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ID1004212800

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2865A Begrüßung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für das Flüchtlingswesen, Poul Hartling 2955 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. Dezember 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Sasbach und Marckoldsheim — Drucksache 10/252 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 10/688 — 2865 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zweiten Protokoll vom 17. Februar 1983 zur Änderung und Ergänzung des Abkommens vom 22. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern — Drucksache 10/461 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/694 — 2865 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes — Drucksache 10/556 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/714 — 2865 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/631, 10/659 — . . . . 2866 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/632, 10/659 — Conradi SPD 2866 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2867 C Seiters CDU/CSU 2868 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/633, 10/659 — . . . . 2868 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/636, 10/659 — und Art. 23, 24, 24a, 25 und 25a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/656, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/654 — Kühbacher SPD 2869 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 2872 D Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2878 A Dr. Hirsch FDP 2881 D Dr. Schmude SPD 2885 C Dr. Laufs CDU/CSU 2889A Schäfer (Offenburg) SPD 2893 B Baum FDP 2896 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2898 D Namentliche Abstimmung 2904 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/637, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/646, 10/659 — Helmrich CDU/CSU 2906 C Schmidt (München) SPD 2908 D Kleinert (Hannover) FDP 2911 B Schily GRÜNE 2912 C Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 2914 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/642, 10/659 — Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2916 C Metz CDU/CSU 2920 B Drabiniok GRÜNE 2922 C Hoffie FDP 2924 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 2926 C Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/643, 10/659 — Dr. Friedmann CDU/CSU 2928 B Paterna SPD 2930 B Hoffie FDP 2933 B Frau Reetz GRÜNE 2934 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 2936 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/649, 10/659 — und Art. 26 a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Müntefering SPD 2939 B Echternach CDU/CSU 2942 A Sauermilch GRÜNE 2944 D Gattermann FDP 2946 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 2948 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/651, 10/659 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2952 C Vosen SPD 2955 B Dr.-Ing. Laermann FDP 2958 D Frau Dr. Bard GRÜNE 2961 A Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2962 D Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/652, 10/659 — Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 III und Art. 22 des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Vogelsang SPD 2966 B Dr. Rose CDU/CSU 2968 B Dr. Jannsen GRÜNE 2971 B Neuhausen FDP 2972 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 2974 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/648, 10/659 — Brück SPD 2977 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2980 C Frau Gottwald GRÜNE 2983 B Frau Seiler-Albring FDP 2985 B Dr. Hauchler SPD 2987 D Dr. Pinger CDU/CSU 2991 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 2993 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/650, 10/659 — Heimann SPD 2997 B Stiegler SPD 2999 B Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 3000 C Schneider (Berlin) GRÜNE 3003 A Ronneburger FDP 3005 A Windelen, Bundesminister BMB . . . 3006 D Nächste Sitzung 3008 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3008 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2865 42. Sitzung Bonn, den 6. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Schlaga 6. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. Schreiner 9. 12. Voigt (Frankfurt) ** 6. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. Dr. Wörner 6. 12. ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Lutz G. Stavenhagen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie hat nach Abschluß der Beratungen im Haushaltsausschuß ein Volumen von 7 049 000 000 DM. Wir haben ihn gegenüber der Regierungsvorlage um 77 Millionen DM gekürzt. Zugleich gelang es aber im Zuge der Beratungen, drei Maßnahmen von hoher forschungspolitischer Bedeutung auf den Weg zu bringen.
    Wir haben erstens das Nachwuchsprogramm der Großforschungszentren mit 12 Millionen DM ausgestattet, damit jährlich bis zu 200 Nachwuchswissenschaftler mit Promotion oder vergleichbarem Abschluß in den Großforschungseinrichtungen mit befristeten Arbeitsverträgen bis zu drei Jahren arbeiten können. Wir bieten damit qualifizierten Nachwuchswissenschaftlern eine Chance zu wissenschaftlicher Weiterentwicklung und leisten zugleich einen Beitrag zur Sicherung der Leistungsfähigkeit der Forschung in den 80er Jahren.

    (Dr. Steger [SPD]: Warum sind Ihre Kollegen im Fachausschuß nicht auf diese Idee gekommen?)

    — Herr Kollege, warum sind Sie nicht auf diese Idee gekommen, solange Sie regiert haben? Das müßte man hier einmal fragen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: So ist es! — Sie waren ideenlos!)

