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ID1001904800

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    6. Bundeskanzler.: 1
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    Plenarprotokoll 10/19 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 19. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Inhalt: Antrag der Fraktion die GRÜNEN betr. Änderung der Auslieferungspraxis der Bundesregierung und Staatenbeschwerde gegen die Türkei — Drucksache 10/357 — Burgmann GRÜNE 1243 B Dr. Schäuble CDU/CSU 1244A Porzner SPD 1244 B Burgmann GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 1245 C Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion die GRÜNEN Entlassung der Bundesminister des Innern und der Justiz — Drucksache 10/333 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers der Justiz und des Bundesministers des Innern — Drucksache 10/342 — Roth SPD 1245C Dr. Althammer CDU/CSU 1253 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 1257A, 1307 A Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 1263 B Mischnick FDP 1268 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 1273 C Dr. Vogel SPD 1282 D Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 1295 B Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1298 B Metz CDU/CSU 1303 B Dr. Emmerlich SPD 1310 C Fischer (Frankfurt) GRÜNE 1313 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU 1317 D Kleinert (Hannover) FDP 1322 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 1325 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 1328 B Kuhlwein SPD 1330 D Neuhausen FDP 1334 B Dr. Jannsen GRÜNE 1335A Namentliche Abstimmung 1326 C Nächste Sitzung 1335 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1337* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1337* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1243 19. Sitzung Bonn, den 8. September 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1337* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 9. Kretkowski 9. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Lenzer * 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Schmidt (Hamburg) 9. 9. Schmidt (Wattenscheid) 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Möglichkeiten für eine Gemeinschaftsbeihilfe zur Finanzierung einer festen Ärmelkanalverbindung (Drucksache 10/207) zuständig: Ausschuß für Verkehr Entschließung des Europäischen Parlaments zur Höhe der Einkommen in der Landwirtschaft (Drucksache 10/208) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Raumordnungsbericht 1982 (Drucksache 10/210) zuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Bericht der Bundesregierung zur Förderung der Drittmittelforschung im Rahmen der Grundlagenforschung (Drucksachen 10/225, 10/332) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Forschung und Technologie Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1981/1982 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 10/243) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den ersten Teil der 29. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 6. bis 8. Juni 1983 (Drucksache 10/246) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 1502 Tit. 642 07 des Haushaltsjahres 1983 (Ausgaben nach § 8 Abs. 2 des Unterhaltsvorschußgesetzes) (Drucksache 10/316 [neu]) zuständig: Haushaltsausschuß Anlagen zum Stenographischen Bericht Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 2. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1983 (Drucksache 10/292) zuständig: Haushaltsausschuß Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) (Drucksache 9/2386) zuständig: Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Entschließung des Europäischen Parlaments zur Diskriminierung von unverheirateten Müttern gegenüber verheirateten Frauen im Bereich des Eltern- bzw. Kindesverhältnisses in bestimmten Mitgliedstaaten (Drucksache 9/2417) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen (Drucksache 9/2421) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Verteidigungsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zu den türkischen Auslieferungsersuchen (Drucksache 9/2413) zuständig: Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 9/83 — Erhöhung des Zollkontingents 1983 für Bananen) (Drucksache 10/315) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 8. Dezember 1983 vorzulegen Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. August 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Bericht der Bundesregierung zu dem Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung (Drucksache 9/2423) Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 73 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag für eine Europäische Strategie auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Technik Rahmenprogramm 1984 bis 1987 ist als Drucksache 10/217 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 12 aufgeführte EG-Vorlage Mitteilung der Kommission an den Rat über die Strukturen und Verfahren der Gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie ist als Drucksache 10/221 verteilt. Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 26 aufgeführte EG-Vorlage 1338* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament betreffend eine bessere Nutzung der Ergebnisse Gemeinschaftsgeförderter F&E-Aktivitäten ist als Drucksache 10/222 verteilt. Die in Drucksache 10/168 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag eines Beschlusses des Rates über das Rahmenprogramm der wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten der Gemeinschaft 1984-1987ist als Drucksache 10/295 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 11 aufgeführte EG-Vorlage Die künftige Finanzierung der Gemeinschaft Vorschlag für einen Beschluß über die eigenen Mittel ist als Drucksache 10/329 verteilt.
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    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich halte mich an die heutige Gepflogenheit, keine Fragen zu beantworten. Das ist zwar gegen meinen sonstigen Stil, aber ich halte es heute einmal durch, weil das für die Zeiteinteilung besser ist.

    (Zuruf von der SPD)

    — Oh weh, so billig war das selten aus Ihren Reihen, wie es eben war.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte allerdings noch einmal, und zwar nicht nur vor diesem Haus — ich glaube, hier weiß es jeder —, sondern mehr vor der Öffentlichkeit, darauf hinweisen, daß viele Ausbildungsplätze in Gefahr sind verlorenzugehen, weil man nicht den Anstand besitzt, rechtzeitig mitzuteilen, daß man natürlich nur einen Platz besetzt, also den zweiten, den man auch zugesagt bekommen hat, nicht besetzt. Auch dies ist eine leider erhebliche Zahl. Es wäre gut, wenn Sie alle mitwirken würden, daß tatsächlich jeder Ausbildungsplatz besetzt werden kann und nicht über Gebühr blockiert wird. Es ist eine Aufgabe der Politiker, aber auch der Eltern, hier mit dafür zu sorgen, daß die Kinder diesen Anstand, diese Kameradschaftlichkeit, die Solidarität mit den anderen Jugendlichen besitzen und nicht unnötig Ausbildungsplätze blockieren. Wenn Sie darüber reden würden, würden Sie viel mehr erreichen als mit solchen Programmen, mit denen Sie die Probleme lösen zu können glauben.



    Mischnick
    Herr Ministerpräsident, ich habe mit großem Interesse Ihre Reaktion auf die Wortmeldung aus den Reihen der GRÜNEN verfolgt. Ich bescheinige Ihnen gern, daß Sie persönlich immer dieser Auffassung waren.

