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ID1004218900

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    6. Seiler-Albring.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2865A Begrüßung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für das Flüchtlingswesen, Poul Hartling 2955 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. Dezember 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Sasbach und Marckoldsheim — Drucksache 10/252 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 10/688 — 2865 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zweiten Protokoll vom 17. Februar 1983 zur Änderung und Ergänzung des Abkommens vom 22. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern — Drucksache 10/461 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/694 — 2865 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes — Drucksache 10/556 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/714 — 2865 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/631, 10/659 — . . . . 2866 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/632, 10/659 — Conradi SPD 2866 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2867 C Seiters CDU/CSU 2868 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/633, 10/659 — . . . . 2868 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/636, 10/659 — und Art. 23, 24, 24a, 25 und 25a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/656, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/654 — Kühbacher SPD 2869 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 2872 D Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2878 A Dr. Hirsch FDP 2881 D Dr. Schmude SPD 2885 C Dr. Laufs CDU/CSU 2889A Schäfer (Offenburg) SPD 2893 B Baum FDP 2896 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2898 D Namentliche Abstimmung 2904 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/637, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/646, 10/659 — Helmrich CDU/CSU 2906 C Schmidt (München) SPD 2908 D Kleinert (Hannover) FDP 2911 B Schily GRÜNE 2912 C Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 2914 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/642, 10/659 — Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2916 C Metz CDU/CSU 2920 B Drabiniok GRÜNE 2922 C Hoffie FDP 2924 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 2926 C Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/643, 10/659 — Dr. Friedmann CDU/CSU 2928 B Paterna SPD 2930 B Hoffie FDP 2933 B Frau Reetz GRÜNE 2934 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 2936 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/649, 10/659 — und Art. 26 a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Müntefering SPD 2939 B Echternach CDU/CSU 2942 A Sauermilch GRÜNE 2944 D Gattermann FDP 2946 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 2948 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/651, 10/659 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2952 C Vosen SPD 2955 B Dr.-Ing. Laermann FDP 2958 D Frau Dr. Bard GRÜNE 2961 A Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2962 D Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/652, 10/659 — Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 III und Art. 22 des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Vogelsang SPD 2966 B Dr. Rose CDU/CSU 2968 B Dr. Jannsen GRÜNE 2971 B Neuhausen FDP 2972 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 2974 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/648, 10/659 — Brück SPD 2977 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2980 C Frau Gottwald GRÜNE 2983 B Frau Seiler-Albring FDP 2985 B Dr. Hauchler SPD 2987 D Dr. Pinger CDU/CSU 2991 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 2993 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/650, 10/659 — Heimann SPD 2997 B Stiegler SPD 2999 B Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 3000 C Schneider (Berlin) GRÜNE 3003 A Ronneburger FDP 3005 A Windelen, Bundesminister BMB . . . 3006 D Nächste Sitzung 3008 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3008 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2865 42. Sitzung Bonn, den 6. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Schlaga 6. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. Schreiner 9. 12. Voigt (Frankfurt) ** 6. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. Dr. Wörner 6. 12. ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gabriele Gottwald


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    ... mit der der beschäftigungswirksame und außenpolitische Hammer auf die letzten noch sinnvollen Nischen im Ministerium niedersaust.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was sagen Sie denn zur Entwicklungshilfe Rußlands, zur östlichen Entwicklungshilfe?)

