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ID1001129400

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    Plenarprotokoll 10/11 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 11. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Inhalt: Nachruf auf Frau Bundesminister a. D. Marie Schlei 525A Erweiterung der Tagesordnung 603 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Wirtschaftsgipfel in Williamsburg in Verbindung mit Beratung des Jahresgutachtens 1982/83 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 9/2118 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1983 der Bundesregierung — Drucksache 9/2400 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Weltwirtschaftsgipfel in Williamsburg und Europäischer Rat in Stuttgart — Drucksache 10/79 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 525 D Dr. Vogel SPD 533A Wissmann CDU/CSU 541 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 547D, 615D Stratmann GRÜNE 558 D Lahnstein SPD 563 A Dr. Haussmann FDP 587 A Kittelmann CDU/CSU 590 A Dr. Jens SPD 593 C Gerstein CDU/CSU 596 D Krizsan GRÜNE 599 B Dr. Solms FDP 600 D Dr. Ehrenberg SPD 603 C Lattmann CDU/CSU 607 A Schwenninger GRÜNE 609 D Beckmann FDP 611 B Wolfram (Recklinghausen) SPD 612 C Hinsken CDU/CSU 619C Rapp (Göppingen) SPD 621 D Vizepräsident Westphal 558 D Fragestunde — Drucksache 10/106 vom 3. Juni 1983 — Ergebnisse einer Studie zur Nachrüstung, u. a. über die Einstellung der Bevölkerung zur Stationierung der Pershing II und der Cruise Missiles MdlAnfr 1 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Dr. Jenninger BK . 568 D, 569A, B ZusFr Reents GRÜNE 568 D, 569 A ZusFr Dr. Hirsch FDP 569 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 569 B ZusFr Krizsan GRÜNE 569 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Verpflichtung der Bundesregierung zur Geheimhaltung der Standorte nuklearer Gefechtsköpfe sowie chemischer und bakteriologischer Kampfstoffe; Wortlaut der „Geheimhaltungsbestimmungen der NATO" MdlAnfr 27, 28 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hirsch FDP Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 569C, D, 570A, B, C, D, 571A, B, C, D, 572A, B ZusFr Dr. Hirsch FDP . . . . 569D, 570A, 571B ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD . . . 570B, 571C ZusFr Reuter SPD 570C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 570C, 571 D ZusFr Krizsan GRÜNE 570 D ZusFr Berger CDU/CSU 570 D ZusFr Dr. Sperling SPD 570 D, 571 D ZusFr Peter (Kassel) SPD 572 A ZusFr Reents GRÜNE 572 A ZusFr Frau Simonis SPD 572 B ZusFr Bindig SPD 572 B Errichtung von Bundeswehrdepots im Landkreis Harburg, insbesondere zur Lagerung von ABC-Waffen MdlAnfr 29, 30 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hauchler SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg 572C, D, 573A, B ZusFr Dr. Hauchler SPD 572 D, 573A ZusFr Dr. Sperling SPD 573 B Entwicklung der Verhandlungen über den amerikanischen Truppenübungsplatz bei Schlitz MdlAnfr 31 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Czempiel SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . 573 B, C, D, 574A, B, C, D, 575A ZusFr Frau Dr. Czempiel SPD 573C, D ZusFr Dr. Sperling SPD 573 D ZusFr Reuter SPD 574 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 574 B ZusFr Krizsan GRÜNE 574 C ZusFr Peter (Kassel) SPD 574 D ZusFr Dr. Hirsch FDP 575A Kenntnis der NATO von der Erprobung der sowjetischen SS 20 MdlAnfr 35 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg 575B, C, D, 576A, B ZusFr Reents GRÜNE 575C, D ZusFr Schily GRÜNE 575 D ZusFr Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE . . 576A ZusFr Berger CDU/CSU 576 B Kontrolle importierter ausländischer Weine sowie Prozentsatz der Beanstandungen MdlAnfr 38, 39 03.06.83 Drs 10/106 Schartz (Trier) CDU/CSU Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 576C, 577 A ZusFr Schartz (Trier) CDU/CSU 577 A Einführung einer Pflegefall-Versicherung MdlAnfr 42 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Weng FDP Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577B, C ZusFr Dr. Weng FDP 577 C Beurteilung des Einsatzes von Paraquat aus humantoxikologischer Sicht MdlAnfr 48 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Vollmer GRÜNE Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577D, 578A, B, C ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE 578 A ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 B ZusFr Frau Dr. Bard GRÜNE 578 B Existenzgefährdung des Naturschutzgebiets Riddagshausen durch den Bau der A 39 Salzgitter—Wolfsburg MdlAnfr 54 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Hickel GRÜNE Antw StSekr Bayer BMV 578C, D ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 D Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts für Lastkraftwagen MdlAnfr 61 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw StSekr Bayer BMV 579A, B, C ZusFr Frau Steinhauer SPD 579 B Verbot der Vorführung des Films „Die weiße Rose" in den Goethe-Instituten in den USA MdlAnfr 80 03.06.83 Drs 10/106 Frau Simonis SPD Antw StMin Möllemann AA 580A, C, D, 581A, B ZusFr Frau Simonis SPD 580 B, C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 III ZusFr Schily GRÜNE 580 D ZusFr Dr. Sperling SPD 580 D ZusFr Broll CDU/CSU 581 B ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 581 B Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze im Bereich des Bundes MdlAnfr 73 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 581 C, 582A, B, C, D, 583A ZusFr Frau Steinhauer SPD 582 A, B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 582 B ZusFr Frau Weyel SPD 582 C ZusFr Dr. Sperling SPD 582 D ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU 583A Fehlende Bundesmittel für AB-Maßnahmen zur Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher MdlAnfr 74, 75 03.06.83 Drs 10/106 Schemken CDU/CSU Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . 583 B, D, 584 B ZusFr Schemken CDU/CSU 583 C, D ZusFr Toetemeyer SPD 584A ZusFr Heyenn SPD 584 B Scheitern der Neuregelung der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Weigerung der Länder zur Mitfinanzierung MdlAnfr 77 03.06.83 Drs 10/106 Kuhlwein SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 584C, 585A, B, C, D ZusFr Kuhlwein SPD 584 D, 585A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . . 585 B ZusFr Frau Weyel SPD 585 C ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 585 C Erhöhung der Bundesmittel für das Benachteiligtenprogramm MdlAnfr 78, 79 03.06.83 Drs 10/106 Heyenn SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 585D, 586A ZusFr Heyenn SPD 586A Bemühungen um das Schicksal der in Argentinien verschwundenen Deutschen nach Vorliegen des „Abschlußberichts" der Militärregierung MdlAnfr 84, 85 03.06.83 Drs 10/106 Bindig SPD Antw StMin Möllemann AA 586 B, C ZusFr Bindig SPD 586 C Nächste Sitzung 625 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 627* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 525 11. Sitzung Bonn, den 9. Juni 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 8. Sitzung, Seite 389 D, 12. Zeile von unten: Statt „Cronenberg" ist „Dr. Kronenberg" zu lesen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein *** 10. 6. Dr. Ahrens ** 10. 6. Antretter ** 9. 6. Bahr *** 10. 6. Biehle *** 10. 6. Böhm (Melsungen) ** 10. 6. Büchner (Speyer) ** 10. 6. Dr. Dregger 10. 6. Dr. Ehmke (Ettlingen) 10. 6. Dr. Enders ** 9. 6. Engelsberger 10. 6. Francke (Hamburg) *** 10. 6. Gansel *** 10. 6. Gerstl (Passau) ** 9. 6. Glombig 10. 6. Grüner 9. 6. Dr. Haack 10. 6. Haase (Fürth) ** 9. 6. Dr. Hackel ** 9. 6. Frau Dr. Hamm-Brücher 10. 6. Handlos ** 9. 6. Hartmann ** 9. 6. Hauck 10. 6. Hauser (Krefeld) 10. 6. Dr. Holtz ** 9. 6. Horn *** 10. 6. Dr. Hupka *** 10. 6. Ibrügger *** 10. 6. Jäger (Wangen) ** 9. 6. Jansen 10. 6. Jungmann *** 10. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kittelmann ** 9. 6. Kolbow *** 10. 6. Kroll-Schlüter 10. 6. Frau Krone-Appuhn *** 10. 6. Dr. Lenz (Bergstraße) *** 10. 6. Lenzer ** 9. 6. Dr. Linde ** 9. 6. Lowack 10. 6. Lutz 10. 6. Dr. Marx *** 10. 6. Dr. Müller ** 10. 6. Petersen *** 10. 6. Reddemann ** 9. 6. Frau Reetz 10. 6. Rühe *** 10. 6. Sauer (Salzgitter) *** 10. 6. Saurin 10. 6. Schäfer (Mainz) *** 10. 6. Dr. Scheer ** 9. 6. Schmidt (Hamburg) 10. 6. Schmidt (München) ** 9. 6. Schmidt (Wattenscheid) 10. 6. Schmitz (Baesweiler) ** 9. 6. Schulte (Unna) ** 9. 6. Schwarz ** 9. 6. Dr. Schwenk (Stade) 10. 6. Sielaff 10. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 6. Dr. Stavenhagen ** 9. 6. Dr. Unland * 10. 6. Vogt (Kaiserslautern) ** 9. 6. Voigt (Frankfurt) *** 10. 6. Voigt (Sonthofen) 10. 6. Vosen 9. 6. Dr. von Wartenberg *** 10. 6. Weiß *** 10. 6. Wilz 9. 6. Wimmer (Neuss) 10. 6. Würtz *** 10. 6. Wurbs 10. 6.
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    Rede von Herbert Lattmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Ehrenberg, dieser Zusammenhang geht meilenweit an dem Sachverhalt vorbei, den ich eben angesprochen habe.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich habe nur darauf hingewiesen, daß ein immer stärkeres Ansteigen der Kosten für Arbeit — und das ist j a mit einer Arbeitszeitverkürzung automatisch verbunden; Sie werden das nicht bestreiten wollen — dazu führen kann, daß Arbeit weiter durch Kapital ersetzt wird. Nichts anderes habe ich gesagt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Matthöfer [SPD]: Hängt das nicht mit der Frage zusammen?)

