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ID1001124400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/11 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 11. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Inhalt: Nachruf auf Frau Bundesminister a. D. Marie Schlei 525A Erweiterung der Tagesordnung 603 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Wirtschaftsgipfel in Williamsburg in Verbindung mit Beratung des Jahresgutachtens 1982/83 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 9/2118 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1983 der Bundesregierung — Drucksache 9/2400 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Weltwirtschaftsgipfel in Williamsburg und Europäischer Rat in Stuttgart — Drucksache 10/79 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 525 D Dr. Vogel SPD 533A Wissmann CDU/CSU 541 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 547D, 615D Stratmann GRÜNE 558 D Lahnstein SPD 563 A Dr. Haussmann FDP 587 A Kittelmann CDU/CSU 590 A Dr. Jens SPD 593 C Gerstein CDU/CSU 596 D Krizsan GRÜNE 599 B Dr. Solms FDP 600 D Dr. Ehrenberg SPD 603 C Lattmann CDU/CSU 607 A Schwenninger GRÜNE 609 D Beckmann FDP 611 B Wolfram (Recklinghausen) SPD 612 C Hinsken CDU/CSU 619C Rapp (Göppingen) SPD 621 D Vizepräsident Westphal 558 D Fragestunde — Drucksache 10/106 vom 3. Juni 1983 — Ergebnisse einer Studie zur Nachrüstung, u. a. über die Einstellung der Bevölkerung zur Stationierung der Pershing II und der Cruise Missiles MdlAnfr 1 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Dr. Jenninger BK . 568 D, 569A, B ZusFr Reents GRÜNE 568 D, 569 A ZusFr Dr. Hirsch FDP 569 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 569 B ZusFr Krizsan GRÜNE 569 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Verpflichtung der Bundesregierung zur Geheimhaltung der Standorte nuklearer Gefechtsköpfe sowie chemischer und bakteriologischer Kampfstoffe; Wortlaut der „Geheimhaltungsbestimmungen der NATO" MdlAnfr 27, 28 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hirsch FDP Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 569C, D, 570A, B, C, D, 571A, B, C, D, 572A, B ZusFr Dr. Hirsch FDP . . . . 569D, 570A, 571B ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD . . . 570B, 571C ZusFr Reuter SPD 570C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 570C, 571 D ZusFr Krizsan GRÜNE 570 D ZusFr Berger CDU/CSU 570 D ZusFr Dr. Sperling SPD 570 D, 571 D ZusFr Peter (Kassel) SPD 572 A ZusFr Reents GRÜNE 572 A ZusFr Frau Simonis SPD 572 B ZusFr Bindig SPD 572 B Errichtung von Bundeswehrdepots im Landkreis Harburg, insbesondere zur Lagerung von ABC-Waffen MdlAnfr 29, 30 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hauchler SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg 572C, D, 573A, B ZusFr Dr. Hauchler SPD 572 D, 573A ZusFr Dr. Sperling SPD 573 B Entwicklung der Verhandlungen über den amerikanischen Truppenübungsplatz bei Schlitz MdlAnfr 31 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Czempiel SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . 573 B, C, D, 574A, B, C, D, 575A ZusFr Frau Dr. Czempiel SPD 573C, D ZusFr Dr. Sperling SPD 573 D ZusFr Reuter SPD 574 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 574 B ZusFr Krizsan GRÜNE 574 C ZusFr Peter (Kassel) SPD 574 D ZusFr Dr. Hirsch FDP 575A Kenntnis der NATO von der Erprobung der sowjetischen SS 20 MdlAnfr 35 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg 575B, C, D, 576A, B ZusFr Reents GRÜNE 575C, D ZusFr Schily GRÜNE 575 D ZusFr Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE . . 576A ZusFr Berger CDU/CSU 576 B Kontrolle importierter ausländischer Weine sowie Prozentsatz der Beanstandungen MdlAnfr 38, 39 03.06.83 Drs 10/106 Schartz (Trier) CDU/CSU Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 576C, 577 A ZusFr Schartz (Trier) CDU/CSU 577 A Einführung einer Pflegefall-Versicherung MdlAnfr 42 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Weng FDP Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577B, C ZusFr Dr. Weng FDP 577 C Beurteilung des Einsatzes von Paraquat aus humantoxikologischer Sicht MdlAnfr 48 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Vollmer GRÜNE Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577D, 578A, B, C ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE 578 A ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 B ZusFr Frau Dr. Bard GRÜNE 578 B Existenzgefährdung des Naturschutzgebiets Riddagshausen durch den Bau der A 39 Salzgitter—Wolfsburg MdlAnfr 54 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Hickel GRÜNE Antw StSekr Bayer BMV 578C, D ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 D Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts für Lastkraftwagen MdlAnfr 61 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw StSekr Bayer BMV 579A, B, C ZusFr Frau Steinhauer SPD 579 B Verbot der Vorführung des Films „Die weiße Rose" in den Goethe-Instituten in den USA MdlAnfr 80 03.06.83 Drs 10/106 Frau Simonis SPD Antw StMin Möllemann AA 580A, C, D, 581A, B ZusFr Frau Simonis SPD 580 B, C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 III ZusFr Schily GRÜNE 580 D ZusFr Dr. Sperling SPD 580 D ZusFr Broll CDU/CSU 581 B ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 581 B Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze im Bereich des Bundes MdlAnfr 73 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 581 C, 582A, B, C, D, 583A ZusFr Frau Steinhauer SPD 582 A, B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 582 B ZusFr Frau Weyel SPD 582 C ZusFr Dr. Sperling SPD 582 D ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU 583A Fehlende Bundesmittel für AB-Maßnahmen zur Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher MdlAnfr 74, 75 03.06.83 Drs 10/106 Schemken CDU/CSU Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . 583 B, D, 584 B ZusFr Schemken CDU/CSU 583 C, D ZusFr Toetemeyer SPD 584A ZusFr Heyenn SPD 584 B Scheitern der Neuregelung der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Weigerung der Länder zur Mitfinanzierung MdlAnfr 77 03.06.83 Drs 10/106 Kuhlwein SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 584C, 585A, B, C, D ZusFr Kuhlwein SPD 584 D, 585A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . . 585 B ZusFr Frau Weyel SPD 585 C ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 585 C Erhöhung der Bundesmittel für das Benachteiligtenprogramm MdlAnfr 78, 79 03.06.83 Drs 10/106 Heyenn SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 585D, 586A ZusFr Heyenn SPD 586A Bemühungen um das Schicksal der in Argentinien verschwundenen Deutschen nach Vorliegen des „Abschlußberichts" der Militärregierung MdlAnfr 84, 85 03.06.83 Drs 10/106 Bindig SPD Antw StMin Möllemann AA 586 B, C ZusFr Bindig SPD 586 C Nächste Sitzung 625 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 627* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 525 11. Sitzung Bonn, den 9. Juni 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 8. Sitzung, Seite 389 D, 12. Zeile von unten: Statt „Cronenberg" ist „Dr. Kronenberg" zu lesen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein *** 10. 6. Dr. Ahrens ** 10. 6. Antretter ** 9. 6. Bahr *** 10. 6. Biehle *** 10. 6. Böhm (Melsungen) ** 10. 6. Büchner (Speyer) ** 10. 6. Dr. Dregger 10. 6. Dr. Ehmke (Ettlingen) 10. 6. Dr. Enders ** 9. 6. Engelsberger 10. 6. Francke (Hamburg) *** 10. 6. Gansel *** 10. 6. Gerstl (Passau) ** 9. 6. Glombig 10. 6. Grüner 9. 6. Dr. Haack 10. 6. Haase (Fürth) ** 9. 6. Dr. Hackel ** 9. 6. Frau Dr. Hamm-Brücher 10. 6. Handlos ** 9. 6. Hartmann ** 9. 6. Hauck 10. 6. Hauser (Krefeld) 10. 6. Dr. Holtz ** 9. 6. Horn *** 10. 6. Dr. Hupka *** 10. 6. Ibrügger *** 10. 6. Jäger (Wangen) ** 9. 6. Jansen 10. 6. Jungmann *** 10. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kittelmann ** 9. 6. Kolbow *** 10. 6. Kroll-Schlüter 10. 6. Frau Krone-Appuhn *** 10. 6. Dr. Lenz (Bergstraße) *** 10. 6. Lenzer ** 9. 6. Dr. Linde ** 9. 6. Lowack 10. 6. Lutz 10. 6. Dr. Marx *** 10. 6. Dr. Müller ** 10. 6. Petersen *** 10. 6. Reddemann ** 9. 6. Frau Reetz 10. 6. Rühe *** 10. 6. Sauer (Salzgitter) *** 10. 6. Saurin 10. 6. Schäfer (Mainz) *** 10. 6. Dr. Scheer ** 9. 6. Schmidt (Hamburg) 10. 6. Schmidt (München) ** 9. 6. Schmidt (Wattenscheid) 10. 6. Schmitz (Baesweiler) ** 9. 6. Schulte (Unna) ** 9. 6. Schwarz ** 9. 6. Dr. Schwenk (Stade) 10. 6. Sielaff 10. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 6. Dr. Stavenhagen ** 9. 6. Dr. Unland * 10. 6. Vogt (Kaiserslautern) ** 9. 6. Voigt (Frankfurt) *** 10. 6. Voigt (Sonthofen) 10. 6. Vosen 9. 6. Dr. von Wartenberg *** 10. 6. Weiß *** 10. 6. Wilz 9. 6. Wimmer (Neuss) 10. 6. Würtz *** 10. 6. Wurbs 10. 6.
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    Rede von Peter Kittelmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich nehme an, Herr Kollege Ehrenberg, daß Sie das Protokoll von Williamsburg nicht gelesen haben und deshalb zu dieser seltsamen Frage kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich finde hier ein Zitat. Der Redner sagt dort, er finde es ein bißchen schade, daß es uns in einer so schwierigen, j a ernsten internationalen Lage nicht in höherem Maße gelungen sei, Gesichtspunkte innenpolitischer Taktik einer Partei von außenpolitischen Interessen zu trennen und die Ergebnisse positiv zu würdigen. Der Redner sagt weiter:
    Die Opposition würde sich wirklich nichts vergeben, wenn sie hier unbeschadet aller sonstigen Kritik würdigte, daß die Bundesregierung bei den Konferenzen in Versailles ... die Interessen dieses Staates wirksam und erfolgreich vertreten hat. ... man sollte das anerkennen und daran nicht herumnörgeln.
    Dies war Brandt vor einem Jahr.
    Wenn er das schon nach dem Gipfeltreffen von Versailles gesagt hat, dann müßten Sie sich doch einmal ein bißchen selbst überwinden und zu den Verhandlungen, die wir in Williamsburg erlebt haben, etwas Positiveres sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Herr Lahnstein, ganz wenige Bemerkungen zu dem, was Sie sagten. Ich hoffe, wenn Sie an der Börse spekulieren — warum nicht? —, daß Sie die Chance genutzt haben, noch schnell Aktien zu kaufen, als es immer deutlicher wurde, daß die CDU/ CSU an die Regierung kommt. Zu dem, was Sie über das Heruntergehen der Aktienkurse spekuliert haben, möcht ich sagen: Ich wünsche keinem Aktieninhaber, daß die Börsenkurse auf den Stand zurücksinken, den sie vor einem Jahr hatten. Ich finde, es gehört schon ein Stück Frechheit dazu, sich nach einer vorübergehenden leichten Unsicherheit an der Börse — wie ich zugebe — und der inzwischen wieder erfolgten Stabilisierung derartige Äußerungen über die Börsenkurse vor dem Plenum des Deutschen Bundestages zu machen, wie Sie es hier versucht haben. Ich bin auch der Meinung, daß die Frage der internationalen Verschuldung in der Form, wie Sie sie hier angesprochen haben, eine viel zu heikle Frage ist, als daß sie auf dem offenen Markt ausgetragen werden kann. Sie mußten doch, als Sie es hier kritisierten, davon ausgehen, daß diese Probleme nicht auf dem offenen Markt diskutiert wurden, sondern in der Verhandlung.
    Sie sagten auch, man solle internationale Fragen mit internationalen Antworten versehen. Was heißt denn das eigentlich? Sie haben es sich da einfach



