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ID1001906000

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    Plenarprotokoll 10/19 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 19. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Inhalt: Antrag der Fraktion die GRÜNEN betr. Änderung der Auslieferungspraxis der Bundesregierung und Staatenbeschwerde gegen die Türkei — Drucksache 10/357 — Burgmann GRÜNE 1243 B Dr. Schäuble CDU/CSU 1244A Porzner SPD 1244 B Burgmann GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 1245 C Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion die GRÜNEN Entlassung der Bundesminister des Innern und der Justiz — Drucksache 10/333 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers der Justiz und des Bundesministers des Innern — Drucksache 10/342 — Roth SPD 1245C Dr. Althammer CDU/CSU 1253 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 1257A, 1307 A Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 1263 B Mischnick FDP 1268 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 1273 C Dr. Vogel SPD 1282 D Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 1295 B Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1298 B Metz CDU/CSU 1303 B Dr. Emmerlich SPD 1310 C Fischer (Frankfurt) GRÜNE 1313 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU 1317 D Kleinert (Hannover) FDP 1322 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 1325 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 1328 B Kuhlwein SPD 1330 D Neuhausen FDP 1334 B Dr. Jannsen GRÜNE 1335A Namentliche Abstimmung 1326 C Nächste Sitzung 1335 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1337* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1337* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1243 19. Sitzung Bonn, den 8. September 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1337* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 9. Kretkowski 9. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Lenzer * 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Schmidt (Hamburg) 9. 9. Schmidt (Wattenscheid) 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Möglichkeiten für eine Gemeinschaftsbeihilfe zur Finanzierung einer festen Ärmelkanalverbindung (Drucksache 10/207) zuständig: Ausschuß für Verkehr Entschließung des Europäischen Parlaments zur Höhe der Einkommen in der Landwirtschaft (Drucksache 10/208) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Raumordnungsbericht 1982 (Drucksache 10/210) zuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Bericht der Bundesregierung zur Förderung der Drittmittelforschung im Rahmen der Grundlagenforschung (Drucksachen 10/225, 10/332) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Forschung und Technologie Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1981/1982 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 10/243) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den ersten Teil der 29. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 6. bis 8. Juni 1983 (Drucksache 10/246) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 1502 Tit. 642 07 des Haushaltsjahres 1983 (Ausgaben nach § 8 Abs. 2 des Unterhaltsvorschußgesetzes) (Drucksache 10/316 [neu]) zuständig: Haushaltsausschuß Anlagen zum Stenographischen Bericht Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 2. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1983 (Drucksache 10/292) zuständig: Haushaltsausschuß Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) (Drucksache 9/2386) zuständig: Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Entschließung des Europäischen Parlaments zur Diskriminierung von unverheirateten Müttern gegenüber verheirateten Frauen im Bereich des Eltern- bzw. Kindesverhältnisses in bestimmten Mitgliedstaaten (Drucksache 9/2417) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen (Drucksache 9/2421) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Verteidigungsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zu den türkischen Auslieferungsersuchen (Drucksache 9/2413) zuständig: Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 9/83 — Erhöhung des Zollkontingents 1983 für Bananen) (Drucksache 10/315) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 8. Dezember 1983 vorzulegen Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. August 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Bericht der Bundesregierung zu dem Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung (Drucksache 9/2423) Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 73 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag für eine Europäische Strategie auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Technik Rahmenprogramm 1984 bis 1987 ist als Drucksache 10/217 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 12 aufgeführte EG-Vorlage Mitteilung der Kommission an den Rat über die Strukturen und Verfahren der Gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie ist als Drucksache 10/221 verteilt. Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 26 aufgeführte EG-Vorlage 1338* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament betreffend eine bessere Nutzung der Ergebnisse Gemeinschaftsgeförderter F&E-Aktivitäten ist als Drucksache 10/222 verteilt. Die in Drucksache 10/168 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag eines Beschlusses des Rates über das Rahmenprogramm der wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten der Gemeinschaft 1984-1987ist als Drucksache 10/295 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 11 aufgeführte EG-Vorlage Die künftige Finanzierung der Gemeinschaft Vorschlag für einen Beschluß über die eigenen Mittel ist als Drucksache 10/329 verteilt.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Solche Versuche werden schon in den Anfängen auf unseren härtesten Widerstand stoßen. Hier auf diesem Gebiet wie auch auf dem Friedensgebiet geht es um einen geschichtlichen Auftrag der deutschen Sozialdemokratie, um einen Kernbereich unseres politischen Engagements.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sprachen einmal — am 4. Mai vormittags — vom Tor der Zukunft, das jetzt offenstehe. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber wenn Sie jetzt das Tor zur Vergangenheit öffnen wollen, dann werden wir das zu verhindern wissen, Seite an Seite mit den deutschen Gewerkschaften,

