Rede von
Dr.
Johannes
Gerster
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Haushaltsrecht gehört zu den vornehmsten Rechtsetzungsakten des Parlaments. Aus diesem Grunde war die Haushaltsdebatte auch in der Vergangenheit eine der größten und wichtigsten Debatten in
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2873
Gerster
diesem Hause. Ich glaube nicht, daß die Rede des Kollegen Kühbacher den bisherigen Ansprüchen dieser Debatte über mehr als 30 Jahre entsprochen hat.
Herr Kollege Kühbacher, vielleicht ist es ein Stück Vergangenheitsbewältigung, was Sie hier betreiben.
Sie haben ja vor gut einem Jahr, vor der Bundestagswahl, den Herrn Innenminister Zimmermann in einer sehr ehrlichen und offenen Weise gelobt. Ich habe Sie damals wegen der Prügel, die Sie in Ihrer Fraktion bekommen haben, bedauert. Ich muß sagen, Sie sind heute den Ansprüchen Ihrer Fraktion voll gerecht geworden, was nicht heißt, daß Ihre Ausführungen wichtiger zu nehmen wären.
Mich hindert Ihre Rede nicht, allen Kollegen im Haushaltsausschuß, auch den Kollegen der Opposition, heute ein Wort des Dankes zu sagen. Wir haben im Haushaltsausschuß von September bis heute sehr intensiv, durchaus auch streitig, aber doch, wie ich glaube, insgesamt auch sehr konstruktiv zusammengearbeitet. Wir haben unter einem harten Zeitdruck gestanden. Ich möchte insbesondere dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, dem Kollegen Rudi Walther — im Kopf ist mir immer auch noch der Kollege Haase —, und allen anderen Kollegen sehr herzlich danken, den Kollegen Esters, Wieczorek, und wie sie alle heißen. Wir wissen zu schätzen, daß sie sehr kooperativ mitgearbeitet haben. Dafür ein herzliches Wort des Dankes!
Ich meine, ich sollte diesen Dank auch an die Beamten des Haushaltsausschusses und die Beamten der Ministerien weitergeben. Auch von ihnen wurde ein Übermaß an Leistung gefordert. Sie sind dieser Anforderung gerecht geworden. Ich glaube, daß dafür auch die Kollegen der Opposition einmal Beifall klatschen können; denn wir alle haben von der Mitarbeit dieser Beamten profitiert.
Ich komme nun zu einigen Vorbemerkungen. ,
Erstens. Herr Kollege Kühbacher, Sie haben in Ihrer Rede hier gegenüber der ganzen Bundesregierung — schon das spricht nicht für eine besondere Differenzierungsgabe — den Vorwurf der Korruption erhoben.
Speziell haben Sie den Wirtschaftsminister gemeint.
Ich möchte Sie herzlich bitten, folgendes zu überdenken. Nach unserer Rechtsordnung gilt ein Beschuldigter und auch ein Angeklagter aus gutem Grund als schuldlos, und zwar bis zum Zeitpunkt seiner rechtskräftigen Verurteilung. Ich bitte Sie, einen Moment nachzudenken — dazu gab es vor Jahren einmal einen sehr interessanten amerikanischen Film —, was gerade im politischen Geschäft durch Unterstellungen zum Zwecke der politischen Schwächung und Vernichtung — etwa über bestimmte Zeitungen — geschehen kann. Wer weiß, daß hier durch unsachgemäße Vorwürfe Politik gemacht wird, muß, wenn er politisch verantwortlich handeln will, sämtlichen Vorverurteilungen einen Riegel vorschieben.
Unser parlamentarisches System funktioniert nur, wenn einzelne Abgeordnete nicht durch einseitige, unberechtigte Akte außer Funktion gesetzt werden können. Deswegen gibt es das Prinzip der Immunität und der Indemnität. Wenn es dieses Prinzip gibt, dürfen wir es nicht durch öffentliche Propaganda unterlaufen. Und wenn das alles richtig ist, was ich sage, bitte ich, zu bedenken, ob es nicht angemessen ist, daß Sie heute hier hertreten und klarmachen, daß Sie nicht in den Chor derjenigen einstimmen wollen, die eine unrechtmäßige Vorverurteilung durchführen wollen.
Ich meine, Sie sollten die Dinge hier durch eine Erklärung, Herr Kühbacher — nicht durch eine Zwischenfrage; da machen Sie es sich zu einfach —, in Ordnung bringen.