    Kittelmann
    gemacht. Ich gebe zu, Sie waren unter Zeitdruck. Sie haben diese Forderung hier aufgestellt und haben die internationale Frage mit Überlegungen beantwortet, wer auf wen welchen Druck ausüben kann.
    Auf dem Bonner Gipfel — ich glaube, es war 1976
    — hatte Schmidt eine Lokomotivfunktion übernommen. Das hat uns Milliarden Mark gekostet. Diese Milliarden sind verpufft. Dort haben wir einen Fehler gemacht, den wir diesmal, in Williamsburg, Gott sei Dank unterlassen haben.
    Und nun zur Frage des amerikanischen Haushaltsdefizits.

    (Zurufe von der SPD)

    — Ich gebe zu, Herr Apel, da Sie damals mitverantwortlich waren, kann ich die Unruhe nachvollziehen. Ich würde bei dieser Frage einen ähnlich roten Kopf wie Sie bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Frage des amerikanischen Haushaltsdefizits ist hier mehrfach angesprochen worden. Ich brauche darauf nicht weiter einzugehen. Ich möchte nur eines sagen: Wenn man aus Ihrem kurzen Beitrag, Herr Lahnstein, entnehmen soll, daß inzwischen auch Sie für restriktive Finanzpolitik und expansive Haushaltspolitik sind, ist das eher Klartext Roth und nicht Ihre Sprache, Herr Lahnstein. Ich hoffe, daß Sie sich nicht weiter vergewaltigen lassen, in dieser Frage diesen Weg zu gehen. Wir wollen noch einen vernünftigen Gesprächspartner haben.