    In sämtlichen vermeintlich bloß entwicklungspolitischen Auseinandersetzungen der letzten Zeit — sei es zu Zentralamerika, sei es zum südlichen Afrika, zum Nahen Osten oder zum fünften entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung — gaben außenpolitische, ökonomische und ordnungspolitische Gesichtspunkte den Ausschlag. Liest man den entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung, also das zentrale Regierungsdokument zum Thema, so stellt man fest, daß es sich in weiten Strecken um einen Investitionshilfebericht für die Industrie handelt. Dort ist die Rede von Niederlassungskrediten, Technologieprogrammen, Förderung betrieblicher Kooperation, Kapitalanlagegarantien, Bürgschaften für ungebundene Finanzkredite, Exportförderung, Mischfinanzierung und ähnlichen Nettigkeiten.
    Um die Bedürfnisse und den Bedarf der Entwicklungsländer geht es jedenfalls nicht. Man gewinnt den Eindruck, als würden die Hungernden in der Dritten Welt von den Überschußexporten und vom überschüssigen Kapital unserer kaputten Industriegesellschaft satt. Der einzige Effekt, den diese Politik für die Entwicklungsländer hat, ist das stetige Steigen der Verschuldungsspirale. Mich erinnert diese Politik an das Drama eines Fixers:

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Aber doch nicht hier im Bundestag!)

    Der erste Schuß ist umsonst oder zu günstigen Konditionen; danach gibt es kein Entrinnen mehr. Die Wahl ist nicht mehr frei, die Mittel sind knapp. Die Antwort ist: Rechnungen, Bedingungen, Auflagen.
    2984 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Frau Gottwald
    Hintergrund dieses entwicklungspolitischen Unsinns ist die Philosophie der Gleichheit von Ungleichen, die Philosophie der freien Marktwirtschaft und des uneingeschränkten internationalen Handels, der zwar das Elend und die Abhängigkeit in der Dritten Welt hervorruft, aber wenigstens den kapitalkräftigen Fraktionen in den Industrieländern die Bäuche sättigt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ordnungspolitischer Garant dieser Politik sind der Internationale Währungsfonds und seine Subinstitutionen, an dessen politischen Leitlinien sich die bundesdeutsche Entwicklungspolitik orientiert.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Wissen Sie überhaupt, was das ist?)

    — Ja. — Länder, die sich diesen westlichen Werten nicht unterordnen und weiterhin auf das Recht einer eigenen Entwicklungswegstrategie pochen, wird der Geldhahn zugedreht. Tansania ist eines der Opfer dieser Politik.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Weil es nicht bereit war, sich gänzlich der IWF-Politik unterzuordnen, ist die Entwicklungshilfe im Etat 1984 gekürzt worden.

    (Hört! Hört! und Beifall bei den GRÜNEN)

    Generell werden die Länder bevorzugt mit Entwicklungshilfe versehen, die bundesdeutsche Produkte mit diesen Krediten kaufen. „Lieferbindungen" nennt man es nicht, es sind aber welche. Um die Kapitalhilfe ja nicht verpuffen zu lassen, hat die Bundesregierung im neuen Einzelplan 23 den Titel für die finanzielle Zusammenarbeit vorsorglich mit folgendem neuen Zusatzpunkt versehen — ich zitiere —: „Es werden auch solche Vorhaben gefördert, die gleichzeitig struktur- und beschäftigungs- und konjunkturpolitisch wirksam sind."

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Und?)

