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ID1004209400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2865A Begrüßung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für das Flüchtlingswesen, Poul Hartling 2955 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. Dezember 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Sasbach und Marckoldsheim — Drucksache 10/252 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 10/688 — 2865 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zweiten Protokoll vom 17. Februar 1983 zur Änderung und Ergänzung des Abkommens vom 22. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern — Drucksache 10/461 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/694 — 2865 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes — Drucksache 10/556 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/714 — 2865 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/631, 10/659 — . . . . 2866 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/632, 10/659 — Conradi SPD 2866 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2867 C Seiters CDU/CSU 2868 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/633, 10/659 — . . . . 2868 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/636, 10/659 — und Art. 23, 24, 24a, 25 und 25a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/656, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/654 — Kühbacher SPD 2869 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 2872 D Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2878 A Dr. Hirsch FDP 2881 D Dr. Schmude SPD 2885 C Dr. Laufs CDU/CSU 2889A Schäfer (Offenburg) SPD 2893 B Baum FDP 2896 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2898 D Namentliche Abstimmung 2904 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/637, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/646, 10/659 — Helmrich CDU/CSU 2906 C Schmidt (München) SPD 2908 D Kleinert (Hannover) FDP 2911 B Schily GRÜNE 2912 C Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 2914 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/642, 10/659 — Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2916 C Metz CDU/CSU 2920 B Drabiniok GRÜNE 2922 C Hoffie FDP 2924 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 2926 C Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/643, 10/659 — Dr. Friedmann CDU/CSU 2928 B Paterna SPD 2930 B Hoffie FDP 2933 B Frau Reetz GRÜNE 2934 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 2936 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/649, 10/659 — und Art. 26 a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Müntefering SPD 2939 B Echternach CDU/CSU 2942 A Sauermilch GRÜNE 2944 D Gattermann FDP 2946 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 2948 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/651, 10/659 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2952 C Vosen SPD 2955 B Dr.-Ing. Laermann FDP 2958 D Frau Dr. Bard GRÜNE 2961 A Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2962 D Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/652, 10/659 — Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 III und Art. 22 des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Vogelsang SPD 2966 B Dr. Rose CDU/CSU 2968 B Dr. Jannsen GRÜNE 2971 B Neuhausen FDP 2972 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 2974 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/648, 10/659 — Brück SPD 2977 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2980 C Frau Gottwald GRÜNE 2983 B Frau Seiler-Albring FDP 2985 B Dr. Hauchler SPD 2987 D Dr. Pinger CDU/CSU 2991 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 2993 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/650, 10/659 — Heimann SPD 2997 B Stiegler SPD 2999 B Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 3000 C Schneider (Berlin) GRÜNE 3003 A Ronneburger FDP 3005 A Windelen, Bundesminister BMB . . . 3006 D Nächste Sitzung 3008 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3008 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2865 42. Sitzung Bonn, den 6. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Schlaga 6. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. Schreiner 9. 12. Voigt (Frankfurt) ** 6. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. Dr. Wörner 6. 12. ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Franz Müntefering


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Dr. Schneider, als Sie vor rund 14 Monaten das Amt des Bundesbauministers übernahmen und kurzfristig das Sonderprogramm zur Belebung des sozialen Wohnungsbaus und der Baunachfrage in Gang setzten, haben einige von uns vermutet, dahinter könnte vielleicht doch ein wohlgeordnetes Konzept stecken, das Sie in den Jahren der Opposition entwickelt hätten. Wir haben uns damals gewundert, daß Sie die zusätzliche hohe Verschuldung in Kauf nahmen — etwas, wofür Sie uns immer gerügt hatten. Wir haben uns gewundert und uns dagegen gewehrt, daß dieses Programm mit einer fragwürdigen rückzahlbaren Zwangsanleihe statt mit einer sauberen Ergänzungsabgabe finanziert wurde. Wir haben auch fachliche Zweifel wegen der Kumulationswirkung der verschiedenen Maßnahmen und der hohen Mitnehmereffekte geäußert. Insgesamt aber, Herr Dr. Schneider, haben wir Ihnen den Respekt für diese wohnungspolitische Initiative nicht versagt.
    Heute, nach 14 Monaten, müssen wir sagen: Wir haben uns geirrt.

