in diesem Hohen Hause vorwerfen, Herr Kollege Apel.
Wenn wir dann im Januar alle miteinander — hoffentlich gut erholt — wieder an die Arbeit gehen, möchte ich in der Tat in den ersten Monaten des nächsten Jahres intensiv an der Beantwortung der beschriebenen Fragen arbeiten, um dann im Frühjahr dem Kabinett, der Koalition, den Ländern und natürlich der Öffentlichkeit bestimmte Vorstellungen und Vorschläge für die dann fälligen Grundentscheidungen entwickeln zu können. Aber insofern kann ich nicht alle Fragen beantworten. Wir können eine ganze Menge, aber wir sind auch keine Supermänner, und man soll uns auch nicht überfordern.
— Ich bedanke mich, daß Sie das mit einer menschlichen Reaktion auch ausdrücklich anerkennen.
Es ist nicht so, daß wir auf Zwischenfragen im Abrufverfahren sämtliche Probleme der Finanz- und Haushaltspolitik
der kommenden vier Jahre wie ein Automat beantworten können. Nachdenken, analysieren, diskutieren in einer angemessenen Zeit ist notwendig, um Vorschläge zu machen.
— Das ist das Wichtigste. Ich hoffe, daß Sie uns dabei helfen.
Wir werden aber bereits für 1985 eine konkrete Initiative zur Entlastung der Alleinerziehenden im Steuerrecht einbringen. Wir müssen andere wichtige Fragen in der Steuerpolitik entscheiden: die neuen Rahmenbedingungen für Wohnungsbau und Wohnungswesen; die Fragen, die sich in Verbindung mit der Grundsatzentscheidung für bleifreies
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Benzin ergeben werden — sei es eine Differenzierung bei der Kraftfahrzeugsteuer, sei es vielleicht auch eine bei der Mineralölsteuer —; bestimmte Vorstellung, die auf bessere steuerliche Rahmenbedingungen für die Bildung von Risikokapital hinwirken; vielleicht auch eine steuerpolitische Komponente von wirksamerer Förderung von Existenzgründungen. Das ist gleichsam der Themenkatalog der Diskussion der ersten sechs Monate im nächsten Jahr.
Ich gehe davon aus, daß wir bis zum Sommer 1984 politisch zu Grundsatzentscheidungen in fast allen diesen Fragen kommen — zunächst in der Diskussion innerhalb der Regierung, dann in einer öffentlichen Debatte, an der Sie sich sicher kritisch und anregend beteiligen werden, dann in der Umsetzung von Gesetzesvorlagen.
Ich bin heute nicht in der Lage, zu dem Termin eines Inkraftsetzens dieser Vorlagen über den einen Punkt hinaus Stellung zu beziehen. Ich bin der Meinung, daß man zunächst Klarheit über das Konzept haben muß. Aus der Klarheit über das Konzept wird sich dann die Diskussion über den richtigen Termin ergeben.
Ich empfehle ein Vorgehen in dieser Reihenfolge, meine Damen und Herren.
Wir müssen — darauf haben gestern mehrere Sprecher eindringlich hingewiesen, vor allem auch Herr Kollege Hoppe — diese steuerpolitischen Zielsetzungen in Übereinstimmung bringen mit der vorrangigen Aufgabe, den Konsolidierungsprozeß, den Gesundungsprozeß unserer Haushalte weiterzuführen.
— Wir sind ja eine Koalition, die in ihrem Grundverständnis freiheitlich und klassisch liberal ist. Dazu gehört auch eine offene Debatte im Vorfeld der Meinungsbildung und der Entscheidung, meine Damen und Herren.
— Ich weiß, daß das vollkommen Ihr Bild von dieser Koaltion trübt, Herr Kollege Vogel, aber das werden Sie im Laufe der Zeit ohnehin noch korrigieren müssen. Ich kann das nach Ihrer gestrigen Rede nur sagen.
Meine Damen und Herren, ich will zum Schluß noch etwas über Risiken und Aufgaben sagen. Die Trendwende ist erreicht. Wir können in wenigen Wochen das Jahr 1984 mit Zuversicht beginnen. Aber wir übersehen Risiken und Herausforderungen in gar keiner Weise. Vieles bleibt zu tun, um nach unseren Kräften die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt, die Finanzen dauerhaft gesunden zu lassen.