    Das Wort „auch" kann gestrichen werden. Der Vorsatz ist eh erfüllt.
    Schon die alte Bundesregierung hat 1980 eine Studie beim Deutschen Institut für Wirtschaft in Berlin zur Bemessung der Effizienz der sogenannten Entwicklungshilfe für die hiesige Wirtschaft in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war: Jede Mark Entwicklungshilfe kommt als Auftrag im Wert von 1,25 DM zurück. Heute dürfte das Geschäft noch lukrativer geworden sein.
    Im Einzelplan 23 liegt das Schwergewicht auf den Titeln, von denen sich die Bundesregierung eine Entlastung der hiesigen Wirtschaft verspricht. Das Interesse ist so groß, daß selbst Titel wie das Niederlassungsprogramm oder das Technologieprogramm favorisiert werden, die laut Evaluierungsberichten wenig effizient sind. Ganz anders geht man jedoch mit Titeln um, die zwar laut eigener Programmatik Schwerpunkte darstellen sollen, aber, da sie materiell nichts bringen, zunehmend Alibifunktion erhalten und auch so behandelt werden. Zu nennen sind hier die Förderung privater Träger, die nicht dem wirtschaftlichen Bereich angehören, und die personelle Zusammenarbeit, die nicht zum wirtschaftlichen Bereich zu zählen ist, also keine betriebliche Beratung usw.
    Dem DED als dem wichtigsten Instrument der personellen Zusammenarbeit wird das Leben politisch und finanziell schwergemacht. Wir haben diesbezüglich einen Änderungsantrag eingereicht und hoffen, daß der Erhöhung der Mittel für den DED zugestimmt wird. Ich verweise dabei nochmals auf die Empfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Erhöhung des Titels. Gemeint war nicht die Umschichtung der Finanzen zwischen den beiden Titeln, wie sie vom Haushaltsausschuß vorgenommen worden ist.
    Erhöht wurde hingegen der Titel für die hauseigene Propagandaarbeit des BMZ, die Public-Relations-Arbeit für den Minister und seine tiefschürfenden Hochglanzbroschüren. Im Ausschuß abgelehnt wurde allerdings die von uns beantragte Erhöhung der Mittel für entwicklungspolitische Aktionsgruppen von lediglich 120 000 DM auf 170 000 DM. Obwohl von Regierungsseite und CDU/ CSU stets die Wichtigkeit von Öffentlichkeitsarbeit betont wird, wurde dem nicht zugestimmt. Dieser Vorsatz bezieht sich wohl nur auf die Regierungspropaganda und die eigene Parteipolitik.
    Noch ein Wort zur Außenpolitik des BMZ. Allein ein Viertel der gesamten Kapitalhilfe fällt dem Kriegstreiber Israel, der NATO-Diktatur Türkei und den Integrationsländern für den Nahen Osten, Ägypten und Jordanien zu. Es dürfte der Bundesregierung schwerfallen, diese Schwerpunkte entwicklungspolitisch zu legitimieren. Aber sie versucht es j a auch schon lange nicht mehr. Übrigens waren die Konturen dieser Prioritätensetzung auch schon unter sozialliberaler Führung sichtbar. Ich erinnere nur an die massive Türkeihilfe.
    Nicht unerwähnt bleiben soll die Zentralamerikapolitik der Bundesregierung. Die Absicht der Bundesregierung ist klar.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Spezialthema!)

    — Gedulden Sie sich, es kommt sofort. — Mit dem Argument, in dieser Region entwicklungspolitisch verschärft aktiv werden zu wollen, liefert sie sich eine Legitimation für die geplante Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit dem Terrorregime in El Salvador. Das Auswärtige Amt spielt die Begleitmusik mit der Wiederentsendung eines Botschafters dazu.
    Ganz abgesehen davon, daß es auf lange Sicht überhaupt keine Chancen auf zwischenstaatliche Zusammenarbeit im Sinne einer bevölkerungsnahen Politik in El Salvador gibt, scheint sich die Zusammenarbeit nicht mit allen Ländern der Region zu verstärken. Die Mittel für Nicaragua — ein Land, in dem es sich auf Grund der günstigen Rahmenbedingungen lohnt, entwicklungspolitisch aktiver zu werden — werden gekürzt bzw. bereits seit 1981 vorgesehene Mittel werden blockiert; das mit Argumenten, die nur noch als bewußte politische Denunziation bezeichnet werden können, oder mit vorgeschobenen technischen oder projektbezoge-
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2985
    Frau Gottwald
    nen Schwierigkeiten, wobei diese Aussagen einer Überprüfung nur schwerlich standhalten werden.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Abgesehen von der unverantwortlichen Unkenntnis der Entscheidungsträger im BMZ über die Situation in Nicaragua, allen voran der Minister — ich unterstelle einmal, daß es Unkenntnis ist —, hat die geplante Zentralamerikapolitik des BMZ mit Entwicklungshilfe im eigentlichen Sinne des Wortes überhaupt nichts zu tun. Es handelt sich um einen außenpolitischen Vorstoß des BMZ, wobei die Konzeption aufs engste mit dem Bündnispartner, der in dieser Region für die Kriege verantwortlich ist, abgestimmt zu sein scheint.

