Herr Präsident Meine Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde! Der Bundesminister des Innern, Herr Dr. Friedrich Zimmermann, dessen Etat hier und heute zur Beratung ansteht, hat sich über die politischen Vorhaben, die ihn bewegen, verschiedentlich überdeutlich geäußert. Das dabei durchgängig zum Ausdruck kommende Autoritätsdenken dürfte kaum geeignet sein, der Verpflichtung Rechnung zu tragen, die ihm als Hüter der Verfassung obliegt.
Man muß sich einmal in aller Deutlichkeit vor Augen halten, was es eigentlich heißt, wenn er verkündet, daß sich die gefährlichsten Verfassungsgegner als die nachdrücklichsten Verfechter des demokratischen Prinzips ausgeben. Dies bedeutet doch
wohl nichts anderes, denen den Stempel der Verfassungsfeindlichkeit aufzudrücken, die sich mit keinem geringeren Recht als der Innenminister Gedanken über die Art und Weise menschlichen Zusammenlebens machen, die mit Vorschlägen an die Öffentlichkeit treten, wie Freiheitsrechte verwirklicht und bewahrt werden können.
Als Verfassungsminister, so erklärten Sie in einer Rede zur Amtseinführung des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, sei es Ihre Pflicht, Freiheits- und Demokratieverständnis zu fördern.
Was Sie da zu fördern suchen, paßt wohl eher in die Zeit der Karlsbader Beschlüsse, als in eine Zeit, in der die Verfassung, der Sie sich verpflichtet glauben, den Bürger mit starken Aktivrechten und insbesondere mit starken Abwehrrechten gegen staatliches Handeln und staatliche Bevormundung ausgestattet hat. Sie versuchen, die erweiterte Strafbarkeit des Landfriedensbruchs wieder auf die Justizbühnen zu bringen. Die beabsichtigte Novellierung, von den Freien Demokraten mitgetragen, wird zahlreiche Bürger zum bloßen Objekt staatlichen Handelns degradieren, wird einen wesentlichen Reformansatz der 70er Jahre zurückschrauben.
Wenn der Innenminister im Innenausschuß behauptet, daß ein Vermummungsverbot zum Zwecke des Schutzes der Demonstrationsfreiheit unentbehrlich sei, dann kann man nur ahnen, daß hier die Logik wütet, die aus der Anklage gegen den Wirtschaftsminister einen mordkomplottähnlichen Anschlag konstruiert. Das schlimme Wort, daß derjenige kein normaler Bürger sei, der sich auf Aufforderung eines polizeilichen Einsatzleiters nicht entfernt, korrespondiert bruchlos mit den Bestrebungen, die Polizei und den Bundesgrenzschutz aufzurüsten. Mit Gas und Gummigeschossen soll offensichtlich dem letzten anomalen Bürger der Weg nach Hause gezeigt werden.
Die zunehmenden Fälle des präventiven polizeilichen Notwehrschusses weisen deutlich darauf hin, daß unter anderem durch solche Überlegungen Feindbilder aufgebaut und entsprechend Hemmschwellen vermindert werden. Die innere Sicherheit ist auch in den Fällen nachhaltig beeinträchtigt, wenn Exekutivorgane in so gravierender Weise handeln. Dies ist das Problem nicht nur der Länder oder der Gerichte, sondern auch der Innenpolitik, die sich an der Expansion der Exekutivrechte derzeit maßgeblich beteiligt. Es ist nicht einzusehen, warum das Leben eines 16jährigen Schülers oder Lehrlings so ungleich weniger gelten soll als das eines Politikers oder Bankiers.
Die Ursache allen Übels hat der Innenminister herausgefunden: Bei den Deutschen sei eine allgemeine Trübung des Rechtsbewußtseins eingetreten.
Dieser Eindruck drängt sich dieser Tage in der Tat für viele Bundesbürger auf, wenn scheibchenweise das unglaubliche Finanzgeschiebe um Flick und Konsorten aufgedeckt wird und nicht nur ein Hauch, sondern ein ganzer Mief von Korruption die Bundesregierung umweht.
Verstärkt wird dieser miese Eindruck noch durch die Art und Weise, wie hier die Parteienfinanzierung durchgezogen wurde. Aber da wird dann von gefestigter Rechtsordnung geredet, von innerer Stabilität und die Fragestellung über mögliche rechtsstaatliche Defizite mit der Schuldzuweisung beantwortet, daß derjenige, der von Überwachungsstaat und Gesinnungsschnüffelei redet, dem Lande Schaden zufüge.