    (Beifall bei der SPD)

    Da hat kein kluger Fachminister einen Eckpfeiler für eine Wohnungs- und Städtebaupolitik der 80er Jahre gesetzt, auf dem er seine Politik absichern und entwickeln kann. Die Wahrheit ist: Da haben es die Minister Stoltenberg und Lambsdorff zugelassen, daß der Bauminister — publikumswirksam rechtzeitig vor der Bundestagswahl — das Gaspedal einmal kräftig durchtreten durfte. Das war es dann auch.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Das glauben Sie j a selber nicht!)

    Seitdem ist der Bauminister in dieser Bundesregierung das fünfte Rad am Wagen. Mal süßsauer, mal stumm, mal mit verhaltenem Zorn und mal ergeben läßt er die bewährten Instrumente des Wohnungs- und Städtebaus zerfasern, ohne gleichzeitig gleichwertiges Neues an deren Stelle zu setzen. Das läuft jetzt seit gut einem Jahr. Die Negativliste ist inzwischen lang geworden.
    Diese Koalition behauptet, eigenheimfreundlich zu sein, aber sie zwingt auch die kleinen Eigenheimer, 2 % Grunderwerbsteuer zu zahlen. Für viele Betroffene sind das zusätzliche 1 000 DM und mehr. Gleichzeitig werden die entlastet, die Villen bauen oder kaufen. Der Bauminister rechtfertigt dies.
    CDU/CSU und FDP kürzen am Wohngeld der Behinderten und der Alleinerziehenden. 50 bis 60 Millionen DM bekommen Alleinerziehende — das sind meist Frauen mit Kindern — weniger an Wohngeld, weil die Koalition ihnen die Freibeträge für Kinder zusammengestrichen hat. Der Bauminister schweigt dazu. Da zeigt sich die Rolle des Wohnungsbauministers in dieser Regierung: 7 bis 8 Milliarden DM geliehenes Geld ins Land pumpen und Neubau anregen ist eines, aber wenn es darum geht, das Wohngeld für Alleinstehende mit Kindern zu sichern, dann versagt der Bauminister jämmerlich.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben Ihr Wort, Herr Minister, daß zum 1. Janura 1985 eine Wohngeldnovelle in Kraft tritt. Wenn das mit dem erforderlichen Vorlauf stimmen soll, muß sie zum 1. Juli des nächsten Jahres hier beschlossen sein. Wir sind gespannt und fordern Sie heute noch einmal eindringlich auf: Legen Sie die Wohngeldnovelle als Entwurf möglichst bald auf den Tisch.

    (Beifall bei der SPD)

    Achten Sie darauf, daß die unsozialen Einschnitte korrigiert und daß der dringliche Nachholbedarf damit gedeckt wird.
    Zum Mietrecht! Da genehmigten sich CDU/CSU und FDP zunächst einmal die Verwirklichung eines Herzensanliegens. Das soziale Mietrecht wurde zusammengestrichen. Der Bauminister hatte zwei Argumente parat. Erstens, alles ist halb so schlimm, die Mieter brauchen keine Angst zu haben. Zweitens, die Änderungen im Mietrecht führen zu Neubauten im Mietwohnungsbau. Heute wissen wir:
    2940 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Müntefering
    Beide Argumente waren und sind falsch. Die Mieter haben Grund, Angst vor exorbitanten Mieterhöhungen zu haben, und der Mietwohnungsbau hat durch die Mietrechtsänderungen natürlich keine neuen Impulse bekommen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Stimmt nicht! — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Das ist unzutreffend! Fragen Sie die Versicherungswirtschaft!)

    Ich fordere Sie auf, Herr Minister, den Mißerfolg der Mietrechtsänderungen einzugestehen und sobald wie möglich einen Entwurf auf den Tisch zu legen, mit dem wir diesem neuen Schneiderschen Mietrecht die Giftzähne ziehen können.

    (Beifall bei der SPD)

    Noch in dieser Woche soll die Situation im Mietwohnungsbereich erneut verschärft werden. Im Steuerentlastungsgesetz ist eine neue Regelung zum Bauherrenmodell vorgesehen, die die große Gefahr in sich birgt, daß zukünftig spekulatives Geld vielleicht nicht mehr so stark in den Neubau, wohl aber in den Bestand fließt, Stichwort: Erwerbermodelle. Die Konsequenzen kennen wir alle: Aufkauf von Mietwohnungen, Supermodernisierung, Umwandlung in Einzeleigentum, Mieterverdrängung. Der Bauminister sagt ja dazu. Unbegreiflich!

