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ID1002006500

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    Plenarprotokoll 10/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. September 1983 Inhalt: Begrüßung einer Delegation des Schwedischen Reichstages 1370 C Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — Dr. Dregger CDU/CSU 1339 B Glombig SPD 1348 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 1354 D Reents GRÜNE 1357 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 1361 D Frau Huber SPD 1370 C Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 1376 C Frau Potthast GRÜNE 1380 B Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 1382 B Nächste Sitzung 1386 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1386 A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. September 1983 1339 20. Sitzung Bonn, den 9. September 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Antretter * 9. 9. Dr. Czaja 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Haungs 9. 9. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 9. 9. Hoffie 9. 9. Junghans 9. 9. Kretkowski 9. 9. Kroll-Schlüter 9. 9. Dr.-Ing. Laermann 9. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Lenzer * 9. 9. Link (Diepholz) 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Müller (Remscheid) 9. 9. Offergeld 9. 9. Reschke 9. 9. Reuschenbach 9. 9. Rohde (Hannover) 9. 9. Schmidt (Hamburg) 9. 9. Schmidt (Wattenscheid) 9. 9. Schröer (Mülheim) 9. 9. Frau Verhülsdonk 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Voigt (Sonthofen) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. Frau Dr. Wisniewski 9. 9. Wissmann 9. 9. Wurbs 9. 9 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Antje Huber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Wir werden sehen, wie Sie den Mangel beheben. Sie wissen j a, daß die Frauen kürzere Arbeitslebensläufe haben. Sie haben die erwähnte Verschlechterung geschaffen. Ob Sie das später wiedergutmachen, werden wir ja sehen.

    (Zurufe von der SPD — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Ich habe auch nicht so geschrien wie Sie, Herr Vogel!)

    — Sie merken es nicht, wenn Sie schreien, Herr Blüm.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Frauen sind natürlich von den verdeckten Beitragserhöhungen durch die künftige Einbeziehung der Einmalzahlungen betroffen, durch die Einbeziehung von Weihnachts- und Urlaubsgeld, das sie zu Weihnachten und für den Urlaub sicher bitterer nötig haben als andere Kreise der Bevölkerung.
    Aber gravierender für die Frauen ist etwas ganz anderes, nämlich die Verschärfung der Voraussetzungen für den Erhalt einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente. Meine Damen und Herren, Herr Blüm hat diese Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente als „finanzielle Achillesferse des Rentensystems" bezeichnet. Über die Hälfte aller Zugänge resultierten hieraus.
    Aber was machen Sie nun, Herr Blüm? Sie machen es ganz einfach: Sie katapultieren die Frauen aus diesen Renten heraus.

    (Beifall bei der SPD)

    Künftig soll nur noch derjenige eine solche Rente erhalten, der zusätzlich zur kleinen Wartezeit in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre pflichtversichert gearbeitet hat. Diese Regelung wird auch nicht sehr dadurch verbessert, daß Sie pro Kind die Rahmenfrist um fünf Jahre verlängern. Erstens gehen alle Frauen mit freiwilliger Weiterzahlung leer aus, zweitens diejenigen Frauen, die zu Hause Angehörige pflegen. Drittens ist es klar, daß die älteren Frauen — um diese handelt es sich hier ja — besonders schwer Arbeit finden und oft besonders lange aus dem Arbeitsprozeß heraus



    Frau Huber
    sind. Die familienpolitische Komponente bei dieser Regelung führt nur in Ausnahmefällen zu Invalidenrenten für Frauen. Wie groß das Problem ist, zeigt die Tatsache, daß 1982 56 % der Zugänge bei den Erwerbsunfähigkeitsrenten auf Frauen entfielen.
    Unsicherheit herrscht noch in der Frage, ob die vorgesehene Altersgrenze für Frauen aufgehoben wird. Da läuft ja der Prozeß eines Mannes vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Regierung will offenbar das Urteil abwarten, ehe sie handelt. Ich finde es schon von Bedeutung, daß sich die Minister für Finanzen, für Wirtschaft und für Arbeit und Sozialordnung schon darüber unterhalten haben, wieviel man bei der Sache sparen kann,