    (Beifall bei der SPD)

    Seite an Seite auch mit allen, die sich der katholischen Soziallehre oder der evangelischen Sozialethik verbunden fühlen.
    Mit Genugtuung haben wir zur Kenntnis genommen, auf welcher Seite Ihre eigenen Sozialausschüsse in dieser Auseinandersetzung Partei er-



    Dr. Vogel
    greifen wollen. Sie sind uns als Bundesgenossen willkommen, wenn sie zu dieser Sache stehen.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich rate Ihnen, Herr Bundeskanzler, von solchen Versuchen abzulassen. Eine Erschütterung des sozialen Friedens und der sozialen Stabilität ist das letzte, was wir jetzt brauchen können. Verwenden Sie Ihre konzeptionelle Kraft darauf, den Arbeitslosen, aber auch den Werftarbeitern, den Stahlarbeitern, den Bergleuten, allen, die um ihre Arbeitsplätze bangen, zu sagen, welche Zukunft sie zu erwarten haben.
    Wir haben unsere Konzepte vorgelegt, wir haben unsere Antworten gegeben. Gegen Sie endlich die Ihren, und lassen Sie uns dann demokratisch darum ringen, wessen Antworten die besseren sind. Erkennen Sie endlich, daß es nicht genügt, zu den Maximen der frühen 50er Jahre zurückzukehren, daß es nicht ausreicht, den Dingen ihren Lauf zu lassen und auf eine mehr oder weniger starke Belebung der Konjunktur und des Wachstums zu hoffen, die zu vernünftigen Bedingungen und Preisen ja auch wir wollen; daß es hoch an der Zeit ist, Strukturen in einem geordneten Prozeß zu ändern, bevor sie unter dem Druck einer weiter wachsenden Arbeitslosigkeit zu brechen und zu zersplittern beginnen. Darum geht es.

    (Beifall bei der SPD)

    Und vor allem: Werden Sie endlich konkret, damit wir uns in Zukunft nicht mehr in erster Linie mit Ihren Ankündigungen, mit Ihren wohlmeinenden Absichten, mit Ihren Versprechungen und Unterlassungen auseinandersetzen müssen, sondern mit dem auseinandersetzten können, was Sie getan, was Sie konkret bewirkt haben. Das ist die Auseinandersetzung, die unserem Volk nützt, die ihm bei der Bewältigung seiner Probleme hilft. Das ist die Auseinandersetzung, die dem Sinn der parlamentarischen Demokratie gerecht wird.
    Wir Sozialdemokraten sind zu dieser Auseinandersetzung gerüstet. Wir werden unsere Pflicht als Opposition erfüllen. Tun Sie die Ihre als Bundeskanzler und als Regierung.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD — Abg. Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE] begibt sich zum Rednerpult und kurz darauf wieder zurück zu ihrem Platz)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Beck-Oberdorf.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Marieluise Beck-Oberdorf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich wollte Sie nicht in die peinliche Situation bringen, DIE GRÜNEN zu beklatschen. Noch sind Sie ja wohl nicht so weit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Noch" — das ist gut!)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gerade die Friedensbewegung gewesen, die ihre Empörung über den Flugzeugabschuß vor einigen Tagen sofort zum Ausdruck gebracht hat; denn gerade sie nimmt die Charta der Vereinten Nationen sehr ernst,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Wo war die Demonstration?)