    (Zuruf von der SPD)

    — Erhard zu seiner Zeit, aber nicht jetzt.

    (Weitere Zurufe von der SPD)

    Schließlich zu der Kritik von Mitterrand. Zu Mitterrand darf ich Ihnen folgendes sagen. Als Parlamentarier kann man da ein bißchen offener sein. Wer so wie zur Zeit Mitterrand mit dem Rücken zur Wand steht, daß er jeden Tag neu überlegt, ob er die Kammer auflöst oder nicht, dem kann man es vielleicht verzeihen, daß er in Williamsburg das sagt und, kaum zu Hause angekommen, genau das Gegenteil. Daß das nicht loyal, nicht fair ist, darin werden Sie mit mir übereinstimmen. Ansonsten hoffe ich, daß sich keiner von uns wünscht, in der Lage dieses Mannes zu sein mit einer sozialistisch-kommunistischen Regierung und einer völlig fehlgeleiteten Wirtschaftspolitik.
    Wir kommen nun zu der Frage, was Williamsburg war. Williamsburg war ein Gipfeltreffen. Das war ein Konsultations- und kein Entscheidungstreffen. Sie haben zum Teil so getan — und die Zwischenfrage von Herrn Ehrenberg zeigt, daß er auf dem gleichen Zug ist —, als wenn es in Williamsburg möglich gewesen wäre, Entscheidungen zu treffen. Man hat dort die erfreuliche Situation gehabt, in allen wesentlichen Fragen eine Einigung zu erzielen, und hat jetzt die Aufgabe, dies zu Hause umzusetzen. Da haben, wie ich zugebe, die Amerikaner den allergrößten Beitrag zu leisten.

    (Zurufe von der SPD)

    — Ich bin doch noch dabei.
    Das wertvollste Ergebnis in dieser Frage ist die Übereinstimmung darin, eine solide Finanz-, Währungs- und Wirtschaftspolitik in konsequenter Umsetzung einer liberalen Welthandelspolitik fortzusetzen. Ich hoffe, daß uns dieses Vorhaben in diesem Hause auch in Zukunft eint, daß es also unsere gemeinsame Politik ist.
    Dem Bundeskanzler ist zuzustimmen, wenn er von einem wertvollen Beitrag zur Orientierung und Abstimmung spricht. Von keinem der Teilnehmer ist die Interdependenz der drängenden Probleme der Weltwirtschaft bezweifelt worden, sondern von jedem einzelnen ist sie expressis verbis bejaht worden. Dies ist nicht immer der Fall gewesen, sondern es gab da früher recht differenzierte Ansichten. Keiner hat sich der Verpflichtung entzogen, die Lösung in enger Kooperation zu erreichen. Dies ist nicht von vornherein selbstverständlich gewesen.
    Meine Damen und Herren, wenn die sieben westlichen Gipfelmächte in dieser Frage so viel Einigung erzielen, ist das nach meiner Meinung ein positives Ergebnis. Man kann versuchen — und das ist Ihre Pflicht als Opposition —, hinterher dieses positive Ergebnis zu zerreden und daran herumzunörgeln; aber im Prinzip und im Unterschied zu Versailles ist das ein großer Erfolg gewesen, für den man dieser Regierung auch danken kann.

    (Zuruf des Abg. Löffler [SPD])

    — Herr Löffler, Ihre Zwischenbemerkungen sind auch nicht neu.
    Wir hoffen und gehen davon aus, daß die Opposition — mindestens Teile der Opposition — bei der Erfüllung der Hausaufgaben, die hier mehrfach angesprochen worden sind, ihre Unterstützung gewährt. Jedenfalls darf ich für die CDU/CSU sagen, daß die Bundesregierung unsere volle Unterstützung finden wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Herr Lahnstein hatte die Hoffnung ausgesprochen, daß der Begriff der Erblast jetzt nicht mehr verwendet wird. Wir sind der Auffassung, es stünde der SPD sehr gut an, sich bei der Frage der Überschuldung zurückzuhalten und bei ihrer Kritik an den Amerikanern mal ein bißchen in sich zu gehen. Wenn das positiv ist, warum soll es nicht geschehen? Unsere immense Staatsverschuldung mit den laufend gestiegenen Staatsquoten ist j a wohl im wesentlichen, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, eine Misere, die Sie zu verantworten haben. Diese Politik haben Sie ja leider auch noch fortgesetzt, als die ersten Warnlampen aufleuchteten: Rücktritt Möller und Schiller. Diese „Erblast" werden wir Ihnen so lange vorhalten, solange wir versuchen müssen, wegen dieser Erblast mit harten, harten Einschränkungen Politik zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)