    Ich möchte abschließend zu diesem Thema nur davor warnen, dieses als Patentrezept darzustellen. Ich glaube, wir wären gut beraten, wenn wir zunächst eine Untersuchung durchführen, um dann zu Ergebnissen zu kommen.
    Meine Damen und Herren, Arbeitslosigkeit — ich habe das schon angesprochen — hat zu einem erheblichen Teil strukturelle Ursachen. Eine der Ursachen ist die Investitionsschwäche. Einer der Gründe, die Investitionen nachhaltig behindern oder sogar verhindern, ist das, was man mit dem Schlagwort „Überbürokratisierung" belegt hat. Der Kollege Wissmann und der Bundeswirtschaftsminister haben dazu heute morgen schon einige Anmerkungen gemacht.
    Niemand wird bestreiten, daß das Regelungsbedürfnis in Anbetracht insbesondere des technologischen Fortschritts zunehmend größer geworden ist. Es ist aber ebenfalls nicht zu bestreiten, daß die Staatstätigkeit in manchen Bereichen ein Ausmaß angenommen hat, in dem viele keinen vernünftigen Sinn und erst recht keinen Vorteil erkennen können.
    Ich will in der Kürze der Zeit nicht darauf eingehen, in welch erheblichem Umfang das immer umfassender werdende staatliche Regelungsbedürfnis zu einer Änderung der geistigen Grundhaltung bei den Leistungsträgern, zu einer Behinderung und Verhinderung von Kreativität, Eigeninitiative und letztlich auch zur Verdrossenheit gegenüber staatlichem Handeln geführt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich will vielmehr darauf hinweisen, daß die Belastung auch deutlich an den Kosten abzulesen ist. Ich habe dazu eben schon einige Ausführungen gemacht. Ich darf daran erinnern, daß nach der bekannten Untersuchung der IHK Koblenz vom November 1977 bereits damals der Anteil der öffentlich verursachten Bürokratisierungskosten am Umsatz bei den Unternehmen durchschnittlich bei 2 %, bei kleineren und mittleren Unternehmen sogar bei 3 % des Umsatzes oder mehr lag und damit die Gesamtrendite des Unternehmens nicht selten erreichte oder überschritt. Heute dürften die Zahlen eher noch ungünstiger sein.
    Besonders schlimm betroffen sind mittelständische Betriebe, Handwerksbetriebe, in denen ja nach wie vor die meisten Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden.