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sie verkennen die Sachzusammenhänge!)

    Die Kolleginnen und Kollegen der Koalition im Wohnungsbauausschuß haben wohl gemerkt, daß da etwas nicht stimmen kann und waren einverstanden, mit uns zusammen eine Entschließung zu verabschieden, in der die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert wird, über die Konsequenzen dieser Gesetzgebung für die Erwerbermodelle, für die Bauherrenmodelle und damit für die Mieter im nächsten Jahr Rechenschaft abzulegen. Übrigens ist es für die Vereinbarung dieses neuen Gesetzes noch nicht zu spät. Man könnte dieses noch in dieser Woche mit unserer Hilfe verhindern.
    Der Posten Modernisierung, Herr Dr. Schneider, kommt in Ihrem Etat nicht mehr vor. Das zweite Standbein der Wohnungs- und Städtebaupolitik, die Bestandspolitik, wird sträflich vernachlässigt. Die leichte Aufstockung bei den Sanierungsmitteln macht eine Verknüpfung mit der behutsamen Stadterneuerung und mit der Modernisierung und dem Energiesparen am Bau nicht überflüssig. Im Gegenteil: Wohnungen erhalten ist wichtig und meist sogar billiger als neue Wohnungen zu bauen.

    (Beifall bei der SPD)

    An dieser Stelle wird besonders deutlich, wie konzeptionslos das Sonderprogramm im letzten Jahr gewesen ist: Ohne jede Flankierung, zu Lasten der Bestände und keineswegs mit optimalem Arbeitsmarkteffekt; denn, Herr Dr. Schneider, wir alle wissen, daß der Anstoß für die Arbeitsplatzschaffung nirgendwo höher ist als bei der Modernisierung und der behutsamen Stadterneuerung. Der Bauminister läßt die Bestandspolitik im Stich.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Die Mittel sind doch erhöht worden, das wissen Sie!)

    Der Bauminister äußert sich auch nicht dazu, daß seine Regierung eine Verbesserung der Gemeindefinanzen, von der SPD vorgeschlagen, ablehnt. Müßte nicht der Bauminister in die Bresche springen und seinen Kollegen im Kabinett deutlich machen, daß es ein Nullsummenspiel ist, wenn er teure Sonderprogramme finanziert, gleichzeitig aber die Investitionskraft der Gemeinden immer weiter wegschrumpft? Ist es denn nicht bekannt, Herr Minister Dr. Schneider, daß trotz des Sonderprogramms die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter fast unverändert hoch geblieben ist? Da müßte sich doch der Wohnungsbauminister zu Wort melden.

    (Beifall bei der SPD)

    Zum Bausparen: Da gibt es einen neuen Höhepunkt Schneiderscher Wirkungslosigkeit; denn wir sollen in dieser Woche im Rahmen einer Änderung des Vermögensbildungsgesetzes beschließen, daß im Bereich Bausparen die 624 DM übersteigenden Beträge nicht als begünstigt anzusehen sind. Damit würde das Bausparen negativ betroffen. Die Wartezeiten bis zur Zuteilungsreife von Bausparverträgen würde für viele Bauwillige noch länger. Die Kollegen der CDU/CSU im Ausschuß zeigten wieder einmal guten Willen, aber auch Ohnmacht. Das gilt übrigens auch für die Rücknahme der Sperrfrist für Bausparverträge von zehn auf sieben Jahre. Diese Forderung ist deckungsgleich mit der Ihren, Herr Minister. Trotzdem wird sie von dieser Regierung, von dieser Koalition abgelehnt. Ich stelle fest: Der Bauminister kann sich nicht durchsetzen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sie haben auch Eingriffe ins Bausparen gemacht, als Sie regierten!)