    Wir haben zweitens die Vorschläge der Bundesregierung für flexiblere Rahmenbedingungen in den Forschungseinrichtungen aufgegriffen und in wesentlichen Punkten noch ergänzt. So werden die Stellenpläne einiger wichtiger Forschungseinrichtungen in einem dreijährigen Modellversuch aus der starren haushaltsrechtlichen Verbindlichkeit herausgenommen. Das heißt, die parlamentarische Kontrolle über die Finanzen bleibt voll gewahrt. Es müssen aber nicht jedesmal Bund und alle Bundesländer mitberaten, wenn z. B. eine wissenschaftliche Hilfskraft eingestellt werden soll.
    Wir haben einem fünfjährigen Modellversuch zugestimmt, der bei einigen Einrichtungen einen finanzneutralen Austausch zwischen den einzelnen Vergütungsgruppen bis zu 10 % des Stellensolls zuläßt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß bisher die starren Laufbahnvorschriften des öf-
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2953
    Dr. Stavenhagen
    fentlichen Dienstes eine sachgerechte Personal- und Aufgabenplanung in Forschungszentren erschweren.
    Wir haben drittens die Forschungseinrichtungen von der sonst für 1984 geltenden halbjährigen Stellenbesetzungssperre ausgenommen. Eine solche Stellenbesetzungssperre wäre mobilitätsfeindlich und würde den Bemühungen des Forschungsministers um einen stärkeren Austausch zwischen Forschungszentren und Industrie entgegenzuwirken. Sie würde die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses verschlechtern und wichtige Aufbauaktivitäten verzögern.
    Wissenschaftliche Forschung, technologische Entwicklung und Innovation sind entscheidend für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und damit auch für Wachstum und Beschäftigung. Wir müssen — darauf hat der Bundeskanzler schon in seiner Regierungserklärung am 4. Mai hingewiesen — bei der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung Anschluß halten und den Anschluß zurückgewinnen, wo wir ihn verloren haben.
    Eine wesentliche Aufgabe der Forschungs- und Technologiepolitik besteht darin, Bedingungen zu schaffen, daß auf den Märkten der Ideen und der Güter Initiativen freigesetzt werden. Verantwortungsfreude, Risikobereitschaft, Flexibilität und Kreativität müssen gefördert, Spitzenleistungen müssen belohnt werden. Nur in einem klaren ordnungspolitischen Rahmen ist eine erfolgreiche Forschungs- und Technologiepolitik, und damit auch ein effizienter Einsatz öffentlicher Mittel möglich.
    Wir haben eine Reihe von Änderungsanträgen vorliegen. Die Fraktion der GRÜNEN hat einen Antrag vorgelegt, die Titel im Bereich der Kernenergieforschung und -technologie weitestgehend zu streichen. Das hätte die unverzügliche Entlassung von wenigstens 17 000 Personen zur Folge

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist das!)

    und den völligen Verzicht auf technisches Wissen im Bereich der Kernenergie.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Weniger Sicherheit!)

    Die GRÜNEN haben in den Haushaltsberatungen darüber hinaus auch im Bereich der Kohleveredelung massive Kürzungen vorgeschlagen. Sie haben das als Sackgassen-Technologie bezeichnet. Sie verdammen also die technische Entwicklung im Bereich von Kernenergie und Kohle, ohne zu sagen, was statt dessen geschehen soll. In der Kohleveredelung wären 1 700 Arbeitsplätze von dieser Streichung betroffen.
    Ein dritter Kürzungsantrag, der uns in der zweiten Lesung vorliegt, betrifft den Bereich der BioTechnologie. Auch hier fordern die GRÜNEN erhebliche Kürzungen. Prognosen gehen von Milliardenumsätzen in der Bio-Technologie schon in den 90er Jahren aus. Jede zehnte chemische Verbindung soll — so die Wissenschaftler — in Zukunft von Mikroben herzustellen sein. Forscher experimentieren mit Bakterien,

    (Zuruf von der SPD: Herr Stavenhagen, als Sie in der Opposition waren, waren Ihre Reden interessanter!)

    die Ölschlämme vertilgen und gegen Umweltkatastrophen zwischen dem Persischen Golf und den Atlantikküsten taugen sollen.
    Die Forschungen der Forscher beschäftigen sich zur Zeit mit Pflanzen, die gegen bestimmte Schädlinge resistent sind. Man hofft, in der Zukunft Züchtungen erzeugen zu können, die auf trockenen oder salzigen Böden bestehen können. Damit wäre eine erfolgreiche Schlacht angefangen, den Hunger auf der Welt zu schlagen. Ich habe überhaupt kein Verständnis, daß man diese Chancen wissenschaftlichen Fortschrittes preisgeben will und nicht bereit ist, das Notwendige zu tun.
    Mit der Gen-Technologie wird es vielleicht möglich sein, Insulin und Interferon, wichtige Wirkstoffe gegen schwere Krankheiten, preiswert und für jedermann erschwinglich herzustellen. Ich halte es für unerträglich, daß man solche Chancen nicht wahrnehmen will.
    Meine Damen und Herren, die GRÜNEN haben bei allem, was neu ist, zunächst einmal nur Horror-visionen. Nur kann man mit Horrorvisionen die Zukunft nicht bewältigen, und mit dem Zurück zur Gartenlaube wird man den Herausforderungen, die uns an der Wende ins nächste Jahrtausend gestellt sind, nicht gerecht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Die Rede könnte aus der Gartenlaube abgeschrieben sein!)