Es ist schon eine bestürzende Logik, wenn die Einführung des maschinenlesbaren Personalausweises mit beschleunigter Abfertigung im Rahmen
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polizeilicher Kontrollen begründet wird. Der sich selbst über den neuen Ausweis wartungsfrei kontrollierende Bürger mag zwar für die Verwaltung etwas Erstrebenswertes sein; wir jedenfalls werden alles tun, um dieses Überwachungsinstrument zu verhindern.
Wir stehen zwar gegen die traurige Tradition in diesem Land, daß bisher für die verbesserten Möglichkeiten der Fahndungskontrolle immer Mehrheiten gefunden werden konnten, daß der Sicherheitsgewinn immer höher zu Buche schlug als Bürgerrechte. Aber die Bewegung um den Volkszählungsboykott zeigt, daß dies nicht unabänderlich sein muß.
Hervorzuheben ist auch die Vertreibungspolitik, die Sie den ausländischen Mitbürgern angedeihen lassen. Es ist politisch und für Sie wohl auch moralisch kein Problem, Tausende von Menschen, die für den Wohlstand dieses Landes gearbeitet haben, wie Dreck vor die Türe zu kehren. Die Verläßlichkeit der Politik, die auf der Regierungsbank so oft beschworen wird, hat auch für diejenigen zu gelten, die in das Land geholt wurden, um hier zu leben und zu arbeiten.
Der Umstand, daß sie keine politische Stimme, kein Gewicht haben, macht sie noch lange nicht zu willkürlich verschiebbaren modernen Wandersklaven.
Ich möchte nicht versäumen, an dieser Stelle nochmals daran zu erinnern, welch trübe Rolle Sie in dem Fall Kemal Altun gespielt haben. Die zielgerichtete Kälte, die Sie mit Ihrer Intervention an den Tag gelegt haben, ist symptomatisch für die derzeitige Innenpolitik.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Monaten haben wir uns mit dem Finanzhaushalt 1984 beschäftigt. Es droht bei den Zahlenschlachten in den dicken Haushaltswälzern in Vergessenheit zu geraten, daß es daneben noch einen anderen Haushalt gibt, von dem unsere Existenz auf dieser Erde und auch unser Wohlergehen sehr viel stärker abhängen, grundlegender abhängen als von finanziellen Dingen. Ich meine damit den Haushalt der Natur. Das Wort „Ökologie" bedeutet j a Lehre vom Naturhaushalt. Der Mensch braucht nun mal vor allem saubere Luft zum Atmen, sauberes Wasser zum Trinken, saubere und genügend Nahrung sowie eine ihm zusagende Umgebung und Landschaft beim Wohnen, Arbeiten und Erholen. Darüber hinaus hat er eine ethische Verantwortung gegenüber seinen Mitlebewesen, den Pflanzen und Tieren
und gegenüber nachkommenden Menschengenerationen in bezug auf die Nutzung der Naturgüter und Rohstoffe, die die Grundlage unserer Wirtschaft bilden. Daraus ergibt sich nun im Rahmen unserer Haushaltsdebatte die zentrale Frage, ob der uns vorgelegte Entwurf eines Haushaltsplans für 1984 und die in ihm erkennbaren Grundzüge der Regierungspolitik den Abhängigkeiten zwischen Finanzhaushalt und Naturhaushalt im Sinne einer umfassenden Umweltvorsorge gerecht werden. Wie umweltverträglich ist also der Haushalt 1984?
Wenn man sich zunächst die Zahlen vornimmt und die Entwürfe aufmerksam durchsieht, müssen einem Ökologen gravierende Mängel auffallen. Allein das vorgesehene Gesamtvolumen für sogenannte Maßnahmen mit umweltverbessernder Wirkung — die in Wirklichkeit zum Teil gar keine umweltverbessernde Wirkung haben — und dessen zeitliche Entwicklung sprechen Bände über den wahren Stellenwert, den die Bundesregierung dem Umweltschutz zubilligt.
Ich kann auch nicht ganz dem Zahlenspiel des Kollegen Gerster folgen, der von einem Zuwachs bei den Umweltinvestitionen um 5 % gesprochen hat. Wenn man die einzelnen Kapitel des Einzelplans 06 durchsieht, kommt man auf eine Summe von 300 Millionen DM weniger im Jahr 1984 als 1983.