    Die Konzeptionslosigkeit dieser Regierung in Sachen Wohnungs- und Städtebau steigerte sich heute vor zehn Tagen auf wirklich einmalige Weise. Die Runde der Bauminister aller Länder — aller Länder! — verweigerte dem Bundesbauminister die Zustimmung zur Zweiten Berechnungsverordnung, interessanterweise genau mit dem Argument, das auch schon die Sozialdemokraten im Bauausschuß des Deutschen Bundestages in Antragsform vorgebracht hatten. Die Länderminister fanden nämlich wie wir, daß die Instandhaltungskosten für die jüngeren Baujahrgänge nicht so stark angehoben werden dürften, wie von der Regierung vorgeschlagen, nämlich von 6,90 DM/qm im Jahr auf 11 DM/qm im Jahr für die Baujahrgänge ab 1970. Anders ausgedrückt: Zusätzliche 35 Pfennig je qm im Monat sind für diese ohnehin teuren Wohnungen zuviel. Wir fordern Sie auf, Herr Minister, heute hier zu erklären, daß Sie die Bedenken der Länderminister und unsere nunmehr aufnehmen und eine geänderte Fassung der Berechnungsverordnung vorlegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2941
    Müntefering
    Hier will ich mir einen Einschub im Rückgriff auf die Debatte von soeben erlauben. Herr Minister, in dieser Zweiten Berechnungsverordnung gibt es erste Ansatzpunkte dafür, Breitbandkabelanschlüsse in den Wohnungen als Modernisierungstatbestand zu akzeptieren. In der Zweiten Berechnungsverordnung ist zwar nur von den Betriebskosten die Rede, aber es ist ein Wort des Bauministers fällig, das eindeutig klarstellt, daß Sie nicht wollen, daß Breitbandverkabelung als Modernisierung akzeptiert und vielen Millionen Mietern aufgezwungen wird; denn dies kostet doch auch wieder Geld.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Das wird in der Verordnung doch gar nicht geregelt!)

    Da muß der Bauminister endlich einmal ein deutliches Wort sagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bauminister der Länder haben Sie übrigens an einem zweiten Punkt auflaufen lassen, nämlich da, wo es um die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen ging. Die Länderminister haben gemeint, daß die Vorlage der ARGEBAU eine gute Grundlage für die fällige Gesetzgebung sei und Sie aufgefordert, aus wohnungspolitischer Sicht am Prinzip der Gemeinnützigkeit festzuhalten und den sozialen Auftrag dieser Unternehmen im Gesetz deutlicher als bisher zu fassen. Wörtlich formulierten die Länderminister dann:
    Die Ministerkonferenz hält es nicht für zweckmäßig, daß die Bundesregierung eine weitere Kommission, die sich mit dieser Frage befaßt, einberuft, weil dies das Verfahren nur unnötig verzögern würde.
    Herr Minister, dies ist eine Hilfe für Sie. Geben Sie dies an den Finanzminister weiter, damit in dessen Haus endlich aufgehört wird, im Bereich der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen noch weiter herumzuschnippeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Wohnungseigentumspolitik hat sich schon in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten als wichtiger Faktor des Wohnungsbaus gezeigt und wird auch weiterhin der entscheidende Ansatzpunkt bei der Verbesserung der Wohnungsversorgung sein. Weshalb man dieses Ja zum Eigenheim und zur Eigentumswohnung immer wieder mit einer Attacke gegen den sozialen Mietwohnungsbau verbinden muß, wie durch Kollege Echternach kürzlich geschehen — er wird gleich Gelegenheit haben, sich hier zu äußern —, ist mir allerdings unerfindlich. Öffentlich geförderter Sozialmietwohnungsbau ist in weiten Teilen des Landes nicht mehr erforderlich — da sind wir uns einig —, wohl aber in einigen Bedarfsschwerpunkten. Und das sind im wesentlichen die großen Städte. Die dürfen wir nicht mit diesem Problem allein lassen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Möller [CDU/ CSU]: Da stehen die Wohnungen zum Teil leer!)

    Gleichzeitig sind und bleiben Eigenheime und Eigentumswohnungen im Bereich des Neubaus der
    wichtigste Ansatzpunkt zur Verbesserung der Wohnungsversorgung; übrigens auch der Ansatzpunkt, der die öffentliche Hand am wenigsten kostet. Eigennutzende Eigenheimer bekommen ein Fünftel oder ein Siebtel dessen von der öffentlichen Hand, was beispielsweise Bauherrenmodelle den Staat kosten. Es ist wichtig — wir sind bereit, daran mitzuwirken —, den Bau von Eigenheimen und Eigentumswohnungen zu stabilisieren und die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit er auch mittelfristig stetig fortgeführt werden kann.
    Schlaglochpolitik an dieser Stelle ist falsch. Sonderprogramme, die zu einer künstlichen Konjunktur führen und das nächste Tal schon programmiert haben, sind falsch. Wir brauchen eine Konzeption, die dafür sorgt, daß auch der Eigenheimbau in den 80er und 90er Jahren mit Stetigkeit fortgeführt werden kann.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sie sind lernfähig!)

