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ID1001906400

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    Plenarprotokoll 10/19 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 19. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Inhalt: Antrag der Fraktion die GRÜNEN betr. Änderung der Auslieferungspraxis der Bundesregierung und Staatenbeschwerde gegen die Türkei — Drucksache 10/357 — Burgmann GRÜNE 1243 B Dr. Schäuble CDU/CSU 1244A Porzner SPD 1244 B Burgmann GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 1245 C Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion die GRÜNEN Entlassung der Bundesminister des Innern und der Justiz — Drucksache 10/333 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers der Justiz und des Bundesministers des Innern — Drucksache 10/342 — Roth SPD 1245C Dr. Althammer CDU/CSU 1253 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 1257A, 1307 A Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 1263 B Mischnick FDP 1268 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 1273 C Dr. Vogel SPD 1282 D Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 1295 B Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1298 B Metz CDU/CSU 1303 B Dr. Emmerlich SPD 1310 C Fischer (Frankfurt) GRÜNE 1313 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU 1317 D Kleinert (Hannover) FDP 1322 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 1325 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 1328 B Kuhlwein SPD 1330 D Neuhausen FDP 1334 B Dr. Jannsen GRÜNE 1335A Namentliche Abstimmung 1326 C Nächste Sitzung 1335 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1337* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1337* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1243 19. Sitzung Bonn, den 8. September 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1337* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 9. Kretkowski 9. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Lenzer * 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Schmidt (Hamburg) 9. 9. Schmidt (Wattenscheid) 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Möglichkeiten für eine Gemeinschaftsbeihilfe zur Finanzierung einer festen Ärmelkanalverbindung (Drucksache 10/207) zuständig: Ausschuß für Verkehr Entschließung des Europäischen Parlaments zur Höhe der Einkommen in der Landwirtschaft (Drucksache 10/208) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Raumordnungsbericht 1982 (Drucksache 10/210) zuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Bericht der Bundesregierung zur Förderung der Drittmittelforschung im Rahmen der Grundlagenforschung (Drucksachen 10/225, 10/332) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Forschung und Technologie Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1981/1982 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 10/243) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den ersten Teil der 29. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 6. bis 8. Juni 1983 (Drucksache 10/246) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 1502 Tit. 642 07 des Haushaltsjahres 1983 (Ausgaben nach § 8 Abs. 2 des Unterhaltsvorschußgesetzes) (Drucksache 10/316 [neu]) zuständig: Haushaltsausschuß Anlagen zum Stenographischen Bericht Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 2. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1983 (Drucksache 10/292) zuständig: Haushaltsausschuß Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) (Drucksache 9/2386) zuständig: Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Entschließung des Europäischen Parlaments zur Diskriminierung von unverheirateten Müttern gegenüber verheirateten Frauen im Bereich des Eltern- bzw. Kindesverhältnisses in bestimmten Mitgliedstaaten (Drucksache 9/2417) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen (Drucksache 9/2421) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Verteidigungsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zu den türkischen Auslieferungsersuchen (Drucksache 9/2413) zuständig: Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 9/83 — Erhöhung des Zollkontingents 1983 für Bananen) (Drucksache 10/315) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 8. Dezember 1983 vorzulegen Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. August 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Bericht der Bundesregierung zu dem Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung (Drucksache 9/2423) Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 73 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag für eine Europäische Strategie auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Technik Rahmenprogramm 1984 bis 1987 ist als Drucksache 10/217 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 12 aufgeführte EG-Vorlage Mitteilung der Kommission an den Rat über die Strukturen und Verfahren der Gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie ist als Drucksache 10/221 verteilt. Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 26 aufgeführte EG-Vorlage 1338* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament betreffend eine bessere Nutzung der Ergebnisse Gemeinschaftsgeförderter F&E-Aktivitäten ist als Drucksache 10/222 verteilt. Die in Drucksache 10/168 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag eines Beschlusses des Rates über das Rahmenprogramm der wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten der Gemeinschaft 1984-1987ist als Drucksache 10/295 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 11 aufgeführte EG-Vorlage Die künftige Finanzierung der Gemeinschaft Vorschlag für einen Beschluß über die eigenen Mittel ist als Drucksache 10/329 verteilt.
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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es mag die Gefahr bestehen, daß Sie meinen, ich spreche nur, weil am 25. September in Bremen eine Wahl ist.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Überhaupt nicht!)

    Ich schlage vor, daß Sie diese Position erst am Ende beurteilen, weil ich hier eine vom Wahlkampf abgesetzte Position zu vertreten habe. Diese Position halte ich auch in Bremen durch. Es geht nämlich im Augenblick darum, über die Strukturfragen zu sprechen und nach Lösungen für schwierigste Industriefragen zu suchen — wenn die Probleme überhaupt einvernehmlich lösbar sind — sowie nach Wegen zu suchen, wie man betroffenen Menschen, Arbeitnehmern und ihren Familien, neue Chancen gibt.
    Niemand mehr als ein Regierungschef von der Küste würde es begrüßen, wenn der seit Jahresanfang beschworene Aufschwung käme und wenn sich die Finanzen von Bund, Ländern und Gemeinden so konsolidieren würden, daß nicht jede neue
    Haushaltsrunde nur von Kürzungen und Einsparungen diktiert wird.
    Ich habe Verständnis für das Streben des Bundes, seinen Haushalt zu entlasten, und gleichzeitig für das Bemühen, Mittel freizusetzen, die als Initialzündung für neue Investitionen gedacht sind. Allerdings bin ich höchst unsicher, ob die von der Bundesregierung konzipierte Form der Steuererleichterungen tatsächlich zu einem Investitionsschub führt. Ich vermute vielmehr, daß sie als Steuergeschenk von denjenigen mitgenommen wird, die sowieso Investitionsvorhaben realisiert hätten. Da dies heute in der Regel Modernisierungsinvestitionen sind, wird unter dem Strich die Ausbeute an Arbeitsplätzen nur höchst mager ausfallen. Hier hätte ich ein gezieltes Beschäftigungsprogramm für wirkungsvoller gehalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn ich hier heute zu Ihnen als Mitglied des Bundesrates spreche, so tue ich dies nicht in erster Linie, um Ihnen meine Skepsis im Hinblick auf das Gelingen der Pläne der Bundesregierung kundzutun, sondern ich möchte das Augenmerk des Hohen Hauses vielmehr darauf richten, in welcher Weise der Bund seine finanzielle Situation zu Lasten der Länder und Gemeinden ordnet.
    Die Besonderheit für Bremen liegt doch darin, daß das Land mit der geringsten finanziellen Ausstattung und den größten wirtschaftlichen Problemen in unserer Republik bei der Neuverteilung der Belastungen am schlechtesten wegkommt.
    In den neuen Gesetzen sehen wir keine Hilfe für unsere Probleme, sondern aus den Steuerentlastungsgesetzen resultieren zunächst einmal Ausfälle, die wir angesichts unserer Aufgabenfülle und Haushaltsenge kaum auffangen können. Wir reden in Bremen nicht von einem Aufschwung, sondern wir bemühen uns, eine Sturzfahrt von wichtigen Teilen unserer heimischen Wirtschaft aufzufangen, denn wo sich bei anderen die Talsohle abzeichnen mag, erfolgt bei uns der Fall in die Bodenlosigkeit.
    Rund ein Drittel aller Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe entfallen in Bremen auf Krisenbranchen, vor allem auf Schiffbau, Stahlindustrie, Fischerei und Fischverarbeitung. Ein solcher Prozentsatz wird von keinem anderen Bundesland erreicht. Selbst wenn ich den Krisenfaktor „Kohle" mit einbeziehe, so sind die gefährdeten Branchen bei uns stärker vertreten als im Saarland oder in Nordrhein-Westfalen.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Wir haben den Bund gebeten, uns bei der Überwindung der strukturellen Verwerfungen unserer heimischen Wirtschaft zu helfen. Wir sind dabei nicht allein Bittsteller, sondern haben auch den Appell an den Bund gerichtet, seinen Verfassungsauftrag wahrzunehmen und die notwendigen regionalpolitischen und sektoralen Strukturentscheidungen zu treffen. Wir sehen in der Entscheidung der Bundesregierung, Bremen in ein Sonderprogramm der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur aufzunehmen und im



