Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Anmerkung zu den GRÜNEN: Wir haben nicht vor, in der Methode tibetanischer Gebetsmühlen immer wieder dieselben Probleme abzuhandeln, sondern wir gehen davon aus, daß wir jetzt andere drängende, wichtige innenpolitische Probleme zu besprechen haben.
Ich möchte mich jetzt, so wie das der Oppositionsführer Vogel getan hat, zunächst auch persönlich an den Herrn Bundeskanzler wenden. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, es war Ihnen anzusehen, daß es Ihnen nach den Strapazen in Athen, wo wahrscheinlich manchmal in der Art von Teppichhändlern über Mengen und Zahlen gesprochen worden ist, Freude gemacht hat, jetzt zur deutschen Innenpolitik und zu den Daten und Zahlen, die hier vorliegen, Stellung zu nehmen.
Ich glaube, Herr Bundeskanzler, nachdem hier so viel des Lobes über Minister und die Bundesregierung insgesamt war, ist der Zeitpunkt gekommen, auch einmal Ihnen ganz persönlich Dank dafür zu sagen, daß es möglich war, diese Leistung zu erreichen.
Sie hatten damals die Verantwortung dafür übernommen, daß der Wahlkampf im Frühjahr dieses Jahres von der CDU/CSU mit dem Motto geführt worden war: Wir wollen unserem Volk reinen Wein einschenken; wir sprechen von den Opfern, die zu leisten sind, und wir weisen auf den schweren Weg hin, den wir gemeinsam gehen müssen, wenn wir wieder festen Boden unter die Füße bekommen wollen.
Ich darf aber noch eines zum Kollegen Wischnewski sagen. Das betrifft jetzt die Abteilung Humor. Herr Kollege Wischnewski, wir alle wissen um den Ernst der Lage. Aber auf die Idee kommen, daß es trotz der Situation nicht mehr möglich sein könnte, gelegentlich auch Humor zu zeigen, kann eigentlich nur ein Sauertopf.
— Herr Kollege Wischnewski, ich gebe Ihnen einen freundschaftlichen Rat: Lesen Sie zum Thema Humor in ernsten Lagen einmal Martin Luther nach! Dort stehen zu diesem Punkt interessante Dinge.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur finanzpolitischen Wende, von der heute mit Recht schon die Rede war, möchte ich nur noch einen Gedanken nachtragen. Wir schließen jetzt das Haushaltsjahr 1983 ab. Wenn man einmal jeweils die Soll- und Ist-Ergebnisse am Jahresende für die Jahre 1981 und 1982 miteinander vergleicht, dann stellt man fest, daß in diesen Jahren am Schluß die Nettokreditaufnahme jeweils um 10 Milliarden DM höher als das war, was vorher veranschlagt worden war.
Wir können jetzt beim Haushalt 1983 feststellen, daß trotz der katastrophalen Ausgangssituation, in der wir waren, die Nettokreditaufnahme um Milliarden DM niedriger als veranschlagt ist. Wir verzeichnen nach Abschluß der Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuß, daß auch für das Jahr 1984 die Nettokreditaufnahme um rund 3 Milliarden DM gegenüber dem gesenkt werden konnte, was noch im Haushaltsvoranschlag enthalten war.
Sie sehen auch, daß in der mittelfristigen Finanzplanung als Ziel eine Senkung der Nettokreditaufnahme bis 1987 auf nicht mehr 25 Milliarden DM, sondern 23 Milliarden DM angegeben worden ist.
Lassen Sie mich noch eine zweite Anmerkung zu dieser erfreulichen finanzpolitischen Wende machen. Der Finanzplanungsrat hat in der letzten Woche festgestellt, daß die Gebietskörperschaften insgesamt, also Bund, Länder und Gemeinden, ihre Nettokreditaufnahme ebenfalls um 11 Milliarden DM, von 73 Milliarden DM auf 62 Milliarden DM, reduzieren konnten. Besonders erfreulich ist die Situation bei den Gemeinden, wo noch 1982 ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 7,5 Milliarden DM zu verzeichnen war. Es ist 1983 auf 3 Milliarden DM gesunken. In der Planung für 1984 ist es auf 1,5 Milliarden DM reduziert.
Das ist die finanzpolitische Wende, die uns wieder auf festen Boden bringt.
Nun zum Haushalt 1984: Hier ist schon angesprochen worden, daß zum erstenmal nach drei Jahren das Gebot des Art. 115 des Grundgesetzes wieder eingehalten worden ist. Ich darf hier offen gestehen, daß ich zu denjenigen Abgeordneten in meiner Fraktion gehört habe, die damals die Idee, eine Ver-
3072 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Dezember 1983
Dr. Althammer
fassungsklage in bezug auf Art. 115 des Grundgesetzes einzubringen, besonders forciert haben. Es gab bei uns auch einige, die schon etwas in die Zukunft sahen und sagten: Um Gottes willen, es könnte doch sein, daß wir demnächst an die Regierung kommen. Sollen wir das wirklich tun? —
Ich erinnere mich noch an eine Sitzung der Fraktion, in der ich dem Fraktionsvorstand zu diesen Zweifeln sagte: Auch wenn wir selber die Regierungsverantwortung haben, wäre es nicht schlecht, wenn man uns an den Mast binden würde, so wie Odysseus es wegen der gefährlichen Sirenengesänge tun ließ. Man könnte ja sonst wieder fröhlich Schulden machen. — Ich muß sagen, es war eines meiner erfreulichsten Erlebnisse, daß der jetzige Bundeskanzler und damalige Fraktionsvorsitzende sagte, gerade dieses Argument — daß wir uns selber damit binden — habe ihn besonders überzeugt; deshalb sei auch er für diese Verfassungsklage.