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ID1001100400

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    Plenarprotokoll 10/11 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 11. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Inhalt: Nachruf auf Frau Bundesminister a. D. Marie Schlei 525A Erweiterung der Tagesordnung 603 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Wirtschaftsgipfel in Williamsburg in Verbindung mit Beratung des Jahresgutachtens 1982/83 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 9/2118 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1983 der Bundesregierung — Drucksache 9/2400 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Weltwirtschaftsgipfel in Williamsburg und Europäischer Rat in Stuttgart — Drucksache 10/79 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 525 D Dr. Vogel SPD 533A Wissmann CDU/CSU 541 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 547D, 615D Stratmann GRÜNE 558 D Lahnstein SPD 563 A Dr. Haussmann FDP 587 A Kittelmann CDU/CSU 590 A Dr. Jens SPD 593 C Gerstein CDU/CSU 596 D Krizsan GRÜNE 599 B Dr. Solms FDP 600 D Dr. Ehrenberg SPD 603 C Lattmann CDU/CSU 607 A Schwenninger GRÜNE 609 D Beckmann FDP 611 B Wolfram (Recklinghausen) SPD 612 C Hinsken CDU/CSU 619C Rapp (Göppingen) SPD 621 D Vizepräsident Westphal 558 D Fragestunde — Drucksache 10/106 vom 3. Juni 1983 — Ergebnisse einer Studie zur Nachrüstung, u. a. über die Einstellung der Bevölkerung zur Stationierung der Pershing II und der Cruise Missiles MdlAnfr 1 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Dr. Jenninger BK . 568 D, 569A, B ZusFr Reents GRÜNE 568 D, 569 A ZusFr Dr. Hirsch FDP 569 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 569 B ZusFr Krizsan GRÜNE 569 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 Verpflichtung der Bundesregierung zur Geheimhaltung der Standorte nuklearer Gefechtsköpfe sowie chemischer und bakteriologischer Kampfstoffe; Wortlaut der „Geheimhaltungsbestimmungen der NATO" MdlAnfr 27, 28 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hirsch FDP Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 569C, D, 570A, B, C, D, 571A, B, C, D, 572A, B ZusFr Dr. Hirsch FDP . . . . 569D, 570A, 571B ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD . . . 570B, 571C ZusFr Reuter SPD 570C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 570C, 571 D ZusFr Krizsan GRÜNE 570 D ZusFr Berger CDU/CSU 570 D ZusFr Dr. Sperling SPD 570 D, 571 D ZusFr Peter (Kassel) SPD 572 A ZusFr Reents GRÜNE 572 A ZusFr Frau Simonis SPD 572 B ZusFr Bindig SPD 572 B Errichtung von Bundeswehrdepots im Landkreis Harburg, insbesondere zur Lagerung von ABC-Waffen MdlAnfr 29, 30 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Hauchler SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg 572C, D, 573A, B ZusFr Dr. Hauchler SPD 572 D, 573A ZusFr Dr. Sperling SPD 573 B Entwicklung der Verhandlungen über den amerikanischen Truppenübungsplatz bei Schlitz MdlAnfr 31 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Czempiel SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . 573 B, C, D, 574A, B, C, D, 575A ZusFr Frau Dr. Czempiel SPD 573C, D ZusFr Dr. Sperling SPD 573 D ZusFr Reuter SPD 574 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 574 B ZusFr Krizsan GRÜNE 574 C ZusFr Peter (Kassel) SPD 574 D ZusFr Dr. Hirsch FDP 575A Kenntnis der NATO von der Erprobung der sowjetischen SS 20 MdlAnfr 35 03.06.83 Drs 10/106 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg 575B, C, D, 576A, B ZusFr Reents GRÜNE 575C, D ZusFr Schily GRÜNE 575 D ZusFr Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE . . 576A ZusFr Berger CDU/CSU 576 B Kontrolle importierter ausländischer Weine sowie Prozentsatz der Beanstandungen MdlAnfr 38, 39 03.06.83 Drs 10/106 Schartz (Trier) CDU/CSU Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 576C, 577 A ZusFr Schartz (Trier) CDU/CSU 577 A Einführung einer Pflegefall-Versicherung MdlAnfr 42 03.06.83 Drs 10/106 Dr. Weng FDP Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577B, C ZusFr Dr. Weng FDP 577 C Beurteilung des Einsatzes von Paraquat aus humantoxikologischer Sicht MdlAnfr 48 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Vollmer GRÜNE Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 577D, 578A, B, C ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE 578 A ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 B ZusFr Frau Dr. Bard GRÜNE 578 B Existenzgefährdung des Naturschutzgebiets Riddagshausen durch den Bau der A 39 Salzgitter—Wolfsburg MdlAnfr 54 03.06.83 Drs 10/106 Frau Dr. Hickel GRÜNE Antw StSekr Bayer BMV 578C, D ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 578 D Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts für Lastkraftwagen MdlAnfr 61 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw StSekr Bayer BMV 579A, B, C ZusFr Frau Steinhauer SPD 579 B Verbot der Vorführung des Films „Die weiße Rose" in den Goethe-Instituten in den USA MdlAnfr 80 03.06.83 Drs 10/106 Frau Simonis SPD Antw StMin Möllemann AA 580A, C, D, 581A, B ZusFr Frau Simonis SPD 580 B, C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 III ZusFr Schily GRÜNE 580 D ZusFr Dr. Sperling SPD 580 D ZusFr Broll CDU/CSU 581 B ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 581 B Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze im Bereich des Bundes MdlAnfr 73 03.06.83 Drs 10/106 Frau Steinhauer SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 581 C, 582A, B, C, D, 583A ZusFr Frau Steinhauer SPD 582 A, B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 582 B ZusFr Frau Weyel SPD 582 C ZusFr Dr. Sperling SPD 582 D ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU 583A Fehlende Bundesmittel für AB-Maßnahmen zur Förderung der Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher MdlAnfr 74, 75 03.06.83 Drs 10/106 Schemken CDU/CSU Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . 583 B, D, 584 B ZusFr Schemken CDU/CSU 583 C, D ZusFr Toetemeyer SPD 584A ZusFr Heyenn SPD 584 B Scheitern der Neuregelung der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Weigerung der Länder zur Mitfinanzierung MdlAnfr 77 03.06.83 Drs 10/106 Kuhlwein SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW 584C, 585A, B, C, D ZusFr Kuhlwein SPD 584 D, 585A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . . 585 B ZusFr Frau Weyel SPD 585 C ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 585 C Erhöhung der Bundesmittel für das Benachteiligtenprogramm MdlAnfr 78, 79 03.06.83 Drs 10/106 Heyenn SPD Antw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 585D, 586A ZusFr Heyenn SPD 586A Bemühungen um das Schicksal der in Argentinien verschwundenen Deutschen nach Vorliegen des „Abschlußberichts" der Militärregierung MdlAnfr 84, 85 03.06.83 Drs 10/106 Bindig SPD Antw StMin Möllemann AA 586 B, C ZusFr Bindig SPD 586 C Nächste Sitzung 625 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 627* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Juni 1983 525 11. Sitzung Bonn, den 9. Juni 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 8. Sitzung, Seite 389 D, 12. Zeile von unten: Statt „Cronenberg" ist „Dr. Kronenberg" zu lesen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein *** 10. 6. Dr. Ahrens ** 10. 6. Antretter ** 9. 6. Bahr *** 10. 6. Biehle *** 10. 6. Böhm (Melsungen) ** 10. 6. Büchner (Speyer) ** 10. 6. Dr. Dregger 10. 6. Dr. Ehmke (Ettlingen) 10. 6. Dr. Enders ** 9. 6. Engelsberger 10. 6. Francke (Hamburg) *** 10. 6. Gansel *** 10. 6. Gerstl (Passau) ** 9. 6. Glombig 10. 6. Grüner 9. 6. Dr. Haack 10. 6. Haase (Fürth) ** 9. 6. Dr. Hackel ** 9. 6. Frau Dr. Hamm-Brücher 10. 6. Handlos ** 9. 6. Hartmann ** 9. 6. Hauck 10. 6. Hauser (Krefeld) 10. 6. Dr. Holtz ** 9. 6. Horn *** 10. 6. Dr. Hupka *** 10. 6. Ibrügger *** 10. 6. Jäger (Wangen) ** 9. 6. Jansen 10. 6. Jungmann *** 10. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kittelmann ** 9. 6. Kolbow *** 10. 6. Kroll-Schlüter 10. 6. Frau Krone-Appuhn *** 10. 6. Dr. Lenz (Bergstraße) *** 10. 6. Lenzer ** 9. 6. Dr. Linde ** 9. 6. Lowack 10. 6. Lutz 10. 6. Dr. Marx *** 10. 6. Dr. Müller ** 10. 6. Petersen *** 10. 6. Reddemann ** 9. 6. Frau Reetz 10. 6. Rühe *** 10. 6. Sauer (Salzgitter) *** 10. 6. Saurin 10. 6. Schäfer (Mainz) *** 10. 6. Dr. Scheer ** 9. 6. Schmidt (Hamburg) 10. 6. Schmidt (München) ** 9. 6. Schmidt (Wattenscheid) 10. 6. Schmitz (Baesweiler) ** 9. 6. Schulte (Unna) ** 9. 6. Schwarz ** 9. 6. Dr. Schwenk (Stade) 10. 6. Sielaff 10. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 6. Dr. Stavenhagen ** 9. 6. Dr. Unland * 10. 6. Vogt (Kaiserslautern) ** 9. 6. Voigt (Frankfurt) *** 10. 6. Voigt (Sonthofen) 10. 6. Vosen 9. 6. Dr. von Wartenberg *** 10. 6. Weiß *** 10. 6. Wilz 9. 6. Wimmer (Neuss) 10. 6. Würtz *** 10. 6. Wurbs 10. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Guten Morgen!