    Sie hatten für November dieses Jahres das Konzept versprochen. Gesehen worden ist es bisher noch nicht.

    (Zuruf des Abg. Dr.-Ing. Kansy [CDU/ CSU])

    Ich will Ihnen mit einigen wenigen Stichworten andeuten, wo wir Sozialdemokraten Handlungsbedarf sehen und was wir fordern:
    Erstens. Abzug von der Steuerschuld statt der bisherigen 7-b-Regelung, die sozialpolitisch ungerecht ist.
    Zweitens. Neuregelung im Bereich der Nutzungswertbesteuerung, die bisher eine vergleichsweise ungünstige Regelung für eigennutzende Eigenheimer ist.
    Drittens. Verstärkte Förderung des Vorsparens — des Bausparens —, denn eine angemessene Eigenfinanzierungsquote ist für viele potentielle Bauherren Voraussetzung für die endgültige Bauentscheidung.
    Viertens. Förderung des kosten- und flächensparenden Bauens.

    (Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sie laufen der Entwicklung nach!)

    Wir müssen die knappen Mittel mit Vorrang an die lenken, die bewußt sparen und flächensparend bauen.
    Fünftens nenne ich die Initiative im Bereich des Bau- und Bodenrechts. Bisher sind der Mangel an Bauplätzen und die explosionsartig gestiegenen Bodenpreise das entscheidende Hemmnis für viele Bauwillige.
    Wir fordern Sie auf, Herr Minister: Legen Sie Ihr Konzept für die verbesserte Förderung des Eigenheim- und Eigentumswohnungsbaus endlich auf den Tisch, und ziehen Sie die Konsequenzen aus dem Wirkungsbericht, der 1982 von Ihrem Vorgänger, Herrn Dr. Haack, vorgelegt worden ist und der
    2942 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Müntefering
    uns alle verpflichtet und ermutigt, dem Eigenheimbau neue Impulse zu geben.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Dr. Möller [CDU/CSU])

    Das wird die wichtigste wohnungspolitische Aufgabe der nächsten Monate sein.
    Heute können wir dem Einzelplan 25 keine Zustimmung geben, denn er dokumentiert wohnungs- und städtebaupolitische Konzeptionslosigkeit.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Glauben Sie das alles?)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Echternach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jürgen Echternach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Müntefering, ich bewundere Ihren Mut, angesichts des Fiaskos, das Sie in der Wohnungspolitik hinterlassen haben, in dieser Weise heute hier zu polemisieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Als Sie vor einem Jahr am Ende waren, da war der Wohnungsbau an einem Tiefpunkt angekommen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Am Tiefstpunkt!)

    Der freifinanzierte Mietwohnungsbau war praktisch tot, und der soziale Wohnungsbau konnte dank Ihrer Schuldenpolitik die Versorgungslücke auch nicht annähernd schließen, sondern schrumpfte selbst rapide. Ihre Politik der vergangenen Jahre hat doch dazu geführt, daß immer weniger Wohnungen gebaut und dadurch immer mehr Bauarbeiter arbeitslos wurden. Opfer Ihrer Politik sind vor allem die sozial Schwächeren am Wohnungsmarkt geworden: die Jungverheirateten und die Kinderreichen.
    Wenn Sie dem Bundeswohnungsbauminister und der neuen Bundesregierung vorwerfen, daß es keine Belebung für den Mietwohnungsbau gegeben hat, dann kann ich nur sagen: Sie stellen die Tatsachen, Sie stellen die Wahrheit auf den Kopf. Es hat in keinem anderen Wirtschaftszweig einen so rasanten Anstieg der Nachfrage gegeben wie im Wohnungsbaubereich. In den ersten neuen Monaten dieses Jahres stieg die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen um über 24 % an, und zwar nicht nur die Baugenehmigungen, wie uns der „Spiegel" dieser Tage glauben machen wollte; noch viel stärker als die Baugenehmigungen stieg die reale Auftragsvergabe an das Bauhauptgewerbe im Wohnungsbausektor an, nämlich um 27 %.