    Kittelmann
    Sie können tätige Reue üben und uns in dieser Frage helfen, das Haus wieder in Ordnung zu bringen.
    Meine Damen und Herren, ich darf zu einem anderen Thema überleiten, was im Hinblick auf Williamsburg für uns von außerordentlicher Wichtigkeit ist. Das Thema der Europapolitik wird mein Kollege Schwörer ausführlich behandeln, so daß ich darauf hier nicht einzugehen brauche. Die CDU/ CSU begrüßt, daß es möglich war, im Hinblick auf UNCTAD — in Belgrad hat jetzt gerade eine großartige Versammlung mit rund 2 000 bis 3 000 Delegierten begonnen — Zeichen der Hoffnung zu setzen. Die CDU/CSU begrüßt es, daß dieses Zeichen nach Belgrad heißt: Offenhalten der Märkte und Liberalisierung des Handels. Die CDU/CSU begrüßt es, daß die Zeichen nach Belgrad heißen: Stärkung der Investitionstätigkeit, Strukturanpassung, Stärkung der Funktionsfähigkeit des internationalen Währungs- und Finanzsystems.
    Meine Damen und Herren, nichts kann uns daran hindern, diesen Weg innerhalb der Koalition weiterhin zu beschreiten. Wir warten mit Ruhe auf Ihre Alternative, denn weder Herr Dr. Vogel noch Herr Lahnstein haben außer geballter Kritik bisher in irgendeiner Form eine solche vorgelegt oder erkennen lassen, wie sie sich Lösungen, die wir gemeinsam suchen, vorstellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist zu hoffen, daß die Sozialdemokratische Partei auch über neue Methoden der Gesundung unserer Wirtschaft nachdenkt. Es reicht nicht aus, immer wieder nur Traumtänzereien in bezug auf neue Wachstumsmodelle zu vollführen und, daran anknüpfend, über Beschäftigungsprogramme nachzudenken.

    (Zuruf von der SPD)

    — Ich verstehe Sie leider nicht.
    Gerade expansive Ausgabenpolitik hat in Williamsburg eine überzeugende Negierung gefunden. Herr Ehrenberg, ich finde, Sie sollten auch das einmal in Ruhe durchlesen, was in Williamsburg im Blick auf Beschäftigungsprogramme gesagt worden ist.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Nichts Positives!)

    Das Gipfeltreffen hat auch eine gemeinsame Grundauffassung der Sieben im Hinblick auf die überzogenen und unrealistischen Vorstellungen der Entwicklungsländer über die Fortentwicklung der Weltwirtschaftsordnung gebracht. Wir verfolgen seit langem mit Sorge, wie schwer westliche Industrieländer sich tun, gemeinsame Konzepte für den Nord-Süd-Dialog zu entwickeln. Es wird häufig nur zögernd reagiert, anstatt energisch entgegenzuhalten. Wenn die Entwicklungsländer die Erfüllung von Forderungen zu Bedingungen erheben, die im Sinne einer liberalen Weltwirtschaft für uns unakzeptabel sind, wird dieses Zögern häufig durch Illusionen genährt, die im Falle von Enttäuschungen bei den Entwicklungsländern dann zu bitteren Reaktionen führen. Die Länder der Dritten Welt haben Anspruch darauf, unsere Positionen eindeutig und unmißverständlich vermittelt zu bekommen.
    Deshalb begrüßt die CDU/CSU die klare und unzweideutige Stellungnahme und Haltung der Bundesregierung zu den Fragen der UNCTAD-Konferenz, wie sie in Buenos Aires und zum Teil auch in Neu Delhi formuliert worden sind. Wir begrüßen aber ausdrücklich, daß die Entwicklungsländer ihre Bereitschaft zum Dialog bei den vorbereitenden Konferenzen erklärt haben. Ebenso begrüßen wir, daß sie erklärt haben, sie wollten diesmal versuchen, nicht ultimative Forderungen zu stellen, sondern konsultative Gespräche zu führen. Ich freue mich, Graf Lambsdorff, daß Sie in Ihren Ausführungen über die ersten Tage der Konferenz von Belgrad bestätigen konnten, daß die Beratungen bisher in diesem Sinne geführt werden. Aus diesen Gründen finde ich es auch konsequent, daß der Gipfel in Williamsburg seinerzeit die Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit signalisiert hat.

    (Löffler [SPD]: Das Ganze in Versform bringen!)

