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ID1001105600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/11 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 11. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Inhalt: Nachruf auf Frau Bundesminister a. D. Marie Schlei 525A Erweiterung der Tagesordnung 603 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Wirtschaftsgipfel in Williamsburg in Verbindung mit Beratung des Jahresgutachtens 1982/83 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 9/2118 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1983 der Bundesregierung — Drucksache 9/2400 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Weltwirtschaftsgipfel in Williamsburg und Europäischer Rat in Stuttgart — Drucksache 10/79 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 525 D Dr. Vogel SPD 533A Wissmann CDU/CSU 541 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 547D, 615D Stratmann GRÜNE 558 D Lahnstein SPD 563 A Dr. Haussmann FDP 587 A Kittelmann CDU/CSU 590 A Dr. Jens SPD 593 C Gerstein CDU/CSU 596 D Krizsan GRÜNE 599 B Dr. Solms FDP 600 D Dr. Ehrenberg SPD 603 C Lattmann CDU/CSU 607 A Schwenninger GRÜNE 609 D Beckmann FDP 611 B Wolfram (Recklinghausen) SPD 612 C Hinsken CDU/CSU 619C Rapp (Göppingen) SPD 621 D Vizepräsident Westphal 558 D Fragestunde — Drucksache 10/106 vom 3. Juni 1983 — Ergebnisse einer Studie zur Nachrüstung, u. a. über die Einstellung der Bevölkerung zur Stationierung der Pershing II und der Cruise Missiles MdlAnfr 1 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Dr. Jenninger BK . 568 D, 569A, B ZusFr Reents GRÜNE 568 D, 569 A ZusFr Dr. Hirsch FDP 569 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 569 B ZusFr Krizsan GRÜNE 569 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Verpflichtung der Bundesregierung zur Geheimhaltung der Standorte nuklearer Gefechtsköpfe sowie chemischer und bakteriologischer Kampfstoffe; Wortlaut der „Geheimhaltungsbestimmungen der NATO" MdlAnfr 27, 28 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hirsch FDP Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 569C, D, 570A, B, C, D, 571A, B, C, D, 572A, B ZusFr Dr. Hirsch FDP . . . . 569D, 570A, 571B ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD . . . 570B, 571C ZusFr Reuter SPD 570C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 570C, 571 D ZusFr Krizsan GRÜNE 570 D ZusFr Berger CDU/CSU 570 D ZusFr Dr. Sperling SPD 570 D, 571 D ZusFr Peter (Kassel) SPD 572 A ZusFr Reents GRÜNE 572 A ZusFr Frau Simonis SPD 572 B ZusFr Bindig SPD 572 B Errichtung von Bundeswehrdepots im Landkreis Harburg, insbesondere zur Lagerung von ABC-Waffen MdlAnfr 29, 30 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hauchler SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg 572C, D, 573A, B ZusFr Dr. Hauchler SPD 572 D, 573A ZusFr Dr. Sperling SPD 573 B Entwicklung der Verhandlungen über den amerikanischen Truppenübungsplatz bei Schlitz MdlAnfr 31 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Czempiel SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . 573 B, C, D, 574A, B, C, D, 575A ZusFr Frau Dr. Czempiel SPD 573C, D ZusFr Dr. Sperling SPD 573 D ZusFr Reuter SPD 574 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 574 B ZusFr Krizsan GRÜNE 574 C ZusFr Peter (Kassel) SPD 574 D ZusFr Dr. Hirsch FDP 575A Kenntnis der NATO von der Erprobung der sowjetischen SS 20 MdlAnfr 35 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg 575B, C, D, 576A, B ZusFr Reents GRÜNE 575C, D ZusFr Schily GRÜNE 575 D ZusFr Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE . . 576A ZusFr Berger CDU/CSU 576 B Kontrolle importierter ausländischer Weine sowie Prozentsatz der Beanstandungen MdlAnfr 38, 39 03.06.83 Drs 10/106 Schartz (Trier) CDU/CSU Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 576C, 577 A ZusFr Schartz (Trier) CDU/CSU 577 A Einführung einer Pflegefall-Versicherung MdlAnfr 42 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Weng FDP Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577B, C ZusFr Dr. Weng FDP 577 C Beurteilung des Einsatzes von Paraquat aus humantoxikologischer Sicht MdlAnfr 48 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Vollmer GRÜNE Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577D, 578A, B, C ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE 578 A ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 B ZusFr Frau Dr. Bard GRÜNE 578 B Existenzgefährdung des Naturschutzgebiets Riddagshausen durch den Bau der A 39 Salzgitter—Wolfsburg