    (Heiterkeit und Beifall)

    — Das war gedacht, meine Damen und Herren, Sie vielleicht nach der ersten Stunde etwas wacher zu machen. Dafür bestand Bedarf.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Schäuble [CDU/ CSU]: Ihre Fraktion muß man erst einmal aus den Betten holen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Vogel als Wecker!)

    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Volk und viele andere Völker haben der Begegnung, von der soeben berichtet worden ist, mit Erwartung entgegengesehen. Sie, Herr Bundeskanzler, und viele Sprecher Ihrer Koalition haben diese Erwartung in den Wochen vorher noch gesteigert. Auch ohne diese Ankündigungen hatten die Völker für die Erwartung, in Williamsburg werde gehandelt, dort werde nicht nur geredet, sondern etwas getan, um der krisenhaften Entwicklung der Weltwirtschaft zu begegnen, Gründe genug.
    Sie und Ihre Freunde reden ständig von der Wende. Hier, auf diesem Gebiet, erwarten die Völker tatsächlich eine Wende, die Wende einer weltwirtschaftlichen Entwicklung, die zu einer überaus bedrohlichen Situation geführt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Wie war diese Situation vor Williamsburg? Allein in den westlichen Industrieländern sind 32 Millionen Menschen arbeitslos. Das sind mehr Menschen, als die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland zusammen an Einwohnern haben. Die realen Zinsen bewegen sich auf einer extremen Höhe und beginnen erneut zu steigen. Das amerikanische Haushaltsdefizit erreicht immer neue Rekordhöhen. Die Wechselkurse zeigen hektische Ausschläge und hemmen die Entwicklung des Handels. Viele Entwicklungsländer bewegen sich infolge der hohen Zinsen, des steigenden Dollarkurses und niedriger Rohstoffpreise am Rande der Zahlungsunfähigkeit und drohen selbst die Fortschritte wieder einzubüßen, die sie in den letzten Jahren mühsam genug gemacht haben. Handelsbeschränkende Maßnahmen greifen mehr und mehr um sich, und protektionistische Subventionen sind schon fast eine Selbstverständlichkeit.
    In der Bundesrepublik bewegen wir uns auf einen neuen Rekord der Firmenzusammenbrüche zu. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 1982 sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nahezu 10 % mehr Firmenzusammenbrüche zu verzeichnen.

    (Franke [Hannover] [SPD]: Wende!)

    Das, Herr Bundeskanzler, ist die ungeschminkte Realität. Und Sie hätten gut daran getan, diese Realität nüchtern und ohne Umschreibung an den Anfang der Gipfeldokumente und auch an den Anfang Ihrer heutigen Erklärung zu stellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sind doch sonst auch nicht so zimperlich, wenn es um die Darstellung wirtschaftlicher Gegebenheiten geht, etwa der Gegebenheiten in der Bundesrepublik am Tage Ihres Amtsantritts im Oktober 1982. Da haben Sie an grellen Schockfarben nicht gespart. Heute malen Sie im Vergleich dazu in recht zarten Pastelltönen.
    Vielleicht liegt das an der idyllischen Atmosphäre Ihres Tagungsortes, an dem nostalgischen Ausflug in die Kolonialzeit des 18. Jahrhunderts, den Sie mit allem Zubehör, das zu einem solchen Ausflug gehört — einschließlich aller malerischen Details einer vorindustriellen Agrarzeit —, unternommen haben. Ist Ihnen übrigens die feine Ironie aufgegangen, die darin liegt, daß Sie die Probleme der Industriegesellschaft in einem Milieu behandelt haben, in dem kein einziges dieser Probleme real gegenwärtig war?

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Was sollte er denn machen? — Rühe [CDU/CSU]: Wie war das denn mit Versailles?)

    Da hatte die Realität offenbar keine Chance.

    (Broll [CDU/CSU]: Versailles kennt er gar nicht!)

    Da saßen die Völker, da saßen die Arbeitslosen, da saß die bittere Not der Entwicklungsländer auch im übertragenen Sinne kaum mit am Tisch.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Aber in Versailles!)

    Nichts gegen internationale Gastfreundschaft und internationales Protokoll, und erst recht nichts gegen Stil und Würde. Aber ich frage allen Ernstes: Wäre es nicht erwägenswert, daß ein solches Gipfeltreffen auch einmal in einem Zentrum der Arbeitslosigkeit, in einer durch den Strukturwandel hart betroffenen Region stattfinden könnte,

    (Beifall bei der SPD — Rühe [CDU/CSU]: In Versailles?)

    etwa in Detroit

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Das hätten Sie schon Herrn Schmidt sagen sollen!)

    oder in der Borinage zwischen Lüttich und Charleroi oder im Ruhrgebiet

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das ist doch Schau!)

    oder im nächsten Jahr in Liverpool oder in Birmingham?

    (Zustimmung bei der SPD)




    Dr. Vogel Auch dort

    (Broll [CDU/CSU]: Aber da wird konservativ gewählt!)

    ließe sich durchaus mit Stil und Würde verhandeln. Die Begegnung mit den harten Realitäten mag schmerzlich sein;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Zur Sache!)

    der Würde tut eine solche Begegnung keinen Abbruch.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Niveaulos!)

    Wie dem auch sei: Hat Williamsburg die Wende von der weltwirtschaftlichen Krise zur weltwirtschaftlichen Erholung oder wenigstens konkrete Schritte zu einer solchen Wende gebracht? Was wird sich denn an der Realität konkret ändern? Ich fürchte, trotz der wortreichen Dokumente und trotz Ihrer heutigen nicht minder wortreichen Erklärung wenig, wenn überhaupt etwas.
    Gewiß, es gibt einzelne positive Ansätze. Das will ich nicht leugnen. Richtig ist erstens die Selbstverpflichtung, den protektionistischen Tendenzen dadurch Einhalt zu gebieten, daß wettbewerbsverzerrende Beschränkungen und Subventionen abgebaut werden. Gerade wir haben ein massives Interesse daran, daß die Zerstörung der offenen gegenseitigen Handelssysteme nicht weiter fortschreitet.
    Aber was geschieht denn konkret? Werden die EG-Partner die für unsere Stahlproduktion existenzgefährdende Subventionierung ihrer Altanlagen vom Beginn dieses Jahrhunderts nun endlich einstellen?