    Die CDU/CSU hofft, daß die Chance in Belgrad genutzt wird, der Gruppe 77 verständlich zu machen, daß jedes Verlangen nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung im Sinne von mehr Dirigismus und Abbau eines fairen Wettbewerbs keine Chance der Verwirklichung haben wird.
    Wir haben leider genügend Sündenfälle erlebt, die solche Warnungen angebracht erscheinen lassen. Die Ergebnisse der Seerechtskonferenz auf dem Gebiet des Tiefseebergbaus sind in diesem Zusammenhang besonders erwähnenswert. Die dort getroffenen, ordnungspolitisch unvertretbaren Lösungen sind illusionär, schädlich und nur schwer wieder zu reparieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Koalitionsparteien haben deshalb einen gemeinsamen Entschließungsantrag im Deutschen Bundestag eingebracht, in dem sie ihre konkreten Vorstellungen zur 6. Konferenz der UNCTAD in Belgrad formulieren. Über diesen Antrag wird wahrscheinlich nächste Woche hier diskutiert werden. Ich bin sicher, daß es möglich sein wird, daß beinahe das ganze Haus diesem Antrag zustimmt.
    Es ist auch außerordentlich erfreulich, daß in Williamsburg festgestellt worden ist, daß Währungspolitik kein Ersatz für Entwicklungspolitik sein darf.

    (Dr. Scheer [SPD]: Wie wahr!)

    Ich sage dies vor allen Dingen deshalb, weil in diesem Haus in dieser Frage nicht immer Einheitlichkeit zu bestehen scheint. Es besteht weiterhin auch die Überzeugung der Industrieländer, die in Williamsburg formuliert worden ist, daß der IWF im Rahmen seines währungspolitischen Mandats den besonderen Bedürfnissen der Entwicklungsländer Rechnung trägt, wobei Verbesserungen dort — und darin bin ich mit dem, was Herr Lahnstein gesagt hat, einig —, wo verantwortbar, getragen werden müssen. Dies ist dann aber auch die beste Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit zwischen



    Kittelmann
    den Partnern: Industrieländer und Entwicklungsländer.
    Ein anderer Aspekt ist wichtig. Wohldurchdachte, an den Kapazitäten und Fähigkeiten der Entwicklungsländer orientierte Programm- und Projekthilfe ist mit Sicherheit wirkungsvoller und daher auch konsequent effektiver als der Versuch, durch allgemeine Geldspritzen Unruhe und Erwartungen zu erzeugen, die letztlich nicht erfüllt werden können. Deshalb sind die Ausführungen von Herrn Vogel heute morgen, die dahin verstanden werden können — ich hoffe, ich habe das fehlverstanden —, daß eine neue Art Marshallplan für Entwicklungsländer gebildet werden könnte, nicht gerade sehr erfreulich.
    Die CDU/CSU unterstützt die Bundesregierung in ihrer Grundauffassung, sich jeder grundsätzlichen Veränderung bestehender Organisationen auf internationaler Ebene zu widersetzen. Es ist den Entwicklungsländern zuzustimmen, wenn sie Forderungen nach Abbau von Protektionismus und nach Verbesserung des Marktzugangs in den Industrieländern artikulieren. Es liegt auch an uns Parlamentariern, daß hier mehr geschieht, als daß lediglich Lippenbekenntnisse abgegeben werden. Denn gerade in der Frage des Protektionismus haben auch wir noch einen gewissen Nachholbedarf, Hürden abzubauen.
    Entgegen allen negativen Prophezeihungen hat der Ost-West-Handel nur eine untergeordnete Rolle in Williamsburg gespielt. Auch von dieser Stelle aus ist dem Bundeskanzler dafür zu danken, daß er sich mit seiner Auffassung und seiner Bewertung durchgesetzt hat. Wir werden bestimmt bald Gelegenheit haben, uns grundsätzlich über die Probleme des Ost-West-Handels in diesem Hause zu unterhalten. Deshalb kann diese Frage, glaube ich, heute dahingestellt bleiben. Ich glaube, wir handeln alle klug, wenn wir ohne sterile Aufgeregtheit die Bundesregierung bitten, den eingeschlagenen Weg einer Verständigung zwischen den westlichen Industrieländern in dieser Frage weiterzugehen.
    Das Treffen von Williamsburg hat durch eine Vielzahl von vernünftigen und konstruktiven Anregungen der wirtschaftspolitischen Vertrauensbildung gedient. Dies wird auch durch das, was Herr Lahnstein vorhin dazu ausgeführt hat, nicht kaputtgemacht.
    Die erkannte enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftswachstum, freiem Welthandel und Finanzierung zwingt nicht nur zur Anpassung und zu enger Zusammenarbeit der führenden Industrieländer, sondern zwingt auch die internationalen Wirtschaftsorganisationen GATT, OECD und IWF zu einer gleichen Art von Kooperation. Und wenn dieses Signal von Williamsburg verstanden wird, wird es sehr erfreulich werden. Wir werden viel Geduld und Nerven haben müssen, bis das gemeinsame Ziel einer Stabilisierung der Weltwirtschaft zum Nutzen aller verwirklicht wird. Die am Gipfel Beteiligten werden jetzt zu Hause ihre Aufgaben erfüllen müssen.
    Die CDU/CSU hat keine Zweifel daran, daß die Bundesrepublik Deutschland mit Unterstützung der Koalitionsparteien und vielleicht auch ein bißchen mit Unterstützung der SPD — bei der anderen Fraktion wage ich es gar nicht anzudeuten — ihren Beitrag leisten wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Jens.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Jens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es war einheitliche Meinung aller Kommentatoren in unserer deutschen Presse: Der Gipfel von Williamsburg hat wirklich nicht zur Lösung unseres binnenpolitischen Problems Nummer eins, nämlich der Arbeitslosigkeit, beigetragen. Es ist wichtig, daß wir hierüber reden, Herr Kollege Kittelmann. Der Gipfel ist kaum zu Ende, und schon steigen wieder die Zinsen. Schon tragen steigende Zinsen wieder dazu bei, daß die Investitionstätigkeit nicht weiter steigt, sondern eher wieder in den Keller geht.
    Im Gegensatz zur Strategie der damaligen Opposition hoffen wir Sozialdemokraten, daß die Stagnationsphase endlich überwunden ist. Aber die Auftragsentwicklung im April muß uns alle wieder bedenklich stimmen. Gerade heute war zu lesen, daß das Baugewerbe erneut mit rückläufiger Auftragsentwicklung rechnet.
    Ich glaube, wir müssen mehr tun, um das innenpolitische Problem Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Selbst wenn die deutsche Wirtschaft in den nächsten vier Jahren ein reales Wachstum von 3 % erreicht — ein ehrgeiziges Ziel —,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie sagen ja nichts Neues!)