    (Beifall bei der SPD)

    wenn man, wie man im Ruhrgebiet sagt, die Oma noch länger auf Maloche schickt. Da weiß man, was uns blüht, nämlich eine Verlängerung des Arbeitslebens auf 65 Jahre, weil die meisten Frauen die Voraussetzungen für die flexible Altersgrenze nicht erfüllen und auch nicht erfüllen können.
    Eine solche Verlängerung des Arbeitslebens der Frauen, wenn sie kommt, wenn Sie grünes Licht aus Karlsruhe bekommen, geschieht ausgerechnet bei einem Arbeitsmarkt, auf den so viele junge Leute drängen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie schimpfen immer noch und bringen keine Alternativen!)

    — Die Alternativen haben wir schon auf den Tisch gelegt.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Da müssen wir alle gerade nicht dagewesen sein!)

    — Dann haben Sie in dieser Woche, in der vorigen Woche und in der vorvorigen Woche eben nicht zugehört; tut mir leid.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Witwenrentenabfindung — das steht fest — wird vom fünffachen auf den zweifachen Jahressatz gekürzt, d. h. Sie kürzen die Abfindung im Schnitt um zirka 30 000 DM pro Fall. Das nimmt sich im Haushalt ganz wenig aus, wenn man es betrachtet, im Einzelfall ist es jedoch sehr viel. Es wird dazu führen, daß weniger Wiederverheiratungen stattfinden. Die Maßnahme wird dann ganz vergebens sein; Sie werden keine Mark sparen.

    (Zuruf von der SPD: Das gibt dann die Onkelehe!)

    — Hier wird der Zwischenruf gemacht: Die Onkelehe. Das ist genau das, was dann noch mehr praktiziert werden wird.
    Unsere größte Aufmerksamkeit richtet sich aber auf die sogenannte Rentenreform 1984. Das ist ein Auftrag des Verfassungsgerichts, der überfällig und durch die letzte Wahl verschoben worden ist. An diese Reform haben sich seit Jahren viele Hoffnungen auch der Frauen geknüpft. Nun hat die Regierung beschlossen, zum 1. Juli nächsten Jahres Witwer und Witwen gleichzustellen. Der überlebende
    Ehegatte erhält bei Invalidität, vorgerücktem Alter oder bei Kindererziehung wie jetzt 60 % Hinterbliebenenrente. Darauf sollen aber künftig Einkünfte aus Arbeit und Vermögen angerechnet werden. Wieweit, ist noch offen, aber die Einsparungen werden fast ausschließlich bei den verheirateten Arbeitnehmerinnen abkassiert. Das ist deutlich.

    (Beifall bei der SPD)

    Gleichbehandlung ist gut und richtig, auch wenn sie die Männer betrifft. Das wollen wir offen sagen. Aber wo bleibt nun eigentlich die entsprechende Gleichbehandlung bei den Frauen, die die Kinder erziehen und deswegen keine Rentenanwartschaft erwerben?

    (Beifall bei der SPD)

    Da mit über 1 Million neuen Bezugsfällen von Witwerrenten zu rechnen ist, aber bis zum Ende 1987 schon Einsparungen von 700 Millionen DM erzielt werden sollen, ist im Falle des Zusammentreffens von zwei Renten — also beide Ehegatten waren tätig — eine Obergrenze von 70 % beider Renten vorgesehen. Die eigene Rente soll garantiert bleiben. Wer zahlt aber die Zeche? Die Zeche zahlen die Frauen; denn vergleicht man die üblichen beruflichen Lebensläufe von Frauen und Männern, dann weiß man um ihre Chancen, eine gute Rente zu verdienen. Dann kann man nur enttäuscht sein über eine Regelung, die lediglich denen etwas bringt, die eine Frau mit guter Rentenerwartung verlieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Die vielen Mütter mit Familienpflichten, die bei dieser sogenannten Reform leer ausgehen, ja sich künftig gegen ihre 60 % noch etwas gegenrechnen lassen sollen, werden zornig, aber ohnmächtig feststellen, daß sie wieder einmal die Geprügelten sind. Die Frauen mit den kleinen Renten, deren Anpassung jetzt unter der Teuerungsrate liegt, sind diejenigen, die nach dem Krieg oft die Steine geklopft haben. Diese Frauen müssen künftig, falls der Enkel nicht zahlen kann — das ist ja auch ein Kapitel für sich: Der Enkel zahlt für Oma, Oma zahlt für den Enkel, wenn noch ein paar Mark von der Rente übrigbleiben —, diese Frauen müssen gegebenen-falles noch mehr zur Sozialhilfe gehen, wo sie neben den alleinstehenden Müttern die größte Gruppe bilden. Man bedenke, daß die Bezieherinnen kleiner Renten und die alleinerziehenden Mütter die größten Gruppen bei der Sozialhilfe bilden. Aber nun wollen Sie auch hier die Regelsätze überprüfen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: 16 Jahre SPD-Regierung macht das erforderlich! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ihre Politik macht das notwendig!)