    (Beifall bei der SPD)

    Sind Sie bereit, Herr Bundeskanzler, die EG-Agrarmarktordnung in Wahrnehmung Ihrer besonderen Verantwortung während der deutschen Präsidentschaft so zu beeinflussen, daß die USA und viele andere Länder den Absatz der Überschußproduktion nicht geradezu als Herausforderung für ihre Handelssysteme empfinden müssen?

    (Beifall bei der SPD)

    Zu begrüßen ist zweitens, daß der Ost-West-Handel diesmal nicht Gegenstand von Versuchen war, ihn als Kampfmittel in der Auseinandersetzung der Weltmächte zu instrumentalisieren. Aber manche Andeutungen zeigen, daß die Sache nicht ausgestanden ist. Die Bundesregierung hat unsere Unterstützung, wenn sie hier wachsam bleibt. Im übrigen: Wer dafür sorgt, daß sein Weizen blüht, sollte anderen nicht gram sein, wenn sie sich um ihre Röhren und um ihre Maschinen kümmern.

    (Beifall bei der SPD)

    In aller Freundschaft: Was den Farmern in Idaho und Indiana recht ist, das ist den Arbeitern bei Mannesmann in Essen und bei der Salzgitter AG, um nur zwei Beispiele zu nennen, weiß Gott billig.

    (Beifall bei der SPD)

    Drittens. Anzuerkennen ist schließlich die Absicht, beim Umweltschutz verstärkt zusammenzuarbeiten. Aber auch hier müssen Taten folgen. Außerdem darf die Notwendigkeit internationaler Kooperation nicht als billige Entschuldigung für nationale Untätigkeit gelten. Dies sage sich unter dem Eindruck der Debatte in der letzten Sitzungswoche im Hinblick auf die Einführung bleifreien Benzins hier in unserem Bereich.

    (Beifall bei der SPD)

    Damit, Herr Bundeskanzler, sind aber die positiven Elemente der Beschlüsse von Williamsburg im wesentlichen auch schon erschöpft.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Dann haben Sie sie nicht gelesen!)

    Was bleibt, ist die vage Hoffnung, es werde einen weltweiten Aufschwung geben und der werde die Probleme dann schon lösen. Das ist die gleiche Philosophie, nach der Sie auch die nationale Wirtschaftspolitik betreiben oder — besser — nicht betreiben. Hier wie dort sagen Sie, die Arbeitslosigkeit werde zurückgehen, wenn der Staat seine Ausgaben und seine sozialen Aufwendungen kürze, wenn man die sogenannten Selbstheilungskräfte der Wirtschaft und des Marktes gewähren lasse und sich im übrigen darauf beschränke, die Angebotsbedingungen zu verbessern. Dann komme der Aufschwung, dann beschleunige sich das Wachstum, dann werde alles gut, dann werde wieder alles, wie es früher war.
    Wir sagen: Das ist eine Illusion, eine nostalgische Illusion, das greift viel zu kurz, und zwar auch im internationalen Maßstab.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Natürlich, wir wünschen Aufschwung, aber wir unterscheiden uns von Ihrer wirtschaftspolitischen Philosophie in zwei wesentlichen Punkten: Anders als Sie glauben wir nicht, daß wirtschafts- und beschäftigungspolitische Untätigkeit zu Wachstum der Wirtschaft führt. Wir wissen, daß Wachstum allein die Arbeitslosigkeit nicht beseitigen, ja nicht einmal fühlbar vermindern wird. — Einzelne aus Ihren Reihen, wie etwa Herr Biedenkopf, haben ja schon damit begonnen, die Wähler — Ihre Wähler — auf diese Einsicht einzustimmen. Diese Ehrlichkeit bekommt ihm aber nicht sonderlich gut, wie wir verfolgen können. —

    (Beifall bei der SPD)

    Deshalb beklagen wir, daß die Industrieländer ohne Probleme oder mit geringen Problemen in der Zahlungsbilanz und bei der Inflationsbekämpfung wie die Bundesrepublik, Japan und auch Großbritannien in Williamsburg keine gemeinsame Aktion zur aktiven Wachstumsförderung zustande gebracht haben. Warum haben Sie nicht auf eine solche internationale Beschäftigungsinitiative, auf einen internationalen Beschäftigungspakt gedrängt?

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Statt dessen bringen Sie als Botschaft vom Gipfel die Forderung nach weiterer Einschränkung der Massenkaufkraft und der staatlichen Nachfrage mit. Das Wort „Nachfrage" kommt in den Williamsburger Texten übrigens überhaupt gar nicht vor. Wir sagen: Das kann nicht gut gehen.



    Dr. Vogel
    Schlimmer noch ist, daß Sie in der Hochzinsfrage mit leeren Händen nach Hause gekommen sind.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Im Gegensatz zu Schmidt seinerzeit!)

    Es wird keinen nachhaltigen Aufschwung in der Weltwirtschaft geben, solange die Realzinsen so extrem hoch bleiben, wie sie heute sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Zinsen werden nicht sinken, solange das amerikanische Haushaltsdefizit allein für 1983 die astronomische Höhe von rund 500 Milliarden DM erreicht und in den Folgejahren kaum wesentlich darunterliegen soll.

    (Zuruf des Abg. Dr. Waigel [CDU/CSU])

    Da werden dann eben Auslandsgelder angezogen und die Zinsen ebenso in die Höhe gedrückt wie der Kurs des US-Dollars.
    Eine solche Fiskalpolitik und die auch weiterhin zu erwartende restriktive Geldmengenpolitik sind jedenfalls mit den Wachstumserwartungen, die in Williamsburg offenbar gehegt wurden, Wachstumserwartungen von 4 oder 5 %, nicht vereinbar. Im Zusammenhang damit erhöhen sich dann für viele Länder die Leistungsbilanzdefizite, was wiederum zum Protektionismus anreizt. In den Entwicklungsländern werden überdies die Verschuldungsprobleme verschärft. Jedes Prozent Zinssenkung würde dort zu einer Entlastung von etwa vier bis fünf Milliarden DM führen, Milliarden, die dann zur Entschuldung oder als kaufkräftige Nachfrage auch auf unseren Märkten zur Verfügung stünden.
    Und auch wir leiden: Auftriebstendenzen werden sogleich abgewürgt; die Bundesbank verliert an Spielraum. Nicht umsonst, sondern in diesem Zusammenhang sind die Zinsen für Hypotheken mit längerer Laufzeit bei uns in den letzten Tagen um ein ganzes Prozent gestiegen. Für die neue Bundesanleihe müssen effektiv 8,33 % Zinsen gezahlt werden, nachdem wir vor wenigen Wochen bei vergleichbaren Länderanleihen noch bei 7,5% standen. Der Kapitalmarkt, und zwar weltweit, hat sein Urteil über Williamsburg bereits gesprochen, und es ist kein positives Urteil.

    (Beifall bei der SPD)

    Jeder kennt auch die Ursachen des amerikanischen Haushaltsdefizits. Sie liegen strukturell vor allem in den nach Ansicht auch amerikanischer Experten gewaltig überhöhten Rüstungsausgaben und den gleichzeitigen drastischen Steuersenkungen. Hinzu kommt der durch die Rezession bedingte konjunkturelle Anteil des Defizits.
    Sie sehen das ja in Wahrheit offenbar auch nicht viel anders. Nach Ihrer Rückkehr hat Herr Boenisch am letzten Mittwoch tapfer erklärt, Sie hätten es in Übereinstimmung mit Ihren Kabinettskollegen als ärgerlich und bedrückend bezeichnet, daß die USA auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Williamsburg nicht auf die nachdrückliche Forderung der Europäer nach Senkung ihrer Zinsen eingegangen seien. Dies stelle eine schlimme Belastung für die Weltwirtschaftsentwicklung dar.
    Da kann man nur sagen: Sehr wahr, Herr Bundeskanzler! Sie hätten unseren Beifall bekommen, wenn Sie dies hier von dieser Stelle aus mit derselben Deutlichkeit und Klarheit ausgesprochen hätten.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Hat er doch!)

    Aber wie war das eigentlich in Williamsburg?

    (Roth [SPD]: Gekniffen!)