    Präsident des Senats Koschnick (Bremen)

    Laufe der nächsten vier Jahre dafür 80 Millionen DM bereitzustellen, einen wichtigen Schritt in Richtung auf flankierende Maßnahmen zur Reduzierung der überproportionalen Arbeitslosenzahl in der Unterweser-Region; es trifft ja nicht Bremen allein, sondern das umliegende Gebiet von Niedersachsen mit. Dieses Sonderprogramm entlastet uns aber nicht unmittelbar von den bei uns vorhandenen wirtschaftlichen Problemen bei Werften und Stahl. Ich hoffe, daß es eine Mehrheit unter den Bundesländern gibt, die dieser Entscheidung des Bundes zustimmt, und beteilige mich nicht an polemischen Auseinandersetzungen über eine versagte Unterstützung durch andere Bundesländer. Ich setze bis zur Entscheidung auf Einsicht, und Solidarität.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine sehr geehrten Damen, meine Herren, in unserer privatwirtschaftlich organisierten Gesellschaft entscheiden die Eigentümer, die Vorstände der betroffenen Gesellschaften über das Schicksal von Betrieben. Die Verantwortung auch dafür, in welchem Umfange Investitionen, Rationalisierungen oder eben Entlassungen vorgenommen werden, also welche Unternehmenspolitik betrieben wird, steht in der Entscheidungsbefugnis derjenigen, die in guten Zeiten eines Unternehmens auch die Beschlüsse faßten, wohin die gemachten Gewinne fließen. Weder Bund noch Länder haben hierauf in unserem Wirtschaftssystem einen unmittelbaren Einfluß. Bund und Länder werden jedoch in wirtschaftlich schwierigen Tagen von Unternehmen wie von Arbeitnehmern häufig in eine Pflicht genommen, die marktwirtschaftlichen Prinzipien widerspricht. Vielleicht scheint gerade deshalb die Politik in Krisenzeiten gut geeignet zu sein, den Prügelknaben der Nation zu spielen.
    Zugegeben: Möglicherweise haben wir alle — ich nehme mich jedenfalls nicht aus — in Zeiten der Umverteilung des wirtschaftlichen Zuwachses die Möglichkeiten staatlichen Einflusses auf die Unternehmen in marktwirtschaftlichen — oder darf ich sagen: kapitalistischen — Systemen überschätzt, zumindest aber Erwartungshaltungen zugelassen, die den wirklichen Einflußmöglichkeiten nicht standhalten. Dennoch ist unsere Wirtschaftsordnung nicht so ausgerichtet, daß sich der Staat mit der Rolle eines neutralen Beobachters begnügen kann, den im Grunde alles nichts angeht.

    (Beifall bei der SPD)

    Es kann sich wohl niemand auf unsere Verfassung berufen, wenn sich Industriepolitik lediglich auf das Begrüßen erfreulicher Entwicklungen und auf das Bedauern von Zusammenbrüchen reduziert.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielmehr fordert unsere Verfassung von jeder Regierung, sich um einheitliche Lebensverhältnisse in allen Teilen der Republik zu kümmern.
    Darunter fällt vor allem die Verpflichtung, im Interesse des gesamten Staates eine aktive Rolle bei
    der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und bei der Ausbildungsplatznot zu spielen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es gilt, den arbeitsfähigen und arbeitswilligen Bürgern dieses Staates eine faire Lebenschance und eine faire Berufschance zu ermöglichen. Es genügt nicht, allein darauf zu setzen, daß aus den Unternehmen herausgezogene höhere Unternehmensgewinne reinvestiert werden, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist doch wirklich nicht als Arbeitsmarktpolitik auszugeben.
    Zur Aufgabe des Gesamtstaates, so meine ich, gehört nicht zuletzt, regionale Defizite und strukturelle Verwerfungen anzugehen und gegenzusteuern, soweit die vorhandenen Ressourcen dies zulassen. Natürlich ist es bei unserer Wirtschaftsordnung für alle Verantwortlichen im Bund wie in den Ländern eine unlösbare Aufgabe, wenn man von ihnen verlangen wollte, daß sie an Stelle der Unternehmen und ihrer Kapitaleigner handeln und ihnen ihre ureigene Entscheidung abnehmen. Der Staat ist aber verpflichtet, Fehlentwicklungen zu bremsen, Anreize für bruchlose Übergänge zu neuen Strukturen zu geben, um abwendbare Arbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Strukturkonzepte für gefährdete Branchen sind zu entwikkeln; diese Aufgabe ist vom Bund zu erfüllen.