MdlAnfr 54 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Hickel GRÜNE Antw StSekr Bayer BMV 578C, D ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 D Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts für Lastkraftwagen MdlAnfr 61 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw StSekr Bayer BMV 579A, B, C ZusFr Frau Steinhauer SPD 579 B Verbot der Vorführung des Films „Die weiße Rose" in den Goethe-Instituten in den USA MdlAnfr 80 03.06.83 Drs 10/106 Frau Simonis SPD Antw StMin Möllemann AA 580A, C, D, 581A, B ZusFr Frau Simonis SPD 580 B, C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 III ZusFr Schily GRÜNE 580 D ZusFr Dr. Sperling SPD 580 D ZusFr Broll CDU/CSU 581 B ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 581 B Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze im Bereich des Bundes MdlAnfr 73 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 581 C, 582A, B, C, D, 583A ZusFr Frau Steinhauer SPD 582 A, B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 582 B ZusFr Frau Weyel SPD 582 C ZusFr Dr. Sperling SPD 582 D ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU 583A Fehlende Bundesmittel für AB-Maßnahmen zur Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher MdlAnfr 74, 75 03.06.83 Drs 10/106 Schemken CDU/CSU Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . 583 B, D, 584 B ZusFr Schemken CDU/CSU 583 C, D ZusFr Toetemeyer SPD 584A ZusFr Heyenn SPD 584 B Scheitern der Neuregelung der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Weigerung der Länder zur Mitfinanzierung MdlAnfr 77 03.06.83 Drs 10/106 Kuhlwein SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 584C, 585A, B, C, D ZusFr Kuhlwein SPD 584 D, 585A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . . 585 B ZusFr Frau Weyel SPD 585 C ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 585 C Erhöhung der Bundesmittel für das Benachteiligtenprogramm MdlAnfr 78, 79 03.06.83 Drs 10/106 Heyenn SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 585D, 586A ZusFr Heyenn SPD 586A Bemühungen um das Schicksal der in Argentinien verschwundenen Deutschen nach Vorliegen des „Abschlußberichts" der Militärregierung MdlAnfr 84, 85 03.06.83 Drs 10/106 Bindig SPD Antw StMin Möllemann AA 586 B, C ZusFr Bindig SPD 586 C Nächste Sitzung 625 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 627* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 525 11. Sitzung Bonn, den 9. Juni 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 8. Sitzung, Seite 389 D, 12. Zeile von unten: Statt „Cronenberg" ist „Dr. Kronenberg" zu lesen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein *** 10. 6. Dr. Ahrens ** 10. 6. Antretter ** 9. 6. Bahr *** 10. 6. Biehle *** 10. 6. Böhm (Melsungen) ** 10. 6. Büchner (Speyer) ** 10. 6. Dr. Dregger 10. 6. Dr. Ehmke (Ettlingen) 10. 6. Dr. Enders ** 9. 6. Engelsberger 10. 6. Francke (Hamburg) *** 10. 6. Gansel *** 10. 6. Gerstl (Passau) ** 9. 6. Glombig 10. 6. Grüner 9. 6. Dr. Haack 10. 6. Haase (Fürth) ** 9. 6. Dr. Hackel ** 9. 6. Frau Dr. Hamm-Brücher 10. 6. Handlos ** 9. 6. Hartmann ** 9. 6. Hauck 10. 6. Hauser (Krefeld) 10. 6. Dr. Holtz ** 9. 6. Horn *** 10. 6. Dr. Hupka *** 10. 6. Ibrügger *** 10. 6. Jäger (Wangen) ** 9. 6. Jansen 10. 6. Jungmann *** 10. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kittelmann ** 9. 6. Kolbow *** 10. 6. Kroll-Schlüter 10. 6. Frau Krone-Appuhn *** 10. 6. Dr. Lenz (Bergstraße) *** 10. 6. Lenzer ** 9. 6. Dr. Linde ** 9. 6. Lowack 10. 6. Lutz 10. 6. Dr. Marx *** 10. 6. Dr. Müller ** 10. 6. Petersen *** 10. 6. Reddemann ** 9. 6. Frau Reetz 10. 6. Rühe *** 10. 6. Sauer (Salzgitter) *** 10. 6. Saurin 10. 6. Schäfer (Mainz) *** 10. 6. Dr. Scheer ** 9. 6. Schmidt (Hamburg) 10. 6. Schmidt (München) ** 9. 6. Schmidt (Wattenscheid) 10. 6. Schmitz (Baesweiler) ** 9. 6. Schulte (Unna) ** 9. 6. Schwarz ** 9. 6. Dr. Schwenk (Stade) 10. 6. Sielaff 10. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 6. Dr. Stavenhagen ** 9. 6. Dr. Unland * 10. 6. Vogt (Kaiserslautern) ** 9. 6. Voigt (Frankfurt) *** 10. 6. Voigt (Sonthofen) 10. 6. Vosen 9. 6. Dr. von Wartenberg *** 10. 6. Weiß *** 10. 6. Wilz 9. 6. Wimmer (Neuss) 10. 6. Würtz *** 10. 6. Wurbs 10. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Eckhard Stratmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Darf ich einen letzten Satz sprechen? — Wir kritisieren, daß in Williamsburg zwar über Geldpolitik, Fiskalpolitik, Währungspolitik gesprochen worden ist, allerdings nicht über eine international koordinierte Arbeitszeitpolitik,