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Der „Spiegel" ist nicht zitierfähig!)

    Nicht nur die Bausparer, sondern auch die großen Kapitalanleger sind an den Wohnungsmarkt zurückgekehrt. Die deutschen Versicherer haben dieser Tage mitgeteilt, daß sie in diesem Jahr ihre Aufwendungen für den Mietwohnungsbau gegenüber dem Vorjahr verdoppelt haben. Dagegen ist die Zahl der Insolvenzen im Bauhauptgewerbe, die in den letzten Jahren so stark angestiegen war, deutlich zurückgegangen, und die Zahl der arbeitslosen
    Bauarbeiter hat den niedrigsten Stand seit zwei Jahren erreicht. Das nennen Sie tatsächlich allen Ernstes das Desaster der Wohnungsbaupolitik der Regierung Kohl. Man kann sich nur wundern, wie blind Sie gegenüber den Tatsachen geworden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege Müntefering, Sie sprechen von exorbitanten Mieterhöhungen. Mit dieser Behauptung haben Sie einmal, vor einem Jahr, Glück gehabt — das gebe ich zu —, bei der Hamburger Wahl. Aber seither werden Sie fortlaufend durch die Wirklichkeit widerlegt. Die nüchternen Zahlen weisen aus, daß Sie damit die Unwahrheit sagen, zu Unrecht versuchen, Angst bei den Mietern zu verbreiten, daß Sie versuchen, wiederum den Frieden zwischen Mieter und Vermieter zu stören.
    Ich möchte Ihnen nur vier nüchterne Zahlen vorhalten:
    Erstens. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres ist der Mietenindex um 5,4 % gestiegen.
    Zweitens. Weitaus stärker innerhalb der Mietenbewegung stiegen die Mieten dort, wo das neue Mietrecht überhaupt nicht gilt, nämlich im Bereich der Sozialmieten. Dort stiegen die Mieten um 6,6 %. Hier wirken eben vor allem die administrativen Preiserhöhungen, z. B. die rasanten Steigerungen für Wasser, für Müll, für Abwasserbeseitigung, für Straßenreinigung usw., die vielfach zu beobachten sind.
    Drittens. Die Mieten im frei finanzierten Wohnungsbau, nämlich dort, wo die neuen Mietgesetze der Koalition gelten, sind weit geringer gestiegen, nämlich um 4,1 % im gleichen Zeitraum, weil eben größere Mietanhebungen auf dem Markt überhaupt nicht mehr durchgesetzt werden können.
    Viertens. Für denselben Bereich der Wohnungen stiegen die Mieten im Jahr zuvor, in den ersten zehn Monaten des letzten Jahres, wesentlich stärker, nämlich um 4,5 %. Das war also während Ihrer Regierungszeit.
    Damit dürfte die Mär von der angeblich mietsteigernden Wirkung der neuen Mietgesetze endgültig widerlegt sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im übrigen zeigt die Marktentwicklung, daß die Stellung des Mieters um so stärker ist, je mehr Wohnungen gebaut werden, und daß der beste Mieterschutz eben die von uns begonnene verstärkte Wohnungsbauförderung ist.
    Ihre Behauptungen, die Sie vorgetragen haben, sind einfach unglaubwürdig und im Grunde Vorwürfe an die Adresse Ihrer eigenen gescheiterten Regierung. Wenn Sie z. B. der neuen Regierung vorwerfen, daß es das Modernisierungsprogramm nicht mehr gebe, dann sollten Sie sich bei Ihrem Kollegen Haack erkundigen, wie es tatsächlich dazu kam. Unter seiner Amtsführung, auf seine Veranlassung hin ist das Auslaufen des Wohnungsmodernisierungsprogramms beschlossen worden.

    (Müntefering [SPD]: Das ist nicht wahr!)

    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn. Dienstag. den 6. Dezember 1983 2943
    Echternach
    — Das ist wahr. Das kann ich Ihnen sogar schwarz auf weiß nachweisen, Herr Müntefering.