    (Wissmann [CDU/CSU]: So ist es!)

    Während die Industrie über juristisch und kaufmännisch geschultes Personal verfügt, müssen der Handwerksmeister und seine oft ohne Bezahlung mitarbeitende Ehefrau umfangreiche und immer kompliziertere Verwaltungsvorgänge bearbeiten. Ein Ansporn zu mehr Leistung ist dies sicher nicht.
    Als durchaus beispielhaft kann die Situation auf dem Bausektor angesehen werden. Die Bundesregierung hat versucht, diesem Bereich, dem im Hinblick auf den Konjunkturverlauf eine gewisse Pilotfunktion zukommt, durch ihr Sofortprogramm vom Herbst letzten Jahres Wachstumsimpulse zu geben — mit gutem Erfolg, wie wir wissen: Die Zahl der Bauanträge stieg sprunghaft an. Wenn dennoch die Bautätigkeit nur zögernd in Gang kam, ist dies ganz erheblich auf bürokratische Hemmnisse zurückzuführen. Nicht wenige bezeichnen die Baubürokratie mittlerweile als „Bauverhinderungsbürokratie".
    Aus der Vielzahl der Äußerungen darf ich eine besonders kompetente zitieren: „Irgendwann würde ich einmal ein ganz großes Geschrei erheben über das Ausmaß überflüssiger Behördengängelei gegenüber dem Baugeschehen in unserem Land." Soweit das Zitat. Das sagte Helmut Schmidt am 1. September 1976 auf dem Architektentag in Düsseldorf. Leider tat er dann anschließend nicht viel, um dem berechtigten Geschrei die Grundlage zu entziehen. Das ist aber dringend erforderlich; denn die langen und umständlichen Genehmigungsverfahren machen das Bauen teuer und damit für manchen unmöglich.
    Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang auch an das Verfahren beim Bau von technischen Großprojekten. Mit den vorgeschriebenen Dokumenten könnte man ganze Lkws füllen. Man fühlt sich da an jene Anekdote erinnert, die im „Blick durch die Wirtschaft" erschien. Da wetteten ein amerikanischer und ein deutscher Brückenbauer, wer schneller bauen könne. Nach einem Jahr telegrafierte der Amerikaner: Noch zehn Tage, und wir



    Lattmann
    sind fertig. Daraufhin telegrafierte der Deutsche zurück: Noch zehn Formulare, und wir fangen an.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Matthöfer [SPD]: Warum ist denn die Arbeitslosigkeit in den USA viel höher als bei uns?)

    — Herr Matthöfer, Sie üben sich schon den ganzen Tag in Zwischenrufen. Üben Sie noch ein bißchen weiter! Vielleicht kommt dann sogar noch ein guter zustande.

    (Matthöfer [SPD]: Beantworten Sie lieber meine Frage: Warum ist die Arbeitslosigkeit in den USA höher als bei uns?)

    Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang aber auch, daß die Investition bereitstehender Beträge in Milliardenhöhe und damit die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze u. a. dadurch beträchtlich behindert werden, daß nahezu jedes technische Großprojekt von einer jahrelangen juristischen Auseinandersetzung begleitet wird.

    (Roth [SPD]: Ist Ihnen entfallen, daß es bei uns ein Harrisburg nicht gab?)

    Natürlich müssen alle Bürger die Möglichkeit haben, ihre Belange vor Gericht einzuklagen. Dieses Grundrecht kehrt sich allerdings in sein Gegenteil, wenn das auf dem Rücken vieler anderer Mitbürger oder der Gesamtheit der Mitbürger ausgetragen wird, was dann der Fall ist, wenn Rechtsmittel nicht zur Rechtsfindung, sondern als Hebel gegen legal und demokratisch zustande gekommene Entscheidungen benutzt werden, weil sie dem einzelnen nicht behagen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