    (Zuruf des Abg. Pfeffermann [CDU/CSU])

    — Doch, ich bescheinige ihm gern, daß er persönlich dieser Auffassung war.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Er hat gewakkelt!)

    Aber als Landesvorsitzender, als Ministerpräsident sind Sie doch immer wieder in eine schwierige Situation gekommen — innerhalb Ihrer Landtagsfraktion, innerhalb Ihrer beiden Parteiverbände in Hessen —, und zwar im Hinblick auf die Notwendigkeit, etwas zu prüfen, auszuprobieren und einmal zu versuchen, ob man mit den GRÜNEN im Hessischen Landtag kann oder nicht. Und das ist das Ergebnis: ein ganzes Jahr verlorene Politik in Hessen, weil Sie sich nicht entschließen konnten, mit diesem Schnell-Techtelmechtel Schluß zu machen!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie haben mit Recht beklagt, daß wir in der gesamten Arbeitsmarktpolitik noch nicht weiter sind. Dazu hat mit beigetragen, daß in Ihrem Bundesland, in unserem Hessen, die. Hunderte von Millionen von den Gemeinden nicht investiert werden konnten. Dies hat mit dafür gesorgt, daß heute mit den Nullbescheiden null Investitionen durchgeführt werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie müssen dann auch den Mut haben, diese Punkte zu sehen.
    Sie haben zu spät die Entscheidung getroffen, Neuwahlen in Hessen durchzuführen. Dieser Sommer schon hätte auch in Hessen das allgemeine konjunkturelle Klima weiter verbessern können, wie das in anderen Ländern ebenfalls der Fall gewesen ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Herr Ministerpräsident, Sie haben hier dann noch etwas — wenn auch nicht sehr viel — in Richtung auf eigene Initiativen aus Hessen bezüglich der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit — ich denke an den Umweltschutz und die Arbeitszeitordnung — vorgetragen. Wir sind uns einig, daß Umweltschutz Arbeitsplätze schafft; wir sind uns einig, daß hier ganz klare Prioritäten für die Zukunft gesetzt werden müssen. Herr Ministerpräsident, Sie haben aber auch darauf hingewiesen, wie notwendig es ist, getroffene Entscheidungen auch durchzuhalten. Sie haben auf die Startbahn West hingewiesen: Durchhalten der Entscheidung. Sie haben — bewußt — natürlich nicht auf die Entscheidung bezüglich Biblis C hingewiesen, wo von Durchhalten keine Rede sein kann.
    Nun können wir darüber streiten, wie hoch in Hessen das Angebot an Kernenergie bereits ist, ob man es erhöhen soll oder nicht. Nur: Wenn man es aber mit der Schaffung von Arbeitsplätzen auch in
    bezug auf Umweltschutz ernst meint, dann muß man in der Kernenergie auch eine Möglichkeit sehen, Umweltschutz zu betreiben. Andere Kraftwerke, die umweltschädlicher sind, könnte man dadurch vermeiden. Beides muß man dann in aller Nüchternheit betrachten.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Herr Ministerpräsident, Sie haben davon gesprochen, daß die Arbeitszeitordnung geändert werden müsse. Wenn ich Ihren Gesetzentwurf richtig im Gedächtnis habe, dann geht es in einem wichtigen Punkt um die Frage, wie die Möglichkeit, Überstunden zu machen, verringert werden kann. Ich bestreite nicht, daß das ein wichtiges Thema in der Diskussion über künftige Beschäftigungsmöglichkeiten ist. Ich kann mich allerdings daran erinnern, daß Mitte der 60er Jahre, als wir in der Bundesrepublik eine Überbeschäftigung hatten, die Freien Demokraten vorschlugen — als wir schon sahen, wie viele ausländische Arbeitskräfte hereingeholt werden mußten —, für diese Zeit einmal die Überstunden von der Lohnsteuer zu befreien. Wir fanden damals keinerlei Resonanz in diesem Haus, obwohl das vielleicht ein bißchen dazu beigetragen hätte, den Zustrom einzuschränken.
    Wenn Sie heute diesen Weg gehen wollen, dann muß ich Ihnen offen sagen, daß mir viele Diskussionen, die ich beispielsweise mit Betriebsratsvertretern geführt habe, deutlich gemacht haben, wie schwierig es ist — selbst in den Betrieben, in denen Überstunden langfristig zwischen Betriebsleitung und Betriebsräten vereinbart worden sind —, Verständnis dafür zu gewinnen, ob es nicht sinnvoll wäre, neue Arbeitskräfte einzustellen, statt Überstunden zu leisten. Durch eine gesetzliche Einschränkung der Überstunden würde nach meiner Überzeugung aber kein zusätzlicher Arbeitsplatz geschaffen, sondern es bestünde die Gefahr, daß gerade Exportaufträge, die zeitgebunden sind, verlorengehen. Dies wäre genau die gegenteilige Wirkung von der, die Sie beabsichtigen.

    (Zurufe von der FDP)

    Deshalb wäre es besser, wenn Ihre nicht so ganz geringen Beziehungen zu den Gewerkschaften, Ihre Verbindungen in die Gewerkschaften hinein einmal dazu benutzt würden, dieses Thema mit den Betriebsräten ausführlich zu diskutieren. Es soll doch nicht etwa heißen, daß man das jetzt gesetzlich ändern müsse, weil die Mitbestimmung nicht funktioniere und der Gesetzgeber bei der Bewilligung oder Nichtbewilligung etwa von Überstunden Nachhilfeunterricht erteilen müsse.
    Meine Damen und Herren, sowohl in der Rede von Herrn Ministerpräsident Börner als auch in der von Herrn Roth ist von dem breitangelegten, wie Sie sagten, Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aus den Reihen der Sozialdemokraten gesprochen worden. Das waren alles — mehr oder weniger — alte Bekannte, deren Negativwirkungen hier oft diskutiert worden sind. Wenn ich es einmal auf einen kurzen Nenner bringe, so ist davon ge-



    Mischnick
    sprochen worden, daß die SPD 45 Milliarden DM für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Jährlich!)

    zur Verfügung gestellt sehen will. Was heißt das? In Kurzfassung heißt das: neue Schulden, Steuererhöhungen, daraus höhere Zinsen, aus höheren Zinsen weniger Investitionen, aus weniger Investitionen mehr Arbeitslosigkeit. Das ist die Kurzfassung dessen, was Sie hier in Wahrheit vorschlagen, sonst gar nichts.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Roth [SPD]: Sie müssen einmal zuhören! — Stahl [Kempen] [SPD]: Sie haben ja selbst Ihrem Kollegen Graf Lambsdorff nicht richtig zugehört!)