    Stratmann
    und fordern die Bundesregierung auf, dies im europäischen Rahmen nachzuholen, auf dem Treffen des Europäischen Rats in Stuttgart, und dort ein koordiniertes Vorgehen zur Verkürzung der Arbeitszeit, zur Verkürzung der Wochenarbeitszeit duchzusetzen. — Vielen Dank.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, es gibt eine Vereinbarung, erst nach Beendigung der nächsten Rede in die Mittagspause einzutreten.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Lahnstein.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Manfred Lahnstein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, daß wir hier über 13 Uhr hinausgehen müssen. Graf Lambsdorff, es wäre doch sicherlich auch ein klein wenig kürzer gegangen, zumal mich vieles von dem — Sie wissen, ich höre Ihnen mit Vergnügen zu — wirklich an das erinnert hat, was Herr Wissmann vorher sagte, nur mit anderen Worten.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das ist ja auch nur eine Koalition!)

    Bevor ich zu Herrn Wissmann komme: Herr Stratman, ich wünsche mir wirklich, daß die deutschen Gewerkschaften Ihren Deb attenbeitrag von eben sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen haben, wie Sie so mit der Haltung eines Oberlehrers in einer differenzierten gewerkschaftlichen Diskussion sagen, was gut und was schlecht ist und dann auch noch die eine Gewerkschaft gegen die andere ausspielen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich wünsche, daß es sehr aufmerksam gehört wird.
    Herr Wissmann, mein Gott, der Wahlkampf ist doch nun wirklich seit drei Wochen vorbei.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Drei Monate!) — Drei Monate ist er schon vorbei.


    (Lachen bei der CDU/CSU und bei der FDP)

    Nun kommen Sie mit bebender Stimme und bedanken sich beim Bundeskanzler dafür, daß zum erstenmal in konkreter Form auf einen Gipfel über Jugendarbeitlosigkeit gesprochen worden sei. Das will ich Ihnen einmal vorlesen. In Ziffer 1 des Kommuniqués heißt es:
    Unsere Regierungen werden eine angemessene Geld- und Haushaltspolitik verfolgen, die geringe Inflation, niedrige Zinsen, mehr produktive Investitionen und erhöhte Beschäftigungschancen, vor allem für die Jugend, zur Folge hat.
    Soweit das konkrete Kapitel Jugendarbeitslosigkeit.
    Sie bedanken sich dann dafür, daß es wohl auch zum erstenmal gelungen sei, konkrete Verabredungen über die Zusammenarbeit im Umweltschutz durchzusetzen. Das will ich Ihnen auch vorlesen. In Ziffer 10 heißt es wörtlich:
    Wir haben vereinbart, im Umweltschutz, bei der besseren Nutzung natürlicher Hilfsquellen und bei der Hygieneforschung
    — was immer das ist, füge ich hinzu —
    verstärkt zusammenzuarbeiten.
    So weit der Beitrag zum Umweltschutz.
    Nein, hier ist heute morgen bewußt, vom Bundeskanzler und auch von Ihnen, Herr Wissmann, ein Eindruck von Williamsburg vermittelt worden, der den Tatsachen nicht standhält.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ging so auch schon über die Medien. Da war viel von Episoden und Histörchen, eitel Harmonie und viel Fröhlichkeit die Rede. In Williamsburg muß es nach dem Eindruck des Fernsehzuschauers überhaupt viel zu lachen gegeben haben.
    Wenn man sich allerdings die Resultate ansieht, dann braucht man gar nicht so hart zu urteilen wie der französische Staatspräsident Mitterrand heute.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dessen Beurteilung kennen wir!)

    Wenn man sich die Resultate ansieht, muß man doch bei aller Bereitschaft zur differenzierten Wertung des Verhandlungsergebnisses feststellen: Die sind weder fröhlich noch gar sind sie zum Lachen. Viele Bürger, insbesondere viele von den 32 Millionen Arbeitslosen in der OECD, müssen sich da wohl eher verdummdeubelt vorgekommen sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich wähle dieses Wort „verdummdeubelt" bewußt, denn der französische Staatspräsident hat, wenn die Übersetzung richtig ist, das Wort „Tricks" verwendet, mit denen Williamsburg vorbereitet und durchgeführt worden sei. Die „Wirtschaftswoche" hat das Ganze am 3. Juni mit der Überschrift versehen: „Viel Pomp und Pathos". Und der Überschrift will ich gerne zustimmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Da gibt es nun einige Leute, nicht bei der Opposition — da sowieso —, sondern vor allen Dingen an den Finanzmärkten, die auf solche Dinge sofort unbestechlich und unerbittlich reagieren. Und Sie haben doch wohl die Entwicklung an den Finanzmärkten, an den Börsen seither gesehen. Die sprechen auch nicht gerade von einem Erfolg dieser Konferenz. Ihr Urteil fällt wesentlich kritischer aus.
    Sie brauchen nur die Devisenmärkte als Beispiel zu nehmen. Der Dollar hat gestern mit 2,57 DM notiert. Das kann natürlich niemand, meine Damen und Herren, mit zunehmender Stärke der US-Wirtschaft oder mit einer höheren Qualität der amerikanischen Wirtschaftspolitik erklären. Darin sind sich alle Fachleute einig.
    Der Londoner Börsenmakler David Morrison hat das so gedeutet — ich stimme seiner Deutung zu —:
    Unsere Interpretation — so sagt die Börse —



    Lahnstein
    ist, daß Präsident Reagan und die USA es geschafft haben, für ein weiteres Jahr ohne nennenswerte Kritik an der fehlenden Balance in ihrer Wirtschaftspolitik davonzukommen.
    Herr Morrison hat den Nagel auf den Kopf getroffen.

    (Beifall bei der SPD)

    In Wirklichkeit war das wohl so: Präsident Reagan hat sich als Worldleader präsentiert. Und man muß zugestehen: Dort ist perfekt Regie geführt worden. Über das Ambiente ist schon einiges gesagt worden. Im Urteil über Versailles, Graf Lambsdorff, liegen wir vielleicht nicht so weit auseinander; aber Herr Vogel hat sich nicht auf Versailles bezogen, sondern auf die vor uns liegenden Veranstaltungen. Und 1985 — unterstellen wir einmal, sie bildeten dann noch die Regierung — sind Sie ja wieder dran. Dann können wir über so einen Tagungsort doch ganz gut reden.