    Vielmehr brauchen wir ein gesellschaftliches Klima, das Fortschritt und Wachstum bejaht und in dem die Bedeutung zukunftsweisender Technologien für unsere Entwicklungen anerkannt wird. Das macht ein Umdenken und ein aktives Umsteuern erforderlich. Die Bundesregierung hat schon 1983 damit begonnen und setzt diese Politik im Haushalt 1984 fort. In diesem Sinne begrüßen wir die Absicht, verstärkt indirekte Instrumente zur Forschungsförderung einzusetzen, etwa im Rahmen des Programms externer Vertragsforschung bei der Förderung technologieorientierter Unternehmensgründungen oder bei der Wiedereinführung der Sonderabschreibungen auf Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen. Seit dem Regierungswechsel hat sich das Verhältnis der direkten zur indirekten Forschungsförderung von 4,3 : 1 auf 2,2 :1 zugunsten der indirekten Förderung verbessert. Im Forschungshaushalt schlägt sich dies einmal in der Ausweitung der Förderung der Vertragsforschung nieder. Die GRÜNEN haben im Ausschuß auch dagegen gestimmt, obwohl wir hier gerade die kleinen Firmen mit mehr Mitteln stärker fördern wollen, nämlich mit 40% statt bisher mit 30 % für Firmen mit bis zu 50 Millionen DM Jahresumsatz.
    Wir haben den Technologietransfer vom Forschungsinstitut zur Industrie verbessert durch Unterstützung der personellen Mobilität, Qualifizie-
    2954 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Dr. Stavenhagen
    rung von Nachwuchswissenschaftlern der Industrie in den Forschungseinrichtungen, wir haben den Modellversuch technologieorientierter Unternehmensgründungen mit 100 Millionen DM bis 1986 dotiert, und wir erhöhen die Mittel für die indirekt spezifische Förderung im Rahmen des Programms Fertigungstechnik.
    Die direkte Projektförderung des Bundes wird schrittweise konzentriert auf Basistechnologien, auf Großprojekte sowie auf unbestrittene Bereiche staatlicher Zukunftsvorsorge, wie Sicherheits-, Umwelt-, Klima- und Gesundheitsforschung.
    Die Sozialdemokraten haben sich bei den Beratungen im Haushaltsausschuß zu der Wiedereinführung der Sonderabschreibungen für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen kritisch geäußert. Diese Kritik ist unberechtigt; denn diese Sonderabschreibungen haben einen hohen Liquiditätseffekt für die begünstigten Unternehmen. Sie stellen damit eine wichtige Hilfe dar, unregelmäßig anfallende Investitionen im Bereich von Forschung und Entwicklung zu finanzieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Steger [SPD]: Sehr schwacher Beifall!)

    — Herr Kollege, wenn Sie das nicht verstehen, tut es mir leid.

    (Dr. Steger [SPD]: Die CDU-Kollegen haben das nicht verstanden; da haben nur drei Mann geklatscht, Herr Stavenhagen!)

    Aus Haushaltssicht spricht viel für Sonderabschreibungen; denn Sonderabschreibungen sind im Gegensatz zu dem Forschungsinstrument, das Sie immer verwandt haben, nicht für alle Zeit vergeben, sondern stellen eine Steuerstundung dar und kommen deswegen langfristig der öffentlichen Kasse wieder zugute.

    (Dr. Steger [SPD]: Abenteuerliche Vorstellungen!)

    Meine Damen und Herren, manchen Wende-Kritikern war die Wende in der Forschungspolitik nicht rasant genug. In der Jahreszeit, die wir jetzt haben, ist ein Vergleich mit dem Wintersport vielleicht zulässig, so daß ich sage, daß vor temporeichen Slalomfahrten in der Forschungspolitik dringend gewarnt werden muß. Wir haben vermieden — das ist wichtig —, begonnene Projekte abzubrechen, auch wenn wir sie aus heutiger Sicht nicht begonnen hätten. Augenmaß ist bei der Neuorientierung der Forschungspolitik geboten. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Neuorientierung mit Nachdruck und mit Bereitschaft zu neuen Lösungen in einem geschlossenen Konzept weiter zu verfolgen. Wir werden das kritisch begleiten und darauf achten, daß das Geld des Steuerzahlers sparsam und effizient ausgegeben wird.
    Da gilt nicht nur für die instrumentelle, sondern vor allem auch für die programmatische Seite. Schwerpunkte müssen in den Bereichen gesetzt werden, wo wir Spitzenleistungen erbringen können, wo sich Schlüsseltechnologien entwickeln oder wo wir Querschnittsaufgaben auf dem Gebiet staatlicher Verantwortung zu erfüllen haben. Mit dem
    Haushalt 1984 setzt die Bundesregierung auch hier Akzente. Ich nenne die verstärkte Förderung der Biotechnologie oder der Fertigungstechnik; das sind Schlüsselbereiche des technischen Fortschritts.
    Die Bundesregierung sollte darüber hinaus prüfen, wie sie Forschung und Technologie ohne direkten Einsatz öffentlicher Mittel im Forschungshaushalt noch stärker fördern kann, etwa durch umfassende und wirksame Entbürokratisierung der Forschungsverwaltung, durch Nutzung des öffentlichen Nachfragepotentials für innovative Beschaffungen und durch eine Änderung von Rechtsvorschriften, die der Einführung neuer Technologien hinderlich sind.
    Zu den wichtigsten staatlichen Aufgaben gehört die Daseins- und Zukunftsvorsorge. Das Thema „Waldsterben und saurer Regen" zeigt heute jedermann, mit welchen Problemen wir hier fertigwerden müssen. Wir müssen lernen, mögliche Folgen zivilisatorischen Handelns frühzeitig zu erkennen.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Vor allem bei der Atom-Technologie!)