    (Beifall bei der SPD)

    Hier geht es dann auch um die Beantwortung der Frage, ob ein gesamtstaatliches Interesse da ist, bestimmte Industriesektoren vorzuhalten und in Krisenzeiten zu stützen. Es steht die Frage nach einer nationalen Energie- und Kohlekonzeption, nach einer nationalen Schiffahrts- und Werftenpolitik, nach einer meinetwegen in Europa zu verzahnenden Stahlpolitik. Es muß entschieden werden, ob es Kapazitäten — und welche — in einem bestimmten Industriesektor aus gesamtstaatlichem Interesse geben soll und ob diese aus Gründen der Wirtschaftsentwicklung oder der nationalen Sicherheit auch unter begrenzbaren Verlusten vorgehalten werden sollen.
    Lassen Sie mich als Vertreter der norddeutschen Küste in diesem Zusammenhang etwas zu den Werften sagen. Als nach der Ölpreiskrise 1974 die ersten größeren Einbrüche bei der nach 1950 wieder entstandenen Schiffbauindustrie eintraten und wir schon damals in knapp vier Jahren rund 30% Personalreduzierung hinzunehmen hatten, griff die damalige Bundesregierung Schmidt/Genscher ein und stoppte die Entwicklung. Sie stoppte sie mit einer kombinierten Reeder- und Werftenhilfe einschließlich einer Auftragshilfe für den Export. Sie stoppte so bruchartige Entwicklungen und Verwerfungen. Sie haben uns die Chance gegeben, Stabilisierung an der ganzen Küste möglich zu machen.
    Die norddeutschen Länder haben sich damals ihrer sektoralen Mitverantwortung nicht entzogen und sich absprachegemäß mit 25% an den Auftragshilfen beteiligt.

    (Sehr gut! und Sehr wahr! bei der SPD)




    Präsident des Senats Koschnick (Bremen)

    Doch diese Haltung des Bundes ist nicht durchgehalten worden. Seit 1982 stehen Auftragshilfen zur Hereinnahme von Exportaufträgen nicht mehr zur Verfügung. Seit dieser Zeit kämpfen unsere Werften gegen Billiglohnländer und staatlich subventionierte Werften im internationalen Schiffbaumarkt mit der Folge, daß Aufträge ohne kostendeckende Preise bzw. Unterbeschäftigung die Substanz der Werften erheblich angeschlagen und zum Teil aufgezehrt haben.
    Das war der Grund, daß wir Regierungschefs der Küstenländer am 21. April dieses Jahres uns in Hamburg auf ein gemeinsames Werftenhilfeprogramm verständigten und den Bund eindringlich gebeten haben, uns an der Küste nicht allein zu lassen. Die Antwort ist bekannt. Außer der Aufstokkung der Reederhilfe war in Bonn kein Blumentopf zu gewinnen. Ob Frau Breuel als Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz der Küstenländer heute mehr Glück haben wird als meine Kollegen Dr. Albrecht und Dr. Barschel — von Klaus von Dohnanyi und mir will ich besser schweigen —, ist höchst ungewiß. Meine Damen, meine Herren der Koalition, ist es nicht bezeichnend, daß Christdemokraten und Sozialdemokraten an der Küste hier an einem Strang ziehen? Spüren Sie nicht die Not, die sich bei uns in Schleswig-Holstein wie in Niedersachsen, in Hamburg wie in Bremen ausbreitet?
    Ja, wir Regierungschefs der Küstenländer sind nicht nur beim Bund aufgelaufen mit unserer Forderung, wir sind auch von den Gewerkschaften kritisiert worden, weil wir einen Kapazitätsabbau von weiteren 30 % im Schiffneubau hinnehmen würden und dabei Arbeitsplatzverluste akzeptiert hätten. Ich sage Ihnen: Die Angebots- und Nachfragesituation auf dem Weltmarkt verlangt eine realistische Beurteilung. Es sind nicht genügend Schiffe zu akquirieren, um alle Werftkapazitäten auszulasten. Wir kommen an Reduzierungen nicht vorbei. Ich trage das hier Unausweichliche mit.
    Aber ich bin nicht bereit, die Verantwortung für eine ungeklärte nationale Schiffbaupolitik mit deren Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer und ihre Familien zu tragen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen Klarheit. Wir in Bremen sind, wie gesagt, noch vor dem Saarland das Bundesland mit den meisten von den weltwirtschaftlichen Verwerfungen betroffenen Industrien und liegen aus diesem Grunde an der Spitze der Arbeitslosenquote. Deshalb erhoffen wir von der Bundesregierung Unterstützung bei der Förderung betriebsübergreifender Maßnahmen bei den Werften. Bei Alleingängen der Werften im Lande Bremen stehen wesentlich mehr Arbeitsplätze als heute auf dem Spiel.
    Während bei den Werften das Wasser immer höher stieg und die Gefahren für den Wirtschaftsbereich an der ganzen Küste immer deutlicher wurden, war noch Anfang Dezember 1982 der Bundeswirtschaftsminister der Auffassung, daß von einer
    Krise der Werften in Norddeutschland nicht zu sprechen sei.

    (Grobecker [SPD]: Aha! — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Hört! Hört!)

    Selbst als der Herr Bundeskanzler im Februar die Lage der Werftindustrie als krisenhaft erkannte, hat sich das in den öffentlichen Erklärungen des Bundeswirtschaftsministeriums nicht niedergeschlagen. Noch im Juni hat das Bundeswirtschaftsministerium, nachdem aus der Sicht der norddeutschen Küste deutlich war, daß sich die Auftragsbücher der deutschen Werften in katastrophaler Weise leerten, die Auffassung vertreten, daß für ein Strukturanpassungsprogramm keine Notwendigkeit gesehen werde. Nur für Bremen könne es regionale Flankierungshilfen geben. Erst ab Juli erfahren wir vom Bundeswirtschaftminister, daß die deutsche Werftindustrie vor einer schweren Bewährungsprobe stehe. Und dann müssen wir heute von ihm hören, daß eine verbesserte Förderung der Reeder- und Neubauhilfe nicht in Frage komme und daß Export- und Auftragshilfen für die Bundesregierung nicht zur Diskussion stünden. — Was das für die Werften in Schleswig-Holstein, in Hamburg, in Niedersachsen und in Bremen bedeutet, will ich hier nur andeuten. Ich sehe, und zwar wie meine christdemokratischen Kollegen, bruchartige Entwicklungen vorprogrammiert.
    Zurück nach Bremen: Wir werden den Bund beim Wort nehmen, wenn die Werftvorstände nun doch noch zu einem Konzept kommen. Den Streit um ein einvernehmliches und dann wieder bestrittenes Konzept habe ich bisher ausgetragen und werde wohl noch eine geraume Zeit Prellbock zwischen Arbeitnehmern und Vorständen sein. Dabei steht die Forderung des Bundes — Graf Lambsdorff hat sie heute morgen noch einmal ausdrücklich wiederholt — nach einem Konzept der Unternehmen, der Vorstände also, und nicht, wie es im Wahlkampf behauptet wird, nach einem Konzept der Landesregierung. Wir wollen an einem Konzept für die Branche mitwirken, können aber nicht für jedes Unternehmen eigene Konzepte entwickeln.
    Alles wäre leichter gewesen, so glaube ich jedenfalls, auch zwischen Vorständen und Betriebsräten, wenn uns der Bund die Größenordnung einer möglichen Hilfe vorgegeben hätte. Er hätte dann einen Rahmen dafür vorgegeben, was überhaupt an realistischer Werftumstrukturierung mit öffentlichen Mitteln, des Bundes und Bremens, machbar wäre. Der Bund ist hierauf nicht eingegangen. Die Gründe hat vorhin Graf Lambsdorff gesagt.
    Wenn die Bundesregierung in ihrem Beschluß vom 20. Juli sagt, daß am Ende eine Werftenstruktur entstehen müsse, die ohne weitere öffentliche Hilfe voll wettbewerbsfähig am Markt Aufträge hereinholen könne, dann frage ich nur, warum der Bund seiner eigenen Werft unter die Arme gegriffen hat.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Die HDW, Howaldt-Werke Deutsche Werft AG, Kiel
    und Hamburg, erhielt doch zu Lasten des Bundes
    270 Millionen DM und vom Lande Schleswig-Hol-