    (Beifall bei der SPD)

    Es wurde souverän Regie geführt. Margaret Thatcher hat den Ball in der Sicherheitspolitik hingeworfen und ist dann nach Hause gefahren. Wegen des heutigen Tages in Großbritannien mußte doch auch schon der Europäische Rat verschoben werden.
    Aber was wichtig ist, ist natürlich die Haltung des Bundeskanzlers und der anderen Gipfelteilnehmer. Ich nehme der Bundesregierung ab, wenn sie sagt, sie habe ernsthaft und mit Nachdruck auf die Probleme hingewiesen, jawohl, das nehme ich ihr ab. Aber ist denn eigentlich auch gekämpft worden, wirklich gekämpft worden? Da gibt es einen ungenannten deutschen Beamten, den zitiert John Vinocour in der „New York Times" zu Beginn dieser Woche. Der soll die deutsche Haltung so beschrieben haben — ich darf das zitieren —:
    Ich glaube, einige Leute haben uns — er meint die Deutschen —
    für Langeweiler gehalten.

    (Seiters [CDU/CSU]: Zitatenrede!)

    Wir haben zum Sicherheitskommuniqué j a gesagt. Wir haben zum Gipfelkommuniqué j a gesagt. Das war leicht, hat niemand irritiert, und genauso hat Kohl die Wahlen gewonnen.
    So sagt der ungenannte deutsche Beamte. Dem ist nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der SPD)

    So einfach ist das also. Aber es reicht natürlich nicht aus. Und deswegen lohnt es sich, glaube ich, auch nicht, über Williamsburg im nachhinein noch groß zu reden. Aber einige Fakten müssen wir zur Kenntnis nehmen und einige Konsequenzen ziehen.
    Zu den Fakten gehört nicht nur der Dollar, zu den Fakten gehört auch das täglich sichtbarer werdende Crowding-out in den Vereinigten Staaten, wo mittlerweile drei Viertel der inländischen Kapitalbildung durch den Staat absorbiert werden — ein Crowding-out, das nur deshalb, Graf Lambsdorff, noch nicht voll durchgeschlagen hat, weil derzeit die Innenfinanzierung der Unternehmen leidlich funktioniert. Aber das wird mit zunehmender Wirtschaftstätigkeit nicht mehr der Fall sein können. Dazu gehört die Entwicklung an den Börsen, ob Sie nun Dow Jones, also Wallstreet, oder die deutschen Börsen nehmen. Die sind seit Williamsburg leider auch nicht besser geworden.
    Ich will einen Punkt aufgreifen, den Herr Vogel heute morgen am Wickel hatte, nämlich die Umlaufrendite für festverzinsliche Wertpapiere. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie hier von seiten der sogenannten Koalition der Mitte immer wieder gesagt worden ist: Seit wir in der Bundesregierung sind, kann die Bundesbank endlich die Zinsen senken, jetzt können die Zinsen endlich nach unten gehen. — Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Die Umlaufrendite ist heute auf das Zehntelprozent genauso hoch, wie sie im September 1982 war.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Wo bleiben jetzt eigentlich die großen Erklärungen über den Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Regierung und dem Verhalten der Bundesbank? Die Wirklichkeit ist heute sogar schlechter, als sie damals war, denn heute liegt der Realzins in dieser Berechnung bei über 5

    (Roth [SPD]: 5 %!)

    und damit um einen guten Punkt, wenn nicht gar um anderthalb Punkte

    (Roth [SPD]: So ist es!)

    über dem im Herbst des vergangenen Jahres.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das sind doch dialektische Spielereien!)

    — Das sind keine dialektischen Spielereien, sondern die Zahlen, die sich insbesondere seit Williamsburg ergeben haben. Es sind Zahlen, an denen sich nun einmal das Resultat von Williamsburg messen lassen muß.
    Vor diesem Hintergrund seien noch einmal einige der Kernthesen dieses Kommuniqués aufgegriffen. Zunächst zur Abstimmung an den Devisenmärkten und zur Ordnung im Weltwährungssystem: Ich möchte darum bitten, daß wir uns den Satz, den mein Fraktionsvorsitzender heute morgen schon zitiert hat, noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Er lautet: Unter Wahrung unserer jeweiligen Handlungsfreiheit sind wir bereit, koordiniert in die Wechselkursmärkte in den Fällen einzugreifen, in denen man sich über die Nützlichkeit eines Eingreifens einig ist.
    Herr Bundeskanzler, ich muß Sie offen und ohne jede Ranküne fragen: Wie konnte so ein Satz in ein Kommuniqué kommen?

    (Beifall bei der SPD)

    Die Frage geht auch an Herrn Stoltenberg: Wie kann man so etwas zulassen? Da ist doch weniger gesagt als in den geltenden IWF-Statuten!

    (Beifall bei der SPD)

    Die geltenden IWF-Statuten verpflichten uns dazu,
    Ordnung zu halten und nicht nur dann zu agieren,



    Lahnstein
    wenn man sich über die Nützlichkeit eines Eingreifens einig ist. Hier ist Unsicherheit produziert worden, und darauf weist die Reaktion der Börsen ja deutlich hin. Unsicherheit, sonst nichts! Da wäre es besser gewesen, diese detaillierte Interventionsstudie — wie sie wohl technisch heißt — mit keinem Satz im Kommuniqué zu erwähnen, als dies mit einer solchen Leerformel zu tun.
    Ich unterstreiche den nächsten Punkt: Wir sind weitgehend mit dem einverstanden, was dort über Welthandel und Protektionismus gesagt worden ist. Ich gehe einen Schritt weiter. Jetzt muß ja in GATT und UNCTAD Tacheles geredet werden. UNCTAD läuft. Ich habe das gelesen, was Sie, Graf Lambsdorff, vor, glaube ich, zwei Tagen im „Handelsblatt" dazu erklärt haben. Was da über Exporterlösstabilisierung und viele andere Dinge mehr steht, deckt sich weitgehend mit einem Antrag, den meine Fraktion dieser Tage zum gleichen Thema einbringt. Da sind Berührungspunkte, und da ist — wenn ich dies unverschämterweise sagen darf — auch Kontinuität.