    Wir begrüßen, daß ein Umweltforschungsprogramm in Vorbereitung ist, in dem die ökologische Wirkungsforschung einen Schwerpunkt haben wird. Hier muß aufgeholt werden, was in der Vergangenheit versäumt worden ist.
    Wichtige Maßnahmen sind bereits angelaufen, etwa das Symposium in der Kernforschungsanlage Jülich, das die Forschungsthemen zur Problematik des sauren Regens eingegrenzt hat. Seit Jahresmitte gibt es eine gemeinsame interministerielle Arbeitsgruppe von Bund und Ländern mit der Aufgabe, gemeinsames Vorgehen zu koordinieren. Auch die Europäische Gemeinschaft ist bereit, die Zusammenarbeit über die Grenzen hinaus in diesen Bereich zu intensivieren.
    Seit Jahresbeginn 1983 ist die Forschungsförderung des Forschungsministers in diesem Bereich verstärkt worden. Auch im Jahr 1984 haben wir im Haushalt die Ansätze gegenüber der Regierungsvorlage im Bereich von Umwelt- und Klimaforschung noch einmal erhöhen können.
    Wir wissen natürlich, daß Forschung und Technologie kein Allheilmittel gegen das Waldsterben sind. Aber hier geht es um eine von vielen politischen Maßnahmen, um mit diesen Problemen fertigzuwerden.
    Uns liegt ein weiterer Antrag von der Fraktion der SPD zum Bereich Humanisierung der Arbeitswelt vor, der darauf abzielt, eine erhebliche Aufstockung vorzunehmen. Die Kollegen von der SPD geben die Argumente für die Ablehnung ihres Antrags in der Begründung gleich mit; denn sie sagen, dies sei eine Begleitmaßnahme zu dem von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagenen Konzept zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Just dieses Programm wollen wir nicht. Warum wir es nicht wollen, ist im Sachverständigengutachten 1984 überzeugend nachzulesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2955
    Dr. Stavenhagen
    Die Kollegen schlagen uns vor, die Finanzierung durch Verzicht auf die Senkung der Unternehmenssteuern, durch Verzicht auf Steuervergünstigungen, durch Erhebung einer Ergänzungsabgabe und durch die Mehreinnahmen aus dem Bundesbankgewinn vorzunehmen. Just dies wollen wir nicht. Der Bundesbankgewinn dient zur Absenkung der Neuverschuldung.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Die lernen nichts dazu!)

    Eine Bemerkung zu dem Programm „Humanisierung der Arbeitswelt". Wir haben dieses Programm auf drei Förderbereiche konzentriert: Schutz der Gesundheit durch Abwehr und Abbau von Belastungen, menschengerechte Anwendung neuer Technologien und Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungen.
    Bei dieser Straffung und Neuorientierung können wir mit den vorgesehenen Mitteln auskommen. Vieles von dem, was früher war — Verbesserung der Arbeitsorganisation zur Entfaltung der Persönlichkeit und lauter modischer Schnickschnack —, kommt allmählich aus dem Programm heraus. Das Programm hilft den Betroffenen, aber nicht den Soziologen, die die Arbeitswelt noch nie aus der Praxis kennengelernt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir sind ein hochindustrialisiertes Land mit nur geringen Vorräten an Energie und Rohstoffen. Kreativität und Leistungsfähigkeit der Bürger sind das Kapital unserer Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb. Sinnvolle Nutzung dieses Kapitals im Bereich von Forschung und Entwicklung sichert unsere wirtschaftliche, soziale und politische Zukunft.
    Wir unterstützen die Bundesregierung bei dieser Aufgabe. Das bisher Geleistete kann sich sehen lassen. Wir stimmen dem Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne hat der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für das Flüchtlingswesen, Herr Poul Hartling, Platz genommen. Ich habe die Ehre, Sie, Herr Hoher Kommissar, im Deutschen Bundestag recht herzlich willkommen zu heißen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, gute und erfolgreiche Gespräche in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei allen Fraktionen — Kühbacher [SPD]: Sagen Sie das dem Innenminister! — Weiterer Zuruf von der SPD: Mit Herrn Zimmermann!)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Vosen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Vosen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muß mich schon wundern, Herr Stavenhagen, wie ruhig
    Sie geworden sind. Dabei frage ich mich, ob das daran liegt, daß Sie jetzt ein paar Jahre älter sind als zu dem Zeitpunkt, als wir uns das letzte Mal hier ein bißchen unterhalten haben, oder ob das daran liegt, daß Sie jetzt die Regierung stellen. Es scheint doch wohl an letzterem zu liegen. Denn das letzte Mal waren Sie noch in der Opposition, und da war alles schlecht. Jetzt sind Sie in der Regierung, und da scheint alles gut zu sein, so daß Sie sich deswegen nicht mehr zu erregen brauchen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Es ist auch gut!)