    Präsident des Senats Koschnick (Bremen)

    stein 90 Millionen DM, um Betriebsverluste abzudecken und Umstrukturierungen möglich zu machen. Sie erhielt diese beachtliche Finanzspritze, weil HDW unter den heutigen Bedingungen nicht kostendeckend am Markt Aufträge akquirieren konnte.
    In Kenntnis dieses Umstandes bemüht sich die Werftindustrie in Bremen und Bremerhaven, ihre Stundensätze für Werftleistungen so weit herunterzudrücken, daß künftige öffentliche Hilfen so gering wie möglich ausfallen. Aber versprechen, daß es stets ohne öffentliche Hilfe gehe, kann keiner, der die Werftindustrie kennt.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine sehr geehrten Damen, meine Herren, nationale Werften und nationale Schiffahrt gehören untrennbar zusammen. Von je 100 Schiffen, die sich im Eigentum deutscher Reeder befinden, sind inzwischen 40 ausgeflaggt. Seit Beginn des Jahres 1983 ist für die deutsche Flagge ein Substanzverlust von rund 100 000 Bruttoregistertonnen festzustellen. Würde man diese Entwicklung linear fortschreiben, gäbe es in fünf Jahren keine deutsche Handelsflotte mehr. Auch wenn man diese Entwicklung nicht so unterstellt, hat die Ausdünnung des deutschen Schiffbestandes eine bedrohliche Dimension angenommen, eine so bedrohliche Dimension, daß man das Problem sich nicht dadurch lösen lassen kann, daß man gar nichts tut. Auch hier ist die Bundesregierung gefordert, konkret zu erklären, welche Handelsflotte sie für eine der größten Handelsnationen der Welt als notwendig erachtet, und wie sie eine notwendige Flotte sichern will.

    (Beifall bei der SPD)

    Bei der '78er Krise von Werften und Schiffahrt wurde von der Regierung Schmidt/Genscher

    (Zuruf von der SPD: Das war eine Regierung!)

    eine begrenzte Hilfe durch eine pauschalierte Zinsbeihilfe in den Jahren 1979 bis 1981 an die Seeschiffahrt gegeben, um die Substanz der deutschen Reedereibetriebe zu erhalten. Diese Finanzbeiträge haben die Betriebskosten der Schiffe verringert. Sie waren darüber hinaus ein wesentlicher Anreiz, in Schiffsneubauten unter deutscher Flagge zu investieren. Bekanntlich sind die deutschen Werften zum überwiegenden Teil auf Aufträge deutscher Schiffahrtsunternehmen angewiesen. Deutsche Reeder sind jedoch trotz der gewährten Schiffbauzuschüsse von zur Zeit 12,5 % nur dann in der Lage, Schiffe zu bestellen, wenn die Ertrags- und damit die Finanzlage ihrer Reedereien perspektivisch gesichert erscheint. Und dies kann nach meiner Meinung zur Zeit am ehesten durch die Gewährung von Finanzbeiträgen gefördert werden.
    Nun kann man natürlich fragen: Alles nur für die Küste? Alles nur für Deutschland? Wie sieht es in Europa aus? In den einzelnen Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft liegen die Schiffbau- und Schiffahrtssubventionen mindestens doppelt so hoch wie in der Bundesrepublik: doppelt so hoch im untersten Fall — in den Niederlanden —, in einem
    Fall dreimal so hoch — in Italien —, und dazwischen bewegen sich Belgien, Dänemark, Frankreich und Großbritannien. Angesichts dieser Situation muß, meine ich, der Bund mehr tun, muß der Bund sich zu ähnlichen Stützungsmaßnahmen durchringen, wie es 1979 der Fall gewesen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Eines ist jedenfalls sicher. Wenn die deutsche Handelsflotte immer weiter ausdünnt, erledigt sich auch das Problem der Werften von selbst.
    An der Küste besteht Übereinstimmung darüber, daß bei Werften und Schiffahrt dringend etwas passieren muß. Es reicht nicht aus, ein verbales Bekenntnis zu den deutschen Werften und zur deutschen Flotte abzulegen. Wir brauchen Klarheit über die Dimension dieses Bekenntnisses, nämlich wieviel Schiffbaukapazität und wie viele Schiffe aus gesamtstaatlicher Sicht abgesichert werden sollen. Jedermann muß sich aber auch klar sein, daß bei abgeschwächter Weltkonjunktur und weltweiter Wettbewerbsverzerrung in diesen Wirtschaftsbereichen ein solches Bekenntnis dann nicht mehr aus Worten, sondern aus realen Zahlen zu bestehen hat. Ich leugne nicht, sondern weiß, wie schwer es ist, diese Forderung bei der ganzen Problematik der Investitionen und Subventionen im Bundeshaushalt zu erfüllen. Aber ich sage Ihnen: Wenn hier nicht geholfen wird, werden die Folgen für den Bund und für die Küstenländer viel dramatischer und schlimmer, als es im Augenblick vorstellbar ist. Daher denke ich da anders.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich glaube, wir sind uns alle darin einig, daß die heutige problembeladene Wirtschaftssituation in der Bundesrepublik mit bloßem Warten nicht gelöst werden kann. Die wirtschaftlichen Probleme finden sich in Bremen in besonderer Konzentration und in einer Schärfe, die durch unsere besondere Wirtschaftsstruktur bedingt ist. Wir sind in unserem Bundesland nicht in der Lage, Negativwirkungen politischer Entscheidungen aufzufangen, die in Brüssel getroffen werden. Ich denke hier an den Stahlsektor oder an die katastrophale Handhabung des Fischereiproblems durch die EG.
    Ich appelliere hier an die Bundesregierung, im Interesse der strukturgefährdeten Region unseres Landes dieselbe Unbeugsamkeit zu zeigen, wie wir sie von anderen Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft gewohnt sind, wenn diese ihre Interessen verfechten.