    nach der jegliche Androhung oder Anwendung von Gewalt verboten ist. Nur darf dieser Vorfall jetzt nicht ausgenutzt werden, um wiederum eine Politik zu begründen und zu rechtfertigen, die auf dem Gedanken der Drohung aufbaut.
    Es ist j a gerade die Politik der Abschreckung, die Politik der Stärke, die auf diesem Gedanken der Drohung basiert. In diesem Zusammenhang, Herr Vogel, möchte ich mich auch an die SPD wenden. Das, was Sie eben zu der Nachrüstung gesagt haben, ist j a auch ein Politikkonstrukt, das auf diesem Drohungsgedanken basiert. Auch dem Verhandlungsangebot liegt ein Drohungsgedanke zugrunde. Sie haben sich bis zum heutigen Tage von diesem Gedanken nicht klar distanziert.
    Wenn Herr Kohl hier von der Politik des Dialogs und von Friedensliebe spricht, aber gleichzeitig wieder begründet, daß man von dem Doppelbeschluß nicht abrücken könne, weil wir auf diesen Druck nicht verzichten könnten, hat er damit auch eine Politik der Drohung formuliert. Insofern ist das einfach eine Heuchelei.
    Seit 34 Tagen fasten in mehreren Ländern zwölf Menschen, weil sie sich dieser Politik der Drohung und der tödlichen Gefahr, die von ihr ausgeht, entgegenstellen wollen. Sie sind bereit, ihre ganze eigene Existenz dafür einzusetzen. Sie setzen sich selbst gegen diese Politik des Drucks, weil sie sagen, daß sie kommen sehen, daß diese Welt in einen Feuerball verwandelt wird, weil sie verzweifelt sind und weil sie dies als das letzte Mittel ansehen.
    Diese Art von Friedenssicherung, die nun auch dieses Land in große Auseinandersetzungen geführt hat, schlägt sich aber auch in ganz anderen Dingen nieder, auch in dem, was sich hinter diesem Haushalt verbirgt. Was bedeutet denn diese Art von sogenannter Friedenssicherung schon heute? Ich bin vor einiger Zeit in dem vielbeschworenen Vorbild USA gewesen. Herr Bundeskanzler, Herr Finanzminister, Sie sollten auf einer Ihrer vielen Reisen nach New York einmal nicht ins RockefellerCenter, sondern nach South Bronx gehen. Das dort kann unsere Zukunft sein. Schauen Sie sich die Ruinen dort einmal an, die verfallene Infrastruktur, die es dort schon gibt. Herr Apel hat gestern davon gesprochen. Dort sieht es doch schon so aus, als sei der Krieg ausgebrochen, als sei die Bombe schon gefallen. Dort wird gehungert, dort sind das menschliche Elend, die Armut, die Arbeitslosigkeit schon kaum mehr zu begreifen — und das im reichsten Land der Erde. Amerika entscheidet sich, lieber Bunker und Raketen zu bezahlen, als vielen seiner Menschen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen.

    (Eigen [CDU/CSU]: Was machen die Russen?)