    Aber ich will nun versuchen, Ihnen das eine oder andere zu erklären, was Sie in einer gewißen Betriebsblindheit vielleicht nicht sehen und was vielleicht doch nicht so gut ist.

    (Zuruf von der SPD: Herr Kollege Stavenhagen ist jetzt staatstragend!)

    Ein Punkt, den ich nun direkt ansprechen möchte, ist wohl auch ein ideologischer Punkt, den Sie wohl auch in Ihren Parteiprogrammen haben, nämlich die Frage der direkten und indirekten Förderung von Forschung. Sie haben in Ihren Reden die direkte Forschungsförderung überall als etwas Negatives dargestellt, und die indirekte Forschungsförderung soll wohl der Stein des Weisen sein.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Da haben Sie nicht aufgepaßt! Ein jedes an 'seinem Platz, Herr Vosen!)

    — Ja, richtig. Aber Sie betonen — Sie haben die Mittel ja auch entsprechend umgeschichtet —, daß die indirekte Förderung wohl der bessere Part sei.
    Ich will Ihnen einmal kurz und klar vor Augen führen, weshalb wir die indirekte Forschungsförderung nicht gut finden, für die Sie die Mittel um 45 % auf insgesamt 1,7 Milliarden DM gesteigert haben. Wir finden sie deshalb nicht gut, weil wir glauben, daß kleine und mittlere Unternehmen, also wenn Sie so wollen, kapitalschwache Unternehmen, bei diesen indirekten Förderungsmöglichkeiten und -maßnahmen zu kurz kommen. Wir glauben, daß die Großindustrie hier mehr profitiert als die kleinere Industrie.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Die Praxis spricht dagegen, Herr Vosen!)

    — Dazu kann ich Ihnen gleich etwas sagen. — Wir befürchten, daß wir erhebliche Mitnahmeeffekte erleben werden. Wenn Sie einmal ordentlich nachgeguckt hätten, dann hätten Sie festgestellt, daß es dazu schon seit Jahren, seit Mitte der 70er Jahre, Gutachten gibt,

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Nicht Gutachten, die Praxis ist entscheidend!)

    die klar zu dem Ergebnis gekommen sind, daß Mitnahmeeffekte bei der indirekten Forschungsförderung in hohem Maße vorhanden sind. Ich glaube also, hier machen Sie ein Programm — wie vieles von dem, was Sie tun — zur Förderung des Großka-
    2956 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Vosen
    pitals und der Großindustrie in der Bundesrepublik Deutschland

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    und zu Lasten der kleinen Leute in diesem Staat wie auch der mittleren und kleinen Unternehmen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Bugl, Sie sind ja in der Großindustrie beschäftigt, aber ich glaube nicht, daß das aus Ihrer Feder stammt. Ich traue das Ihnen, Ihnen persönlich, nicht zu.
    Nun zum nächsten Punkt, zur direkten Förderung, die Sie mies machen: Einer, der da federführend tätig ist, ist ja wohl der Bundeskanzler. Herr Bundeskanzler Kohl hat sich dieser Tage der direkten Forschungsförderung intensiv bedient. Er konnte mit Spacelab ja nur telefonieren — auch Minister Riesenhuber —, weil Sozialdemokraten diese Projekte rechtzeitig mit direkter Forschungsförderung auf den Weg gebracht haben.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Wir hatten nie vor, das Spacelab als Abschreibungsmodell zu finanzieren!)

    Minister Riesenhuber versteht es nun, die Popularität dieser Sache für sich in Anspruch zu nehmen; das gilt auch für den Bundeskanzler. Es war übrigens sehr wenig, was er gesagt hat: Wie geht's Ihnen und Ihrer Familie? Mehr ist dabei inhaltlich nicht herausgekommen; dieses Gespräch hätte man ja auch ein bißchen mit Inhalt füllen können. Aber die Popularität nutzt man halt, um auf der anderen Seite die direkte Forschungsförderung mies zu machen. Ich hätte an des Bundeskanzlers und des Ministers Stelle gleichzeitig mal gesagt — ich meine, das gehört da nicht hin, ich gebe das zu, aber dann an anderer Stelle —, daß die direkte Forschungsförderung ihm in der jüngsten Zeit doch sehr viel Popularität gebracht hat. Das gleiche gilt für die Inbetriebnahme des Hochtemperaturreaktors, wo es sich der Minister natürlich nicht nehmen läßt, auf den Knopf zu drücken, oder beim Growian, wo er auch die Inbetriebnahme vornimmt — alles öffentlichkeitswirksam!