    Das ist der mühselige Weg, den wir gehen, natürlich schwieriger, aber erfolgversprechender und langfristig wirksamer, langfristig wirksamer deshalb, weil wir uns eben bemühen, die Gefahren, die in Ihren Vorschlägen stecken, auszuschalten, und dabei in Kauf nehmen, daß dies nicht im Handgalopp möglich ist, sondern eine längere Zeit braucht. Dafür aber ist unser Weg, wie gesagt, auf Dauer wirksamer.
    Nun ist bei der Auseinandersetzung über die Frage, wieweit Versprechungen eingehalten werden können oder nicht, immer wieder auch auf die Behauptung verwiesen worden, wir hätten den Aufschwung, die Beseitigung der Arbeitslosigkeit für dieses oder das nächste Jahr angekündigt. Wir haben immer gesagt: Wir brauchen ein, zwei Jahre, um dies zu erreichen. Eines ist aber doch deutlich geworden: Das Vertrauen, das zu mehr Investitionen in bestimmten Bereichen geführt hat, ist unverkennbar. Wenn hier nun so getan wird, als würden die Beschlüsse, die zu diesem Vertrauen geführt haben, die Reichen reicher und die Armen ärmer machen, so ist das weiter nichts als der Versuch, mit einer solchen Primitivformel Stimmung zu machen. Aber mit den Tatsachen hat es absolut nichts zu tun.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wer argumentiert, bestimmte steuerliche Entlastungen, die summenmäßig zu bestimmten Wirkungen führen, seien ein Beweis dafür, daß man überhaupt nicht an die mittleren und kleineren Unternehmen dächte, sollte sich doch wenigstens einmal daran erinnern, daß wir vor mehr als Jahresfrist — länger als ein Jahr ist es her — beispielsweise in der Diskussion um die Frage, was mit AEG wird, gerade das Problem der 15 000, 20 000 kleinen Zulieferbetriebe mit im Auge gehabt haben, um mit Ihrer Zustimmung — ganz klar — sicherzustellen, daß bei Gefährdung eines Großbetriebes nicht unendliche Folgewirkungen bei Klein- und Mittelbetrieben mit entstehen. Das gleiche gilt doch für die steuerpolitischen Entscheidungen, die wir jetzt getroffen haben. Das wirkt sich doch über die Zulieferbetriebe genauso in den mittelständischen Bereich aus. Dies sollten Sie doch nicht vom Tisch wischen. Sie wissen es doch, aber Sie wollen es nur nicht wahrhaben, weil es nicht in die Propagandathese paßt. Das ist doch der Hintergrund.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, es ist davon gesprochen worden, daß nun so viele Entscheidungen im sozialpolitischen Bereich getroffen würden, die gerade zu Lasten der Wenigerverdienenden, der sozial Schwachen gingen. Darf ich Sie nicht daran erinnern, daß viele dieser Entscheidungen im Grundsatz vor zwei und drei Jahren begonnen worden sind und jetzt fortgesetzt werden? Ich weiß, es hat manche Mühe gekostet, damals zu Entscheidungen zu kommen. Aber die Erkenntnis war zumindest bei einer Mehrheit bei Ihnen damals vorhanden: Wenn man die Konsolidierung fortsetzen will, muß sie breit angelegt sein; dann können auch die Sozialgesetze davon nicht verschont bleiben; es kommt nur darauf an, hier einen Weg zu finden, der sicherstellt, daß die Ausgewogenheit so weit wie möglich gewahrt wird. Daß Sie das wieder beklagen, macht doch erneut deutlich, wie recht wir hatten, als wir vor einem Jahr im Bund und in Hessen sagten: Es ist nicht mehr möglich, im wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Bereich die notwendigen Entscheidungen mit der SPD zu treffen, weil sie nicht mehr in der Lage ist, solche Dinge mitzutragen.

    (Zurufe von der SPD)

    Wenn das so ist, dann sollte man jetzt nicht nachträglich so tun, als hätten andere das verbrochen, sondern eingestehen, daß die eigene Bereitschaft, dafür auch vor den Wähler zu treten und es zu verantworten, nicht mehr vorhanden ist, weil man es nicht tragen kann. Wir sind in der Lage, das zu tragen, weil wir den Mut zu diesen Entscheidungen haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn hier immer wieder davon gesprochen wird — oder in Anzeigen —, drei Millionen Arbeitslose stünden vor der Tür, und damit der Eindruck erweckt wird, als habe alles nichts genützt, dann mag das für den Augenblick ein wenig propagandistische Hilfestellung sein. Aber so wie die Verratslegende nur für eine einzige Wahl gereicht hat, so wird diese Legende diesmal nicht mehr reichen, weil die Leute wissen: Mit Legenden kann man keine praktische Politik machen. So wie Sie damals geglaubt haben mit einer Falschdarstellung der Entwicklung über die Runden zu kommen, werden Sie das diesmal nicht erreichen.
    Ich bedaure allerdings sehr, in wie vielen Bereichen das, was einmal gemeinsame Auffassung in diesem Hause war, inzwischen verlorengegangen ist.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Klopfen Sie einmal an die eigene Brust!)