    (Beifall bei der SPD)

    Seit Mitte der 70er Jahre haben unsere EG-Partnerländer zusammengerechnet rund 80 Millionen DM an Subventionen in ihre Stahlindustrie gesteckt. Länder wie Großbritannien und Italien subventionieren heute die Tonne Stahl mit Beträgen, die weit über 200 DM liegen. Das heißt, der Subventionswert liegt dort bei 30 % des Umsatzwertes.
    Die Bundesregierung aber verhielt sich bisher nach streng marktwirtschaftlichem Muster. Abgesehen von Forschungs- und Technologieprogram-



    Präsident des Senats Koschnick (Bremen)

    men mit vergleichsweise geringen Beträgen und abgesehen von den Hilfen für die saarländische Stahlindustrie gibt es bisher keine direkten Subventionen für die deutsche Stahlindustrie.
    Ich meine, die Stahlindustrie hat zu Recht die Frage gestellt: Welcher andere deutsche Wirtschaftszweig kann von sich behaupten, er habe Krisenjahre gegen die Konkurrenz der europäischen Steuerzahler und der Finanzminister Europas durchstehen können? Die deutschen Stahlunternehmen haben dies nur mit Substanzverlusten in Milliardenhöhe geschafft.
    Die Bundesregierung arbeitet weiter auf Marktwirtschaft, obwohl selbst die FAZ festgestellt hat, daß die europäische Stahlentscheidung mit einem marktwirtschaftlichen System nichts mehr zu tun hat.
    Die Subventionszurückhaltung der Bundesregierung hat dazu beigetragen, daß die bundesdeutschen Stahlwerke ihren internationalen Vorsprung bei der Produktivität nahezu eingebüßt haben. Der Technologievorsprung, den die deutsche Stahlwirtschaft im Bereich der modernen Oxygen- und Elektrostahlverfahren oder beim Stranggußverfahren noch 1974 aufwies, ist nicht zuletzt durch die Subventionspolitik unserer Nachbarn in Frage gestellt.
    Alle Gespräche über die Zukunft der deutschen Stahlindustrie enden derzeit in der resignativen Erwartung, daß nur noch der Staat die Krise abwenden könnte. Von dem noch im letzten Frühjahr so hoch gelobten, auch von der Bundesregierung gelobten, Moderatorenkonzept ist nur ein Scherbenhaufen übriggeblieben. Vielleicht darf ich aber erinnern, daß nur ein einziger Stahlkonzern bereit war, das Konzept der Moderatoren zu akzeptieren. Das waren die Klöckner-Werke, deren Wirkungen wieder unmittelbar nach Bremen hereinstrahlen.

    (Zuruf des Abg. Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU])

    — Nein. Nicht nur. Ich sagte: „nach Bremen hereinstrahlen". Wir haben Georgsmarienhütte in Niedersachsen. Wir haben 6 000 Beschäftigte allein in Nordrhein-Westfalen. Wir haben das Problem der Maxhütte in Bayern. Ich sage einfach: Es ist ein Problem, das in diese Region hereinstrahlt. Ich weiß genau, wovon ich rede. Ich möchte auch nicht den Konzern plötzlich als bremischen Konzern bezeichnen. Es ist ein Konzern, der über vier Länder hin arbeitet und in Nordrhein-Westfalen sitzt.
    Meine Damen und Herren, mir fällt auf, daß der Bund beispielsweise bei den Fusionsplänen von Thyssen und Krupp in der Stahlwirtschaft andere Antragsvoraussetzungen als bei den Werften fordert. Bei uns hetzt man die Arbeitnehmer der einzelnen Betriebsstätten aufeinander, ohne eine Zusage für eine konkrete Hilfe bei realistischen Konzepten zu geben. Prüfung wurde zugesagt, und zugleich wurden Bedenken wegen der möglichen Wettbewerbsverzerrung angemeldet. Bei der Krupp/Thyssen-Konzeption überläßt man zu Recht die Detail- und Betriebsstättenlösung mit ihren personellen Folgen dem neuen Vorstand und einer gemeinsamen neuen Betriebsvertretung. Nur bei den
    Werften an der Unterweser soll das alles anders sein. Ich frage: warum?
    Zurück zur Stahlproblematik an der Weser. Die Bundesregierung hat zwischenzeitlich den Entwurf einer Richtlinie für die Gewährung von Strukturverbesserungshilfen an die Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie vorgelegt. Danach wird Klöckner bei Realisierung des Richtlinienentwurfs kein Geld erhalten, solange das Quotenproblem nicht gelöst ist. Die Situation von Klöckner ist bedrohlich. Bei weiterer Überschreitung der Quoten werden Beihilfen verweigert, und bei Einhaltung der Quote soll die Tragfähigkeit des erzwungenen Alleingangkonzeptes von Klöckner trotz Beihilfen nicht mehr gegeben sein.
    Ich fordere die Bundesregierung auf, hier nicht weiter zu warten. Sie muß mit der EG zu einer die Überlebenschancen von Klöckner sichernden Entscheidung kommen, wenn sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, eine moderne, technologisch am weitesten entwickelte, aber natürlich auch am stärksten mit Kapitaldiensten belastete Hütte zugunsten der von anderen Regionen betriebenen Modernisierung alter Hütten in Europa preiszugeben.

    (Beifall bei der SPD)

    Mir fällt auf, meine Damen und Herren, daß der Montanvertrag bei der ganzen Diskussion nicht mehr beachtet wird. Dort war es einmal gemeinsamer Wille aller Vertragschließenden, die Stahlindustrie zu modernisieren und mit modernen Betriebsstätten die Zukunft zu erreichen. Heute stelle ich in Europa fest, daß die alten Klamotten aufrechterhalten werden und daß die modernen Industriebereiche heute in Gefahr geraten, wegen ihrer Kapitalkostenbelastung geschlossen zu werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielleicht darf ich abschweifend sagen: Wenn ich mich recht erinnere, war es auch ein Grundkonsens bei der NATO, nicht nur für Verteidigung und Sicherheit zu sorgen, sondern auch für die Wohlfahrt der Bevölkerung und der Länder zu sorgen. Auch hier steht die Frage: Sollte das nicht in einem Zusammenhang gesehen werden, wenn Kapital von uns wegfließt, um Haushaltsdefizite für Rüstungsaufgaben in Amerika zu finanzieren, Kapital, das an sich hier eingesetzt werden müßte, um Struktursicherungsmaßnahmen durchzuführen?