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Darauf seid ihr stolz, daß ihr das alles eingeleitet habt? Das ist j a interessant!)

    — Die GRÜNEN wollen ja den Wind gern nutzen. Sie machen j a hier auch sehr viel Wind. Deswegen dachte ich, das mit der Growian würde sie erfreuen. Das alles sind Dinge, die in direkter Forschungsförderung gefördert wurden.

    (Kühbacher [SPD]: Und alles mit Fliege!)

    Ich meine also, Sie sollten nicht nur Kritik üben, sondern auch einmal positiv anerkennen, daß die direkte Forschungsförderung auch ihr Gutes hat.
    Nun gibt es noch eine dritte Art der Förderung, nämlich die spezifisch indirekte Förderung. Davon ist hier gar nicht die Rede gewesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Anders herum!)

    — Oder indirekt spezifisch, gut! Das alles haben Sie eingepackt in die indirekte Förderung. Diese Forschungsförderung wird von Ihnen — auch von uns
    — befürwortet. Man sagt, man könne hier für die Mikroelektronik etwas tun, Sonderprogramme, Programme zur Entwicklung von Industrierobotern, Fertigungsrobotern. Dies alles machen Sie mit indirekter spezifischer Forschungsförderung.
    Wenn man nun schon im Rahmen dieser Programme in den vergangenen und zukünftigen Jahren zusammen 800 Milliarden DM ausgeben wird, so gehört für uns als Sozialdemokraten dazu, daß man dabei die Humanisierung des Arbeitslebens nicht zu kurz kommen läßt. Wenn Sie schon alles mit Robotern, mit Mikroelektronik machen — wir wissen, wir müssen das, damit wir wettbewerbsfähig bleiben —, dann müssen Sie die Arbeitsplätze, die in dem Zusammenhang im Prinzip menschenunfreundlicher werden, ein wenig human gestalten.

    (Beifall bei der SPD — Burgmann [GRÜNE]: Ein klein wenig!)

    Deswegen stellen wir unseren Antrag, eben dieses Programm von 100 Millionen DM um 24 Millionen DM auf 124 Millionen DM aufzustocken.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kommt ein bißchen spät, diese Forderung!)

    Wir glauben, daß die Humanisierung des Arbeitslebens dringend dazugehört und nicht ohne die betroffenen Arbeitnehmer durchgeführt werden kann. Ich glaube, die Arbeitnehmer, die Betriebsräte, aber auch die Unternehmer müssen da zusammenarbeiten. Hier handelt es sich nicht, wie Sie, Herr Stavenhagen, hier vorgetragen haben, um modischen Schnickschnack, sondern um eine wirklich dringend notwendige Sache. Erklären Sie doch bitte mal den Gewerkschaften draußen im Lande, daß Humanisierung des Arbeitslebens modischer Schnickschnack ist! Ich glaube, da werden Sie eine Menge Schwierigkeiten kriegen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Das, was Sie gemacht haben, ist Schnickschnack! — Gerstein [CDU/ CSU]: Das soziologische Beiwerk!)

    Wir haben zu dem Antrag, über den hier gleich abgestimmt werden wird, die entsprechenden Dekkungsvorschläge gemacht. Wir glauben, daß diese Deckungsvorschläge solide sind und daß Sie, wenn Sie wollten, Ihr Wort vom Schnickschnack korrigieren könnten, indem Sie unserem Erhöhungsantrag zustimmen.
    Nun gibt es auch etwas für den Mittelstand. Sie sind ja so für die Förderung des Mittelstandes. Das geben Sie vor. Ich habe eben schon gesagt: Sie machen das für die Großindustrie. Kommen wir mal zum Personalkostenzuschußprogramm, welches ja auch ein indirektes spezifisches Programm ist. Hier sollen vor allem Forschungsvorhaben mittelständi-
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2957
    Vosen
    scher Betriebe personalmäßig gefördert werden. Sie haben dieses Programm förmlich storniert. Sie haben ein paar Mark draufgelegt, aber das ist nicht der Rede wert.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: 320 Millionen DM!)