    — Wissen Sie, wenn Sie mir in der Sache selbst — in der Sache; bei Ihnen wird ja oft Sache und Koalition verwechselt — tatsächlich grundsätzlich andere Auffassungen nachweisen könnten, wäre ich sofort bereit, darüber mit Ihnen zu diskutieren. Ich



    Mischnick
    will Ihnen ein Beispiel nennen, wo die Behauptungen, daß das so geschehen sei, falsch sind. Kollege Graf Lambsdorff hat hier das weite und schwierige Feld der Außen-, Ost- und Friedenspolitik angesprochen. Sehen Sie, meine Damen und Herren, ich war sehr froh darüber, daß nach dem Abschuß der koreanischen Maschine aus allen politischen Gruppierungen dieses Hauses — ich stelle ausdrücklich fest: aus allen Gruppierungen — eine gemeinsame Verurteilung kam. Ich wäre froh, wenn dann auch die Erkenntnis daraus erwüchse, daß man nicht nur, wenn ein solcher brutaler Abschuß erfolgt ist, sein Bedauern ausdrückt, sondern praktische Konsequenzen für die Sachpolitik zieht.

    (Reents [GRÜNE]: Was heißt das?)

    Dies scheint bisher nicht der Fall zu sein; denn es ist doch hochinteressant, daß man, wenn in diesen Tagen in Madrid die KSZE-Nachfolgekonferenz zu einem Abschluß gebracht wird — es ist durch das Bemühen gerade der Bundesrepublik Deutschland und hier vor allem des Bundesaußenministers gelungen, Folgekonferenzen für die europäische Sicherheit zustande zu bringen —, kein Wort der Zustimmung von denen hört, die sonst immer, wenn es um Abrüstung, Rüstungsbegrenzung, Abschaffung der Raketen geht, das große Wort haben. — Nur über den Weg der ständigen Verhandlungsmöglichkeit und Verhandlungsbereitschaft wird es gelingen, aus der heutigen Krisensituation herauszukommen.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich bin sehr froh darüber, daß im Gegensatz dazu, wie es in vergangenen Zeiten üblich war, nach einem solchen bitteren, makabren, verurteilenswerten Vorfall Verhandlungen eben nicht eingestellt wurden — denn das hat früher oft dazu geführt, daß es danach zu um so schärferen Auseinandersetzungen kam —, sondern die Verhandlungen mit dem Ziel, zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen, weitergeführt werden.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Wer stellt das denn in Frage?)

    — Ich habe doch nicht von Ihnen gesprochen. Ich sprach von anderen.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Jetzt guckt er doch den Börner an!)

    Aber daß Sie sich da angesprochen fühlen, zeigt auch, daß diejenigen, die uns in der Frage der Verhandlungen von Genf immer wieder glaubten den Rat geben zu müssen, daß man, wenn es zu keinem Abschluß komme, weiterverhandeln, nachverhandeln könne und man das dann vielleicht schaffe, endlich einsehen sollten: Nur wenn wir jetzt, zu Beginn dieser neuen Verhandlungsrunde, konsequent an unserem Kurs festhalten, daß bis zum 15. November ein Ergebnis vorliegen muß und wir sonst gezwungen sind nachzurüsten, gibt es überhaupt eine Chance, in dieser Zeit noch zu einem Ergebnis zu kommen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir müssen leider feststellen, daß sehr unterschiedliche Meinungen nicht nur aus dem Bereich
    der GRÜNEN Alternativen, sondern auch aus dem Bereich der Sozialdemokraten zu hören sind. Wenn Sie vorhin den Zwischenruf „Börner" machten, bin ich sicher, daß wir da völlig einer Meinung sind. Nur ist richtig, daß im hessischen Wahlkampf eine ganze Reihe gerade von den Sozialdemokraten — und Sie nehmen das Thema doch wieder auf — mit dem Gedanken Ihres Saarbrückener NATO-Außenseiters spielen, am liebsten aus der NATO auszutreten. Wenn ich an die Beschlüsse mancher Ihrer Bezirksparteitage denke, dann wird doch daran deutlich,

    (Zurufe von der SPD)

    daß auch in diesem Bereich das, was noch vor einem Jahr aus den Worten von Helmut Schmidt als Grundlage der Politik der SPD klang, heute nicht mehr Allgemeingut der Sozialdemokraten ist, sondern nur noch von Teilen vertreten wird. Das ist im Interesse der deutschen Politik betrüblich; es kann sogar gefährlich werden, wenn daran von der einen Seite der Verhandlungspartner Illusionen geknüpft werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD]: Sagen Sie mal, was die Bischöfe dazu gesagt haben!)

    Ich sage das nicht aus Schadenfreude.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Doch!)

    — Nein, ich sage das aus Sorge darüber, daß gerade die Kollegen unter Ihnen, die wie wir zu diesem NATO-Doppelbeschluß stehen, in eine Minderheit geraten könnten und morgen oder übermorgen feststellen müssen, daß damit für die Sozialdemokratische Partei als Ganze eine Situation entstanden wäre, die nicht im Interesse unserer deutschen Demokratie liegen kann. Das gilt für mich über alle Parteigrenzen hinaus.

    (Beifall bei der FDP)

    Und es wäre gut, wenn Sie sich Klarheit darüber verschaffen würden, wie es um die Grundsätze steht, die j a gerade dazu geführt haben, daß wir heute durch ein Vertragsgeflecht beispielsweise in der deutsch-deutschen Politik eben nicht mehr die Sorge haben müssen, daß ein Schnupfen zwischen Washington und Moskau zu einer Lungenentzündung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR führt, sondern daß wir im Gegenteil heute in einer Situation sind, wo in beiden Teilen das Bemühen groß ist, Auswirkungen der Großwetterlage nicht unmittelbar durchschlagen zu lassen. Und gerade dies ist doch in einer langwierigen, manchmal zähen, manchmal sehr umkämpften politischen Arbeit erreicht worden. Und spüren Sie denn gar nicht, daß Sie auch das mit in Frage stellen, wenn Sie die Voraussetzungen dafür, nämlich die feste Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in das westliche Bündnis, in die NATO, in Frage stellen lassen und nicht mit aller Energie und Geschlossenheit auch gegen Ansätze, das in Frage zu stellen, vorgehen? Da genügen ein Präsidiums-



    Mischnick
    beschluß oder Vorstandsbeschluß nicht. Denn sonst wäre es nicht möglich — —

    (Gilges [SPD]: Das bestimmen Sie doch nicht!)