— Wir können uns gerne noch einmal darüber unterhalten. Wir sind dazu gekommen, daß nur klägliche 0,6 % der Gesamtausgaben des Bundeshaushalts, also 1,64 Milliarden DM, für den Umweltbereich ausgegeben werden, 300 Millionen DM weniger als 1983. Für die Atomforschung und Atomenergie wollen Sie mehr als 3,6 Milliarden DM ausgeben, also mehr als das Doppelte wie für Umweltschutz.
Bezogen auf die bisherigen Bundeshaushalte, ist das nicht einmal ein Weiterwurschteln im alten Rahmen. Man darf also mit vollem Recht für den Umweltbereich behaupten, daß Sie schon rein zahlenmäßig Ihre Versprechungen in der Regierungserklärung vom 4. Mai nicht gehalten haben.
In diesem Zusammenhang war es auch sehr aufschlußreich, wie die Haushaltsberatungen im Innenausschuß abliefen und wie sich die etablierten Parteien dort verhalten haben, wenn es darum ging, nicht nur vom Umweltschutz zu reden, sondern ihn über den Haushalt auch in handfeste Politik umzusetzen. Dafür nur ein Beispiel: Wir hatten gefordert, daß bei sämtlichen Neu- und Ersatzbeschaffungen von Kraftfahrzeugen im Einzelplan 06 zusätzliche Mittel für die technische Umstellung auf bleifreies Benzin oder Autogas vorgesehen würden. Ich glaube, die grundsätzliche Notwendigkeit dieser Maßnahme ist auch hier unumstritten, gerade auch im Hinblick auf die Vorreiterrolle des Staates.
Was passierte nun im Innenausschuß mit unseren Anträgen? Trotz unserer fundierten Argumente wurden sie wegen angeblicher technischer Probleme an den Motoren und wegen angeblicher Lieferschwierigkeiten für bleifreies Benzin abgelehnt. Ich frage mich: Soll bei bundeseigenen Fahrzeugen
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unmöglich sein, was bei landeseigenen oder kommunalen Fahrzeugen an manchen Stellen schon Wirklichkeit geworden ist? Denken Sie etwa an die Initiative der Landesregierung von Baden-Württemberg, wo bereits mit der Umrüstung der Kraftfahrzeuge begonnen wurde. Sie werden doch nicht Ihren Parteifreund Lothar Späth als grünen Spinner bezeichnen wollen.
Herr Kollege Schäfer, ich muß mich jetzt einmal kurz an Sie wenden: Die SPD-Landtagsfraktion in Stuttgart will sogar noch weitergehen und hat ein scharfes Umrüstungsprogramm für Kraftfahrzeuge ab 1984 gefordert. Die SPD-Regierung in Hessen hat bereits in Friedberg, Frankfurt und Darmstadt Tankstellen mit bleifreiem Benzin einrichten lassen. Solche in Wiesbaden, Gießen und Kassel werden in Kürze folgen.
Die bisherigen Erfahrungen mit landeseigenen Fahrzeugen sind, entgegen Ihren Behauptungen im Innenausschuß, durchweg positiv. Ich frage mich — und mit mir fragen sich zahlreiche Mitbürgerinnen und Mitbürger —, warum die etablierten Parteien in den Ländern hü schreien und im Bundestag unsere fundierten Anträge niederbügeln. Aber wir haben es schon ein paarmal erlebt: Nicht der Antrag ist falsch, sondern der Antragsteller.
Wahrscheinlich wird jemand von Ihnen in einem Vierteljahr den gleichen Antrag noch einmal stellen und sich damit an die Spitze der Umweltbewegung setzen wollen. — Meine Damen und Herren, ich könnte Ihnen noch weitere Erlebnisse ähnlicher Art aus dem Innenausschuß auftischen
— zum Beispiel das, was der Kollege Gerster mit dieser Persiflage auf die „Luftnummer" hier zitiert hat. Das hat im Innenausschuß doch ganz anders ausgesehen. Ich muß mir das aber jetzt aus zeitlichen Gründen versagen.
Jedoch scheint mir eine Erkenntnis aus den Haushaltsberatungen so wichtig zu sein, daß ich sie hier noch einmal allen Umweltbewegten in unserem Lande deutlich vor Augen führen möchte. Unsere fundierten Vorschläge für wirksamere Umweltmaßnahmen scheitern nicht etwa daran, daß sie technisch oder finanzpolitisch nicht durchführbar wären, sondern einfach daran, daß bei den etablierten Parteien der politische Wille zur Durchsetzung wirksamer Maßnahmen viel zu schwach entwickelt ist.