    (Beifall bei der SPD)

    Kritischer muß das Urteil wieder bei der Schuldenkrise der Entwicklungsländer ausfallen. Das ist nun wirklich allgemein formuliert; da gibt es kein Bekenntnis zu der aus unserer Sicht notwendigen, wenn auch finanzwirtschaftlich schwer dazustellenden realen Steigerung der Entwicklungshilfe, kein Wort! Da gibt es keinen klaren Hinweis auf die Verpflichtung der Privatbanken, die Kreditketten nicht zu unterbrechen. Da gibt es kein klares Wort an die Adresse der Industrieländer, gerade über eine prononcierte Wachstums- und Beschäftigungsentwicklung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß dieser Verschuldungsprozeß überhaupt jemals gestoppt werden kann. Da gibt es natürlich auch keinen präzisen Hinweis auf die spezielle Verantwortung der Vereinigten Staaten. Herr Bundeskanzler, Sie haben heute morgen, technisch gesprochen, über IDA VI geredet und haben gesagt, jetzt wollen wir alle das tun, wozu wir uns verpflichtet haben. Ich habe das ein bißchen kurz formuliert. — Erstens ist das natürlich eine Selbstverständlichkeit, aber zweitens hätten Sie dazu sagen müssen, wen Sie meinen, in diesem Falle nämlich ausschließlich die Vereinigten Staaten, wo der Kongreß in dieser wie in anderen benachbarten Fragen seine Hausaufgaben nun wirklich noch nicht gemacht hat.
    Die Hauptkritik aber muß an dem ansetzen, was zur Wirtschaftspolitik der sieben großen Industriestaaten gesagt worden ist. Unsere Erwartung war klar — wir haben sie auch hier formuliert —: eine eindeutig an der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit über Wirtschaftswachstum ausgerichtete Politik. Diese eindeutige Ausrichtung ist nach meiner Überzeugung unterblieben. Ich habe Ihnen die Ziffer 1 des Kommuniqués wegen des angeblichen Verweises auf die Jugendarbeitslosigkeit schon vorgelesen. Angesichts dieses Resultats wird, denke ich, ein großer Teil dieser Arbeitslosen, von denen hier heute häufig und zu Recht die Rede war, diese Konferenz eher mit Bitterkeit zur Kenntnis nehmen müssen.
    Nun sagen Sie — und heute morgen wieder — mit großem Ernst: Nun müssen wir alle unsere Hausaufgaben machen. Da würde ich sagen, mit meinem Fraktionsvorsitzenden: Nur Mut, Herr Bundeskanzler, nur Mut! Denn ich habe den festen Eindruck, daß wir unsere Hausaufgaben in den vorab genannten, aber auch in einigen noch vor uns stehenden Fragen alles andere als gemacht haben. Man muß sich an die Hausaufgaben dranmachen; sie sind noch nicht gemacht worden.
    Aber noch ein weiteres muß unterstrichen werden: Hausaufgaben in diesen weltwirtschaftlichen Fragen, das heißt, daß auf internationale Fragen internationale Antworten gefunden werden müssen. Oder um es noch weiter zuzuspitzen: Die beste Lösung dieser Hausaufgaben zu Hause bringt wenig, wenn man sich nicht schon bei der Formulierung und schon gar bei der Lösung der Aufgaben der internationalen Verflechtung unserer Volkswirtschaft stets bewußt bleibt

    (Beifall bei der SPD)

    und wenn dieser merkwürdige Bruch zwischen großen Kooperationsbeteuerungen und dann manchmal einigermaßen kleinkarierter heimischer Diskussion nicht überwunden werden kann.
    Die Weltwirtschaft ist mehr als die Summe von, rund gerechnet, 150 einzelnen Volkswirtschaften. Wenn wir uns ansehen, daß z. B. ein Viertel — wenn nicht mehr — des Welthandels heute innerhalb von Unternehmen verläuft, wenn wir uns die unglaubliche Integration der Finanzmärkte ansehen, dann wird sichtbar, was ich damit meine.
    Daraus ergibt sich, daß der Hinweis auf die Hausaufgaben nicht nur dann zu kurz greift, wenn man sie zu Hause noch nicht gemacht hat, sondern auch dann, wenn man darunter versteht, daß man dem anderen nicht in seine Dinge hineinreden dürfe. Ich bin kein geborener Diplomat. Ich habe weltwirtschaftliche Integration — übrigens auch europäische — immer so verstanden, daß wir um der Integration, um der Partnerschaft und um der Freundschaft willen die Pflicht zum Dreinreden haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Pflicht gilt natürlich insbesondere dann, wenn man sich die Risiken ansieht, die sich aus Williamsburg und dem Ergebnis oder Nichtergebnis dort zwangsläufig ergeben.
    Ich halte nicht viel davon, Wunschvorstellungen von Wirtschaftspolitik zum Maßstab für eigene Überlegungen zu machen. Nehmen wir also die amerikanische Wirtschaftspolitik so, wie sie ist, d. h. so, wie sie Präsident Reagan formuliert hat, auch in Williamsburg. Dann liegen die Risiken auf der Hand. In Stichworten: Auf dieser Grundlage werden die Vereinigten Staaten ihre Defizite nicht unter Kontrolle bekommen. Graf Lambsdorff, es geht nicht darum, einzelne Ausgabenkategorien hier moralisch oder haushaltspolitisch zu bewerten; es muß aber darum gehen, aufzuzeigen, woher die Ursachen des Defizits rühren.
    Sie rühren nun in der Tat aus den drei großen Blöcken Rüstungsausgaben, Intitlements, also Sozi-