    — Entschuldigung! Ich bestimme das selbstverständlich nicht. Ich erlaube mir nur, so wie Sie sich erlauben, über Meinungen in der FDP Ihre Auffassung zu sagen, meine Meinung über diese Beschlüsse zu sagen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Weil ich es für notwendig halte, daß auch in diesem Haus und noch in dieser Debatte mit aller Klarheit und aller Deutlichkeit die gemeinsame Basis der deutschen Außen- und Ostpolitik in der Bündnispartnerschaft klargestellt und alle Zweifel daran ausgeräumt werden, weil gerade diese Zweifel die Chancen der eigenen Verhandlungsposition in Genf nicht festigen, sondern in Gefahr bringen,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    deshalb sage ich das in diesem Zusammenhang mit aller Klarheit.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist noch nicht bei bestimmten Fragen in die Tiefe gegangen worden, die in der weiteren Diskussion noch eine Rolle spielen werden. Aber ich will doch vorweg dazu eine Bemerkung machen, nämlich zu den Einsparungsgesetzen in den verschiedensten Bereichen. Hier ist immer von den Kollegen der SPD, aber auch aus den Reihen der GRÜNEN Alternativen die Vokabel gebraucht worden, man solle
    ' nicht Arbeitslosigkeit bezahlen, sondern man solle entsprechende Mittel nehmen, um Arbeit aus staatlichen Mitteln zu bezahlen. Das klingt sehr einleuchtend.
    Ich habe vorhin eine Rechnung aufgemacht, wie falsch das ist. Ich kann nicht umhin, Ihnen doch in die Erinnerung zu rufen, was am 30. Juni 1982 auf Ihrer, der SPD, Fraktionssitzung der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt gesagt hat. Er sagte wörtlich:
    Wer mehr für die beschäftigungswirksamen Ausgaben des Staates tun will, muß tiefer, noch viel tiefer in die Sozialleistungen reinschneiden.
    Das hat er doch nicht gesagt, weil er antisozial eingestellt ist. Das hat er doch nicht gesagt, weil er für soziale Unausgewogenheit ist. Das hat er nur aus der Erkenntnis gesagt, daß man sich bei diesen Entscheidungen nicht herausmogeln darf aus der Notwendigkeit,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Börner!)

    auch im Bereich der Sozialpolitik wichtige Entscheidungen zu treffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hier ist davon gesprochen worden. Dann muß auch die Solidarität untereinander entsprechend gesehen werden.
    Lassen Sie mich ein Beispiel wieder aufgreifen, das ich schon in der alten Koalition — leider vergeblich — vorgetragen habe. Ich hoffe, daß wir in
    der neuen Koalition zu einem anderen Ergebnis kommen. Ich will nur einen Punkt aus der Arbeitslosenversicherung herausnehmen. Ich spüre bei den Diskussionen draußen immer wieder, wie sehr folgende Überlegung auf Zustimmung stößt: Ist es richtig, nach drei Jahren Arbeitslosenversicherungsbeitrag für ein volles Jahr Arbeitslosengeld zu bekommen, aber nach 30 Jahren Beitrag auch nur denselben Anspruch von einem Jahr zu haben? Ist es hier nicht notwendig, eine entsprechende Staffelung einzuführen, daß derjenige, der für zehn, zwölf Jahre Arbeitslosenversicherungsbeitrag gezahlt hat, gestaffelt bis zu einem Jahr Arbeitslosengeld bekommt, und daß derjenige, der über 15 Jahre Beitrag gezahlt hat, dann einen Anspruch für zwei Jahre haben soll,

    (Zurufe von der SPD)

    weil sein Beitrag zur Finanzierung der Arbeitslosenversicherung entsprechend höher war und er es im Alter viel schwerer hat, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, als das bei den anderen der Fall ist? Das wären doch Vorschläge, die Solidarität zu erhöhen, Vorschläge, über die man ernstlich nachdenken sollte, statt sie wegzuwischen.

    (Beifall bei der FDP — Abg. Stahl [Kempen] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Entschuldigung, ich bleibe dabei, ich bevorzuge und benachteilige niemanden.

    (Frau Potthast [GRÜNE]: Wessen Schuld ist es denn, wenn jemand arbeitslos wird?)

    Unter dem Strich sparen Sie dabei etwas ein, und unter dem Strich werden Sie auch diejenigen dann mit treffen, die heute zum Leidwesen der Beitragszahler die Möglichkeit unserer sozialen Einrichtung gesetzlich legal, aber bis zum letzten auszunutzen wissen. Es ist auch ein Mittel, gegen Schwarzarbeit, gegen illegale Arbeit ein Stück mehr zu tun, wenn man hier die entsprechende Staffelung vornimmt.
    Lassen Sie mich zum Abschluß noch eine Bemerkung zur Gesamtarbeit in der Koalition und auch zu einem Punkt machen, der noch heute nachmittag eine Rolle spielen wird. Diese Freie Demokratische Partei ist angetreten, in dieser Koalition ihre liberale Politik durchzusetzen. Wir wissen, in einer Koalition bedarf es der Kompromisse, d. h. man muß sich verständigen. Diese Verständigung ist bei notwendigen Entscheidungen im Parlament. bisher immer gefunden worden. Ich gehe davon aus, daß das auch in Zukunft möglich sein wird. Das schließt nicht aus, daß es über bestimmte Fragen, die bis zur Entscheidung in der Diskussion stehen, auch öffentlich unterschiedliche Meinungsäußerungen gibt. Das war früher so, das ist so, und das wird so bleiben. Ich wende mich allerdings dagegen, daß dem Bundesjustizminister, der eine nach Recht und Gesetz getroffene Entscheidung nach außen vertritt, unterstellt wird, daß er damit etwas gegen das Gesetz getan oder daß er seine Liberalität nicht bewiesen habe. Wir werden im einzelnen über manche Fragen zu reden haben. Wenn es Gesetzeslükken gibt, die ausgefüllt werden müssen, muß man darüber diskutieren. Aber der Tatbestand, daß nicht