    Hier ist im Interesse der Gesamtheit ein Umdenken erforderlich.
    Das Problem, vor dem wir bei der Bekämpfung der Bürokratisierung stehen, liegt u. a. darin, daß es sich hier ja nicht um eine einzelne große Mauer, um eine Barrikade handelt, die wir nur einzureißen brauchen, um dann freie Fahrt für Investitionen zu haben. Vielmehr handelt es sich um ein fein gesponnenes Netz von vielen einzelnen Regelungen, von denen jede einzelne für sich durchaus vernünftig sein mag. Wir werden deshalb immer wieder vor der Situation und vor dem Zwang stehen, einige für sich möglicherweise gar nicht unsinnige Regelungen beseitigen zu müssen, um den Schaden für das Ganze zu verringern. Dazu brauchen wir Mut. Ich begrüße deshalb die Ankündigung der Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht, nach der Vorschriften und Verordnungen durchforstet werden sollen, nachdrücklich.
    Die CDU/CSU wird dieses Vorhaben unterstützen und dabei eigene Überlegungen beisteuern. Ich komme in der Kürze der Zeit leider nicht mehr dazu, darauf umfassend einzugehen. Wir werden allerdings geltende Gesetze hirnsichtlich ihrer Notwendigkeit und Belastung für Dritte prüfen. Wir werden außerdem neue Regelungen verstärkt unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten prüfen müssen. 50% jeder verdienten Mark in die Staatskasse bedeutet eben nicht nur öffentliche Wohltaten, sondern das bedeutet auch mehr Bürokratie. Es bedeutet aber auch, daß eben 50 % dieser Mark für Investitionen in der Wirtschaft nicht mehr zur Verfügung stehen.
    Wir teilen nicht die Auffassung der Sozialdemokraten, nach der ein Mehr an öffentlichem Einfluß zu einem Mehr an Gerechtigkeit führt. Wir sind vielmehr der Meinung, daß ein immer dichteres Netz von Ordnungsregeln in vielen Bereichen nicht nur absichert, sondern auch verunsichert, daß es keineswegs zu maximaler Gerechtigkeit, sondern zu einer maximalen Belastung für viele, zur Hilflosigkeit bei unkundigen Begünstigten und damit letztlich zum Unrecht mit Blick auf die Betroffenen führt.

    (Matthöfer [SPD]: Sie sind doch nicht in der Opposition, sondern in der Regierung! — Roth [SPD]: Jetzt hält er eine Oppositionsrede!)

    Wir werden deshalb den staatlichen Einfluß auf das notwendige Maß zurückschrauben. Wir werden die Überbürokratisierung abbauen. Wir können auf die Dauer nicht Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen, solange diese Investitionsbremse fest angezogen bleibt. Lassen Sie uns deshalb damit beginnen, sie zu lockern.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Schwenninger.

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    Rede von Walter Schwenninger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Mitglied des Tübinger Dritte-Welt-Ladens möchte ich in dieser Debatte zum Thema Dritte Welt etwas sagen. Denn immerhin drehen sich vier der zehn Punkte der Erklärung von Williamsburg um die sogenannten Entwicklungsländer. Da die armen, ausgebeuteten Menschen vor allem in der Dritten Welt beim Konzert der sieben Mächtigen der westlichen Welt keine Stimme haben, meinen wir als GRÜNE, ihnen unsere Stimme leihen zu müssen.
    In Williamsburg wurde über Millionen von Schicksalen in den Ländern der Dritten Welt mitentschieden, ohne daß auch nur einer hätte mitreden dürfen. Die Teepflückerin aus Sri Lanka z. B. hätte der Dame und den Herren im Kolonialstädtchen Williamsburg berichten können, daß der Tageslohn für die mühselige Pflückarbeit seit Jahren nicht einmal 2 DM beträgt. Dazu kommen die erbärmlichen Wohnverhältnisse in den Coolilines, den Wohnbaracken der diskriminierten Fremdarbeiter, den Tamilen, im Hochland von Sri Lanka. Heute morgen haben wir gelesen, daß Tamilen nicht einmal mehr zum Kirchentag haben fahren dürfen.
    Der Bauer aus Tansania hätte berichten können, daß er für die Baumwolle seines Hemdes — etwa so eines, wie ich es trage — vielleicht 30 Pfennig bekommt, wenn es hoch kommt und der Baumwollpreis auf dem Weltmarkt wieder einmal günstig steht. Und wieviel hat er dafür schuften müssen?