    Lahnstein
    alprogramm, dessen weitere Kürzung heute morgen hier Gott sei Dank niemand gefordert hat, und Steuersenkungen, also den drei Bereichen, die in einem Wahljahr nicht voll in den Griff zu bekommen sind. Und dann treten Spätschäden auf, wenn die Vereinigten Staaten ihr Defizit nicht in den Griff bekommen. Das heißt: Jahr für Jahr mehr als 200 Milliarden Dollar, d. h. Jahr für Jahr mehr als 500 Milliarden DM Defizit. Es heißt vor allen Dingen, wie alle amerikanischen Rechnungen zeigen, ein sprunghaftes Ansteigen des strukturellen Defizits im amerikanischen Haushalt. Das wird nämlich nicht besser, selbst wenn die Konjunktur in Amerika einigermaßen ans Laufen kommt.
    Rechnungen einer für mich jedenfalls verläßlichen amerikanischen Großbank deuten darauf hin, daß per 1985/86 das strukturelle Defizit — nicht das gesamte, nur das strukturelle — bei 4,7 % des Bruttosozialprodukts zu liegen kommen würde. Ich bitte Sie sehr herzlich, wenn wir uns die amerikanischen Zahlen ansehen und sie nüchtern mit den unseren vergleichen, dann, spätestens dann, das Gerede von der Erblast endgültig zu begraben.

    (Beifall bei der SDP)

    Das zweite Risiko ist auch unausweichlich; es ergibt sich aus dem ersten: Die Zinsen werden in den Vereinigten Staaten hoch bleiben. Das muß die Inflation befördern, es muß den Aufschwung gefährden, und es muß auch heißen, daß die Unternehmensbilanzen, um die es in den Vereinigten Staaten alles andere als gut bestellt ist — das muß hier auch einmal gesagt werden —, mit solchen Zinsen natürlich nicht in Ordnung kommen können. Was wieder Konsequenzen auch für die Produktivität in vielen amerikanischen Wirtschaftszweigen haben muß.
    Das heißt für uns, daß wir, wenn wir nichts tun, mit unseren Zinsen folgen müssen, daß wir über unsere Nominalzinsen unsere Inflation wieder antreiben, daß wir über unsere Realzinsen gleichzeitig die Investitionen behindern — damit übrigens auch die Eigenkapitalbildung behindern. Damit entsteht das erhebliche Risiko, daß das, was ich heute nur als Aufschwüngchen sehen kann, abgewürgt ist, bevor daraus überhaupt ein Aufschwung werden kann.
    Auf die Entwicklungsländer wurde bereits hingewiesen. 1 % Zinsveränderung in den USA macht für sie 5 Milliarden Dollar aus. Wissen Sie, was das bedeutet? 5 Milliarden Dollar sind ungefähr 20% unserer gesamten Entwicklungshilfe. Wenn die Zinsen auf den Dollar um 2 oder 31)/0 sinken, bedeutet das im Klartext, daß die Entwicklungshilfe um 60 % gesteigert wird. Das ist keine Milchmädchenrechnung, wenn sie auch nicht ganz sauber ist. So sind die Größenordnungen, so sind die Risiken.
    Das dritte Risiko liegt auch auf der Hand: Der Dollarkurs muß zu hoch bleiben, zumindest vorläufig. Solange der Realzins in den USA so horrend hoch ist, muß der Wechselkurs oben bleiben. Das geht nicht anders.
    Nun sind die Konsequenzen für uns in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund unserer vergleichsweise günstigen Ausgangslage einigermaßen beherrschbar. Das ist vielleicht auch ein Beitrag zum Thema Erblast.

    (Beifall bei der SPD)

    Das sieht in anderen Ländern anders aus. Das sieht anders aus in Frankreich, das sieht anders aus in Italien. Dort sind die Wirkungen des hohen Dollarkurses verheerend. Die Leute in Paris und Rom haben doch einen Punkt, wenn sie darauf hinweisen.
    Am schwierigsten aber sind möglicherweise die Konsequenzen für die Vereinigten Staaten selbst. Präsident Reagan schätzt für das laufende Jahr das Handelsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten auf einen Betrag zwischen 50 und 60 Milliarden Dollar. Das ist ein absoluter Rekord. Früher hätte hier vielleicht einer gesagt: Das hat es seit Christi Geburt nicht gegeben.
    Das ist ein wirklicher Rekord: Handelsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten auf 60 Milliarden Dollar. Das Leistungsbilanzdefizit liegt zwischen 25 und 30 Milliarden Dollar. Damit wird in einem Jahr, in dem sich die Amerikaner anschicken, ihre Präsidentschaftswahlen vorzubereiten, das Protektionismusrisiko ungeheuer hoch. Das heißt außerdem im Klartext, daß zumindest für diese Beträge die reichste und größte Volkswirtschaft der Welt auf Pump lebt; denn nichts anderes sagen diese Zahlen. Das ist für diese Beträge natürlich genau die Umkehr der an sich notwendigen weltweiten Arbeitsteilung.
    So hängen die Dinge zusammen. Hier liegen die Risiken für uns. Wenn Sie schon nicht auf uns hören, dann sollten Sie wenigstens Henry Kissinger beherzigen, der immer wieder auf den untrennbaren Zusammenhang zwischen Kohärenz des Bündnisses, militärischer Sicherheit und der kollektiven Fähigkeit, mit wirtschaftlichen Problemen fertig zu werden, hingewiesen hat.
    Für uns kommt es darauf an, Konsequenzen zu ziehen. Lassen Sie uns also die amerikanische Politik, so, wie sie ist, in Rechnung stellen. Ich kritisiere sie mit keinem Wort, ich stelle sie nur nüchtern in Rechnung.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie machen seit zehn Minuten nichts anderes als kritisieren!)