    (Beifall bei der SPD)

    Jedenfalls sage ich: Mit der endgültigen Vorenthaltung der Mittel wird die Lage der KlöcknerWerke gegenüber den konkurrierenden Stahlwerken aussichtslos. Bräche allein in Bremen die Klöckner-Hütte zusammen, brächen die Werften ein, und unsere Arbeitslosenquote müßte auf weit über 25 % explodieren.
    Lassen Sie es nicht zu, daß wir mit den Krisenbranchen in einen Teufelskreis geraten, wie wir ihn bei der Hochseefischerei bitter erleben mußten! Die deutsche Hochseefischerei hat die Zeche für die Uneinigkeit in der EG, für den nationalen Egoismus bezahlt, der sich ohne Rücksicht auf legitime Interessen der deutschen Küste durchsetzte. Leidtra-



    Präsident des Senats Koschnick (Bremen)

    gende waren nicht nur die Unternehmen der Hochseefischerei, sondern auch und ganz besonders die Fischereiproduktionsstätten in Cuxhaven und Bremerhaven. Nicht nur die Unternehmen, die Arbeitnehmer in diesen Betrieben zahlten den Preis ungenügender europäischer Verständigung.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, noch ist es Zeit, durch nationale Maßnahmen und europäische Standfestigkeit ein weiteres Ausbluten der Küstenregion zu verhindern. Was in unseren Kräften steht, werden wir an der Küste dazu beitragen. Wir brauchen aber den Willen des Gesamtstaates zur Abfederung der notwendigen Strukturveränderung, zur Verhinderung bruchartiger Entwicklungen bei den Krisenbranchen und vor allem zur aktiven Arbeitsmarktstützung der bedrohten Regionen. Wenn ich vom Willen des Gesamtstaates spreche, meine ich nicht Deklamationen, sondern die Wahrnehmung der Verpflichtung zur regionalen und sektoralen Wirtschaftspolitik durch den Bund. Konkrete Maßnahmen sind geboten, Absichtserklärungen langen nicht. Wir vier Länder in Norddeutschland werden unseren Beitrag leisten. Nun bitte hilf auch, Bund!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Metz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Reinhard Metz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will nicht damit beginnen, daß ich Ihnen sage, was Herr Grobecker gerne möchte.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Herr Bürgermeister — der lacht auch —, zunächst freue ich mich, daß Sie das Plenum des Deutschen Bundestages eben nicht so hemmungslos zur Tribüne eines Landtagswahlkampfes gemacht haben, wie es Ihr Kollege Herr Börner heute morgen hier getan hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich finde es auch gut, daß Sie nicht so wie eben Herr Dr. Vogel auf vordergründige Effekthascherei ausgewesen sind.
    Vielleicht, Herr Bürgermeister Koschnick, haben Sie sich heute an einen Ihrer Aussprüche erinnert, den Sie, als Sie ihr Bürgermeisteramt antraten, vor vielen Jahren einmal getan haben. Ich zitiere: Bundestreue wird in einem besonderen Maße Anliegen des Senats der Freien und Hansestadt Bremen sein. — Ich finde die Politik Bremens immer dann gut, unabhängig davon, wer wann wo gerade regiert, wenn dieses kleine Bundesland sich an diesen richtigen Ausspruch erinnert.
    Ich finde es auch gut, was Sie heute im Deutschlandfunk gesagt haben, als Sie den guten Willen des Bundeskanzlers Dr. Kohl bestätigt haben und sagten, ich, Hans Koschnick, muß im Augenblick sagen, daß der Bundeskanzler bisher bereit ist, die Probleme des Landes Bremen zu sehen und zu würdigen.
    Wenn sich der bremische Bürgermeister hier moderat äußert, dann hängt das sicher auch damit zusammen, daß wir uns — in einem umfassenden Sinne — immerhin in einer Haushaltsdebatte befinden. Sie haben das Bund-Länder-Verhältnis angesprochen. Ich will noch einmal sagen: Wenn ein Bundeskanzler auch in föderativen Kategorien denkt, dann ist es doch dieser Bundeskanzler dieser Regierung, der nicht nur in historischen Perspektiven denkt, sondern auch jahrelang Ministerpräsident eines Landes gewesen ist. Es ist auch so, daß dieser Bundesfinanzminister, ebenfalls langjähriger Ministerpräsident eines Bundeslandes,

    (Grobecker [SPD]: Schiffbau!)

    vom ersten Tage seiner Tätigkeit in Bonn als Finanzminister peinlich genau und verantwortungsvoll auf die Auswirkungen der hiesigen Bonner Entscheidungen auf die Finanzen von Ländern und Gemeinden geachtet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die konkreten Entscheidungen der Bundesregierung sowohl im Herbst 1982 als auch zu diesem Haushalt 1984 sind in hohem Maße länderfreundlich und sparen den einzelnen Bundesländern viel Geld. Der Bundesfinanzminister hat in der Bundesratssitzung vor einigen Tagen erneut darauf hingewiesen, daß der Bund die Auswirkungen seiner Entscheidungen auf die Haushalte von Ländern und Gemeinden sehr genau im Auge behält, und zwar sowohl bei der Mittelverteilung als auch bei den notwendigen Entscheidungen auf der Ausgabenseite. Das heißt, Länder und Gemeinden sind durch die bisherigen Bundesinitiativen erheblich entlastet worden, vor allen Dingen auch im Bereich der Personalkosten.
    Aus der Antwort der Bundesregierung auf Fragen des Kollegen Esters geht hervor, daß eine Gegenüberstellung der Steuermindereinnahmen und der gesamten Entlastungswirkungen für die Bundesländer insgesamt zu einem positiven Saldo von weit über 4 Milliarden DM im Jahre 1984 führt. Für Bremen beispielsweise, Herr Bürgermeister, bedeutet das ein Plus für 1984 von 59 Millionen DM. Der Bremer Finanzsenator, Herr Thape, kann sich über dieses Plus freuen, denn er ist der Finanzsenator eines Landes, das Ende dieses Jahres eine ProKopf-Verschuldung seiner Bürger von über 12 500 DM haben wird. Wenn Sie mir diese kleine Bemerkung erlauben: Ich mag Herrn Thape gerne leiden. Aber es ist schon eine Ironie der Geschichte, wenn ein langjähriger Bildungssenator anschließend noch Finanzsenator werden muß. Wäre es anders herum gewesen, wäre es sicher billiger geworden.
    Mit den Stichworten Stahl, Schiffahrt, Schiffbau, Flugzeugbau, Fischerei — Sie haben sie alle genannt — sind nicht nur spezifisch bremische Probleme angesprochen, sondern Probleme, die den gesamten norddeutschen Raum und auch den Gesamtstaat Bundesrepublik Deutschland bewegen. Im Falle Bremens ergibt sich eben die Besonderheit, daß sich alle diese Problembranchen auf dem engen Raum der beiden Städte Bremen und Bremerhaven und dés niedersächsischen Umlands zusammendrängen. Das heißt, knapp 40% aller indu-



    Metz
    striellen Arbeitsplätze des Landes entfallen auf diese Problembranchen. Wenn ich richtig unterrichtet bin, liegt der Bundesdurchschnitt bei etwa 6 % Problembranchen.

