Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Friedmann hat zu Recht gesagt, daß es sich bei der Deutschen Bundespost um ein gutes und seriöses Unternehmen handle. Dem stimmen wir zu.
Leider hat dieses seriöse Unternehmen einen unseriösen Minister; deswegen lehnen wir den Haushalt ab.
Zweitens. Sie haben gesagt, die Diskussion um die Breitbandverkabelung habe zu sehr im Vordergrund gestanden. Das ist richtig. Aber auch dies geht auf das Konto des Ministers, weil er sich um die vielen, vielen anderen Aufgaben, von denen Sie geredet haben, nicht kümmert.
Sie haben gesagt, die Mitarbeiter täten treu und redlich ihre Pflicht. Das ist richtig. Aber wie Sie mit diesen Mitarbeitern umgehen, darüber wird noch zu reden sein.
Und, Herr Kollege Friedmann, Sie haben vor der 35-Stunden-Woche gewarnt. Da waren Sie nun auf dem Glatteis; denn wenn Sie rechnen — das hat übrigens Herr Zurhorst gerechnet, und nicht Sie —, daß 30 000 Mitarbeiter zusätzlich nötig wären, würde das 1,5 Milliarden DM kosten. Nun haben Sie bei Ihrer Rechnung erst einmal 1 Milliarde DM in die Tasche gesteckt. Das sind nämlich nicht 2,4 Milliarden DM, sondern 3,4 Milliarden DM Überschuß. 1 Milliarde DM ist in die Rücklagen verschwunden. Und außerdem: Wenn Sie sich an Ihre großen Reden hier erinnern, in denen Sie gegen die Erhöhung der Postablieferung auf 10 % gekämpft haben, und die, entsprechend Ihren eigenen Anträgen, auf 6,6 % zurückführten, könnten Sie damit allein die 35Stunden-Woche finanzieren
und würden Einsparungen bei der Finanzierung der Arbeitslosigkeit machen: denn die ist bekanntlich auch nicht umsonst. Mit der 35-Stunden-Woche jedenfalls ruinieren Sie die Bundespost nicht.
Es gibt andere Methoden, vor denen wir hier zu warnen haben und von denen hier noch die Rede sein wird.
Die imponierenden Zahlen brauche ich nicht zu wiederholen. Die waren richtig. Allerdings, Herr Kollege Friedmann — darüber sollten wir einmal in Ruhe nachdenken —, ist es doch sehr problematisch, daß ein so großer Haushalt mit einem solchen Investitionsvolumen und solcher Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft der parlamentarischen Kontrolle völlig entzogen ist; denn über den eigentlichen Haushalt, den Investitionshaushalt, den Sachhaushalt, den Personalhaushalt, reden wir hier gar nicht. Das macht der Postverwaltungsrat. Ob angesichts dieser Bedeutung und der ungenügenden Kontrollmöglichkeiten des Postverwaltungsrates das Parlament auf Dauer mit dieser Lösung gut beraten ist, darüber sollten wir noch einmal reden.
Nun komme ich gleich — weil Sie davon gesprochen haben — zum Personalhaushalt. Herr Kollege Friedmann, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, nach Jahren, in denen das Personal bei der Deutschen Bundespost vergrößert wurde, reduzieren Sie im Jahre 1984 zum erstenmal die Zahl der Arbeitskräfte — in dem Jahr, in dem es die höchste Arbeitslosenzahl geben wird, die es jemals gegeben hat, seit es Arbeitslosenstatistiken gibt. Dies ist unverantwortlich.
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Paterna
— Bei den Beschäftigten machen sie 4 800 minus. Da brauchen Sie doch nicht so laut dazwischenzurufen. Das geben doch die Zahlen her.
Das damit natürlich auch die „segensreichen Wirkungen" der Verkabelungspolitik auf die Beschäftigung entlarvt werden — dies nur nebenbei.
Übrigens: Wenn man sich die Zahlen genauer ansieht, ist noch etwas anderes interessant. Die Zahl der Beamtenstellen erhöht sich nämlich um 4 000, während die Zahl der Arbeiter und Angestellten um 9 000 zurückgeht. Man fährt also nicht nur den Beschäftigungshaushalt herunter, sondern man schwächt dabei gleichzeitig noch den Tarifbereich doppelt.