    (Reents [GRÜNE]: Und mit München!)

    Wenn man den demokratischen Wiederaufbau Nicaraguas will, ist es unverantwortlich, in diesem Moment die Mittel zu kürzen oder nicht auszuzahlen. Wir werden deshalb den Antrag auf Erhöhung der Kredite für Nicaragua und auf Streichung der 20 Millionen DM für El Salvador stellen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Vor diesem Hintergrund lehnen wir den Einzelplan 23 selbstverständlich ab.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch klar!)

    Noch ein Bonmot für die besonders engagierten Entwicklungspolitiker im Saal.

    (Frau Fischer [CDU/CSU]: Was heißt denn Bonmot?)

    In der Übersicht des Einzelplans 23 ist zu den Ausgaben der Bundesrepublik auf dem Gebiet der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit in den Anmerkungen zu lesen — ich zitiere —:
    Einzelnen Entwicklungsländern werden ferner Rüstungsaufträge aus Ausgaben des Epl. 14 erteilt, die der Förderung der Wirtschaft dieser Länder dienen.
    Das heißt, dieser Betrag fließt selbstverständlich mit in das Volumen der Entwicklungshilfe, die die Bundesrepublik leistet, ein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Quatsch!)

    Ich denke, das bedarf keiner Kommentierung. Ich möchte nur darauf hinweisen, weil sich die Bundesrepublik immer so rühmt, so einen großen Etat zu haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Seiler-Albring.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ursula Seiler-Albring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brück, wenn Sie den vorgelegten Haushalt zur Grundlage Ihrer Ausführungen machen, haben Sie nun wirklich, wie ich meine, keinen Anlaß zu ideologischem Schattenboxen. Ich bin sicher, Herr Brück, daß Sie das im Grunde auch so sehen, daß nämlich die von allen Fraktionen dieses Hauses formulierten Grundsätze zur Entwicklungspolitik vom 5. März 1982, die Sie j a auch angesprochen haben, noch immer Gültigkeit haben. Die Probleme, die im Rahmen des Einzelplans 23 zur Lösung anstehen, bedürfen, so meine ich, ohnehin intensiver gemeinsamer Anstrengungen.
    Ähnlich wie Frau Gottwald möchte ich gerne einige grundsätzliche Ausführungen zur Entwicklungspolitik machen. Daß ich zu anderen Schlüssen kommen werde, wird Sie nicht überraschen. Frau Gottwald, daß Sie der Bundesregierung gern etwas ans Bein geben möchten, kann ich aus Ihrer Situation noch verstehen; aber das Wort vom „Kriegstreiber Israel" ist meines Erachtens ungezügelte Polemik.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das hätte gerügt werden müssen! — Zurufe von den GRÜNEN)