    (Vorsitz: Vizepräsident Frau Renger)

    Die Bremer Zahlen sind natürlich mehr als besorgniserregend. Die bremische Verschuldung ist seit 1970 um 738% gestiegen.

    (Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das ist eine Zahl!)

    Die eigenen Möglichkeiten des Landes sind begrenzt. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat ja heute vormittag von der Notwendigkeit eines unternehmensfreundlichen Klimas überall, auch in Bremen, gesprochen. In diesem Zusammenhang geht es eben nicht nur um Gelände- und Strompreise. Meine Damen und Herren, wer prüft, ob er beispielsweise nach Bremen kommen soll oder ob er in Bremen bleiben soll, fragt sich vielleicht auch, auf welche Schulen seine Kinder in Bremen denn gehen. Das gehört ja auch alles zur Attraktivität eines Standorts.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und was sonst noch alles da passiert!)

    Vor diesem Hintergrund gilt die klare Aussage des Bundeskanzlers — heute wiederholt —, daß Bremen vom Bund nicht im Stich gelassen wird. Wenn der Bundeskanzler in Bremerhaven vor zwei Tagen gesagt hat — ich zitiere — „So, wie wir den Bergbau und die Kohle brauchen, brauchen wir die Werften, die Stahlindustrie, die Hochseefischerei, die Luft- und Raumfahrtindustrie, und nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern aus nationalen Gründen", dann begrüße ich diese Aussage erneut und bedanke mich auch für Bremen herzlich für diese Aussage und Zusage.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Beschluß des Bundeskabinetts vom letzten Dienstag in Sachen Sonderprogramm zur regionalpolitischen Flankierung des Anpassungsprozesses in der Schiffbau- und Stahlindustrie in Bremen unterstreicht diese Aussage. Ich gehe davon aus, meine Damen und Herren, daß nicht nur der Bund, sondern daß auch die Mehrheit der Länder dem Antrag des Landes Bremen zustimmen.
    Erlauben Sie mir, sehr verehrter Herr Bundeswirtschaftsminister, daß ich in diesem Zusammenhang eine Bitte an Ihre Adresse äußere. Auf das Thema Werften komme ich gleich. Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß mit diesem Kabinettsbeschluß kein endgültiger Schlußpunkt hinsichtlich jeder Strukturhilfe für Bremen gesetzt ist. Ich nenne in diesem Zusammenhang die Ziffer 5 des Kabinettsbeschlusses.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Gelegenheit benutzen, einige Bemerkungen zur Seeschiffahrt und zum Schiffbau zu machen. Die öffentliche Diskussion über so oder anders geartete Hilfen ist ja noch in vollem Gange, obgleich der Entwurf der Bundesregierung zum Haushalt 1984 hier klare Eckwerte enthält. Die öffentliche Diskussion geht eben deswegen weiter, weil kein Thema
    die deutsche Küste so sehr beschäftigt wie das Schicksal der Werften. Es gibt u. a. weitergehende Forderungen der vier norddeutschen Länder an die Adresse des Bundes.
    Ich gehe davon aus, daß bei den Beratungen im Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestags dieses Thema noch eine Rolle spielen wird, daß hier noch keine letzten Worte gesprochen worden sind. Der Kollege Echternach hat gestern abend während einer kurzen Debatte über den Schiffbau bereits darauf hingewiesen.
    Heute, während der ersten Lesung dieses Bundeshaushalts, möchte ich ein paar Bemerkungen zur Ausgangslage dieser Beratungen machen. 1982 wurden von deutschen Werften neu gebaute Handelsschiffe für 3,4 Milliarden DM abgeliefert. 1983 wird der Umsatz etwa 4,2 Milliarden DM betragen. Diese 4,2 Milliarden DM entsprechen ja einer bestimmten Kapazität.
    Als die Regierungschefs und die Wirtschaftsminister und -senatoren der vier norddeutschen Küstenländer sich am 21. April dieses Jahres zur Werftenkonferenz in Hamburg trafen, machten sie sich eine Zielvorstellung von etwa 3 Milliarden DM Jahresumsatz für die Jahre 1984 ff. zu eigen, nachdem sie die Überlegungen der Gewerkschaften und der am Schiffbau und der Schiffahrt beteiligten Verbände angehört hatten. Seither wird in der öffentlichen Diskussion davon ausgegangen, daß vom damaligen Stand noch etwa 6 000 bis 9 000 Arbeitsplätze abgeschmolzen werden müßten. Dem liegt die Annahme von etwa 20 Millionen Fertigungsstunden zugrunde.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Arbeitsplätze „schmelzen" nicht „ab"!)

    Herr Bürgermeister, Sie waren dabei, ich nicht. Korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Unrichtiges sage. Ihr Hamburger Kollege, Herr von Dohnanyi, der sich jetzt lautstark zu diesem Abschmelzungsprozeß äußert, war auch dabei.
    Diese 3 Milliarden DM Umsatz als angestrebte Kapazität wurden grob unterteilt in 2 Milliarden DM Inlandsaufträge und 1 Milliarde DM Auslandsaufträge. Wenn man nicht nur aus der Opposition, sondern verantwortlich über zusätzliche Hilfen für den deutschen Handelsschiffbau diskutieren will, muß man sich die Frage stellen: Wie realistisch sind die Annahmen, die davon ausgehen, daß 1983 und in den kommenden Jahren Jahresbestellungen von 3 Milliarden DM auf deutsche Werften gelenkt werden können?
    Lassen Sie mich mit den Auslandsaufträgen beginnen. Ich verhehle nicht, daß ich gegenüber den ersten Hochrechnungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium in diesem Jahr sehr skeptisch war und diese ersten Hochrechnungen für mich auch heute noch in sich nicht schlüssig sind; denn man kann natürlich nicht einen größeren Auftrag, den eine einzige Werft im ersten Quartal dieses Jahres hereingeholt hat, einfach auf das ganze Jahr hochrechnen. Von daher ist die Forderung nach Exporthilfe von seiten der norddeutschen Regierungschefs sehr verständlich.