    Schwenninger
    Der Campesino in San Augustino in Lima hätte erzählen können, warum er sein Dorf auf dem Altiplano verlassen hat und in die Hauptstadt gezogen ist, warum er dort keine Arbeit findet, mit drei Millionen anderen in Elendsvierteln lebt und bei einer Demonstration Radpanzern und Wasserwerfern deutscher Herkunft, mit dem „guten Stern auf allen Straßen", gegenübersteht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: War es nicht vielleicht ein roter Stern?)

    Sie alle sind Opfer der ungerechten Weltwirtschaftsordnung, die in der Erklärung von Williamsburg erneut zementiert worden ist. Sie, Herr Bundeskanzler — Sie sind leider nicht da —, haben sie mit verabschiedet. In dieser Erklärung wird festgeschrieben, daß die Wirtschaftspolitik der USA und ihrer Freunde weiterhin ungebrochen fortgeführt wird. Dies bedeutet Verschärfung des Nord-Süd-Gefälles und verstärkte Kapitalkonzentration vor allem in den USA. Für Lateinamerika heißt das, daß aus den „offenen Adern" — wie Galeano es beschrieben hat — weiterhin das Blut fließt und in den weltbeherrschenden Banken zu Kapital wird.
    Die Verschuldung folgender Länder ist verheerend. Laut „epd" und „Wirtschaftsdienst" haben Brasilien 90 Milliarden Dollar Schulden, Mexiko 80 Milliarden Dollar Schulden, Argentinien 45 Milliarden Dollar Schulden — und wir liefern wieder Fregatten usw. — und Südkorea 35 Milliarden Dollar Schulden. Zitat:
    Die Länder Argentinien, Brasilien, Südkorea und Mexiko weisen die höchste Gesamtverschuldung unter den Entwicklungsländern auf. Gleichzeitig konzentriert sich auf diese Länder die Verschuldung bei privaten Banken. Sie ist von 1978 bis 1982 um 100 Milliarden Dollar auf 140 Milliarden Dollar angewachsen.
    Demzufolge trugen diese vier Länder 1982 auch 84 % der gesamten Nettoverschuldung zu variablen Zinssätzen und wurden durch die Anhebung der Zinssätze am stärksten in Bedrängnis gebracht.
    Diese Verschuldung zwingt diese Länder dazu, Exportleistungen zu erbringen, um die Schulden zu tilgen. Dafür brauchen sie die internationalen Konzerne, die die Rohstoffe dann zu Billigpreisen exportieren. Praktisch sieht das so aus: Auf besten Böden wird, z. B. in Brasilien, Soja für europäische Mastschweine produziert. Der Campesino geht leer aus. Aus Zuckerrohr wird nicht Rohrzucker für den täglichen Bedarf hergestellt, sondern Kraftstoff für das Auto; denn auch Brasilien hat auf das Auto gesetzt. Brasilien hat sich zudem den traurigen Ruhm erworben, der größte Waffenproduzent der Dritten Welt zu sein. Außerdem hat Brasilien in der Vergangenheit Großprojekte wie den Sobradinho Staudamm angegangen, was soziale Ungerechtigkeit zur Folge gehabt hat und dazu führt, daß Melonen, Zitrusfrüchte mit Jumbo-Jets zu uns geflogen werden können, weil wir ja Melonen so „dringend" brauchen. Ich erwähne sodann die Rinderfarmen am Amazonas. VW kauft dort riesige Flächen auf, holzt den Wald ab, man produziert dann eben Fleisch, das auch exportiert wird —, ein Eingriff in die Natur. Welch ein Hohn auf die elementarsten Lebensbedürfnisse des brasilianischen Volkes!
    Überall in den Ländern Lateinamerikas verlassen jährlich Millionen von Menschen das Land, um in den „pueblos jovenes", den jungen Städten, dahinzuvegetieren. Welche zynische Verwaltungssprache hat dieses Wort geschaffen? Die Wirklichkeit sieht so aus: hohe Kindersterblichkeit, Wassermangel, mangelnde Hygiene, medizinische Versorgung fehlt, keine Müllabfuhr, 80 %ige Arbeitslosigkeit, tagtägliche Rechtlosigkeit — um nur ein paar Daten anzugeben; es gäbe noch mehr. Wie zynisch und „tröstlich" klingt in diesem Zusammenhang die Erklärung von Williamsburg: „Die Last der weltweiten Rezession hat die Entwicklungsländer sehr hart getroffen, und wir sind tief um ihre Gesundung besorgt."
    Hier stellt sich die Frage, ob sich Medizinmänner zu Gesundbeterei oder aber Regierungschefs getroffen haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Im Hinblick auf die Erklärung der blockfreien Staaten von Neu Dehli versichern die sieben Mächtigen, daß sie dialogbereit seien und bei der UNCTAD-Konferenz in Belgrad verständigungsbereit und kooperativ mitwirken wollen. Aber schon vor Beginn dieser Konferenz weigerten sich die USA, auf die Forderung der Entwicklungsländer einzugehen. Unser Bundeswirtschaftsminister erläuterte den Standpunkt der EG und lehnt den Vorschlag für ein Dreijahresprogramm zur Stützung der Rohstoffpreise ab. Aus dem nicht gerade linksverdächtigen Blatt „FAZ" entnehmen wir am 8. Juni außerdem, daß die EG nicht darauf eingehen wolle, den Entwicklungsländern einen festgelegten Anteil von Erzeugnissen abzunehmen; dies sei — so das Zitat — mit den marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht vereinbar.
    Hier wurde auch schon auf die Erklärung von Williamsburg zur fragwürdigen Wiederbelebung der Weltwirtschaft verwiesen. Wenn die Teepflückerin aus Sri Lanka, der Bauer aus Tansania und der Slumbewohner aus Lima in Williamsburg eine Stimme gehabt hätten, hätten sie in einfachen Worten sagen können: Wir wollen ein Land, auf dem wir das anbauen können, was unsere Familien zum Essen brauchen — Sie haben ja immer so viel für Familien übrig —; wenn wir schon Tee und Baumwolle anbauen, so wollen wir wenigstens einen gerechten Lohn; über unsere Rohstoffe wollen wir in Zukunft selber verfügen; wir wollen Dinge herstellen, die wir für unser tägliches Leben brauchen.
    Keine dieser Forderungen hat der Weltwirtschaftsgipfel berücksichtigt. Wieder einmal hat sich das Wort von Martin Luther King aus dem Jahre 1967 im Lutherjahr 1983 bestätigt: „Allein durch das Frühstück, bevor wir zur Arbeit gehen, sind wir schon Schuldner der Dritten Welt geworden", wir alle hier.
    Herr Präsident,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Frau Präsident!)