    1979 hatten wir 300 Millionen DM im Haushalt bei 4 800 Anträgen. Wir haben heute 8 200 Anträge, also fast eine Verdoppelung. Sie aber haben das Programm nur um insgesamt 20 Millionen DM ansteigen lassen. Den fast verdoppelten Anträgen steht also ein nur gering gewachsenes Volumen an Finanzmasse gegenüber. Dadurch schiebt man eine Riesenbugwelle vor sich her. Die mittelständische Wirtschaft kann also nur bedingt in den Genuß dieses Personalkostenzuschußprogramms kommen. Wir haben für die Aufstockung dieses Programms plädiert. Wir haben auch dafür plädiert, daß dieses Programm in die Zuständigkeit des Bundesforschungsministers kommen und nicht beim Bundeswirtschaftsminister bleiben soll. Daher wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie, Herr Minister, sich da einmal mit Ihrem Ministerkollegen Lambsdorff anlegten.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Davor hat der Angst!)

    Allerdings müssen Sie sich da, glaube ich, beeilen, sonst ist er nicht mehr da, so wie die Sache aussieht. Vielleicht regelt es sich von alleine in der Übergangszeit. Insgesamt wäre es aber gut, wenn wir dieses Programm der Förderung von mittelständischen Betrieben zur Forschung in das Programm des Bundesforschungsministers hineinbekommen könnten. Es bleibt festzuhalten, daß Lambsdorff z. B. in Sonntagsreden die Förderung kleiner und mittlerer Betriebe verlangt, in Wirklichkeit aber den Versprechungen dieses Programms geldmäßig nicht gerecht wird.
    Jetzt will ich noch ein paar Sachen zum Investitionsstau sagen. Es war ja wohl eine der größten Unwahrheiten, will ich mal sagen — man kann sogar sagen: Lügen —, daß auch im Wahlkampf von Investitionsstau gesprochen worden ist. Ich habe mich mit Vertretern von Kraftwerksbetreibern, mit Kraftwerkserbauern unterhalten. Seit zwei Jahren gibt es nachweislich in dieser Republik keinen Investitionsstau mehr. Alles das, was mal in den Ländern als Investitionsstau vorhanden war, ist seit zwei Jahren vorbei, zu unseren SPD-Zeiten, Herr Lenzer. Das Problem ist, daß Sie in die Schwierigkeit kommen werden, überhaupt noch neue Kernkraftwerke genehmigen zu können, weil die Elektrizitätsversorgungsunternehmen keines mehr bauen wollen, und zwar deswegen, weil die gar nicht mehr wissen, wohin mit dem vielen Strom. Deswegen wird aus der Sache Investitionsstau im Grunde genommen ein Vakuum. Da ist nichts mehr. Im Gegenteil. Die Industrie klagt und fragt: Was passiert nach 1989, wenn wir dort ohne jede Aufträge stehen und keine Kraftwerke mehr bauen können?

    (Gerstein [CDU/CSU]: Warten Sie mal unsere Wachstumsraten ab! Dann sieht das anders aus!)

    — Ihre Wachstumsraten leihen Sie sich mit 2 % aus Amerika, während die USA das Wachstum von 4 % mit 200 Milliarden US-Dollar kreditfinanziert haben. Den Amerikanern geht mit ihren Raketen finanziell bald die Puste aus, und dann befürchte ich für uns wirtschaftspolitisch allerdings Schlimmes.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Sind Sie dann für den Bau von Brokdorf oder nicht?)

    — Ich glaube, die Sache in Brokdorf ist genehmigungsrechtlich abgefahren. Wir wollen nicht nachkarten. Die Sache ist, wenn Sie so wollen, planungstechnisch und bautechnisch und von der Finanzierungsseite her abgefahren. Da ist also mit einem Baustopp nichts mehr. Ich glaube, alles andere ist Sache der Betreiber und der Stromkunden, wie es da weitergeht.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich will noch eines sagen. Daß Sie zur Zeit Investitionsstau betreiben, will ich mal belegen. Sie haben eine Reihe von Techniken zur Verfügung, die die alte Bundesregierung noch mit finanziert hat, nämlich NOx-Techniken, Schwefeldioxidtechniken, entwickelte Techniken, die heute eingebaut werden könnten. Diese Techniken werden aber deswegen nicht eingebaut in die alten Kraftwerke, weil Ihre Haltung zu den Emissionswerten bei Schwefeldioxid und bei Stickoxiden unklar ist. Ich kann Ihnen sagen, daß die gesamte Kraftwerksindustrie mindestens bis Mitte nächsten Jahres gar nichts tun wird, um auf diesem Wege voranzukommen, weil die entsprechenden Vorschriften von Ihnen nicht gemacht worden sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Das hat Nachteile für die Arbeitsplätze, das hat Nachteile für die Umweltindustrie. Tausende von Arbeitsplätzen könnten dort geschaffen werden. Das hat Nachteile für das Ruhrgebiet, in dem j a viele Kraftwerke stehen; es ist eine alte Industrieregion. Sie machen neuerdings Investitionsstau. Bringen Sie Ihren Herrn Innenminister mal dazu, ein bißchen flotter zu arbeiten, aber nicht nur da, wo es darum geht, Bürgerrechte einzuschränken, sondern da, wo es darum geht, den Umweltschutz zu fördern. Da ist er sehr zurückhaltend. Auf diesem Gebiet sollten Sie mal ruhig ein bißchen Druck machen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Außerdem, muß man ja auch mal sagen, fördern Sie das Ruhrgebiet in bezug auf Kohle und Stahl nicht mehr in diesem Maße. Sie nehmen dort mittelfristig 264 Milliarden, Entschuldigung: 264 Millionen DM zurück.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Mit den Nullen ist das schwer!)