    Die wirtschaftliche Situation der Länder der Dritten Welt hat sich im vergangenen Jahr drastisch verschlechtert. Hohe Zinsen am Kapitalmarkt, der weiter steigende Dollarkurs, rückläufige Nachfrage nach ihren Produkten haben die Überschuldung der Länder der Dritten Welt in bedrückende Höhen getrieben. Der Umfang der mittel- und langfristigen Auslandsverbindlichkeit dieser Länder aus öffentlichen und privaten Quellen erreichte 1982 mehr als 600 Milliarden US-Dollar. Dieses ist mehr als besorgniserregend, da immer neue Schulden zum Begleichen der alten aufgenommen werden müssen, da immer mehr Zinsen fällig werden, bevor die eingeleiteten strukturellen Anpassungsmaßnahmen die Chance hätten, sich positiv auszuwirken.
    Ein Zehntel der Weltbevölkerung lebt auch heute noch in absoluter Armut und Not. Diese Zahl wird eher zunehmen, als daß man in absehbarer Zeit nachhaltige Verbesserungen erwarten könnte.
    Der Entwicklungshilfeetat steigt auch 1984 wieder überproportional, und zwar auf 6,4 Milliarden DM. Aber, meine Damen und Herren, wir stehen heute vor der Notwendigkeit, uns Rechenschaft darüber abzulegen, ob — und falls nicht, aus welchen Gründen — unsere Entwicklungspolitik ihr Ziel, die wirtschaftliche und soziale Lage der Menschen in der Dritten Welt zu verbessern, erreicht hat oder überhaupt erreichen kann.
    Lange Zeit hatte es zumindest in den westlichen Industrieländern als selbstverständlich gegolten, daß die Entwicklung der Länder der Dritten Welt durch die Herausbildung wirtschaftlicher und politischer Strukturen forciert werden könnte, die denen in den westlichen Industrieländern ähneln. Inzwischen stellen diese Länder zunehmend die Frage, ob wir Industrieländer tatsächlich ein erstrebenswertes Vorbild darstellen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Die Entwicklungsländer bemühen sich immer stärker, Wege und Ziele ihres Entwicklungsprozesses
    besser in Einklang mit den gewachsenen heimi-
    2986 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Frau Seiler-Albring
    schen sozialen und kulturellen Traditionen zu bringen.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Die Bundesregierung behindert es immer mehr!)

    Es ist eine Ernüchterung im Hinblick auf die Zeiträume eingetreten, in denen Unterentwicklung überwunden werden kann.
    Halten wir fest: In den klassischen Industrieländern vollzog sich der Prozeß der Industrialisierung über mehrere Generationen. In der entwicklungspolitischen Diskussion der vergangenen Jahrzehnte trifft man aber oft auf die Vorstellung, die Entwicklungsländer könnten vergleichbare Entwicklungserfolge, diese großen Sprünge, binnen einer oder zwei Generationen erzielen. Von einigen wenigen Entwicklungsländern abgesehen — auch hier muß man Fragezeichen setzen —, haben sich diese Erwartungen als gefährliche Illusion erwiesen. Dabei konnten die Entwicklungsländer seit 1950 bemerkenswerte Wachstumserfolge verzeichnen. Das Wirtschaftswachstum der Entwicklungsländer war stärker als das der klassischen Industrieländer. Das Ausmaß der erzielten Fortschritte ist um so bemerkenswerter, als in den meisten Entwicklungsländern wichtige Bedingungen der wirtschaftlichen Entwicklung, Ausbau der Infrastruktur, Ausbildung der Bevölkerung, die in den klassischen Industrieländern vor dieser Zeit geschaffen worden waren, nicht gegeben waren.
    Trotz unbestreitbarer Erfolge haben sich die entwicklungspolitischen Probleme weltweit verschärft. Folgende Gesichtspunkte sind festzuhalten:
    Entwicklungsländer haben um so geringere Fortschritte erzielen können, je ärmer sie waren. Die in traditioneller Manier auf die Finanzierung von Investitionsprojekten zielende Entwicklungshilfe wird natürlich von den Ländern leichter umgesetzt, die bereits über eine gute Wirtschafts- und Verwaltungsinfrastruktur verfügen und in denen eigene Konzepte die örtliche Entwicklung begünstigen. Gerade aber die Länder, die ihre Entwicklung sehr rasch haben vorantreiben können, überfordern durch die damit verbundenen tiefgreifenden Umwälzungen zunehmend die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Anpassungsfähigkeit und -bereit-schaft weiter Teile ihrer Bevölkerung.
    Ein besonders gravierendes Problem bildet in diesem Zusammenhang das anhaltend rasche Wachstum der Bevölkerung in den Ländern der Dritten Welt: Die Lebenserwartung ist dort seit Jahrzehnten stark gestiegen, die Geburtenraten beginnen sich dieser Entwicklung erst allmählich anzupassen.
    Wenn man also davon ausgeht, daß Unterentwicklung durch eine Mehrzahl von Faktoren verursacht ist, müssen die komplexen Zusammenhänge zwischen wirtschaftlichen, technologischen, sozialen, kulturellen, politischen und ökologischen Faktoren ermittelt werden und in die Konzeption unserer entwicklungspolitischen Zielvorstellungen Eingang finden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Einführung z. B. neuer Technologien nützt nichts, wenn nicht auch institutionelle Reformen wie etwa eine Agrarreform durchgeführt werden. Wir müssen die Grundidee der Entwicklungshilfe, der Hilfe zur Selbsthilfe, neu überdenken.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Es mehren sich Anzeichen, daß die Gewöhnung an Entwicklungshilfe in manchen Empfängerländern auf längere Sicht gegenläufig wirken kann. Die Aktivität der einheimischen Bevölkerung ist auf Grund der umfangreichen Hilfsleistung in extremen Fällen rückläufig. Hier ist es wie auch sonst bei Subventionen: Wer auf Dauer alimentiert wird, gerät in die Versuchung, von eigenen notwendigen Anstrengungen abzulassen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Lassen Sie mich abschließend einige Kriterien nennen, an denen sich die Entwicklungspolitik der Zukunft nach Meinung meiner Fraktion ausrichten muß. Dabei werden Sie feststellen, meine Damen und Herren, daß wir uns hier durchaus in der Kontinuität unserer Politik bewegen.
    Wir lehnen weiterhin jeglichen Versuch ab, den West-Ost-Konflikt in die Nord-Süd-Politik hineinzutragen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Einteilung in sogenannte gute und schlechte Entwicklungsländer ist untauglich. Die Mittelvergabe darf nicht zur Prämie für politisches Wohlverhalten degenerieren.