    — Ich sage, daß die Frauen jetzt massenhaft zusätzlich in die Sozialhilfe gehen werden. Gehen Sie einmal in die Gemeinden und lassen Sie sich die Steigerungsraten sagen. Bei uns zu Hause hat eine — —

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie haben den Staat dahin gebracht, daß diese Maßnahmen notwendig sind!)




    Frau Huber
    — Wer hat denn im vorigen Jahr die Rentenanpassung so gestaltet, wie sie nun ist, und ähnliches mehr?

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Woher wollen Sie die Gelder nehmen, wenn die Kassen leer sind?)

    Auf Grund der Beschlüsse, die Sie gefaßt haben, werden die Sozialhilfeetats der Städte so anschwellen, daß wir gar nicht wissen werden, ob wir das unter den derzeitigen Bedingungen noch bezahlen können. Was Sie tun, ist heute gesagt worden: Sie verschieben die Lasten nur von einer Kasse auf die andere.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie scheuen sich sogar nicht, den Schwerbehinderten in den beschützenden Werkstätten die Renten zu kürzen.

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Sie gehen immer dahin, schütteln die Hände und gucken sich das an, und hinterher senken Sie ihnen die Bemessungsgrundlage, was zu einer 20%igen Minderung der Altersrente führt, die jetzt 600 DM und etwas beträgt. Dazu muß man doch wohl sagen: Das ist das letzte, was einem einfallen konnte.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Die Ergebnisse Ihrer Politik, Frau Kollegin!)

    Für das Ganze gibt es nur eine Überschrift: Rückkehr zum Almosenprinzip und zur Armenpflege. So sieht das aus.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Oder zur SPD!?)

    Wenn Sie die Absicherung gerade dieser Leute so schmälern, die wir j a alle gemeinsam beschlossen haben, dann fällt einem doch nichts anderes ein als der berühmte Spruch vom Dank des Vaterlandes.
    Aber eins ist gewiß — das möchte ich hier festhalten —: wer am 6. März CDU gewählt hat, neue FDP gewählt hat, der hat ein Programm zur Entsolidarisierung dieser Gesellschaft gewählt.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Das Programm wird noch gefährliche Folgen haben, auch für die, die es jetzt noch bejubeln.

    (Gerster [Mainz] — Ich beschimpfe die Wähler nicht. Ich sage Ihnen, daß ich mehr als einen getroffen habe, der jetzt auf Ihre Taten wartet und sich schon fragt, ob er sich nicht vielleicht doch vertan hat am 6. März. — Ja, ich weiß schon, was Sie alles zur Bemäntelung dessen sagen, was ich hier vorgetragen habe. Aber eines ist richtig: es ist eine Koalition der Herzlosigkeit, eine Koalition gegen Frauen, Mütter und Familien. Ich kann schon gar nicht mehr hinhören, wenn Sie, wie heute auch Herr Blüm, den Familien und den Frauen die Tugenden preisen: Liebe, Treue, Verläßlichkeit. Das klingt alles sehr schön, bedarf aber einer Gegenleistung, und die haben Sie nicht erbracht. Tugenden kosten nichts, aber Sie nehmen vielen Familien die bisher gesicherten Lebenschancen weg. Nicht daß wir sparen müssen, ist so bitter, sondern eigentlich die Instinktlosigkeit von christlichen Politikern in ihren Sonntagsreden. Unser Staat ist doch als Staat aller Bürger konzipiert. Er darf sich nicht den Nöten und berechtigten Anliegen derer verschließen, die für ihre Hilfe doch nur diese eine Adresse haben. (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)


    (Beifall bei der SPD — Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Die haben für die Gesundung der Staatsfinanzen gestimmt!)