    Haben Sie dort für eine Verringerung der Rüstungsprogramme geworben?

    (Rühe [CDU/CSU]: Null-Lösung!)

    Haben Sie dargelegt, Herr Bundeskanzler, daß die Sicherheit und Schutzfähigkeit der Industrieländer durch eine andauernde Weltwirtschaftskrise, durch eine Zunahme derArbeitslosigkeit viel nachhaltiger gefährdet werden als dadurch, daß sich die Produktion immer neuer Raketensysteme verzögert oder in die Länge zieht?
    Hier besteht doch ein innerer Zusammenhang. Ich wiederhole: Die wirtschaftlichen und sozialen Schäden, die auf diese Weise unserer Gesellschaft, insbesondere aber auch den Völkern der Dritten Welt zugefügt werden, die Verbitterung, die sich gerade dort gegenüber den westlichen Industrienationen breit macht, lassen sich doch durch Raketen nicht überwinden; j a, ich sage: Sie lassen sich dadurch noch nicht einmal in Schach halten.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Billige Polemik!)

    Haben Sie diesen Zusammenhang angesprochen? Haben Sie auf einen neuen weltweiten Marshallplan gedrängt? Da geht es doch gar nicht um den Begriff, sondern um die Sache. Das ist eine Sache — ich werde nicht müde, das zu wiederholen —,

    (Rühe [CDU/CSU]: Sie sind schon müde!)

    die sich leicht finanzieren ließe, wenn die beiden großen Bündnissysteme nur auf einen Teil ihrer Rüstungsausgaben von gegenwärtig mehr als 600 Milliarden Dollar oder 430 Milliarden Rubel verzichten würden.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihre eigene Devise lautet doch: Frieden schaffen mit immer weniger Waffen.
    Ich fürchte, die ehrliche Antwort auf alle diese naheliegenden, aber von Ihnen bisher nicht beantworteten Fragen lautet: Nein. Statt dessen werden die Entwicklungsländer im Kommuniqué von Williamsburg mit Sätzen abgespeist wie „Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Fluß finanzieller Mittel, insbesondere der öffentlichen Entwicklungshilfe". — Donnerwetter! Gab es denn diese Aufmerksamkeit bisher nicht?

    (Zuruf des Abg. Wissmann [CDU/CSU])

    Was sollen denn solche glatten Selbstverständlichkeiten? Glauben Sie wirklich, daß die betroffenen
    Länder in der Dritten Welt solche Sätze als Aus-



    Dr. Vogel
    druck von Verständnis und Hilfsbereitschaft empfinden?

    (Beifall bei der SPD)

    Dabei ist gerade diese Entwicklung doch auch für die Bundesrepublik von Bedeutung, weil unser Export auch auf die Märkte dieser Entwicklungsländer angewiesen ist. Wir spüren doch schon, wie die Schwierigkeiten der Entwicklungsländer auf unsere Auftragsbestände durchschlagen. Die bisherige Finanzierung wachsender Teile der großen Leistungsbilanzdefizite dieser Länder durch private Kredite erweist sich ebenfalls als überaus problematisch. Die daraus erwachsenden Zins-, Tilgungs-
    und Umschuldungsprobleme sind doch mit den bisherigen Instrumenten kaum lösbar. Notwendig sind vielmehr Verhandlungen mit dem Ziel, das für das Programm der Weltbank zur Finanzierung von Strukturanpassungsmaßnahmen mehr Mittel bereitgestellt werden. Zusätzliche Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds könnten die Verschuldungsprobleme der Entwicklungsländer erleichtern. Auch insoweit sind die Ergebnisse des Gipfels nicht konkret und deshalb unbefriedigend.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die hohen Realzinsen beleben auch die Diskussion um die Weltwährungsordnung immer wieder aufs neue. Sie sagen dazu in der Abschlußerklärung von Williamsburg — ich zitiere —: Unter Wahrung unserer jeweiligen Handlungsfähigkeit seien wir bereit, koordiniert in die Wechselkursmärkte in den Fällen einzugreifen, in denen man sich über die Nützlichkeit eines Eingreifens einig sei. Ein fabelhafter Satz. Er ist offenbar von demselben unbekannten Verfasser formuliert worden, der zu Ihrer Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 den Satz beigesteuert hat: Das Tor zur Zukunft stehe weit offen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Das Problem besteht doch gerade darin, Herr Bundeskanzler, daß man sich über die Nützlichkeit des Eingreifens in Williamsburg offenbar nicht einig geworden ist, daß es die Einigkeit in diesem Punkt nicht gibt.

    (Beifall bei der SPD)

    Unser Fazit lautet: Es ist gut, daß der Gipfel stattgefunden, daß man miteinander gesprochen hat.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das ist ja schon großzügig!)

    Wir sehen einzelne positive Ansätze, aber das Gesamtergebnis ist nicht nur unbefriedigend, nein, es ist enttäuschend. Es ist sogar kontraproduktiv, weil wir als Ergebnis von Williamsburg in den Tagen danach schon einen weiteren raschen Zinsanstieg und weitere Währungsprobleme feststellen müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Außerdem: Wir stehen doch mit dem Urteil nicht allein. Sprecher aller Fraktionen des Europäischen Parlaments, also auch der Ihren, haben sich in der gestrigen Debatte ebenso geäußert, wie ich das tue.
    Und der französische Staatsprasident, auf den Sie sich doch sonst so gerne und so häufig berufen,

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Jetzt hören wir gespannt zu!)

    hat gestern abend sogar erklärt, Frankreich werde in Zukunft möglicherweise nicht mehr an Gipfeltreffen dieser Art teilnehmen, wenn sie in gleicher Weise wie in Williamsburg abgehalten würden. Er fuhr fort, der Gipfel der sieben führenden westlichen Industrienationen habe die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt; das gelte besonders für die Bereiche Arbeitsbeschaffung, Zurücknahme der Zinsen und Unterstützung der Dritten Welt.
    Solche Äußerungen lassen Ihre Lobeshymnen auf die weltweite Solidarität und auf die Übereinstimmung, die Sie nach allen Seiten ununterbrochen erzielen, in einem merkwürdigen Licht erscheinen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich fürchte, da liegt ein Fall partiellen Realitätsverlustes vor. Da werden Wunsch und Wirklichkeit miteinander verwechselt.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich füge hinzu: Unsere Position im Bündnis und in Europa sowie auch unter diesen sieben Nationen wird nicht geschwächt, sondern gestärkt, wenn man solche Meinungsunterschiede anspricht, aufgreift und dazu die eigene Position, auch vor dem nationalen Parlament, darlegt. Dafür nämlich sind wir da.

    (Beifall bei der SPD)

    Auf Ihrer Wanderung haben Sie einen Gipfel hinter sich. Der nächste, nämlich der EG-Gipfel, steht unmittelbar bevor. Hier ist Ihre Verantwortung in Anbetracht der deutschen Präsidentschaft ungleich größer. Ihre Ankündigungen und Versprechungen vor allen Dingen aus den ersten Monaten dieses Jahres, was Sie unter deutscher Präsidentschaft zusammen mit dem Herrn Kollegen Genscher alles bewirken und verändern würden, waren noch umfassender, noch tönender und sind uns auch noch exakter in Erinnerung. Unser Entschließungsantrag greift einen Teil Ihrer Ankündigungen auf und sagt im übrigen, was wir im Interesse unseres Landes und der Europäischen Gemeinschaft von diesem Stuttgarter Gipfel, der unter Ihrer Verantwortung stattfindet, erwarten.
    Täuschen wir uns nicht: Die EG befindet sich in einer tiefen Krise, in einer Krise, die an die Wurzel ihrer Existenz geht. Infolge einer Agrarmarktpolitik, die Ihr Finanzminister, jedenfalls außerhalb des Parlaments, offen attackiert und die selbst Ihr Landwirtschaftsminister nur noch partiell und mit halbem Herzen verteidigt, droht der Gemeinschaft der finanzielle Kollaps. Allein zur Beseitigung der Agrarüberschüsse — das hat auf Frage in dieser Woche Herr Gallus dem Parlament mitgeteilt — wird die Europäische Gemeinschaft in diesem Jahr mindestens 32 Milliarden DM ausgeben. Allein zur Beseitigung der Überschüsse! Das sind 4,6 Milliarden DM mehr als im letzten Jahr. Gleichzeitig schwelt der Beitragsstreit.