    (Beifall bei der SPD — Bindig [SPD]: Das halten Sie bei der FDP aber mal durch! — Zurufe von den GRÜNEN)

    — Aber Herr Bindig, lassen Sie sich doch überraschen!

    (Schwenninger [GRÜNE]: Mehr Rückgrat!)

    Die Mittelvergabe hat sich vielmehr primär an der Befriedigung von Grundbedürfnissen der Menschen in der betreffenden Region auszurichten. Nichts, meine Damen und Herren, darf uns daran hindern, auf Menschenrechtsverletzungen empfindlich zu reagieren.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Regelverletzungen einer Regierung dürfen aber nicht zu einer zusätzlichen Bestrafung der betroffenen Länder und Völker werden, indem man einem solchen Land und seiner Bevölkerung selbst eine grundbedürfnisorientierte Entwicklungshilfe verweigern würde.

    (Bindig [SPD]: Sehr gut!)

    Entwicklungshilfe und Außenpolitik dürfen nicht gegenläufig sein, sondern sollen sich in enger Abstimmung zwischen den Koalitionspartnern sinnvoll und kooperativ ergänzen. Ich möchte in diesem Zusammenhang dem Minister ausdrücklich dafür danken, daß er hier heute mit seiner Zusage für
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2987
    Frau Seiler-Albring
    Nicaragua ein Zeichen in diesem Sinne gesetzt hat.

    (Beifall bei der FDP)