    — Ich kann das schon mit den Nullen. Ich komme gleich noch einmal auf eine Null zurück, Herr Stavenhagen.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Zahlen lesen!)

    Das kann man auch personifizieren. Passen Sie da
    auf. Es sind, das will ich noch einmal sagen, in der
    2958 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
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    mittelfristigen Finanzplanung 264 Millionen DM, die Sie für Kohle und Stahl zurücknehmen. Dazu sollten Sie sich bekennen. Sie können es j a durch den Minister gleich richtigstellen lassen. Der kommt ja noch und wird hier versuchen, das eine oder andere geradezubiegen.
    Jetzt komme ich mal zu Ihrem Minister, wenn mir die Zeit noch bleibt. Ihr Minister hat da so einige Sachen zur Bewertung von Technologie und zur Technologiefolgenabschätzung gesagt. Er hat bei der Staatsbürgerlichen Vereinigung — das ist eine CDU-Bildungsgemeinschaft — im Dezember 1981 zur parlamentarischen Kontrolle von Forschungspolitik gesagt — ich darf es mal zitieren —:
    Das Problem liegt darin, daß der Bundestag bis heute nicht imstande war, sich Instrumente zu schaffen, die auch nur einigermaßen angemessen sind. Die Instrumente des Parlaments sind aber geradezu grotesk und ungenügend. Der Forschungsausschuß hat seinen Sekretär, das Parlament insgesamt den Wissenschaftlichen Dienst. Fünf Mitarbeiter sind dort für das gesamte Parlament zuständig.
    Das haben Sie in der Opposition beklagt. Nun werden Sie sagen: Das hättet ihr ja ändern können, als ihr an der Regierung wart.

    (Lenzer [CDU/CSU]: Hätten Sie damals zugestimmt!)

    — Herr Lenzer, einverstanden. Ich habe es bedauert, daß wir da nicht gemeinsam vorangekommen sind. Aber jetzt ändern Sie es doch mal. Wir warten auf Ihre Initiative.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Nicht alles auf einmal!)

    Zur Mikroelektronik will ich noch eines sagen, da wird ja auch manches gefordert. Ich fordere den Minister auf, einmal Farbe zu bekennen und sich bei seinen konservativen Kollegen im Parlament einmal unbeliebt zu machen. Er weiß doch als Forschungsminister, wie negativ die Beschäftigungseffekte durch die Einführung neuer moderner Techniken, Mikroelektronik, Automaten und vielem anderen mehr sind. Wenn er es nicht aus der Prognose weiß, dann müßte er es aus der Vergangenheit, aus der empirischen Entwicklung wissen. Herr Riesenhuber, ich fordere Sie auf, Farbe zu bekennen. Sie wissen, das zwischen 500 000 und 2 Millionen Arbeitsplätze flöten gehen bis 1990. Alles andere ist Augenwischerei. Irgendwo dazwischen liegt es.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Panikmache ist das!)

    Sagen Sie das dem Parlament, und plädieren Sie letztlich und endlich auch für die Verkürzung der Arbeitszeit. Unterstützen Sie einmal die Arbeitnehmer und nicht nur die Unternehmer.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich komme zum Ende, hier leuchtet es auf. Ich habe hier zwei Zitate des Herrn Ministers. Ich zitiere — mit Genehmigung —:
    Forschungspolitik muß daher ohne Dogmatik betrieben werden als ein Prozeß, der sich auf der Suche nach Fortschritt immer wieder selbst kontrolliert.
    Ein zweites Zitat:
    Grundlagenforschung braucht auch den Platz für den genialen Spinner.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Richtig! Bravo! — Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Nicht jeder Spinner ist genial, Herr Vosen!)

    Zu den beiden Zitaten, die aus den erwähnten Reden stammen, möchte ich zwei Ermahnungen geben. Zum ersten Zitat: Machen Sie aus indirekter, direkter und spezifisch indirekter Forschungsförderung kein Dogma. Seien Sie kein Dogmatiker. Zum zweiten Zitat — „Grundlagenforschung braucht auch den Platz für den genialen Spinner" —: Stoppen Sie den genialen Spinner, der Sie zur Herausgabe eines Interviews beraten hat, auf Staatskosten, 24 Seiten, auf denen zwölfmal Riesenhuber im Bild erscheint.

    (Zurufe von der SPD: Mit Fliege! — „Geistige Erneuerung"!)