    Dr. Vogel
    Für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und eine europäische Sozial- und Strukturpolitik fehlen die Konzepte, vor allem aber die Mittel. Die Freizügigkeit des Binnenmarktes ist in Gefahr. Der Abschluß der Beitrittsverhandlungen mit Spanien und Portugal zieht sich über die Maßen in die Länge. Was das für Spanien bedeutet, hat Ihnen der spanische Ministerpräsident sicher ebenso — mit den gleichen Worten — erläutert wie uns. Der Genscher-Colombo-Plan erweist sich endgültig als eine Chimäre, die seit geraumer Zeit mehr der häufigen öffentlichen Nennung der Namen der beiden Außenminister, vor allem in Wahlkampfzeiten, als wirklich der Einigung Europas dient.

    (Beifall bei der SPD)

    Seit dem 1. Januar 1983 hat die deutsche Präsidentschaft zur Lösung dieser eben von mir knapp, präzise und konkret aufgezählten Probleme kaum etwas beigetragen. Ich hoffe — bin mir aber nicht sicher —, die Bundesregierung hat den Stuttgarter Gipfel auf das Sorgfältigste vorbereitet. Es ist die letzte Gelegenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, Versäumtes nachzuholen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sehr wohl, Herr Oberlehrer!)

    — Die Originalität Ihrer Darbietungen, Herr Kollege, war auch schon einmal größer. Sie haben heute keinen besonders guten Tag.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das haben wir oft gehört!)

    Meine Damen und Herren von der Union, Sie lieben ja die vergleichende Betrachtung, und wenn Ihnen nichts anderes einfällt, verwenden Sie auch heute noch das Stichwort von der Erblast. Ich lade Sie jetzt einmal zu einer vergleichenden Betrachtung ein.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das gilt heute noch!)

    — Ich finde, es ist eigentlich ein verstecktes Kompliment für mich, daß Sie bei mir viel lebhafter sind als bei Ihrem Bundeskanzler. Da wirkten Sie ein bißchen müde, ein bißchen schläfrig.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Aber ich freue mich, daß ich die Oppositionsaufgabe, Sie zu beleben, Sie anzuregen, Sie zu mehr oder weniger geistreichen Äußerungen zu veranlassen,

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Das ist Dialektik!)

    in einem so vorbildlichen Maße erfülle. — Vielen Dank.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Nicht nervös werden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Meine Damen und Herren, es ist eine alte Erfahrung, daß Sie Ihre Zwischenrufe ein bißchen ordnen sollten. Wenn Sie im Chor auftreten, ist es schon akustisch nicht zu verstehen, geschweige denn inhaltlich. Vielleicht kann man eine gewisse Reihenfolge einhalten.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Er belehrt schon wieder!)

    Ich komme zurück zu meinem Gedankengang. Ich lade Sie zu einer vergleichenden Betrachtung ein. Ich trage Ihnen einmal vor, was während der letzten deutschen Präsidentschaft vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1978 bewegt worden ist. Da ist das europäische Währungssystem beschlossen worden.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Da ist die materielle Einigung über den Beitritt Griechenlands erzielt worden. Da ist die Direktwahl des Europäischen Parlaments vorbereitet worden. Da ist eine weitgehende Einigung bei den multilateralen Handelsverhandlungen im GATT erzielt worden. Ich lade Sie ein, die Ergebnisse Ihrer Präsidentschaft in vergleichenden Wettbewerb zu setzen zu dem, worauf wir für die Zeit der letzten Präsidentschaft unter unserer Verantwortung zurückblicken können.

    (Beifall bei der SPD)

    Damit wir uns recht verstehen: Wir Sozialdemokraten sind für ein starkes und handlungsfähiges Europa. Wir sind für den Beitritt Spaniens und Portugals. Wir sind nicht für feierliche Erklärungen, die nichts bewegen. Wir sind dafür, daß das Europäische Parlament mehr Rechte bekommt, und zwar möglichst noch vor den nächsten Wahlen, damit wir in Europa mit der Wahlbeteiligung bei der nächsten Europawahl nicht ein Fiasko erleben — alle miteinander.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind auch bereit, für dies und für eine aktive europäische Beschäftigungspolitik Opfer zu bringen, aber nur — und da sollte gut zugehört werden —, wenn es gleichzeitig zu einer substantiellen und kostensenkenden Reform der europäischen Agrarpolitik kommt; nur dann.

    (Beifall bei der SPD — Abg. Ertl [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Lieber Kollege Ertl, nicht in diesem Zusammenhang; bei nächster Gelegenheit gerne.

    (Ertl [FDP]: Ich wollte Ihnen sagen, daß Sie eine falsche Zahl genannt haben, daß Sie mit falschen Zahlen operieren!)

    — Ich würde dann vorschlagen, Kollege Ertl, daß Sie über die Zahlen mit Ihrem ehemaligen Staatssekretär Herrn Gallus ein Gespräch führen. Ich habe die Zahlen aus seiner Antwort. Es ist dann leichter, Sie reden mit ihm als mit mir sozusagen über das Dreieck.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU)

    Ich sage noch einmal, wir sind nur dann dazu bereit, wenn es gleichzeitig zu einer substantiellen und kostensenkenden Reform der deutschen Agrarpolitik kommt. Solange dort das Geld in geradezu ärgerniserregender Weise für die Lagerung und den Absatz der Überproduktion von Milch, Schweinefleisch und anderen Agrarerzeugnissen, ja, ich sage, verschwendet wird, werden wir schon deshalb jede Erhöhung unseres Beitrages strikt ablehnen.

    (Beifall bei der SPD)




    Dr. Vogel
    Eine solche Politik kann uns die Bundesregierung in einer Zeit, in der sie Arbeitnehmern und Rentnern immer neue Kürzungen und Streichungen verordnet, nicht zumuten.

    (Beifall bei der SPD)

    Übrigens: aktive Beschäftigungspolitik. Herr Bundeskanzler, ist es zutreffend, daß fünf christdemokratische Regierungschefs von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft an Sie Briefe geschrieben haben?

    (Bundeskanzler Dr. Kohl: Wer sollte denn das sein?)

    — Nur langsam! Also, die Tatsache des Briefeschreibens ist ja nicht ehrenrührig. Ich meine: brieflich aufgefordert haben, endlich eine den Arbeitsmarkt stimulierende Politik einzuleiten. Und wenn es diese Aufforderung gibt, wobei vier auch schon eine schöne Anzahl wären: Was haben Sie geantwortet? Offenbar sind wir deutsche Sozialdemokraten mit unseren beständigen Forderungen nach einer aktiven Beschäftigungspolitik in bester Gesellschaft.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir diskutieren in diesen Tagen über die Lage der Weltwirtschaft und über die Lage der Europäischen Gemeinschaft. Natürlich geht es dabei letzten Endes immer auch um die Lage im eigenen Lande. Es geht vor allem um die Eindämmung und Überwindung der Arbeitslosigkeit. Daran und an der Friedenssicherung wird Erfolg oder Mißerfolg der Politik, daran wird Ihr Erfolg oder Mißerfolg in erster Linie gemessen werden.
    Die Arbeitslosenzahlen sind unverändert alarmierend. Sie selbst rechnen für 1984 inzwischen nicht mehr mit einem Jahresdurchschnitt von 2,350 Millionen, sondern mit einem Anstieg auf 2,5 Millionen. Ernst zu nehmende Wirtschaftswissenschaftler prognostizieren in ihrer Mehrheit für den vor uns liegenden Winter sogar um die 3 Millionen Arbeitslose.
    Sie sagen dazu immer wieder, der Aufschwung komme, Arbeitslose seien eben Spätindikatoren, man müsse abwarten. Ich finde, das ist schon sprachlich nicht gut. Arbeitslose sind keine Indikatoren, sondern Menschen, von denen nicht wenige der Verzweiflung nahe sind, Menschen, denen wir miteinander helfen müssen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU)

    — Wir beschränken uns doch nicht auf Kritik, wir haben doch konkrete Vorschläge gemacht; aber Sie sagen immer nein.