    Unsere Politik, meine Damen und Herren, muß die Selbständigkeit der Staaten der Dritten Welt fördern, die Blockfreiheit in diesen Ländern stärken. Weder sollten wir die Systeme der politischen Unterdrückung, gleich, welcher Provenienz — das bitte ich einmal eindeutig zu beachten —, stabilisieren noch versuchen, unser an westlichen Normen orientiertes Wertesystem anderen Ländern auf alle Fälle und um jeden Preis aufzupfropfen.
    Auch in Zeiten angespannter Haushaltslage ist es im Interesse unserer Glaubwürdigkeit im NordSüd-Dialog unsere Pflicht, unsere entwicklungspolitischen Leistungen einzuhalten und den Rahmen nach Möglichkeit auszuweiten, wobei bei der Planung des Mitteleinsatzes verstärkt die jeweiligen sozialen, kulturellen und geographischen Bedingungen und Gegebenheiten der jeweiligen Entwicklungsländer stärker zu berücksichtigen sind.
    Im Zielkonflikt, Frau Gottwald, zwischen dem Verzicht auf Lieferbindungen einerseits, für die es ja gute Gründe gibt — die langfristigen Interessen auch der deutschen Wirtschaft auf den Weltmärkten, die Absage an protektionistische Tendenzen —, und dem Kriterium Beschäftigungswirksamkeit angesichts der hohen Arbeitslosigkeit bei uns zu Lande andererseits — was auch unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz unserer Entwicklungshilfepolitik in der Bevölkerung von Wichtigkeit ist — sollte man versuchen, einen Mittelweg zu beschreiten, der bei der Entscheidung über ein Projekt die Priorität des entwicklungspolitischen Nutzens für das Empfängerland betont, und erst dann eine Auswahl der Projekte mit Beschäftigungswirksamkeit auch für die Bundesrepublik treffen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Dies dürfte angesichts des 1982 erreichten deutschen Auftragsanteils an entwicklungspolitischen Maßnahmen von 82 % im Grundsatz auch kein Problem sein.
    Meine Damen und Herren, Entwicklungspolitik soll nach unserem Selbstverständnis die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen der Länder der Dritten Welt verbessern und das Nord-Süd-Gefälle mildern. Entwicklungspolitik ist aber nicht zuletzt auch Politik zur Stabilisierung und Sicherung des Friedens.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Des NATO-Friedens!)

    Deshalb muß es uns sehr nachdenklich stimmen, wenn wir hören, daß die Aufwendungen der Staaten der Dritten Welt für ihre militärischen Zwecke — oft zu Lasten ihrer Entwicklungsaufgaben — ständig ansteigen und daß der Anteil der Entwicklungsländer an den weltweiten Rüstungsausgaben, der 1965 noch bei 6 % lag, heute mehr als 15% beträgt.

    (Zuruf der Abg. Frau Gottwald [GRÜNE])

    — Frau Gottwald, wir haben Ihnen auch zugehört. Seien Sie doch so nett, auch zuzuhören; ich bin gleich fertig.
    Meine Damen und Herren, wenn wir im Grundsatz übereinstimmen, daß Entwicklungspolitik der Sicherung des Friedens dient, muß es uns bedenklich stimmen, daß die Länder des Ostblocks Entwicklungspolitik offensichtlich nur im Zusammenhang mit Militärhilfe sehen.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Jetzt kommt das schon wieder!)

    Das steht im krassen Widerspruch zu den sonst bei jeder Gelegenheit auftauchenden Beteuerungen, daß die Staaten des Warschauer Paktes besonders friedensliebend seien.

    (Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Auch die Argumentation, die Staatshandelsländer seien für die Misere in den Entwicklungsländern nicht verantwortlich, überzeugt nicht. Es geht doch nicht um die Haftbarmachung von etwaigen Schuldigen, sondern um unmittelbare humanitäre und dann erst wirtschaftliche oder technologische Hilfe. Leider müssen wir feststellen, meine Damen und Herren, daß in manchen Regionen der Dritten Welt, in denen sich die Sowjetunion einmal besonders stark engagiert, Kalaschnikows in weit höherem Maße vorhanden sind als Schraubenschlüssel.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Schwenninger [GRÜNE]: Und zur amerikanischen Militärhilfe sagen Sie nichts!)

    Nein, meine Damen und Herren, Entwicklungspolitik, wie wir sie sehen, wie wir sie definieren, dient dem Ziel, das Verständnis für die Probleme der Dritten Welt bei uns zu fördern, die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in den Entwicklungsländern zu verbessern, Konflikte abzubauen und den Frieden in dieser Region sichern zu helfen.
    Wir Freien Demokraten werden dem Einzelplan 23 unsere Zustimmung geben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)