    Mischnick
    ausgeliefert worden ist, kann nicht hinwegdiskutiert werden. Deshalb wäre ich dankbar, wenn man das, was an Sachdiskussion notwendig ist, nicht mit Emotionalisierung so zuschüttet, daß am Ende die Fragen, die möglicherweise einer Klärung zugeführt werden müssen, nur noch im Nebel zu sehen sind.
    Eine zweite Bemerkung dazu: Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, daß wir in bestimmten Fragen eine andere Meinung als die Union haben, etwa wenn es um Demonstrationsrecht, Vermummungsverbot usw. geht. Ich bedaure es — dies möchte ich in diesem Zusammenhang hier einmal vor aller Öffentlichkeit sagen —, daß es bei allen Diskussionen über das Vermummungsverbot der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannt ist, daß jeder Polizeipräsident, jeder, der eine Demonstration genehmigt, ein Vermummungsverbot erlassen kann.

    (Zuruf von der SPD)

    — Entschuldigung, ich sage das vor der gesamten Öffentlichkeit. Ich habe doch nicht nur zu Ihnen hingesehen, ich habe überall hingesehen; so ist das nicht. Ich bin nur etwas erstaunt, wie schnell Sie sich betroffen fühlen. Diese Möglichkeiten, die heute bestehen, müssen der Öffentlichkeit klargemacht und sollen auch angewandt werden. Das schließt doch nicht aus, daß eine Bereitschaft besteht, alle diese Fragen mit dem Für und dem Wider mit denjenigen, die dafür in der Öffentlichkeit als Richter, als Staatsanwälte, als Polizeipräsident oder als Polizeibeamte verantwortlich sind, immer wieder zu diskutieren, um festzustellen, wo Mängel sind, wo man vielleicht zusätzliche Entscheidungen treffen muß.
    Eine abschließende Bemerkung. Dieser Haushalt, der hier vorgelegt worden ist, hat, wie der Bundesfinanzminister mit Recht gesagt hat, positive Perspektiven eröffnet. Dabei wissen wir sehr wohl, daß wir noch manches für die Zukunft zusätzlich zu tun haben. Wir stehen hinter diesem Haushalt. Dieser Haushalt weist in die richtige Richtung. Wir werden alles tun, den Rahmen dieses Haushaltes zu erhalten, und bei jeder Einzelmaßnahme, wo Kritik aufkommt, sehr sorgfältig darauf achten, daß nicht etwa das Konzept dieses Haushaltes in Frage gestellt wird. Das heißt, es kann nicht darum gehen, mit zusätzlichen Ausgaben den Haushalt auszuweiten, es kann nur darum gehen, ihn eher einzuschränken und damit die Kreditnotwendigkeit geringer werden zu lassen. Dies ist der Ausgangspunkt für unsere gesamten Beratungen.
    Wir wissen, er schafft stärkere Anreize für Innovation, für Forschung und Entwicklung. Er wird die Investitionsbereitschaft steigern, wenn wir alle mithelfen, dieses Pflänzchen, das hier sichtbar wird, zu begießen, und nicht zu einer gemeinsamen Miesmacherfront in diesem Lande werden. Wir haben Miesmacher genug; die können wir nicht gebrauchen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir brauchen die Bereitschaft, durch Einsatzwillen,
    durch Kooperationswillen, aber auch durch Verantwortungsbereitschaft das mitzutragen, was notwendig ist, um damit für die Bevölkerung vorbildlich zu sein. Nicht im Ablehnen, nicht im Neinsagen, nicht im Miesmachen liegt das Vorbild, sondern in der Verantwortungsbereitschaft und in der Leistungsbereitschaft liegt das Vorbild. Und das werden wir geben.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Gilges [SPD]: Jetzt kommt die Erleuchtung!)