    (Seiters [CDU/CSU]: Sie haben die Arbeitslosigkeit doch erst geschaffen!)

    Wir sagen mit wachsener Unterstützung, die Arbeitszeit muß verkürzt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann wird es noch schlimmer!)

    Ein modernes Arbeitszeitgesetz, das wir noch in diesem Monat von neuem einbringen, soll dazu verhelfen. Sie sagen schon am voraus nein.
    Wir sagen, die öffentliche Nachfrage muß ebenso wie bestimmte private Investitionen auch durch staatliche Programme gestärkt werden. Sie sagen nein.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir sagen, für Dauerarbeitslose müssen auf einem zweiten Arbeitsmarkt sinnvolle Beschäftigungen unter Einsatz der Mittel geschaffen werden, die sonst für Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ausgegeben werden. Sie lehnen es ab, darüber auch nur ernsthaft mit uns zu diskutieren.
    Wir sagen, bei öffentlichen oder gemeinnützigen Trägern müssen zusätzliche Ausbildungsplätze bereitgestellt werden, wenn Handwerk und Industrie es allein nicht schaffen. Sie lassen sich noch nicht einmal davon beeindrucken, daß Ihre Parteifreunde in Berlin, Herr von Weizsäcker und Herr Wronski, genau das in Fortsetzung der bahnbrechenden Initiativen unseres Freundes und Kollegen Olaf Sund tun. Dabei hätten Sie auf diesem Gebiet, Herr Bundeskanzler, in Anbetracht Ihrer Lehrstellengarantie ganz besonderen Grund zuzuhören und tätig zu werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sollten auch deutlicher erkennen, was wir Ihnen in diesem Zusammenhang vorwerfen. Natürlich verdient es Kritik, daß die Notlage junger Menschen zum Gegenstand eines vordergründigen Wahlversprechens in Zeitungsanzeigen geworden ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Oder Ihrer Polemik!)

    Aber das ist nicht unser Hauptvorwurf. Unser Hauptvorwurf ist, daß Sie nicht das Mögliche tun, um Ihr Versprechen nun tatsächlich zu erfüllen,

    (Beifall bei der SPD)

    daß Sie die Zeit verstreichen lassen, in der viele zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden könnten.
    Statt dessen eröffnen Sie jetzt auf dem Felde der Arbeitsschutzvorschriften, die Sie plötzlich als angebliche Ausbildungshemmnisse entdeckt haben, einen Nebenkriegsschauplatz. Wir werden dieser Ablenkungsoffensive Widerstand entgegensetzen, wenn Sie unter dem Vorwand der Ausbildungsplatzförderung gesundheitlichen und sozialen Schutz abbauen wollen. Vom Kernproblem werden wir uns aber nicht ablenken lassen. Das Kernproblem ist und bleibt, die rund 160 000 jungen Menschen unter 20 Jahren, die gegenwärtig ohne Ausbildung und ohne Arbeit sind, von der Straße wegzubringen, auch wenn dabei Ordnungsprinzipien vorübergehend in die zweite Linie treten.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir fürchten sehr, Herr Bundeskanzler, daß Ihre Politik des Abwartens die Realität nicht verändert. Im Gegenteil. Die Zinsen steigen schon wieder. Die Auftragslage wird in vielen Branchen wieder skep-



    Dr. Vogel
    tischer beurteilt. Von der Exportseite — so teilt uns die dafür zuständige Stelle mit — kommt kaum Entlastung. Die saisonbereinigte Zahl der Arbeitslosen ist im Mai dieses Jahres — so sagt die Bundesanstalt — gegenüber dem Vormonat April noch einmal um 26 000 gestiegen. Ihre Haushaltsbeschlüsse verschärfen diesen Trend noch, denn sie vermindern die Einkommen derer, die jeden Pfennig und jede Mark für ihren Lebensunterhalt ausgeben müssen. Sie begünstigen diejenigen, die immer noch genug haben, um ihr Geld in Abschreibungsgesellschaften oder sonst zinsträchtig in in- und ausländischen Kapitalien anzulegen.

    (Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

    In diese Anlagen nämlich wird die größere Hälfte der Mittel auf Grund der von Ihnen schon beschlossenen Vermögensteuersenkung fließen. Das bestätigt selbst Ihr Parteifreund, der saarländische Finanzminister, unser früherer Kollege Zeitel, wenn er beklagt, daß höchstens die Hälfte der beschlossenen Steuererleichterungen Anreize zu höherer Investition bietet. Herr Mundorf schrieb zu diesem Thema am 20. Mai 1983 im „Handelsblatt", das ja wohl nicht im Verdacht steht, unser Sprachrohr zu sein — und damit meinte er Sie, Herr Bundeskanzler —: Man muß nicht unbedingt dann Fenster putzen, wenn das Haas brennt, so schön Sauberkeit sonst auch ist. — Das ist ein Satz zum Nachdenken.

    (Beifall bei der SPD)

    Kontraproduktiv ist auch die Art und Weise, wie Sie mit den Städten und Gemeinden umgehen. Denen haben Sie in Ihrer Regierungserklärung wohlklingende allgemeine, inhaltlich aber nicht konkretisierbare Vorschläge gemacht. In Wahrheit vermindern Sie die Einnahmen der Städte und Gemeinden durch die Reduzierung von Unternehmenssteuern überproportional.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Gleichzeitig steigern Sie doch die finanziellen Belastungen der Gemeinden, weil Hunderttausende von Mitbürgern und Mitbürgerinnen, vor allem arbeitslose Frauen, infolge der Beschneidung sozialer Leistungen künftig zusätzlich die Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen. Die unmittelbare Konsequenz ist — auch das ist nicht meine Erfindung; das sagt Herr Rommel doch fast täglich —: Die Gemeinden müssen die Investitionen, j a da und dort bereits den notwendigen Gebäudeunterhalt weiter beschneiden. Dadurch wird sich die Arbeitslosigkeit verschärfen.
    Sie antworten auf Fragen in dieser Hinsicht meist und selbstverständlich mit der Gegenfrage, wo denn das Geld sonst herkommen solle. Wir bleiben Ihnen die Antwort darauf nicht schuldig. Lassen Sie beispielsweise die Finger von der unnötigen Vermögensteuersenkung. Allein das spart schon 1,5 Milliarden DM.

    (Beifall bei der SPD)

    Machen Sie ernst mit dem Abbau von Steuersubventionen,

    (Beifall bei der SPD)

    insbesondere mit der Einschränkung der Steuervorteile für die Beteiligung an Abschreibungsgesellschaften.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie werden unsere Unterstützung haben. Beides haben Sie doch in Ihrem Wahlprogramm versprochen. Warum halten Sie diese Versprechen nicht?
    Schon warnen Sie doch Ihre eigenen Freunde vor der Fortsetzung Ihrer Politik der sozialen Ungerechtigkeit. So kann man in der Juni-Ausgabe des Organs der Katholischen Arbeitnehmerbewegung — auch kein ausgesprochen sozialdemokratisches Blatt — folgendes lesen. Ich zitiere wörtlich. Ich zitiere deswegen wörtlich, weil ich mir das gar nicht mal so alles in dieser Sprache zu eigen mache. Da liest man:
    Die Unionsparteien laufen Gefahr, das am 6. März gewonnene Vertrauenskapital schon jetzt zu verspielen.
    Und dann liest man dort weiter den Satz:
    Die CDU darf nicht die Partei der Wählertäuschung und der Geschäftemacher werden.

    (Hört! Hört! und Beifall bei der SPD) Es ist kein Sozialdemokrat, der das sagt.