Natürlich gibt es hier manche Gefährdungen. Sie liegen in der internationalen Verschuldungssituation, über die ich jetzt mit dem Blick auf die Uhr keine weiteren Ausführungen machen will. Ich will aber folgendes sagen: Die Bundesregierung hat sich in den letzten zwölf Monaten mit großem Nachdruck in internationalen Organisationen und auch in informellen Institutionen für eine Bewältigung dieser gewaltigen Probleme insbesondere vieler Länder der Dritten Welt eingesetzt. Das gilt für unsere Beteiligung an den Entscheidungen des Internationalen Währungsfonds, das gilt für unsere Mitwirkung im Pariser Club, das gilt für viele bilaterale Verhandlungen und auch Lösungen, die dabei gefunden wurden.
Wir wissen sehr wohl, daß diese internationale Verschuldungskrise nicht nur ein Problem für unsere Wirtschaft sein kann, für unsere Kreditinstitute, für den Staatshaushalt. Wir sehen hier auch die Wirkungen im Bundeshaushalt; ich habe darüber gesprochen. Wenn es nicht gelingt, diese internationale Verschuldungskrise schrittweise zu lösen durch eine Strategie, die eine Reihe von Elementen umfassen muß, wäre die Zukunft der Länder der Dritten Welt allerdings nur noch in düstersten Farben, fast ohne Hoffnung zu sehen.
— Natürlich, Herr Kollege Apel, das ist absolut richtig: mit unmittelbaren härtesten Wirkungen auch für uns. Insofern ist es nicht nur eine weltweite Verantwortung, sondern auch eine vernünftige Definition unserer Eigeninteressen, wenn wir hier vorangehen.
Ich habe auch nicht den Eindruck, daß wir mit dieser Politik — wenn ich etwa an den Internationalen Währungsfonds, den Pariser Club und unsere Anstrengungen hier denke — eine grundlegende Veränderung gegenüber der Politik meiner sozialdemokratischen Vorgänger vornehmen. Ich sage das nur, weil vorgestern zu später Stunde einige entwicklungspolitische Sprecher der Sozialdemokratie den Internationalen Währungsfonds in einer Weise kritisert haben, die mich überrascht hat,
wenn ich etwa an die Positionen denke, die Herr Matthöfer und Herr Lahnstein in den vergangenen Jahren eingenommen haben. Das nur als eine Anregung für eine innerparteiliche Diskussion in Ihren Reihen, meine Damen und Herren von der SPD.
— Ja, sicher. Es ist doch gut, solche Widersprüche einmal in einer Debatte zu klären. Ich habe Ihnen, Herr Fraktionsvorsitzender, das ganz freundlich nahegebracht. Anregungen, Lebenshilfe — das alles gehört ja auch zu einer vernünftigen parlamentarischen Debatte, meine Damen und Herren.
Ich will hier überhaupt nicht verkennen, daß auch die schwierige Lage der Europäischen Gemeinschaft für uns in den nächsten Jahren finan-
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zielle Probleme mit sich bringen kann. Der Bundeskanzler hat gestern hier über den Stand der Verhandlungen berichtet. Wir alle haben ein gemeinsames Interesse, daß diese Krise überwunden wird. Aber natürlich stellen sich hier Fragen, die auch unsere Finanzpolitik und unsere Finanzplanung sehr stark mit berühren können.
Und schließlich wissen wir, daß unsere wirtschaftliche Zukunft, die Meisterung der großen Aufgaben, vor denen wir stehen, mitbeeinflußt wird von der Entwicklung der Weltpolitik, vor allem von der Entwicklung des Ost-West-Verhältnisses.
Es ist nicht ein rosarotes Bild, das wir hier malen, meine Damen und Herren, aber wenn wir an die Zeit vor 12 Monaten zurückdenken, haben wir Grund, doch mit Befriedigung — ohne Arroganz — auf das Geleistete zu blicken und unsere Kräfte zu sammeln, damit wir die Zukunftsaufgaben meistern zum Wohle unseres ganzen Volkes.
Schönen Dank.