Der Erfahrungsbericht zum Abwasserabgabengesetz bildet eine solide Basis, um Wirkung und Praktikabilität des Gesetzes mit allen Beteiligten unvoreingenommen zu erörtern. Es kann nur um Verbesserungen gehen; weniger Umweltschutz wird es auch in diesem Bereich nicht geben.
Die Lösung der Probleme der Werra-Versalzung und der erheblich belasteten Elbe muß vorangebracht werden. Die DDR hat sich vor kurzem zu weiteren Gesprächen bereit erklärt. Voraussetzung ist eine gemeinsame Linie des Bundes und der vier beteiligten Länder.
Mit Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen besteht Einvernehmen.
Ich hoffe zuversichtlich, daß sich auch Hessen diesem wichtigen umweltpolitischen Vorhaben nicht weiter verschließen wird.
Im Fall des bayerisch-thüringischen Grenzflusses Röden haben wir bekanntlich am 12. Oktober eine Vereinbarung mit der DDR über den Bau einer Abwasserbeseitigungsanlage bei der Stadt Sonneberg unterzeichnet, wobei sich der Freistaat Bayern und der Bund die entstandenen Kosten geteilt haben. Damit wurde ein erstes Etappenziel auf dem Weg zum gemeinsamen Umweltschutz in beiden Teilen Deutschlands erreicht.
Zum Schutz der Nordsee ist durchgesetzt worden, daß die Einbringung des in der Dünnsäure aus der Titandioxid-Produktion gelösten Grünsalzes bis Ende 1984 beendet wird — ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur vollständigen Einstellung der Verklappung von Abfällen auf See.
Ich werde die Umweltminister der Anliegerstaaten 1984 zu einer internationalen NordseeschutzKonferenz einladen. Ziel ist ein Konsens über gemeinsame konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Nordseeverschmutzung.
Im Bereich der Abfallwirtschaft hat das Kabinett am 14. September eine Vorschaltnovelle zum Abfallbeseitigungsgesetz beschlossen, um Abfalleinfuhr, -ausfuhr und -transit strengen Genehmigungsverfahren zu unterwerfen. Damit soll noch vor der geplanten dritten Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz eine unkontrollierte Beseitigung von gefährlichen Abfällen außerhalb der jeweiligen Staatsgrenzen unmöglich gemacht werden.
Im Mittelpunkt der dritten Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz wird ein Verwertungsgebot für Abfälle stehen. Das weitere staatliche Vorgehen zur Verringerung des Abfallaufkommens aus Verpakkungen wird wesentlich davon abhängen, ob die Wirtschaft ihre Zusagen hinsichtlich der Stabilisierung des Marktanteils von Mehrwegverpackungen einhalten wird.
In der Lärmschutzpolitik stehen Bemühungen und Initiativen zur Bekämpfung des Straßenverkehrslärms und des Lärms von Mopeds und anderen Kleinkrafträdern im Vordergrund. Gemeinsam mit dem Bundesminister für Verkehr ist das Vorhaben vorangebracht worden, lärmarmen Nutzfahrzeugen Benutzervorteile einzuräumen, um die Nachfrage nach solchen Fahrzeugen zu steigern.
Zur Erarbeitung einer umfassenden Bodenschutzkonzeption ist eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Der Entwurf wird Anfang 1984 vorliegen.
Im Bereich der Chemikalien hat mein Haus der EG-Kommission am 12. September 1983 den Entwurf einer Verordnung zugeleitet, die ein Verbot
2902 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
Bundesminister Dr. Zimmermann
des gesundheitsgefährdenden PCB in dem Hauptanwendungsgebiet der elektrotechnischen Geräte vorsieht, und die Kommission aufgefordert, unverzüglich auf der Basis des Entwurfs einen Vorschlag für die EG-weite Verbotsregelung vorzulegen.
Ich werde demnächst einen zusammenfassenden Umweltbericht vorlegen. Er wird die Leitlinien und Schwerpunkte der Umweltpolitik für diese Legislaturperiode und darüber hinaus enthalten.
Meine Damen und Herren, die innere Sicherheit ist eine Daueraufgabe für Bund und Länder. Im Umfeld der parlamentarischen Beratungen um den NATO-Doppelbeschluß hat es zahlreiche Demonstrationen gegeben. Diese Herausforderung ist hervorragend bestanden worden. Da vorhin vom „heißen Herbst" die Rede war: Ich habe dieses Wort nie gebraucht. Ich habe verboten, daß dieses Wort in meinem Haus verwendet wird.