— Der Wald stirbt offensichtlich immer noch nicht schnell genug, Herr Kollege Friedmann.
Die Umweltpolitik der Bundesregierung wird uns auch im Jahre 1984 tiefer in die Umweltmisere führen. Diese Struktur der umweltrelevanten Ausgaben mit den Schwerpunkten Kläranlagen, Müllbeseitigung, Flurbereinigung, Lärmschutz und Luftreinhaltung zeigt uns, daß Sie Umweltschutz immer noch als „Reparaturbetrieb" oder „Pannenhilfe" für die nun mal leider unvermeidlichen Folgen eines möglichst großen Wirtschaftswachstums mißverstehen. Ich habe diese unzulässige Einschränkung schon anläßlich der Debatte über die Regierungserklärung am 4. Mai kritisiert.
Da hilft auch nicht der Entschließungsantrag der Koalition zu unserer Verantwortung für die Umwelt, der wohl hauptsächlich deshalb im Innenausschuß durchgepowert wurde, um bei dieser Haushaltsdebatte einen guten Umweltschein zu erwekken. Sie hatten es mit Ihrem Antrag so eilig, daß Sie nicht einmal die Auswertung wichtiger Gespräche und Anhörungen abwarten wollten. Ich frage mich, wozu wir eine zweitägige Anhörung zum Thema Waldsterben mit zahlreichen Fachleuten durchgeführt haben, wenn Sie deren Ergebnisse nicht in Ihren Antrag übernehmen. Wahrscheinlich paßten die Ergebnisse nicht in Ihre Ideologie des betriebswirtschaftlichen Vorrangs. Ich frage mich, warum Sie nicht die Ergebnisse der Japan-Reise des Innenausschusses abwarten wollen.
Sie verdrängen doch nur die Erkenntnis, daß die angeblich utopischen Forderungen der GRÜNEN in anderen Industrienationen schon längst verwirklicht sind, ohne daß die Wirtschaft dort am Hungertuch nagt.
Das häufigste Wort in Ihrem Antrag ist „prüfen". Sie bitten die Bundesregierung, dies zu prüfen und jenes zu prüfen, bevor etwas geschehen soll. Sie wollen nicht einsehen, daß der Stand von Wissenschaft und Technik wesentlich konkretere Aufträge an die Bundesregierung erlauben würde als bloßes Prüfen. Wir werden uns mit Ihrem Umwelt-Antrag hoffentlich noch beschäftigen. Eines ist aber jetzt schon klar: Mit allgemeinen Prüfaufträgen werden wir der zunehmenden Umweltmisere nicht Herr.
Unsere Anträge zur Bekämpfung der Luftverschmutzung werden angesichts der galoppierenden Schwindsucht in unseren Wäldern immer aktueller. Nur mit sofort wirkenden Notmaßnahmen wie der Stillegung einiger besonders dreckiger Kraftwerke und einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Straßen haben wir eine gewisse kleine Chance, den Wald zu entlasten, bis andere, mittelfristige Maßnahmen greifen. Deshalb nicht immer nur prüfen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag,
sondern nach dem heutigen Wissensstand handeln. Das hätte die Devise Ihres Antrages sein müssen.
In diesen Zusammenhang, meine Damen und Herren, muß ich noch ein weiteres Problem einbringen: Viele Umweltschäden wie das Waldsterben oder die Bodenvergiftung tauchen im Finanzhaushalt entweder gar nicht oder nur allmählich oder indirekt auf, z. B. durch Ertragsausfälle bei der Land- und Forstwirtschaft, durch höhere Kosten bei Trinkwasseraufbereitung und Erosionsverhütung. Dagegen sind die Kosten, die den öffentlichen Händen bzw. der Privatwirtschaft durch Umweltschutzauflagen entstehen, relativ leicht quantifizierbar.
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Dies führt zu der einäugigen Betrachtungsweise, der sich auch die Regierung oft befleißigt, daß ein konsequenter Umweltschutz die Wirtschaft zu sehr belaste, ihre Konkurrenzkraft schwäche, dadurch Arbeitsplätze gefährde usw. -
Dabei ist das Gegenteil der Fall. Die Wirtschaftsforschung der vergangenen Jahre zeigt, daß durch Umweltauflagen hervorgerufene Investitionen einen hohen Beschäftigungseffekt hatten. Umfragen in allen Wirtschaftsbranchen zeigten, daß Umweltauflagen nur in wenigen Fällen Anlaß für Konkurse oder Betriebsverlagerungen ins Ausland gaben. Man kann deshalb mit Fug und Recht behaupten, daß eine auflagenorientierte Umweltpolitik auch zur Konsolidierung der Staatsfinanzen erheblich beiträgt.