    Schwenninger
    meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, zu einer aktuellen Sache Stellung zu nehmen, die sich gerade heute morgen zur Frühstückszeit ereignet hat. In Südafrika wurden heute morgen die drei ANC-Mitglieder Simon Mogoerane, Jerry Mosololi und Marcus Motaung — also alle drei hatten 20 bis 25 Jahre — hingerichtet. Egal, welcher Verbrechen sie sich schuldig gemacht haben sollen, für uns ist die Todesstrafe immer ein menschenunwürdiger Vorgang und spricht gegen die Menschenrechte.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der anderen Fraktionen)

    Aus Achtung vor den Toten bitte ich Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sich — falls der Präsident es genehmigt — für eine kurze Schweigeminute zu erheben.

    (Die Abgeordneten der GRÜNEN sowie Abgeordnete der SPD-Fraktion erheben sich — Dr. Althammer [CDU/CSU]: Den Unfug muß man abschaffen, finde ich! Das geht doch nicht!)

    — Vielen Dank.
    Ich möchte nun kurz die Forderungen, die wir GRÜNEN im Hinblick auf die Republik Südafrika erheben, verlesen.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Am 17. Juni durch Abwesenheit glänzen!)

    Wir fordern die Bundesregierung auf, folgende Schritte gegen die südafrikanische Regierung einzuleiten: erstens die strikte Einhaltung des UN-Waffenembargos vom November 1967, zweitens das Verbot der Rüstungsproduktion von BRD-Firmen in Südafrika, drittens den sofortigen Stopp — —