    — Mit keinem Wort. Sie können nachher alles in Ruhe nachlesen. Ich führe Ihnen nur die Zahlen vor, die der Präsident, der Kongreß und die Regierung der USA vorgeführt haben.
    Vor dem Hintergrund dieser Risiken müssen wir Inventur machen und in der Tat unsere Hausaufgaben erledigen. Ich will hier nicht im einzelnen auf den Jahreswirtschaftsbericht eingehen; das wird hier noch geschehen. Ich wollte nur eine Anmerkung machen, Graf Lambsdorff, was die Hausaufgaben angeht: In der Einkommenspolitik sind sie in der Tat nicht nur erledigt, sondern übererfüllt.
    Gestatten Sie trotz der fortgeschrittenen Zeit einen letzten internationalen Vergleich. Die OECD hat für den Zeitraum 1982-1984 verglichen, wie sich die Bruttorealeinkommen je beschäftigten Ar-



    Lahnstein
    beitnehmer entwickeln werden. Die Angaben kommen aus den Hauptstädten. Sie kommen also auch aus Ihrer Regierung, Herr Bundeskanzler.
    Für den Dreijahreszeitraum lautet die Zahl für die USA plus 4,3, für Japan — hört, hört! — plus 11,9 und für die Bundesrepublik Deutschland minus 3,9.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Diese Zahlen muß man sich auf der Zunge zergehen lassen: für die Bundesrepublik minus 3,9. Da muß man sich fragen, woher der dauerhafte Aufschwung von der Nachfrageseite her kommen soll. Es sei denn, man schafft die Nachfrage überhaupt ab. Aber dann wird man die Probleme auch nicht lösen.

    (Beifall bei der SPD)

    Allein aus der Sparquote wird dies nicht gehen, zumal ein so drastischer Rückgang der Sparquote auch für den Sektor der Unternehmensfinanzierung sehr negative Konsequenzen haben muß.
    Bei der Einkommenspolitik kann die Hausaufgabe also nicht liegen. Ich denke, sie muß deutlich bei der Geldpolitik liegen. Um nicht mißverstanden zu werden: Es geht uns hier keineswegs darum, eine lasche Geldpolitik zu postulieren. Bei dem aber, was wir in den letzten Tagen an Gerüchten aus Frankfurt in der Presse lesen konnten, kann man wirklich nur wünschen, daß diese Gerüchte solche bleiben und nicht zutreffen. Wir dürfen um Himmels willen in der Geldpolitik in der gegenwärtigen Situation nicht die Schrauben wieder anziehen! Wir müssen im Gegenteil eine an den binnenwirtschaftlichen Notwendigkeiten orientierte Geldpolitik anstreben, was im Klartext heißt: Geldmengensteuerung am mittelfristigen Produktionspotential orientiert und eine Zinspolitik, die nun wirklich bewußt am unteren Ende des gerade noch Denkbaren entlangsegelt.
    Solche Politik hat Risiken. Die muß man sehen. Das kann auf eine Zeit den Dollarkurs noch weiter nach oben treiben. Aber ich sage bewußt: auf eine Zeit; denn die Wirtschaftsgeschichte, auch die der letzten Jahre, lehrt, daß sich die sogenannten economic fundamentals dann doch durchsetzen werden. Es kann zu einem verstärkten Kapitalexport führen. Ich sage wiederum: über eine Zeit. Im übrigen ist das nicht so dramatisch, wie die meisten Leute meinen; denn hier korrelieren j a unser Handelsbilanzüberschuß und unser Kapitalexport.
    Eine der entscheidenden Weichenstellungen muß also in der Geldpolitik erfolgen. Um Himmels willen die Schrauben nicht stärker anziehen, sondern im Gegenteil stärker an der binnenwirtschaftlichen Notwendigkeit ausrichten! Die Realzinsen, die ich Ihnen eben vorgeführt habe, müssen sonst eine nachhaltige Konjunkturerholung bei uns abwürgen. Das kann gar nicht anders sein.
    Im Zusammenhang mit der Finanzpolitik möchte ich dem, was vor allen Dingen Herr Wissmann und Graf Lambsdorff gesagt haben, nur eins hinzufügen. Bei uns postuliert niemand, Herr Wissmann — ich kenne jedenfalls keinen —, eine generell auf
    Expansion ausgerichtete, also sozusagen eine vulgär-keynesianische Finanzpolitik. Das tut niemand.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Na, na!)