Der zweite Skandal, der sich im Bereich des Personalhaushalts der Bundespost vollzieht, betrifft die Tatsache,
daß die Zahl der Ausbildungsplätze im nächsten Jahr um 650 heruntergefahren wird. Da frage ich: Wo ist denn die Glaubwürdigkeit dieser Bundesregierung, die ständig Appelle an die Privatwirtschaft richtet, insbesondere an die mittelständische Wirtschaft, während sie in ihrem eigenen gesunden Unternehmen die Zahl der Ausbildungsplätze im nächsten Jahr zurückfährt? Das können Sie doch gar nicht verantworten.
In Wirklichkeit sinkt diese Zahl nicht nur um 650; in Wirklichkeit — bei der anderen Zahl sind Rechentricks im Spiel — sinkt sie um mehr als 1 000. Dies hat mit glaubwürdiger Politik überhaupt nichts mehr zu tun.
Ich muß hier auch ein Wort über die Null-Runde im öffentlichen Dienst verlieren. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, wissen doch ganz genau, daß bei der Deutschen Bundespost etwa 90 % der Mitarbeiter im mittleren und einfachen Dienst sind. Was es für die bedeutet, wenn eine Null-Runde gefahren wird, brauche ich Ihnen doch hier im einzelnen nicht vorzurechnen. Das geht wirklich an die Substanz der Postler, die Sie gerade so gelobt haben, und ihrer Familien. Dieses ist unzumutbar.
Wenn der Postminister angesichts dieser imponierenden Zahlen nicht einmal Manns genug ist, in seinem Bereich den Essensgeldzuschuß nicht streichen zu lassen, dann frage ich mich wirklich, wie er denn glaubt, in Zukunft die Beschäftigten noch zu motivieren, von denen doch das Wohl dieses Unternehmens und seiner Kunden im wesentlichen abhängt. Ich sehe da im wahrsten Sinne des Wortes schwarz.
Nun zur Unternehmenspolitik. Ich will mich dabei auf den stellvertretenden Sachverständigen für das Finanzwesen beziehen, der ja dem Postverwaltungsrat pflichtgemäß zu berichten hat. Er hat Ausführungen gemacht über das Postwesen, über die Kostendeckungsgrade, über den Paketdienst, über den Päckchendienst, über den Postzeitungsdienst. Er hat seine Sorgen angemeldet, und fährt dann wörtlich fort — ich zitiere —:
Hier muß eine grundsätzliche Lösung gefunden werden. Für die Beurteilung der Gesamtsituation im Postwesen wäre es wichtig zu erfahren, welche Konzeption die Bundespost zur Bereinigung der strukturellen Probleme in diesem Bereich hat.
Meine Damen und Herren, diese Feststellung können wir dick unterstreichen. Die SPD-Fraktion beklagt bei jeder Gelegenheit, daß der Postminister sich fast ausschließlich mit seinen medienpolitischen Hobbies beschäftigt und die eigentlichen Aufgaben der Unternehmensführung und insbesondere die Konzeptionen für die gelbe Post vernachlässigt; denn von Konzeption ist im Postwesen keine Spur zu entdecken. Das einzige, was so als Zipfel hervorscheint, wenn man in das Ministerium hineinlauscht, sind Überlegungen zur Verschlechterung der Bedienungsqualität.
Dann werden die Befürchtungen Wirklichkeit, die wir ständig ausgesprochen haben, nämlich daß die Postkunden entweder durch Gebührenerhöhungen oder durch eine Verschlechterung der Bedienungsqualität oder durch eine Kombination aus beidem die medienpolitischen Abenteuer zu bezahlen haben.