    — Herr Kollege, ich weiß gar nicht, ob eine Chance besteht, Sie noch zu erleuchten. Ich will mich aber redlich bemühen.
    Es ist Sinn einer Etatdebatte und es entspricht der Tradition der Parlamente, auch der Tradition des deutschen Parlamentes, alle wesentlichen Fragen anzusprechen, zu diskutieren und natürlich — wie es sich gebührt und wie es für eine lebendige Demokratie selbstverständlich ist — auch streitig zu diskutieren. Ich habe sehr aufmerksam mit meinen Kollegen auf der Regierungsbank in diesen Stunden Kritik und auch Anregungen gehört. Ich bin dankbar für beides. Denn es ist ganz selbstverständlich, daß nur aus einem vernünftigen Austausch von Argumenten, dem Hören und dem Ertragen von Argument und Gegenargument der richtige Weg in der Politik zu finden ist. Daß dabei am Vorabend von wichtigen Wahlen — auch das entspricht einer großen Tradition dieses Hauses über drei Jahrzehnte — Wahlkampftöne aufklingen, beklage ich überhaupt nicht. Das wäre ein Stück heuchlerisches Tun, denn jeder von uns in seiner Gruppe hat sich an solchen in der Vergangenheit beteiligt. Ich natürlich auch. Nur, meine Damen und Herren: Das Angebot, das gemacht wird, war in diesen Jahrzehnten unterschiedlich.
    Verehrter Herr Kollege Börner, verehrter Herr Ministerpräsident von Hessen, wissen Sie, Sie haben heute so richtig geistig die Dachlatte geschwungen, um es einmal so zu sagen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Begriff „Dachlatte" ist j a nicht beleidigend gemeint. Sie sind ja zu Hause, in einem Teil Ihrer eigenen Landespartei, immer stolz auf diesen Begriff.
    Nur, denke ich, haben Sie das Manuskript verwechselt. Das war so eine Rede, die vielleicht noch ein paar müde Genossen im Unterbezirk Kassel von den Stühlen reißt, aber die Wähler in Hessen ganz gewiß nicht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Ich kenne die Gründe nicht, warum Sie so zugelangt haben, ob es neue demoskopische Zahlen sind oder etwas anderes.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Ich denke, unser Kollege Wolfgang Mischnick hat die Dinge hier wieder zurechtgerückt. Ich kann mich darauf beschränken, einige wenige Bemerkungen zu Ihren Fragen, wie Sie es genannt haben, zu machen.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenige Ereignisse haben die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus in weiten Teilen der Welt so betroffen gemacht und zur Bestürzung veranlaßt wie der Abschuß einer koreanischen Zivilmaschine vor wenigen Tagen. Es ist ganz selbstverständlich, daß der deutsche Bundeskanzler und die Bundesregierung in dieser Debatte über das hinaus, was der Herr Präsident des Hauses zu Beginn der Debatte zum Ausdruck gebracht hat, einige Bemerkungen zu diesem Thema machen will und machen muß.
    Die Sowjetunion trägt die Verantwortung und Schuld für den Tod von 269 wehrlosen Menschen. Die Sowjetunion hat mit dem Abschuß der koreanischen Linienmaschine gegen die elementaren Regeln im Zusammenleben der Völkergemeinschaft verstoßen. Dieses Verhalten wird und muß von der ganzen Völkerfamilie mit Abscheu verurteilt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Die Sowjetunion hat in der Charta der Vereinten Nationen und in der KSZE-Schlußakte feierlich jeglicher Androhung und Anwendung von Gewalt entsagt. Sie selbst hat in der Prager Erklärung den Abschluß eines Gewaltverzichtsvertrags zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt vorgeschlagen. All dieses hindert sie jetzt nicht daran, diesen Akt hemmungsloser Gewalt zu verüben.
    Ich fordere von dieser Stelle aus die sowjetische Führung eindringlich auf, unverzüglich die Zusammenhänge dieses schrecklichen Vorgangs aufzuklären und die Verantwortung klarzustellen. Hier stehen — das ist ein wichtiger Vorgang — Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit einer Weltmacht auf dem Prüfstand. Dies gilt um so mehr, meine Damen und Herren, als sich dieser Vorgang in einer Zeit ereignet, da Vertrauen im Ost-West-Verhältnis notwendiger denn je ist.
    Unsere Reaktion ist bei aller Betroffenheit besonnen, und sie wird es auch bleiben. Besonnenheit tut not, damit auch und gerade in dieser sehr kritischen Situation der Weltpolitik der Dialog über die Lebensfragen von Ost und West erhalten bleibt. Daß dies auch die Linie der amerikanischen Regierung ist, ist in einer eindeutigen Weise in der Erklärung des amerikanischen Präsidenten vom 6. September 1983 zum Ausdruck gekommen. Wir sollten diesen Vorgang auch hier bei uns angesichts einer tumben antiamerikanischen Propaganda in unserem Lande dankbar erwähnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bundesregierung steht in engen Konsultationen mit unseren Verbündeten und mit den befreundeten Staaten.
    Gestern haben die Außenminister der KSZE-Staaten weiterführende Gespräche begonnen. Ein ganz wesentliches Ziel dieser Kontakte besteht darin, die Sicherheit des weltweiten zivilen Luftverkehrs ebenso zu garantieren wie eine unbeeinträchtigte und friedliche Aufrechterhaltung der internationalen Verkehrs- und Handelsverbindungen. Die Bundesregierung wird sich an geeigneten Maßnahmen, die wir gemeinsam mit unseren Freunden abstimmen, beteiligen, um dieses Ziel durchzusetzen.
    Die Ereignisse beweisen mehr denn je die Notwendigkeit von Dialog und Rüstungskontrolle. Gerade in einer solchen Periode der Erregung und Erhitzung darf das Netz sicherheitspolitischer Kommunikation nicht reißen.
    Wie bereits in der Grundsatzerklärung über die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen vom 29. Mai 1972 festgestellt wurde, tragen alle Länder und nicht nur die Weltmächte eine besondere Verantwortung, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zu Konflikten oder Situationen kommt, die zur Erhöhung internationaler Spannungen führen würden. Wir fühlen uns darin bestärkt, daß wir in den Verhandlungen mit der Sowjetunion mit größter Sorgfalt unsere Sicherheitsinteressen sowie die Grundsätze der Gleichheit und die Belange des Gleichgewichts wahren müssen.
    Nach vielen Zugeständnissen des Westens ist jetzt nicht die Zeit für weitere Vorleistungen und einseitiges Vorangehen. Es ist vielmehr die Zeit des geduldigen und des zähen Ausarbeitens von Kompromissen auf der Grundlage des gegenseitigen Vorteils.
    Am Dienstag sind in Genf die amerikanischsowjetischen Verhandlungen über Mittelstreckensysteme wieder aufgenommen worden. Sie sind somit in die entscheidende Runde eingetreten. Ich habe in diesen Tage unmittelbar vor diesen Verhandlungen — aber nicht nur in diesen Tagen — mit dem amerikanischen Verhandlungsführer Botschafter Nitze wiederum intensive Gespräche geführt. Diese Gespräche und Konsultationen sind in diesen Monaten eine feststehende Übung geworden. Die amerikanische Seite hat mir erneut versichert, daß die amerikanische Regierung auch angesichts der jüngsten Ereignisse entschlossen ist, die Rüstungskontrollverhandlungen mit dem Ziel eines baldigen Abschlusses eines Abkommens zu führen und mit der notwendigen Flexibilität in die neue Verhandlungsrunde zu gehen.
    Jetzt wird es darauf ankommen, daß auch die Sowjetunion über die Versuche öffentlicher Beeinflussung hinausgeht und einen wirklichen Verhandlungsschritt in Richtung auf einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiß unternimmt. Dieser Kompromiß kann nicht von den Grundsätzen des Gleichgewichts abweichen und auf die Grundlage eines ungleichen Ergebnisses mit den Vereinigten Staaten gestellt werden. Die Sowjetunion blockiert mit ihrer Forderung nach der Einbeziehung der französischen und britischen Systeme die Genfer Verhandlungen. Der jüngste Vorschlag von Generalsekretär Andropow zeigt das doch noch einmal ganz deutlich.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Lassen Sie mich gerade zu diesem Vorschlag ein paar Anmerkungen machen. Erstens. Wir begrüßen die Präzisierung der sowjetischen Position, eine Präzisierung, die längst überfällig war. Zweitens. Die Sowjetunion hat aber kein neues Element in die Verhandlungen eingeführt, das den Weg für einen Kompromiß freimachen kann. Drittens. Die sowjetische Erklärung würde von uns positiver aufgenommen, wenn die Sowjetunion zugleich angeboten hätte, die Zerstörung ihrer SS 20 wirksam verifizieren zu lassen.
    Ich sage mit aller Deutlichkeit: Wir werden in der gegenwärtigen Situation kein Ergebnis erzielen können, wenn wir unsere Verhandlungssubstanz aus der Hand geben. Wir werden keinen Kompromiß erzielen, wenn wir vor dem möglicherweise entscheidenden Durchbruch auf die wesentlichen Elemente unserer Position verzichten und so den notwendigen Verhandlungsdruck von der sowjetischen Seite nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das gilt für die Pershing II, das gilt für den Waffenmix ebenso wie für den Zeitplan der möglicherweise erforderlich werdenden Stationierung. Was wir in dieser entscheidenden Phase der Genfer Verhandlungen brauchen, wird auf unserer Seite eine Mischung aus Festigkeit und Flexibilität sein. Den Rahmen für diese Flexibilität haben wir in engster Abstimmung mit den Vereinigten Staaten auch durch die persönlichen Kontakte mit dem Präsidenten geschaffen. Diese Position ist eine tragfähige Grundlage für Kompromisse und für eine Anpassung an eintretende Entwicklungen in den Verhandlungen. Die Festigkeit, die wir brauchen, wird die Geschlossenheit des Bündnisses sein und die Kraft, die Sowjetunion angesichts ihrer Vorrüstung nicht aus ihrer Verantwortung in den Verhandlungen zu entlassen.
    Uns werden in diesen Tagen auch aus den Reihen dieses Hauses manche Vorschläge für die Verhandlungen gemacht, die diesen Kriterien nicht entsprechen und die mit Sicherheit nicht zu einem vernünftigen Verhandlungskompromiß führen werden. Wir sehen den engen sachlichen Zusammenhang zwischen INF und START. Die westliche Verhandlungsposition in der Genfer Verhandlung trägt auch diesem Zusammenhang durchaus Rechnung. Wer aber in diesem Augenblick und in dieser Phase — das muß deutlich gesagt werden — der Zusammenlegung von START und INF das Wort redet, der spekuliert auf eine Verschiebung des Stationierungsbeginns, der nimmt den Verhandlungsdruck von der sowjetischen Seite, der entläßt die Sowjetunion aus der Verantwortung für die Lösung eines Problems, das sie, die Sowjetunion, selbst geschaffen hat, der versucht, sich aus innenpolitischen Opportunitätsgründen der eigenen Verantwortung für den NATO-Doppelbeschluß zu entziehen, und der gefährdet die Durchsetzung unserer Sicherheitsinteressen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Probleme der Genfer INF-Verhandlungen sind keine Zeitfrage — das weiß jeder, der sich ernsthaft damit beschäftigt —, sondern letztlich eine Frage der Kompromißwilligkeit. Wenn die Sowjetunion bereit ist, ihre starre Haltung aufzugeben, kann in Tagen ein Vertrag entwickelt werden.
    Was mich aber, meine Damen und Herren, in der Reihe der erteilten Ratschläge am meisten beunruhigt und was mich mit Sorge über den notwendigen sicherheitspolitischen Kurs unseres Landes erfüllt, ist just in dieser Stunde der Vorschlag, daß die Bundesrepublik Deutschland aus der militärischen Integration der NATO ausscheiden soll. Ich würde dieses Thema nicht zur Sprache bringen, wenn es irgendein Vorschlag wäre. Das ist ein Vorschlag, der in einer logischen Folgerichtigkeit eine totale Veränderung der politischen Grundlagen unseres Landes in Gang setzen will, jener Grundlagen, die wir doch immerhin nach manchem Hin und Her seit 1949 gemeinsam erarbeitet haben. Aber, meine Damen und Herren, dieser Vorschlag kommt von einem führenden Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, und dieser Vorschlag hat inzwischen in wichtigen Bereichen, Konferenzen und Tagungen der Sozialdemokratischen Partei Zustimmung und Mehrheiten gefunden.