    Und der Herr Scharenbroich, Hauptgeschäftsführer der CDU-Sozialausschüsse und sicherlich ein besonderer Vertrauter von Herrn Kollegen Blüm, hat in dieser Woche mit seiner scharfen Kritik an den Kürzungsbeschlüssen, beispielsweise beim Mutterschaftsgeld, im Grund das gleiche gesagt. Er hat übrigens hinzugefügt, daß sich wachsender Widerstand dagegen in der Union rege. Gut. Wenn das so ist, dann könnte sich ja plötzlich eine ganz neue Mehrheit bilden.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich meine: Was die Katholische Arbeitnehmerbewegung, was Herr Scharenbroich und die Sozialausschüsse sagen, das sollte Ihnen mehr zu denken geben als das allmählich schon penetrante Dauerlob bestimmter großer Wirtschaftsverbände, sei es in Anzeigen, Briefen oder Erklärungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Gipfel von Williamsburg hat sich auch mit Fragen der Rüstung und der Rüstungskontrolle beschäftigt. Sie haben diese Themen in Ihrer Erklärung ebenfalls angesprochen. Wenn wir richtig informiert sind, ist eine weitere Regierungserklärung, die von Herrn Genscher, zu diesem Thema für die nächste Woche angekündigt worden. Ich beschränke mich deshalb heute auf vier Bemerkungen; dies auch deshalb — und das sage ich in alle Richtungen des Parlaments —, weil sich sonst draußen der Eindruck verstärkt, wie schon in Williamsburg weiche jetzt auch die nationale Politik auf die Erörterung der Sicherheitspolitik aus, um die wirtschaftspolitische Untätigkeit zu überdecken.

    (Beifall bei der SPD)




    Dr. Vogel
    Erstens. Wir begrüßen es, Herr Bundeskanzler, daß sich die Staats- und Regierungschefs für die Einberufung einer Konferenz über Abrüstung in Europa ausgesprochen haben. Aber die kann doch nur stattfinden, wenn die Madrider KSZE-Folgekonferenz auf der Grundlage des Vorschlags der Neutralen bald zu einem positiven Abschluß kommt. Haben Sie die fortdauernden amerikanischen Widerstände gegen diese Vorschläge angesprochen? Glauben Sie, daß diese Widerstände durch Modifikationen ausgeräumt werden? Denn gegen diesen Widerstand wird es keine Abrüstungskonferenz für Europa geben.
    Zweitens. Wir begrüßen die erneut bekundete Bereitschaft, mit der Sowjetunion zu Fortschritten in der Rüstungskontrolle zu kommen. Aber was heißt das praktisch? Warum taucht dann, wenn man dies begrüßt, der Begriff Entspannung, anders als in der Erklärung des Bonner Gipfels vom 10. Juni 1982, in dem von Ihnen unterschriebenen Dokument nicht mehr auf? Und warum fehlt in dem Dokument auch die Bezugnahme auf den Harmel-Bericht, die auch 1982 noch zu finden war? Es ist gut, daß Sie heute auf diese Grundlage der Bündnispolitik eingegangen sind. Um so erstaunlicher ist aber vor diesem Hintergrund dann das Schweigen von Williamsburg. Hat man dort die von Ihnen geforderte Bezugnahme auf den Harmel-Bericht abgelehnt, und Sie holen das heute nach? Dies würde sogar unseren Respekt verdienen, wenn Sie es dort zuvor gefordert haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Schlüssel für ein Ergebnis in Genf, das den atomaren Rüstungswettlauf zum Stehen bringt, liegen gewiß in Moskau. Und Sie haben unsere Unterstützung, wenn Sie die sowjetische Führung bei Ihrem bevorstehenden Besuch in Moskau ebenso dazu drängen, in Genf weitergehende Angebote vorzulegen, wie es andere, und im Rahmen meiner Möglichkeiten auch ich im Januar dieses Jahres, getan haben. Aber die Schlüssel liegen eben nicht nur dort, sie liegen für jeden real Denkenden auch in Washington; sie liegen in beiden Hauptstädten.

    (Beifall bei der SPD)

    Deshalb frage ich Sie — auch in Kenntnis dessen, was Sie heute vormittag hier vorgetragen haben —: Haben Sie in Williamsburg die Forderung des amerikanischen Repräsentantenhauses angesprochen und ernsthaft diskutiert, die INF- und die START-Verhandlungen zu verbinden? Mit diesem Gedanken, der aus der sich abzeichnenden Sackgasse herausführen könnte, weil er die Behandlung des Problems der Drittstaatensysteme erleichtert, sympathisieren doch auch andere, bis — wenn ich die Zeitungen richtig verfolgt habe — in den deutschen militärischen Bereich hinein; und im Ausland nicht nur der kanadische Ministerpräsident.
    Haben Sie gefragt, Herr Bundeskanzler, warum die USA den Nitze/Kwizinski-Kompromiß nicht, jedenfalls noch nicht — um mich vorsichtig auszudrücken — offiziell in die Genfer Verhandlungen eingeführt haben? Etwas, was der amerikanische Delegationschef in Genf für diskutabel und erwägenswert hält, kann doch für die deutsche Bundesregierung und erst recht für die Parteien dieses Parlaments nicht tabu sein,

    (Beifall bei der SPD)

    sondern müßte Gegenstand der Erwägungen und der Aussprache sein.
    Es ist richtig, in Moskau das Problem der russischen Überrüstung anzusprechen. Das haben auch andere getan, z. B. Ihr Vorgänger im Amt und in dem Rahmen, der mir zukam, auch ich.
    Aber haben Sie in Williamsburg auch deutlich gemacht, welche psychologischen Wirkungen öffentliche Äußerungen darüber haben, daß Atomkriege geführt und in Europa auch gewonnen werden könnten oder daß die Sowjetunion das Reich des Bösen sei?
    Drittens. Sie werfen uns vor, daß wir uns aus der Kontinuität unserer eigenen Sicherheitspolitik entfernten und die Position des Westens schwächten. Das weise ich zurück.

    (Beifall bei der SPD)

    Ziel und Zweck der in den 70er Jahren eingeleiteten Politik war und ist nicht eine weitere Umdrehung der Rüstungsspirale und nicht die Stationierung neuer Raketen auf unserer Seite, sondern gerade die Vermeidung ihrer Stationierung durch ein Verhandlungsergebnis.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich stimme Ihnen zu: Zu diesem Zweck muß sich die Sowjetunion noch weiter bewegen. Aber zu diesem Zweck müssen auch die Vereinigten Staaten in Genf weitere Schritte tun.

    (Rühe [CDU/CSU]: Welche?)

    Wer das so zum Ausdruck bringt, wie wir es in unserem Beschluß vom vergangenen Mittwoch getan haben, wer außerdem mit großem Ernst immer wieder auf die unser Vorstellungsvermögen noch immer übersteigende Größe der Gefahren hinweist, die aus der Fortsetzung des atomaren Rüstungswettlaufs erwachsen, der schwächt nicht die Position des Westens, sondern stärkt die moralische Glaubwürdigkeit dieser Position und damit die Position des Friedens.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Position des Friedens erfordert, daß jede Chance, auch die kleinste, genutzt werden muß.
    Lassen Sie mich hier folgendes einschieben. Gerade in diesem Zusammenhang fehlt mir jedes Verständnis dafür, daß es Vertretern bestimmter Positionen offenbar an der Selbstsicherheit schon in bezug auf die Tatsache mangelt, daß junge Menschen mit der Farbe eines bestimmten Tuches ihrer Auffassung und ihrem Bekenntnis Ausdruck geben.

    (Beifall bei der SPD — Rühe [CDU/CSU]: Das ist überhaupt nicht das Problem!)

    Viertens. Ich habe Sie — Sie wissen das, und ich halte das für selbstverständlich — mehr als einmal gegen Zweifel an Ihrem Friedenswillen in Schutz genommen, Herr Bundeskanzler. Sorgen Sie bitte umgekehrt dafür, daß nicht aus Ihrem Lager stän-



    Dr. Vogel
    dig Verdächtigungen anderen Richtung verbreitet werden. Damit meine ich Verdächtigungen, die sich gegen die Friedensbewegung richten, ebenso wie Verdächtigungen, j a, Verleumdungen, die uns Sozialdemokraten treffen. Widersprechen Sie den Argumenten der Friedensbewegung, wo Sie sie für falsch halten! Auch wir tun das, wo wir es für geboten halten. Aber hören Sie auf damit, die Friedensbewegung als kommunistisch und als Instrument der Kommunisten verdächtigen zu lassen.