Bezüglich der Leistungs- und Kostenrechnung für das Jahr 1982 möchte ich mich ebenfalls auf den stellvertretenden Sachverständigen für das Finanzwesen beziehen, Herr Kollege, und Ihnen auch dazu etwas zitieren. Da heißt es nämlich, nachdem über die problematische zukünftige Entwicklung der Fernsprechdienste und die Ungewißheit über die marktmäßige Akzeptanz der neuen Medien geredet worden ist — wörtliches Zitat —: „Oberstes Gebot muß weiterhin eine effektive Kostenkontrolle sein." Herr Kollege Friedmann, dem stimmen Sie sicher zu. Aber wenn Sie sich die Rechnungen angucken, dann werden Sie mir zugeben, daß von einer effektiven Kostenkontrolle in diesem Punkte überhaupt nicht die Rede sein kann. Wie anders wäre denn sonst wohl der Beschluß des Rechnungsprüfungsausschusses zustande gekommen, der Bundesrechnungshof möge sich mit dieser Frage einmal eingehend beschäftigen? Im Bereich der Breitbandverkabelung kann es dann ja wohl mit der Kostenkontrolle bisher so weit her nicht sein; einfach deswegen, weil dieses Ministerium die Offenlegung dieser Zahlen ständig verweigert.
Wenn Sie nun in den Haushalt gucken, werden Sie feststellen, daß es da allerdings einen ganz interessanten Punkt gibt. Auch im Jahr 1984 ist 1 Milliarde DM für Breitbandverkabelung vorgesehen.
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Paterna
Auf der Einnahmeseite finden Sie, ganz verschämt plaziert, 95 Millionen DM. Das setzen Sie nun einmal in Relation zueinander. Da kann man natürlich sagen, das werde in Zukunft mehr werden. Okay.
Aber die Diskrepanz zwischen Ausgaben und Einnahmen ist derart gravierend, daß man schon ein hoffnungsloser Utopist sein muß, um zu glauben, daß das jemals ins Gleichgewicht kommt.
Vor allen Dingen dürfen Sie nicht den Fehler machen, nun nur auf diese 1 Milliarde DM für Breitbandverkabelung zu gucken. Es kommen ja noch eine ganze Menge Pöstchen hinzu: Von den 115 Millionen DM für Werbung geht z. B. ein Teil auf das Konto dieser Verkabelung; 105 Millionen DM u. a. für Rundfunkempfangsstellen — hängt damit zusammen —; 70 Millionen DM für Richtfunkanlagen; 150 Millionen DM in einem Jahr für den deutschen Fernmeldesatelliten — den wir im Prinzip begrüßen; aber wir warten noch auf die Antwort auf die Frage, wie viele Kanäle für Medienpolitik reserviert sind und was auf dieses Konto gebucht werden muß —, und die 70 Millionen DM für den TV-Satelliten sollen auch bezahlt werden. Wie das alles eine vernünftige Konzeption ergeben soll und was das alles unter dem Strich ergibt, wissen Sie alle nicht.
Daß es keine längerfristige Ausbauperspektive unter den Stichworten „Digitalisierung" und „Glasfaser" gibt, wissen Sie selbst. Das ist für die Individual-, für die geschäftliche Kommunikation und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit wirklich sehr entscheidend. Da gebe ich Ihnen recht. Dagegen spielt das andere, von dem hier häufig im Streit die Rede ist, für die Wettbewerbsfähigkeit keine Rolle.
Nun wäre es natürlich wieder interessant, das näher zu beleuchten, was wir mit Zwangsverkabelung und Zwangsbeglückung bezeichnen. Das betrifft das Mietrecht sowohl im frei finanzierten als auch im sozialen Wohnungsbau. Immerhin haben wir eine gewisse Hoffnung, da die Wohnungsbauminister die Zwangsbeglückung der Sozialmieter erst einmal gestoppt haben. Wir werden das weiter beobachten.