    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heiner Geißler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Haushaltsdebatte — wir stehen am Ende der Haushaltsdebatte — wirft auch eine Frage nach der Glaubwürdigkeit der Argumente auf, die vorgetragen werden. Frau Huber hat bezüglich der Haushaltspolitik, die die Bundesregierung vorlegt — und Herr Glombig hat heute vormittag ähnliche Worte und Begriffe gebraucht —, von der „Entsolidarisierung" geredet und gesagt, hier werde das größte sozialpolitische Sparprogramm vorgelegt, das wir in der Bundesrepublik Deutschland je gehabt hätten. Es mag sein, daß dieses Sparprogramm in seinem Volumen gewaltig ist. Aber es ist deswegen ein großes Sparprogramm, weil wir von Ihnen die größte soziale Ungerechtigkeit, nämlich die Massenarbeitslosigkeit übernommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Es ist kein faires Argument, das Sparen hier anzuprangern, wenn man nicht gleichzeitig deutlich macht, warum wir gezwungen sind, wieder zu einer soliden Haushaltspolitik zurückzukehren.

    (Zurufe von der SPD)

    Die Bilanz ist eindeutig und klar: im Jahr 1969, also in dem Jahr, in dem Sie allein mit dem Bundeskanzler Willy Brandt die Regierung übernommen haben, gab es in der Bundesrepublik Deutschland 150 000 Arbeitslose. Wir haben von Ihnen zur Bewältigung zwei Millionen übernommen. Es gab 1969 0,0 DM an Neuverschuldung. Jetzt muß das Märchen von den 28 Milliarden DM, das Sie hier auftischen, auch einmal widerlegt werden: In Wirklichkeit war das Haushaltsdefizit über 50 Milliarden DM.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben in unserem ersten Haushaltsprogramm die an sich — wenn wir nach Ihren Programmen vorgegangen wären — notwendige Neuverschuldung von über 50 Milliarden DM auf 42 Milliarden DM und jetzt noch einmal auf etwas über 37 Milli-



    Bundesminister Dr. Geißler
    arden DM abgebaut. Dies ist der eigentliche Erfolg unserer Haushaltspolitik. Die negativen Auswirkungen der Verschuldungspolitik für die Arbeitnehmer hat der Kollege Blüm ja überzeugend dargelegt.
    Wir haben noch etwas anderes übernommen. Es ist hier, Herr Glombig, die „Neue Soziale Frage" angesprochen worden. Es gibt ein Kriterium für die soziale Not in einem Land. Es gab im Jahre 1969 ungefähr 1,5 Millionen Sozialhilfeempfänger. Im Jahre 1982 waren es über 2 Millionen. Unter Ihrer Regierungsverantwortung sind mehr als eine halbe Million Menschen unter die Sozialhilfeschwelle geraten.
    Dies alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine negative wirtschaftspolitische Bilanz, eine negative finanzpolitische, aber auch eine negative sozialpolitische Bilanz, die wir jetzt leider aufarbeiten müssen.
    Ich glaube, wir müssen in dieser Auseinandersetzung auch folgendes sagen. Es darf uns doch niemand unterstellen — ich glaube, Sie tun das letztendlich im Ernst auch nicht, Sie sagen es hier vielleicht —, daß wir diese Sparaktion nur deshalb machten, weil wir Freude daran hätten oder ganz bewußt, weil es zu unserer Position gehörte, sozialpolitische Einschnitte vornehmen zu wollen. Das wollen Sie uns doch mit Sicherheit nicht vorwerfen.

    (Zurufe von der SPD)

    Was ist denn eigentlich die Grundlage dessen, was wir hier miteinander erarbeiten?