    Metz
    Nun will ich hier im Parlament nicht über konkrete Aufträge und Auftragslagen sprechen, aber ich will nicht verhehlen, daß sich im Rahmen des 8-E-Programms in den letzten Tagen Hoffnungen ergeben haben. Vielleicht haben wir in einigen Wochen realistische Unterlagen, auf deren Grundlage nochmals über das Stichwort Exporthilfe nachgedacht werden kann. — Ich sehe, Sie nicken, Herr Bundesminister.
    Eine große Sorge bleibt in diesem Zusammenhang auf jeden Fall, nämlich das völlige Ausbleiben von Exportaufträgen in Industrieländer. Das ist einer der schwachen Punkte.
    Nun zu den 2 Milliarden DM Umsatz aus Inlandsaufträgen. Es kann ja kein Zweifel darüber bestehen — diese Vorbemerkung sei erlaubt —, daß jede öffentliche Diskussion über staatliche Hilfen auch die Gefahr von Attentismus in sich birgt. Man darf auch nicht die formlose Anmeldung zur sogenannten Reederhilfe, die j a aus Fristgründen vorgenommen wird und nicht mehr als 80 Pfennig, nämlich den Preis einer Briefmarke, kostet, mit wirklich vorhandener Investitionsneigung verwechseln.
    Wenn wir nach dem Abfluß des 230-MillionenDM-Programms dieses Jahres fragen, wird allgemein davon ausgegangen, daß die den 230 Millionen DM Seeschiffahrtshilfen entsprechende Umsatzzahl von 1,9 Milliarden DM in diesem laufenden Jahr 1983 erreicht wird. Dabei darf aber nicht übersehen werden — wenn ich Sie noch einmal ansprechen darf, Herr Minister —, daß diese 230 Millionen DM in diesem Jahr wohl nur deswegen völlig abfließen werden, weil sie in einem beträchtlichen Umfange durch Vorgriffe, Bestellungen aus dem Jahr 1982, in Anspruch genommen worden sind. Mit anderen Worten: Wenn Sie die zukünftige Entwicklung des Inlandsmarktes prognostizieren und vergleichbar machen wollen, müssen Sie davon ausgehen, daß auch in diesem Jahr Vorgriffe auf das Programm 1984 in Höhe von knapp 1 Milliarde DM vorgenommen werden würden.
    Fazit also: Die Zielgröße 2 Milliarden DM wird wohl erreicht. Aber man muß von diesen 2 Milliarden DM praktisch 800 Millionen DM abziehen. Erst dann haben Sie die wirklich realistische Entwicklung im Inlandsbereich.
    Wir wissen, daß im Bereich Schiffahrt, Schiffbau die unterschiedlichsten Forderungen an den Bundeshaushalt herangetragen werden. Das reicht von Exporthilfen über allgemeine Neubauhilfen, über Bund-Länder-Programme bis hin zur Forderung nach Finanzbeiträgen, also direkten Betriebssubventionen bei den Reedern, und einer Aufstockung der Fördersätze. Auch als bremischer Abgeordneter sage ich: Es ist völlig unmöglich, alle diese Wünsche zu erfüllen. Ich finde, wir sollten den Leuten nichts vormachen.
    Es mag auch sein, daß sich mancher in seinen Forderungen daran orientiert, daß in der Vergangenheit etwa 7 Milliarden DM Steuergelder in diesen Bereich geflossen sind. Ich sage Ihnen: Ich hätte mir gewünscht — ich nehme an, nicht nur ich —, daß die Hilfen in der Vergangenheit in einem
    größeren Maße an Strukturveränderungen gekoppelt gewesen wären.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht. Mir geht es manchmal so, daß ich versucht bin, an die Adresse mancher Vorstände in manchen Großunternehmen — das gilt auch für andere Branchen — zu sagen: Meine Herren, es reicht nicht aus, einerseits die Hand aufzuhalten und andererseits die Strukturen nicht zu verändern.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Wir müssen verhindern, daß das Bereitstellen von Steuergeldern hochbezahlte Manager am Nachdenken hindert. Ich meine nicht die Art von Nachdenken, die sich in Überlegungen erschöpft, wie man an öffentliche Mittel herankommt.
    Nun bin ich beim nächsten Punkt. Er hat wieder viel mit Bremen zu tun. Da ist die Frage, ob der Bund sogenannte Strukturhilfen leisten soll, wenn entsprechende betriebsübergreifende Anpassungsvorschläge, die den erforderlichen Prüfungen standhalten — in diesem Fall ein gefordertes Konzept —, auf dem Tisch liegen. Ich sage mit Blick zur Regierungsbank auf diese Frage: Ja, der Bund soll in diesem Falle helfen. Jetzt schaue ich zu Bürgermeister Koschnick und sage ebenso klar: Die Bundesregierung hat es nicht zu vertreten, wenn in Bremen keine prüffähigen Unterlagen in Richtung Bonn auf den Weg gebracht werden. — Sie sind derselben Meinung. — Zu glauben, meine Damen und Herren, daß am Rhein noch jemand versteht, was an der Weser passiert, zeugt von unverbesserlichem Optimismus. Ich muß sagen, Versuche in der Vergangenheit, den Schwarzen Peter in Richtung Bundeshauptstadt zu schieben, müssen mitlerweile als total gescheitert angesehen werden.
    Das SPD-Präsidium hat vor einigen Tagen die Bundesregierung erneut zu einer sofortigen Hilfe für die Bremer Werftindustrie aufgefordert. Das Präsidium sagt in Richtung Bonn, die Schwierigkeiten der Bremer Werften hätten vermieden werden können, wenn die Bundesregierung entsprechend den Forderungen des Bremer Senats rechtzeitig ihre Hilfsbereitschaft erklärt hätte.
    Meine Damen und Herren, das Präsidium der SPD hat nicht den geringsten Schimmer von den Forderungen des Bremer Senats. Der Bremer Senat erklärt nämlich zum wiederholten Male, daß er nicht in der Lage ist, irgendwelche konkreten Entscheidungen zu treffen, da bisher kein Antrag auf Umstrukturierungsbeihilfen vorliegt. Voraussetzung — so der Bremer Senat — für öffentliche Hilfen aus Bremen und aus Bonn bleibe ein konkreter Antrag, dessen Tragfähigkeit durch die Wirtschaftsprüfer der Treuarbeit bestätigt worden sei. Das SPD-Präsidium polemisiert hier aus der Ferne. Je weiter die Entfernung, desto geringer die Ahnung, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In diesem Zusammenhang lassen Sie mich einen Moment abschweifen. Ich würde Herrn Dr. Vogel



    Metz
    überhaupt empfehlen, ab und zu einmal bremische Zeitungen zu lesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo ist er eigentlich?)

    — Er hat einen ausländischen Besucher. Ich halte das nicht für einen Kritikpunkt. — Ich empfehle ihm, bremische Zeitungen zu lesen. Wenn er das täte, dann könnte er beispielsweise nachlesen, was seine Fraktionskollegen in Sachen Sicherheit im Lande so erzählen. Neulich war der Kollege Duve in Bremen. Da gab es ein Friedensfest. Da hat der Herr Kollege Duve gesagt — und jetzt zitiere ich —, wenn der Atlantische Pakt aber die vorgesehene Stationierung der amerikanischen Raketen in der Bundesrepublik wie bisher gutheiße, dann müsse auch die NATO von uns in Frage gestellt werden. Das widerspricht dem, was Ihr Fraktionsvorsitzender hier eben erklärt hat.