Allerdings hat ein erheblicher Teil der veröffentlichten Meinung dieses Wort absichtsvoll verwendet. Zwischen der Absicht, der Ankündigung der verschiedensten Gruppen und dem, was dann durchgeführt wurde, bestand Gott sei Dank ein erheblicher Unterschied.
Aber bekanntlich muß man ja immer für den schlimmsten denkbaren Fall vorsorgen, nicht für den Fall, daß nichts passiert. Das ist wohl normal und unsere Verpflichtung.
An dieser Stelle darf ich den Mitarbeitern in den Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes sowie den zahlreichen Polizeibeamten für ihren verantwortungsbewußten Einsatz herzlichst danken.
Sie haben auch durch- ihr besonnenes Verhalten dazu beigetragen, daß die Aktionen überwiegend friedlich verliefen. Soweit trotzdem Straftaten begangen wurden, müssen sie verfolgt werden, denn es darf kein Sonderrecht für Straftäter bei sogenannten Friedensdemonstrationen geben.
Es muß klar sein: Man kann nicht für den Frieden
demonstrieren, wenn man selbst Gewalt anwendet.
Die Bundesregierung darf und wird nicht hinnehmen, daß Gewalt an die Stelle von Überzeugung tritt. Das unbestrittene Recht auf Demonstration darf nicht zu Aktionen des Rechtsbruchs mißbraucht werden.
Die Bundesregierung behält auch den Rechtsextremismus in unserem Lande sorgfältig unter Beobachtung.
Seit Herbst 1982 stellen die Verfassungsschutzbehörden zunehmend Kontakte zwischen rechtsextremistischen, insbesondere neonazistischen Gruppen und Angehörigen jugendlicher Randgruppen fest.
Die Bedrohung der inneren Sicherheit, auch durch den Rechtsextremismus, hält an. Wir nehmen die Bedrohungen von links und rechts gleichermaßen ernst und werden sie gleichermaßen entschieden bekämpfen.
Die Bundesregierung strebt eine Änderung des Demonstrationsrechts an. Sie hat einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Neufassung des § 125 des Strafgesetzbuches wird in diesem Hause sorgfältig und ausführlich diskutiert werden. Darüber hinaus muß über die Einführung von strafbewehrten Bestimmungen gegen Vermummung und sogenannte passive Bewaffnung im Versammlungsrecht entschieden werden sowie gegen die Aufforderung zur Teilnahme an verbotenen Demonstrationen. In Erfüllung des von den Koalitionsparteien vereinbarten Prüfauftrages lasse ich gegenwärtig bei den Ländern eine Umfrage durchführen, die als Entscheidungsgrundlage dienen wird.
Am 1. November des kommenden Jahres ist die Einführung eines fälschungssicheren Personalausweises vorgesehen. In diesem Sommer sind das erste Mal datenschutzrechtliche Bedenken erhoben worden. Es war für mich verblüffend zu sehen, wie schnell sich manche Politiker von ihren früheren Äußerungen distanziert haben; denn auch sie hatten einmal dem Gesetz zur Änderung des Personalausweises zugestimmt. Es war vom Bundestag einstimmig verabschiedet worden und geht auf eine einstimmige Empfehlung der Innenministerkonferenz zurück.
Ich bin überzeugt, daß der fälschungssichere Personalausweis bei der grenzüberschreitenden Kriminalität, nicht zuletzt bei der Bekämpfung des Terrorismus einen wichtigen Beitrag leisten wird. Der Sicherheitsgewinn wird noch höher sein, wenn wir den einheitlichen fälschungssicheren Reisepaß in ganz Europa haben, wie ihn die Länder der EG beschlossen haben.
Der Einsatz von Computern hat in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen über den Datenschutz im Sicherheitsbereich geführt. Ich habe den Eindruck, die Diskussion versachlicht sich wieder. Ich betone: Der Datenschutz als Garantie für den Schutz der privaten Sphäre des einzelnen ist notwendig. Gleichberechtigt, aber nicht bevorrechtigt steht er neben den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit.
In der Terrorismusbekämpfung konnten wir Ende 1982 bei der RAF sichtbare Erfolge erzielen. Inzwischen haben sich die „Revolutionären Zellen" zu einer starken Gefahr für die innere Sicherheit in unserem Lande entwickelt. Allein 1982 haben sich
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Bundesminister Dr. Zimmermann
die Zahlen der Terrorakte im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Auch in diesem Jahr wurden schwere Verbrechen verübt.