Ich kann also im Sinne der vorhin gestellten Frage zusammenfassen, daß sowohl die Umweltpolitik der Regierung als auch der uns vorliegende Haushaltsplanentwurf die Erfordernisse einer umfassenden Umweltvorsorge nur ungenügend widerspiegeln. Das Problem Ihrer Haushaltspolitik ist, auf einen groben Nenner gebracht, daß der Haushalt nicht konsolidiert werden kann, aber Unsummen für Sozialabbau und Umweltzerstörung enthält, die seine Konsolidierungsfähigkeit dann noch drastischer verringern.
Meine Damen und Herren, wie kommt man aus diesem Teufelskreis heraus? Es geht kein Weg daran vorbei: Wir müssen das Tabu brechen. Wir brauchen eine neue Politik, die sowohl haushaltsals auch umweltstabilisierend wirkt und den Sozialabbau, insbesondere die Arbeitslosigkeit, vermindert.
Aus diesem Grunde fordern wir ein soziales und ökologisches Sofortprogramm in Höhe von 28 Milliarden DM.
— Sie haben Anträge vorliegen, zu denen wir Ihre Zustimmung erbitten. Ich bitte Sie, sich das einmal aufmerksam durchzulesen. Es soll im Teil für Sofortmaßnahmen gegen das Waldsterben und andere ökologische Notstände u. a. enthalten: Zuschüsse für Pilotanlagen zur Entschwefelung und Entstikkung bei Altanlagen, Zuschüsse für die Isolierung von Altbauten, für den Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen in den Verdichtungsräumen, Errichtung eines Bodenschutzkatasters, Ausbau der Gewässerüberwachung und anderes mehr.
Andererseits müssen wir in einem solchen Programm Haushaltsmittel für die mittelfristige Umpolung in Richtung auf eine ökologisch orientierte Wirtschafts- und Umweltvorsorgepolitik vorsehen wie z. B. Forschungsförderung und Anwendung regenerativer Energiequellen, besonders zur Stromerzeugung aus Sonnenzellen, Biogas und anderen Energiequellen,
Zuschüsse für Grundwasserstützungsmaßnahmen, für Demonstrationsvorhaben zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung, über die wir uns ja schon vor ein paar Tagen unterhalten haben, und der Landschaftsplanung.
Wie gesagt: Es liegen Ihnen Änderungsanträge vor, über die ja nachher wohl abgestimmt wird.
Dieses Zukunftsprogramm gegen Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung beweist, daß umweltschonendes qualitatives Wachstum und eine wirksame Arbeitsbeschaffung sich gegenseitig fördern und damit zur Konsolidierung der Staatsfinanzen beitragen würden. Das wird nicht allein von den GRÜNEN so gesehen, sondern findet seine Bestätigung in vielen Untersuchungen u. a. auch etablierter Institute.
Meine Damen und Herren, der Haushaltsplan ist mehr als eine Ansammlung trockener Zahlen.
Vielleicht haben Sie erkannt, daß er nicht nur tief in das Schicksal vieler Millionen Menschen, vor allem der sozial Schwachen, eingreift, sondern auch Pflanzen und Tiere auslöschen kann, unser Wasser und unsere Luft verschmutzt und unsere Naturgüter verschwendet.
— Genau.
Dieser Finanzhaushalt hat die Rechnung ohne den Wirt, nämlich den Naturhaushalt, gemacht. Der Wirt legt jetzt die ersten Rechnungen vor. Aber das grundsätzliche Umdenken, die gemeinsame Verantwortung für unsere Umwelt, ist in Ihrem Haushaltsentwurf nicht zu spüren. Ihnen sind die ökologischen Folgen Ihres Handelns noch gar nicht bewußt, wie Ihr Antrag zeigt.
Dauerhafter Wohlstand, sozialer Friede und eine funktionierende Wirtschaft setzen eine dauerhaft intakte Umwelt voraus. Dafür müssen wir jetzt sofort alle Weichen stellen, bevor es zu spät ist.
Danke schön.