    wird die Arbeitslosenquote 1987 noch immer bei 9 % oder 2,3 Millionen Arbeitslosen liegen.
    Ein Wachstum des Bruttosozialprodukts löst das Problem der Arbeitslosigkeit also nicht, obgleich viele Wähler, die diesmal die CDU/CSU gewählt haben, dies offenbar geglaubt haben. Das entscheidende Kriterium für Erfolg oder Mißerfolg dieser neuen Regierung ist nicht etwa der Abbau der Verschuldung um 1 oder 2 Milliarden DM und ist nicht etwa die Frage, ob wir 1 oder 2 % mehr Wirtschaftswachstum haben. Das entscheidende Kriterium für Erfolg oder Mißerfolg dieser neuen Regierung ist vielmehr, ob es ihr gelingt, die Arbeitslosigkeit zu verringern.
    Im Mai 1982, also zur Zeit der sozialliberalen Koalition, hatten wir 1,6 Millionen Arbeitslose. Im Mai 1983 waren es bereits 2,2 Millionen.
    Die stellvertretende Vorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft, CDA, Frau Blättel, meint deshalb — ich zitiere, Herr Präsident —:
    In schönem Warten, im Stil einer heilen Welt können weder Arbeitslose noch solche Arbeitnehmer, die um ihren Arbeitsplatz bangen, eine neue Zuversicht erblicken. Die Ablehnung ei-