    (Zuruf des Abg. Stahl [Kempen] [SPD])

    Sie haben hier ein Programm vorgelegt. Sie wollen die Beschäftigung mit einem zusätzlichen Investitionsprogramm von 8 bis 9 Milliarden DM ankurbeln. Da haben Sie die Vermögensteuer eingeplant, und auch der Bundesbankgewinn soll hier noch eingebracht werden. Meinetwegen! Wir halten diese Alternative, die Sie vorgelegt haben, für falsch. Denn Sie haben das früher auch schon so gemacht, und es hat nicht zu weniger, sondern zu mehr Arbeitslosigkeit geführt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD]: Deshalb haben Sie auch noch den gleichen Wirtschaftsminister im Kabinett!)

    Gleichzeitig lehnen Sie alle Sparvorschläge der Bundesregierung ab, einen nach dem anderen. Jetzt müssen Sie doch den Bürgern draußen mal erklären, wie Sie das nach Ihren Vorschlägen entstehende Defizit von über 6 Milliarden DM eigentlich decken wollen. Sie haben darauf keine Antwort gegeben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Mehr Schulden!)

    — Schulden oder Steuererhöhungen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was Sie hier als sogenannte Alternative vorgetragen haben, ist j a nichts anderes als

    (Zuruf von der CDU/CSU: Volksverdummung!)

    eine Neuauflage der alten Politik, d. h. Sie treiben auch aus der Opposition heraus eine unsolide Haushaltspolitik. Die Arbeitnehmer haben Ihre Haushaltspolitik bitter bezahlen müssen, und ich bin fest davon überzeugt: sie werden sich durch diese angebliche Alternative auch vor der hessischen Landtagswahl nicht in die Irre führen lassen, sondern werden wissen, auch bei den kommenden Auseinandersetzungen, daß eine Sozialpolitik, die diesen Namen wirklich verdient, nur dann möglich ist, wenn der Haushalt saniert ist. Man kann nicht mehr ausgeben, als man einnimmt. Bei einer anderen Politik wird jeder Privathaushalt zugrunde gerichtet, geht jedes Unternehmen pleite und geht auch der Staat bankrott. Wir haben den Staat und damit auch die Sozialpolitik für den Arbeitnehmer vor dem Bankrott gerettet.

    (Zander [SPD]: Sagen Sie das mal dem Herrn Baumann in Frankfurt!)

    Lassen Sie mich noch etwas zum Thema Glaubwürdigkeit sagen. Manches, was Sie hier geboten haben, war wirklich üble Sozialdemagogie.

    (Zurufe von der SPD — Zander [SPD]: Sie haben es wirklich nötig!)

    Ich kann dies nicht anders bezeichnen.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD)

    — Nun schreien Sie doch bitte nicht so! Ich habe doch nur eine Antwort auf das gegeben, was Sie hier gesagt haben. Die Glaubwürdigkeit ergibt sich eben auch aus den Argumenten.

    (Zander [SPD]: Das sagen Sie mal Herrn Blüm!)

    Frau Huber, jetzt stellen Sie sich z. B. hier hin und behaupten, wir hätten die Absicht, die Altersgrenze bei den Frauen anzuheben.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Hatten Sie ja auch!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage als Auffassung der Bundesregierung jetzt noch einmal klar und deutlich: Die Altersgrenze für Frauen wird, wenn es nach der Bundesregierung und der Christlich Demokratischen Union und nach dem Willen der Freien Demokraten geht, nicht angehoben. Dies hat der Bundeskanzler erklärt, das hat der Bundesarbeitsminister erklärt, das hat der FDP-Vorsitzende erklärt. In unserer Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht haben wir offiziell den Standpunkt vertreten, daß die Altersgrenze nicht angehoben wird.

    (Beifall bei der FDP — Stahl [Kempen] [SPD]: Man kann Ihnen ja nicht mehr glauben!)

    Jetzt stelle ich an Sie wirklich die Frage: Woher
    nehmen Sie das Recht — um keinen anderen Ausdruck zu gebrauchen —, hier vor dem Deutschen



    Bundesminister Dr. Geißler
    Bundestag und der gesamten Öffentlichkeit in Ihren Ausführungen den Eindruck zu erwecken, als würden wir das Gegenteil tun?

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Aus gutem Grund, Herr Geißler!)

    Dies nenne ich sozialpolitische Demagogie, die an der Wahrheit vorbeigeht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)