Ich will zum Schluß auf einen interessanten Punkt zu sprechen kommen. Ein Beispiel macht deutlich, wie der Minister Wahrheiten verschleiert. Im Postausschuß wurde der Minister um Stellungnahme zu einem Artikel in der „Stuttgarter Zeitung" vom 24. November 1983 gebeten. In diesem Artikel hieß es — ich zitiere wörtlich —:
Der Postminister muß sich darauf einstellen, daß die Monopolisierung der Post in einigen Bereichen aufgeweicht wird. So plant das Forschungsministerium, zumindest im Bereich der Endgeräte verstärkt marktwirtschaftliche Lösungen durchzusetzen. Eine, wie es heißt, hochrangige Kommission aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik soll bis Ende 1985 Vorstellungen entwickeln, ob private oder öffentliche Fernmeldebetriebsgesellschaften mehr Vor- oder Nachteile haben, Lösungsansätze für die Trennung von Hoheits- und Unternehmensaufgaben im Post- und Fernmeldewesen entwikkeln, aber auch die Vor- und Nachteile einer Aufteilung des Postwesens und des Fernmeldebereichs in unabhängige Unternehmen darstellen.
Daß es hier mit der Axt an die Wurzel des Unternehmens geht, ist ja wohl klar.
Nun ist der Postminister gefragt worden, ob denn das so zutreffe, was da stehe. Er hat sich im Postausschuß dahin gehend geäußert, das sei ohne Abstimmung mit dem Postministerium veröffentlicht worden, es gebe keine Absicht in dieser Richtung. Dabei hat der Minister allerdings vergessen, daß er von seinem Kollegen Forschungsminister schon am 29. Juni 1983 einen Brief zu diesem Thema gekriegt hatte, auf dem handschriftlich extra „Lieber Christian" hinzugefügt worden war. Er vergaß auch zu erwähnen, daß es einen Berichtsentwurf der Bundesregierung zur Informationstechnik in der Bundesrepublik Deutschland gibt. Der stammt vom 6. Oktober 1983.
In diesem Bericht liest man dann — ich bitte doch einmal um Ihre Aufmerksamkeit, damit Sie dazu Stellung nehmen können —:
Die Vor- und Nachteile privater und öffentlicher Fernmeldebetriebsgesellschaften im internationalen Bereich sollen untersucht werden.
Warum wohl?
Lösungsansätze für die Trennung von Hoheitsund Unternehmensaufgaben im Post- und Fernmeldewesen sollen untersucht werden. Warum wohl?
Es geht um Vor- und Nachteile der Aufteilung von Post- und Fernmeldewesen in unabhängige Einzelunternehmen.
Das alles wird dann einfach mit flotten Sprüchen vom Tisch gewischt, und zwar wahrheitswidrig, wie ich feststellen muß.
Man muß sich wirklich einmal hier im Saal umsehen, wer alles gefragt ist, wenn der Postminister in Rede steht. Da muß der Außenminister eigentlich dasein, der nun nicht dasein kann, aber zumindest ein Vertreter müßte dasein, weil Schwarz-Schilling auch gern über die Grenzen geht, um Medienklau zu betreiben. Da sind der Innenminister und der Justizminister gefragt, weil er mit diesen Plänen, von denen ich soeben geredet habe, die Verfassung dieser Republik brechen wird. Da muß der Wohnungsbauminister dasein, weil er an seine Mieter rangeht. Da muß der innerdeutsche Minister dasein — er ist dankenswerter Weise da —, weil mit der Verkabelung die „Brüder und Schwestern" in der DDR von unserer Medienversorgung abgenabelt werden. Vielleicht sollte er auch darüber einmal nachdenken.
Da sollten vor allen Dingen mal die Ministerpräsidenten dasein, von denen keiner da ist, in deren Handwerk der Postminister ständig herumpfuscht und von denen er gerade in der letzten Sitzung zurückgepfiffen worden ist.
Meine Damen und Herren, wir können aus diesen und einer ganzen Reihe anderer Gründe dem, was sich hier im Bereich der Bundespost abspielt, nicht zustimmen. Wir befürchten, daß, wenn diese Politik so weitergeht, dieses heute in der Tat noch gesunde, leistungsfähige Unternehmen auf Dauer zu einer zweiten Bundesbahn werden könnte, von der im vorigen Kapitel gerade die Rede war. Es sollte eigentlich unser Anliegen sein, dieses gemeinsam zu verhindern.
Vielen Dank.