    Dr. Jens
    nes Beschäftigungsprogramms sei eine glatte Fehlentscheidung dieser Regierung.
    Meine Damen und Herren, zum Jahresbeginn gab es in der Europäischen Gemeinschaft rund 12 Millionen Arbeitslose. Das sind 11 % aller Erwerbspersonen. Besonders beunruhigend ist dabei, daß mittlerweile einer von fünf Jugendlichen ohne Arbeit ist und die jungen Menschen unter 25 Jahren mehr als 40 % der Arbeitslosen ausmachen. Ein solcher Zustand anhaltender Unterbeschäftigung kann weder aus wirtschafts- noch aus gesellschafts-, noch aus allgemeinpolitischen Gründen hingenommen werden.
    Die Selbststeuerungskräfte des Marktes — ich halte persönlich sehr viel davon — sind aber nach den Erfahrungen der letzten Jahre offenbar nicht in der Lage, eine weitere Zunahme der Arbeitslosenzahl zu verhindern. Bei weiterer beschäftigungs- und wachstumspolitischer Lethargie droht eine Verschärfung. Dabei müssen wir davon ausgehen, daß die schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt protektionistischen Tendenzen in der EG noch Vorschub leistet.
    Vor kurzem haben die wesentlichen Fachverbände aus der psychosozialen Versorgung eine Denkschrift vorgelegt, in der die Massenarbeitslosigkeit analysiert wird. Arbeitslosigkeit heißt danach immer noch wirtschaftliche Verarmung und sozialer Abstieg. Nur 60 % der arbeitslos Gemeldeten erhalten überhaupt Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Die Nöte der Arbeitslosen kann wohl nur der richtig verstehen, der es einmal selber gewesen ist.
    Bleiben wir deshalb bei den gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit! Diese heißen nach Aussagen der psychosozialen Verbände: Steigerung der Kriminalität, insbesondere bei Jugendlichen, Zunahme der Drogenabhängigkeit, Selbsttötung oder Selbsttötungsversuche, Verstärkung von Alkoholismus, Zunahme von Erkrankungen aller Art. Dabei ist der Krankenstand in der letzten Zeit zweifellos erheblich gesunken, aber deshalb, weil viele Arbeitnehmer Angst haben, selbst berechtigten Krankmeldungen zufolge etwa entlassen zu werden.
    Wenn ein Kanzler wie der jetzige ständig von geistiger Erneuerung spricht, muß man zumindest erwarten, daß er die geistigen Strömungen und vor allem die brennenden Probleme unserer Zeit erkennt und dementsprechend handelt. Um die Beschäftigungsperspektiven zu verbessern, ist für das Bundesministerium der Wirtschaft ein nachhaltiger Aufschwung der Investitionstätigkeit erforderlich. Für die Investitionstätigkeit ist angeblich entscheidend: Nachfrageentwicklung, Ertragslage, Ertragserwartung. Ich kann diese Argumente gut verstehen. Die Argumente sind jedoch einseitig und zu kurz gegriffen.
    Seit 1973 ist die Zahl der Erwerbstätigen im marktwirtschaftlich arbeitenden Bereich nicht mehr gestiegen. Nur in der Zeit von 1977 bis 1980 gab es eine Zunahme der Erwerbstätigen, und zwar im Zusammenhang mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm. 350 000 Arbeitsplätze sind nach wissenschaftlichen Berechnungen dadurch gesichert und geschaffen worden.
    Ich bin langsam davon überzeugt, diese Regierung will wirklich eine gewisse Arbeitslosigkeit erhalten.

    (Widerspruch von der CDU/CSU — Wissmann [CDU/CSU]: Das ist zynisch!)

    — Warum negieren Sie dann in der Öffentlichkeit, Herr Wissmann, beharrlich die Wirkungen dieses Zukunftsinvestitionsprogrammes, die auch vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung herausgestellt wurden?

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie sollten sich für den Satz lieber entschuldigen!)

    Um unternehmerische Investitionen anzuregen, geht es ja doch nicht nur um Ertragserwartungen, sondern es geht vor allem um die Frage, ob die Rendite aus den Sachinvestitionen höher ist als der Zins auf dem Kapitalmarkt. Ich stehe bestimmt nicht in dem Verdacht, dem Herrn Regan, dem Finanzminister in Amerika, etwa das Wort zu reden. Aber der Herr Regan hat natürlich recht, wenn er sagt: es gibt keinen zwingenden Kausalzusammenhang zwischen der Höhe der Zinsen und der Höhe des Haushaltsdefizites. Einen zwingenden Kausalzusammenhang gibt es in der Tat nicht. Aber es gibt einen zwingenden Kausalzusammenhang zwischen der Höhe der Zinsen und einer abnehmenden Investitionstätigkeit. Das hat die Regierung, die zur Zeit amtiert, offenbar noch nicht begriffen.
    Unsere Regierung erweckt in der Öffentlichkeit den Anschein, als ob sie sich um die weitere Entwicklung der Beschäftigung und um die Ausbildung junger Menschen sorgt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stört Sie?)

    Tatsächlich geschieht jedoch recht wenig, das diese Erwartungen etwa rechtfertigt. Mit ihrer Politik nimmt die Bundesregierung bewußt in Kauf, die Arbeitslosigkeit auch als Waffe der Disziplinierung der Arbeitnehmerschaft im Verteilungskampf einzusetzen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Zurufe: Das ist böswillig!)

    Sie nimmt bewußt Wachstumseinbußen und Einkommensverluste in Kauf. Sie nimmt in Kauf, daß ein großer Teil der verfügbaren Kapazitäten an Arbeitskräften ungenutzt brachliegt,

    (Wissmann [CDU/CSU]: Das war unter der Gürtellinie!)

    daß die Systeme der sozialen Sicherung aus dem finanziellen Gleichgewicht geraten und hier immer neue Kürzungen erzwungen werden, so daß sich schließlich eine industrielle Reservearmee von Arbeitslosen bildet und damit eine Spaltung der Arbeitsgesellschaft in Beschäftigte und Arbeitslose erfolgt.