    Wir wissen sehr wohl, daß man gerade dann, wenn man eine angepaßte Geldpolitik betreiben will und international eine Reservewährung hat, seine Finanzpolitik auch nach diesem Faktum Reservewährung ausrichten muß.
    Aber was wir getan haben — auch heute morgen wieder —, ist, sehr wohl die Forderung an die Regierung zu stellen, die auf Beschäftigung gerichteten Akzente in der Finanzpolitik stärker zu machen. Sie glaubten, daraus ablesen zu müssen, wir seien dann bereit, mehr Defizite in Kauf zu nehmen. Da haben Sie nicht gut zugehört. Herr Vogel hat Ihnen heute morgen in aller Präzision gesagt — das haben wir in der Debatte über die Regierungserklärung schon vorher getan; damit es aber endgültig sitzt, tun wir es heute nachmittag noch einmal —, wie wir das finanzieren wollen. Wenn Sie es wollen, können wir Ihnen das bis auf die Stelle hinter dem Komma sagen.
    Aber eins darf in der Finanzpolitik auf keinen Fall passieren — da habe ich ein bißchen meine Befürchtung, was Ihre Vorstellungen betrifft —: Geldpolitik und Finanzpolitik gleichzeitig auf Sparflamme kochen. Das müßte den Aufschwung endgültig abwürgen und könnte anschließend zur Deflation führen.
    Letzte Anmerkung zum EG-Gipfel in Stuttgart. Für eine derartige Politik, die sich stärker, als das in Ihren Beiträgen heute morgen erkennbar wurde, auf Wachstum und Beschäftigung ausrichtet, müssen wir uns Partner suchen. Da liegt genau der Unterschied zwischen Williamsburg und Stuttgart. In Stuttgart kann sich der Bundeskanzler nicht verstecken. In Stuttgart kann sich auch die Bundesregierung nicht verstecken. In Stuttgart sind wir die économie dominante mit psychologisch schwierigen Konsequenzen. Von den Zahlen und von den Aufgaben der Präsidentschaft her stehen wir in einer besonderen Verantwortung.
    Einem Orientierungspapier der Ministerien entnehme ich das Urteil, das dort ganz zu Recht niedergeschrieben ist: „Die Beurteilung unserer Präsidentschaft hängt nicht zuletzt vom Stuttgarter Europäischen Rat ab." Die Beamten haben völlig recht. Dann heißt es dort weiter zur Jugendarbeitslosigkeit: „Konkrete Ergebnisse sind unerläßlich." Es wäre gut gewesen, wenn der Bundeskanzler seine Absichten für Stuttgart heute morgen etwas klarer artikuliert hätte;

    (Beifall bei der SPD)

    denn ich sehe ja kommen, daß wir auch über dieses Thema erst wieder nach der Veranstaltung diskutieren, was dann allerdings hieße: erst nach der Sommerpause, eine für mich schwer erträgliche Vorstellung.
    Bei einer derartigen Politik, die stärker auf Wachstum und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ausgerichtet ist, haben wir doch innerhalb der Ge-



    Lahnstein
    meinschaft Verbündete. Übrigens auch außerhalb, wenn ich an die Österreicher und an die Schweizer denke. Hier gibt es gleichgerichtete Interessenanlagen, und hier gibt es auch gleichartige Möglichkeiten. Aber selbst die anderen, die so schnell nicht können, weil ihre Voraussetzungen noch nicht ganz so gut sind wie die unseren, würden ja profitieren, z. B. von dem Importsog, den unser eigener Aufschwung auslösen würde. Auch hier haben Paris und Rom doch dasselbe Interesse. Und im EWS, das 1978 unter unserer Präsidentschaft zustande kam, würden sich die Verhältnisse entspannen und nicht weiter verkrampfen. Das Ganze auf der Basis niedriger Zinsen und höherer, inflationsfreier Wachstumsraten und einer besseren Beschäftigungslage. Diese Hinweise, die Eindrücke aus einer Debatte von mehreren Stunden sind, können natürlich kein vollständiges Konzept sein. Aber sie sollen doch der Versuch sein, sowohl diese vordergründige und eher aufs Anekdotische gerichtete Berichterstattung über das Treffen in Williamsburg als auch die Vorschau auf den EG-Gipfel in Stuttgart — wobei wir zum letzteren noch so gut wie gar nichts gehört haben — etwas zu vertiefen.
    Eine letzte Bemerkung, weil hier eben ein Zwischenruf kam: Bitte verwechseln Sie diese Politik unserer Fraktion nicht mit Antiamerikanismus. Ganz im Gegenteil! Wir sind ja bereit, die Sorgen der amerikanischen Partner nicht nur zur Kenntnis, sondern auch ernst zu nehmen.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Sie vielleicht!)

    — Wenn ich von „wir" spreche, meine ich das auch. Heute morgen hatte ich manchmal den Eindruck, Herr Wissmann, hier redet einer im Pluralis majestatis. Das wollen Sie mir doch nicht unterstellen. Wenn ich „wir" sage, meine ich meine Fraktion.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das ist nicht mit Antiamerikanismus zu verwechseln.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Noch nicht einmal jetzt klatschen bei Ihnen alle!)

    — Das ist auch nicht notwendig bei solchen Selbstverständlichkeiten.

    (Heiterkeit)

    Ich bin jetzt wirklich bei einem ernsthaften Punkt: Dies ist nicht mit Antiamerikanismus zu verwechseln. Wir sind bereit, die Sorgen zur Kenntnis und ernst zu nehmen, allerdings auch die Risiken, die sich daraus ergeben. Wir müssen deshalb die Zeit nutzen, die unsere amerikanischen Freunde nach ihren eigenen Äußerungen brauchen, um ihre Dinge in Ordnung zu bringen, denn auch den Vereinigten Staaten muß an möglichst starken Verbündeten mit soliden wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen gelegen sein.
    Wir wünschen uns deshalb, daß das, was in Williamsburg nicht geschafft wurde, wenigstens in Stuttgart sichtbar werden wird. Hier liegt die große Verantwortung des Bundeskanzlers. Hier liegt die große Verantwortung der Bundesregierung. Aus dieser Verantwortung darf sie niemand entlassen, nicht einmal sie selbst. — Schönen Dank, Herr Präsident.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)