Die Bekämpfung ist schwierig. Die Gruppen bestehen oft nur aus wenigen Personen, die nach außen abgeschottet sind und unter dem Deckmantel einer legalen bürgerlichen Existenz ihre Anschläge begehen. Wir müssen davon ausgehen, daß die „Revolutionären Zellen" ihre auf Ausnutzung gesellschaftlicher Konflikte gerichtete Strategie durch weitere Anschläge und öffentliche Aufforderung zur Gewalt auch künftig verfolgen werden.
Die allgemeine Kriminalitätsentwicklung macht dem Innenminister Sorge. Die Zahl der Straftaten im letzten Jahr hat sich um 5,4% erhöht. Im Jahr 1981 war bereits die 4-Millionen-Grenze überschritten worden. Bagatelldelikte sind häufig der Einstieg in eine höherwertige Kriminalität.
Die Zunahme der Kriminalität ist eine Herausforderung für uns alle.
Ich habe Anfang vorigen Monats einen kriminellen Verein mit Sitz in Hamburg, die Hell's Angels, verboten und damit erstmals von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die das Vereinsgesetz gegenüber kriminellen Gruppierungen bietet.
Das Vereinsverbot macht deutlich, daß die staatlichen Organe auch im Bereich der Kriminalität die neben der individuellen Strafverfolgung gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten entschlossen einsetzen.
Zur Ausländerpolitik: Die Eckpositionen der Bundesregierung — in der Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 umrissen mit den Stichworten: Zuzugsbegrenzung, Rückkehrförderung und Integration — machen deutlich, welche Positionen wir einnehmen. Diese Positionen sind im übrigen auch von der früheren Bundesregierung vertreten worden. So steht es in den ausländerpolitischen Grundsatzbeschlüssen vom 3. Februar 1982. Es müßte also im grundsätzlichen eine weitgehende Übereinstimmung innerhalb dieses Hauses geben.
Als Bundesinnenminister bin ich für Ausländerrecht und innere Sicherheit zuständig. Innere Sicherheit verlangt, daß die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen miteinander auskommen. Zum sozialen Frieden gehört, daß Deutsche und Ausländer friedlich zusammenleben, und das kann man nicht gewährleisten, wenn man die Dinge in der Ausländerpolitik einfach treiben läßt. Wir brauchen klare Verhältnisse für Deutsche und Ausländer; beide Seiten müssen wissen, wie es in Zukunft weitergeht.
Ich halte nichts davon, illusionäre Forderungen aufzustellen, die die Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens, vor allem unserer Städte und Gemeinden, und die die Aufnahmefähigkeit und die Aufnahmebereitschaft der deutschen Bevölkerung überbeanspruchen. Wir würden sonst das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollen.
Im Bundesinnenministerium wird gegenwärtig der Entwurf für eine umfassende Novellierung des Ausländergesetzes vorbereitet. Als Schwerpunkte nenne ich: Im Aufenthaltsrecht sollen die bisherigen Ermessenstatbestände durch Rechtsansprüche abgelöst werden. Wir werden den Aufenthaltsstatus nach Aufenthaltszwecken differenzieren. Ein Aufenthalt zu Studienzwecken soll künftig grundsätzlich nicht mehr zur Dauerniederlassung führen dürfen. Es ist unbestritten, daß die Bildungs- und Integrationschancen für diejenigen Ausländerkinder am besten sind, die vor der Einschulung in die Bundesrepublik Deutschland kommen. Deshalb bin ich persönlich für eine solche Regelung, die natürlich Härtefälle nicht ausschließt.
Eine derartige, wie ich meine, vernünftige Regelung des Kindernachzugs ist im übrigen auch von den Sozialdemokraten vertreten worden. Nachzulesen ist das in dem Beschluß der SPD-Fraktionsvorsitzendenkonferenz vom 21. Mai 1982. Das ist also erst eineinhalb Jahre her.
— So schnell sind Ihre eigenen Forderungen immer wieder überholt. Das ist eigenartig, gnädige Frau.
Auch die Fraktionsvorsitzendenkonferenz der CDU/CSU hat im übrigen die gleiche Forderung erhoben. Ebenso stehen auch die sozialdemokratisch geführten Kommunen hinter diesem Konzept.