    Frau Beck-Oberdorf
    Auch diese Bundesregierung entscheidet sich, große Teile ihres Haushalts in die Aufrüstung zu stecken, die uns in tödliche Unsicherheit bringt.
    Gestern wurde von einem Ihrer Kollegen über unseren Vorschlag gespottet, den Kriegshaushalt um ein Drittel zu kürzen: Wir seien mit solchen utopischen Forderungen schon „losgelöst von der Erde". Wer in South Bronx steht, dem drängt sich auf, daß es rationale und einfache Lösungen für dieses Elend gäbe. Denn wieviel bräuchte es, um Handwerker zu bezahlen, dort die Häuser instand zu setzen und gleichzeitig Menschen Arbeit und Hoffnung zu geben? Wie wenig ist das im Vergleich zu den zig Milliarden, die diese Tötungsmaschinen, z. B. die neue MX, oder das, was bei uns im Haushalt steht, kosten.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Auch bei uns wachsen Armut und Elend, das Elend von Menschen ohne Arbeitsplatz, von hoffnungslosen Jugendlichen, von gedemütigten Sozialhilfeempfängern. Dazu vollzieht sich das lautlose Sterben der Wälder. Das ist keine apokalyptische Drohung, sondern eine traurige Realität.
    Mein Kollege Verheyen hat hier gestern ein soziales und ökologisches Sofortprogramm dargestellt. Wir benennen mit diesem Programm die Richtung, in die es unserer Meinung nach gehen soll. Jetzt wäre es Ihre Aufgabe, in diese Richtung zu gehen. Sie sind doch die Regierung. Sie haben doch Hunderte von Beamten und Rechenkapazitäten. Lassen Sie doch unsere Anregungen einmal prüfen und durchrechnen, greifen Sie doch einmal etwas auf, was aus der Debatte dieses Parlaments kommt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ihre Regierung erscheint mir wie ein Hamster, der aus dem Laufrad nicht mehr herausfindet. Das Laufrad heißt: Arbeitslosigkeit, Forderung nach mehr Wachstum, nach mehr Investitionen mit der Folge von Rationalisierungen und mehr Arbeitslosen. Obwohl der Herr Wirtschaftsminister heute früh gezeigt hat, daß er um das joblose Wachstum weiß, rennt diese Regierung trotzdem globalen Wachstumszielen hinterher.
    Herr Kohl, wenn Sie heute morgen von Lehrstellen gesprochen haben, dann müssen Sie dazu sagen, daß gerade viele junge Mädchen jetzt in Lehrstellen geschickt werden, z. B. in kaufmännische Berufe, von denen man ganz genau weiß, daß sie in der nächsten großen Rationalisierungswelle zur Streichung anstehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wie wollen Sie denn die hohen Produktivitätszuwächse auffangen, wenn Sie wissen, daß Sie so viel Wachstum gar nicht erreichen können? Also nehmen Sie doch die Arbeitslosigkeit in Kauf. So machen Sie uns und sich weiterhin von Atom-, Chemie-, Stahl- und Automobilgiganten und von der Rüstungsindustrie abhängig. Wenn dort an Mensch und Natur gedacht wird, dann deshalb, weil man Material für seine Unternehmenszwecke sucht. Sie
    wollen das Laufrad laufenlassen, weil sie heute daran verdienen. Dieser Trend wird sich nicht durch das umkehren, was sich in diesem Haushalt manifestiert; er wird sich nicht umkehren, weil Sie entschlossen sind, Maschinen statt Menschen zu fördern. Dieser Haushalt hält Geld für den Abbau von Überkapazitäten und Rationalisierungen bereit, wobei Menschen ihre Arbeit verlieren. Dieser Haushalt hält gleichzeitig schon wieder Geld für den Aufbau neuer Überkapazitäten bereit. Auch die Automobilindustrie wird von dem Steuererleichterungsgesetz des Herrn Bundesfinanzministers Gebrauch machen. Haben Sie in Ihrer „weitsichtigen" Finanzplanung auch schon vorgesehen, welche Gelder in diese Industrie dann, wenn sie — wie jetzt die Werft- und die Stahlindustrie — zusammenkracht, hineingepumpt werden sollen?

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was für eine Welt malen Sie bloß aus?)

    Wir lehnen Ihren Haushalt nicht nur deswegen ab, weil wir den von Ihnen behaupteten Zusammenhang von Haushaltskonsolidierung, Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen für eine Irrlehre halten. Wir lehnen ihn auch nicht nur deshalb ab, weil wir einen großen Teil der Investitionen, die möglicherweise getätigt werden, für ökologisch und sozial unvertretbar halten. Wir lehnen diesen Haushalt auch deshalb ab, weil wir die Fortführung einer Wachstumspolitik, die auf riesige technische Innovationsschübe setzt, für eine Gefahr für die Demokratie halten.
    Meine Damen und Herren von der Mehrheit, haben Sie sich schon einmal Rechenschaft darüber abgelegt, was an demokratischer Substanz bei den Versuchen, das Atomprogramm durchzusetzen, zerstört worden ist? Haben Sie sich schon einmal verdeutlicht, welche Folgen die riesigen Datenbänke und Informationssysteme, die jetzt mit neuen Technologien aufgebaut werden, in den Händen von Bürokratie und mächtigen Wirtschaftsgruppen haben? Haben Sie sich eigentlich einmal die Folgen der neuen Medien für die politische Kultur in diesem Land klargemacht?
    Haben Sie sich übrigens auch einmal klargemacht, was es eigentlich für die Demokratie bedeutet, wenn ein Minister in einem Presseinterview äußert, daß er amerikanische Raketen auch gegen die Mehrheit der Bevölkerung stationiert sehen will? So hat er sich nämlich geäußert, der Herr Familienminister, der bekanntlich in dieser Regierung für historische und politische Umdeutungen zuständig ist.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Als Begründung, warum sich an der Haltung der Bundesregierung, die Raketen zu stationieren, auch dann nichts ändern wird, wenn eine Mehrheit dagegen ist, hat er folgendes abgeliefert:

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wofür haben denn Sie eine Mehrheit?)




    Frau Beck-Oberdorf
    „Demokratie bedeutet auch Führung, kontrollierte Führung."

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sicher!)

    Diese autoritäre Umdeutung des Demokratiebegriffs entmündigt die Bürger.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Demokratie ist Herrschaft auf Zeit, Frau Beck-Oberdorf!)

    Wenn ich Herrn Geißler so höre, verstehe ich auch die Jugendlichen, die nicht mehr begreifen können, daß es noch Sinn macht, sich an demokratische Spielregeln zu halten. Wie sollten sie denn auch, wenn ein Minister ihnen sagt, daß die deutlich sichtbare Mehrheit gegen die Raketenstationierung nicht zählt?

    (Dr. Geißler [CDU/CSU]: Das habe ich ja nicht gesagt! Sie müssen richtig zitieren!)

    Können Sie sich nicht vorstellen, daß die wiederholt geäußerte staatliche Forderung nach Gewaltlosigkeit diesen Jugendlichen immer fragwürdiger erscheint, wenn — wie in Krefeld — die Schützer der Verfassung Provokateure in die erste Reihe von Nachrüstungsgegnern stellen?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Statt über irreales Wachstum sollte man im Zusammenhang mit Massenarbeitslosigkeit und Massenentlassungen mehr über Demokratie reden. Wo war die Chance für eine demokratische Beteiligung der Menschen, die nun die Folgen der Schließung der Werften zu tragen haben? Wo sind die Menschen beteiligt, die die kurzsichtige Wachstumspolitik der Stahlkonzerne mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bezahlen müssen?
    In diesem Land beginnt ein neuer Darwinismus einzukehren. Während Sie sich bemühen, immer und immer wieder das Werfen eines Pflastersteins oder das Blockieren eines Zaunes zum Thema zu machen und über Gewalt zu klagen, werden sehr gewalttätige, sehr unmenschliche Entscheidungen durchgezogen.
    Diese Regierung bezieht die Mehrheit der Bürger in ihre angeblichen Problemlösungen vor allem als Objekte, als Financiers von Zwangsabgaben ein, oder sie sieht die Bürger überhaupt nur als Störenfriede, die mit angeblich überzogenen Ansprüchen an das Sozialsystem ein an und für sich funktionierendes Staatssystem gefährden.
    Natürlich wissen wir, daß der Staat, daß Politik, auch die Ihrer Regierung, weder an allem schuld ist noch alles bewirken kann. Aber Aufgabe staatlichen Handelns wäre es, eine Reihe von Rahmenbedingungen für eine neue, ökologisch orientierte und ökologisch sinnvolle Gesellschaft zu schaffen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Politische Gestaltung hieße Zukunftsaufgaben wahrnehmen, von denen hier immer gesprochen wird. Ein Teil dieser Zukunftsaufgaben wäre eine grundlegende Änderung dieses Industriesystems, eine Reorganisation bis hin zu einer solidarisch abgefederten und gesellschaftlich getragenen
    Schrumpfung von Industrieanlagen, die der heutigen Zeit nicht mehr angemessen sind.
    Umbau der Gesellschaft — das wird eben nicht allein von oben gehen, nicht allein durch Zahlenwerke, die von Bürokraten erstellt, von Ministern präsentiert und durch Gesetz verordnet oder zwischen Konzernspitzen und Senatsvertretern — wie jetzt in Bremen — ausgehandelt werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Der Umbau braucht Demokratie, braucht Einverständnis und Mitwirkungswillen von Menschen. Für uns bedeutet das Ausdehnung der Mit- und Selbstbestimmungsmöglichkeiten auf allen politischen Ebenen. Wir sind für die Stärkung der Bürger gegenüber den Parlamenten und für die Stärkung der Parlamente gegenüber den Regierungen.