    (Zurufe von der SPD: Wo?)

    — Schauen Sie doch nach Hessen!

    (Lebhafte Zurufe von der SPD: Wo denn?)

    Dieser Vorschlag kommt von einem Vorstandsmitglied. Ich weiß, Herr Kollege Vogel, daß Ihnen das wehtut. Sie sind gefordert, ein klares Wort zur Sicherheitspolitik Ihrer Partei zu sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Herr Kollege Vogel, das Bestürzende an diesem Vorschlag ist doch die Tatsache, daß er aus Ihrer Partei kommt, Ihrer Partei, die die Bundesregierung bis vor einem Jahr getragen hat. Es war die von Ihnen geführte Bundesregierung, die den NATO-Doppelbeschluß in diesem Hause vorgetragen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Wir, FDP, CDU und CSU, stehen doch heute in der absurden Situation, daß wir eine Politik, die Sie wesentlich entwickelt und mitbestimmt haben, verteidigen, während Sie von der Fahne gegangen sind.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Damit das klar ausgesprochen wird — ich nehme hier ein Wort von Wolfgang Mischnick auf —: Dies alles macht uns keine Freude. Meine Damen und Herren von der SPD, Herr Kollege Brandt, wir haben genug streitige Fragen. Ich wäre glücklich, wenn wir in den Grundfragen der nationalen Sicherheitspolitik wieder zu einer gemeinsamen Linie finden könnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)