    Der Hinweis auf die Möglichkeit einer demokratischen Erneuerung gilt selbstverständlich auch für den Bereich der Wirtschaft. Ihre Wachstumspolitik, technische Innovationen und Massenentlassungen berühren das Leben von Millionen von Arbeitnehmern. Sie müssen deshalb über ihr Schicksal mitreden können, und zwar nicht nur paritätisch in Aufsichtsräten, sondern auf allen Ebenen der betrieblichen Entscheidungen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich füge hinzu: Produktionsumstellungen, öffentlich finanzierte Programme für sinnvolle Arbeit oder die 35-Stunden-Woche sind ohne den Ausbau der betrieblichen Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitenden über Organisation, Formen und Ziele ihrer Arbeit nicht denkbar.
    Politische Umorientierung — das hieße mit den Arbeitern aus den Werften zu überlegen, wie sie ihr Know-how, ihre Maschinen für neue nützliche Güter verwenden können. Es gibt in diesem Bereich Pläne. Solidarische Politik hieße den Betrieben, die eigene Initiativen entfaltet haben, steuerliche Erleichterungen zu geben, damit sie mithalten können, eine Chance haben, eine Chance in diesem unerbittlichen Konkurrenzkampf. Das hieße auch, den Konzernen unsere Luft, unsere Erde und unser Wasser nicht zu Billigtarifen zu überlassen, während die Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Der Herr Finanzminister hat in seiner Rede folgenden löblichen Satz gesagt:
    Wir dürfen nicht weiter unsere Tagesaufgaben auf Kosten der Generation unserer Kinder lösen wollen.
    Ihre wachsweiche Umweltpolitik, die vor notwendigen Lösungen — auch in der Frage des Waldsterbens — bis heute zurückweicht, Ihre Förderung risikoreicher Technologien mit unübersehbaren Folgen, Ihre Förderung des Wachstums auf Kosten ökologischer Kreisläufe werden noch unsere Kinder und Kindeskinder beschäftigen. Damit belasten Sie doch die kommenden Generationen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Frau Beck-Oberdorf
    Haben Sie schon einmal von Ihren Beamten ausrechnen lassen, was die Bewachungsheere für die strahlenden Atomruinen, für die Plutoniumanlagen und die Datenfestungen kosten werden? Haben Sie schon einmal berechnen lassen, was die Beseitigung der Folgeschäden der heutigen Industrialisierung kosten wird, über welche Zeiträume diese Kosten in zukünftigen Haushalten auftauchen werden? Haben Sie schon berechnen lassen, was es kosten wird, die umkippende Nordsee wieder zu einem Gewässer zu machen, nur weil Sie heute nicht einmal durchsetzen können und wollen, daß die Verklappung von Dünnsäure aufhört?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn Sie 1990 noch einen Haushalt zu machen haben, werden Sie wahrscheinlich überlegen müssen, ob genug Geld da ist, um den Import von Trinkwasser in dieses Land zu subventionieren.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Solange Sie nicht die allgemeine Richtung Ihrer Politik, die Qualität Ihrer Ausgaben grundlegend ändern, grenzt die Sorge um die nachfolgende Generation an Demagogie.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir haben versucht, ein Sofortprogramm vorzulegen, aber solange Sie mit Ihrem Haushalt die Politik Ihrer Regierung — wie vor einem halben Jahr vorgestellt — fortsetzen wollen und nicht bereit sind, die Richtung zu ändern, haben wir die Pflicht, unsere Oppositionsrolle durch eine systematische Kritik sowohl der finanziellen Details als auch der geistigen Grundlagen Ihrer Politik auszufüllen.

    (Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)