    (Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

    Das wäre übrigens nur das, was unter Ihrem Vorsitz, Herr Wissmann, in der Enquetekommission als Handlungsanweisung für die Politik erarbeitet worden ist. Setzen Sie sich mit uns über den besten Weg zur Friedenssicherung auseinander. Aber hören Sie bitte auf, uns durch Leute aus dem zweiten oder dritten Glied als Agenten, Handlanger oder Lobbyisten Moskaus verleumden zu lassen.

    (Zurufe von der SPD)

    Als ich im Januar 1983 noch meinem MoskauBesuch die Ansicht äußerte, die Sowjetunion sei an ernsthaften Verhandlungen interessiert, war das nicht nur für die Münchener CSU-Wochenendpostille, mit der Sie ja auch von Mal zu Mal Ihre Erfahrungen machen, Anlaß zu einer üblen Kampagne. Jetzt hat Herr Späth nach seinem Moskau-Besuch wörtlich dasselbe erklärt, nein, er ist noch weitergegangen, er hat der Sowjetunion sogar den ernsthaften Willen bescheinigt, in Genf zu einem Ergebnis zu kommen. Ist Herr Späth nun auch ein Agent Moskaus? Ich glaube das nicht.

    (Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

    Ich glaube vielmehr, daß es auch in Ihren Reihen Stimmen der Vernunft gibt, Frauen und Männer, die wissen, daß gerade diese Sache einen derartigen Primitivstil nicht verträgt, Frauen und Männer, die wissen, was auf dem Spiel steht, außen- wie innenpolitisch und — lassen Sie mich das hinzufügen — auch im Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten.
    Gerade diesen Aspekt — ich möchte das mit Ernst und Ruhe sagen — dürfen wir bei allem, was in den nächsten Monaten vor uns liegt, nicht aus den Augen verlieren. Im Gegenteil. Wir sollten uns bei jeder Entscheidung fragen, was wohl die Menschen — ich rede von den Menschen — in der DDR von uns erwarten, welche Entscheidung sie wohl befürworten würden. Das gehört nämlich auch zur Bewahrung und Pflege der Gemeinschaft der Deutschen, wenn dieser Begriff nicht nur eine Feiertagsfloskel oder ein leeres Gerede sein soll. Das gehört auch dazu.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir alle werden viel Vernunft, viel Engagement, viel Entscheidungskraft, aber auch Toleranz und auch schlüssige Konzepte brauchen: für die Überwindung der Arbeitslosigkeit, für die Sicherung des äußeren Friedens, auch für die Bewahrung des inneren Friedens. Die Konferenz von Williamsburg hat dazu wenig beigetragen, Ihre eigene Erklärung nicht mehr. Die Reihe der vertanen Chancen, die Sie, Herr Bundeskanzler, mit Ihrer Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 eröffnet haben, hat damit eine enttäuschende Fortsetzung gefunden. Im Blick auf den Stuttgarter EG-Gipfel kann ich Ihnen deshalb nur zurufen: Die Zeit wird knapp, werden Sie endlich konkret, Herr Bundeskanzler! Reden Sie nicht nur von den Hausaufgaben, sondern machen Sie diese Hausaufgaben, damit wir weiterkommen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Kollege Wissmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Matthias Wissmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Dr. Vogel hat seine Rede mit der Bemerkung beendet: Herr Bundeskanzler, werden Sie konkret. Ich meine, der Bundeskanzler, die Erklärungen des Weltwirtschaftsgipfels, unsere Politik sind konkret.

    (Lachen bei der SPD)

    Was nicht konkret ist, Herr Kollege Dr. Vogel, ist Ihr Standpunkt zu den wesentlichen Fragen, die hier zur Debatte stehen, beispielsweise zu der Frage der Sicherheitspolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben, Herr Kollege Dr. Vogel, Fragen in der Sicherheitspolitik an den Bundeskanzler gestellt. Ich meine, die Position der CDU/CSU ist hier heute in eindeutiger Klarheit umrissen worden. Was unklar bleibt, ist die Position der Sozialdemokraten, vor allem auch Ihre ganz persönliche, Herr Dr. Vogel. Sie waren doch als Justizminister Mitglied des Bundessicherheitsrates. Sie haben doch in dieser Eigenschaft alle wesentlichen sicherheitspolitischen Schritte der Regierung Schmidt mitgetragen. Sie haben den NATO-Doppelbeschluß gerade auch dort mitberaten. Sie wissen doch aus dieser Arbeit des Bundessicherheitsrates zuallererst, daß der NATO-Doppelbeschluß zwei Teile umfaßt: den Rüstungskontrollteil und auch den Stationierungsteil. Tun Sie doch nicht so, als wäre der Stationierungsteil von Amerikanern erfunden worden, sondern sagen Sie doch offen, daß das Bestandteil Ihrer Politik auch als Mitglied des Bundessicherheitsrates gewesen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, angesichts dessen, was der Herr Kollege Vogel hier gesagt hat, ist es einfach notwendig, noch einmal daran zu erinnern, was der ehemalige Bundeskanzler Schmidt in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung" vom 7. April 1981 auch zur Stationierungsfrage gesagt hat — ich zitiere —:
    Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gestiegen, daß jedwede Nachrüstung überflüssig wird, denn die Sowjets haben inzwischen über das im Jahre 1979 vermutete Ausmaß hinaus große Anstrengungen gemacht.
    Helmut Schmidt fährt dann fort:



    Wissmann
    Inzwischen haben sie über 200 SS-20-Raketen stationiert, und dann sind da immer noch rund 400 SS-4- und SS-5-Raketen mit je einem Sprengkopf.
    Er fährt dann fort: „Ich halte das nicht für sehr wahrscheinlich, daß die Sowjets das alles auf Null bringen" und zieht daraus die Konsequenz, daß der Nachrüstungsteil „möglicherweise sehr bald real" werden könnte. Wir wissen inzwischen, daß es nicht 200 SS-20-Raketen sind, die stationiert sind, sondere 351 — etwa 150 Raketen mehr als damals. Meine Bitte an den Kollegen Vogel wäre, daß er in seiner Fraktion Klarheit schafft und die Schlangenlinie verläßt, die die sozialdemokratische Fraktion in der Sicherheitspolitik seit dem Abschied aus der Regierung noch deutlicher fährt als schon vorher, und daß die Sozialdemokraten endlich sagen, wie sie zum NATO-Doppelbeschluß in seinen beiden Teilen stehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, ähnlich unklar sind die Bemerkungen, die der Kollege Vogel zur Wirtschaftspolitik, vor allem auch zum Weltwirtschaftsgipfel gemacht hat. Ich glaube, eine Auseinandersetzung mit der Bemerkung zum Tagungsort führt uns in der Sache nicht weiter. Herr Kollege Vogel, wenn Sie sagen, in Williamsburg habe man das Problem der Arbeitslosigkeit ja gar nicht unmittelbar spüren können, dann hatte ich nicht den Eindruck, daß Versailles, der Tagungsort des letzten Weltwirtschaftsgipfels, nun eine Atmosphäre geschaffen hätte, die diesem Zusammenhang nähergekommen wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lahnstein [SPD]: Aber Birmingham!)

    Lassen wir doch solche Auseinandersetzungen! Reden wir doch über Inhalte und nicht über Fragen des Ortes. Ich glaube, das ist doch wesentlicher.
    Dann sagen Sie mit Recht, Herr Dr. Vogel — der Bundeskanzler hat dies ja ebenfalls deutlich gesagt, ebenso der Bundeswirtschaftsminister —, daß die Problematik der Zinsentwicklung leider nicht gebrochen sei. Nur, Herr Kollege Dr. Vogel: Wer im Glashaus sitzt, sollte am wenigsten mit Steinen werfen. Und es ist ja nun einmal leider Wahrheit, daß in Ihrer Regierungszeit die überhöhten Haushaltsdefizite wesentliche Ursachen für die Zinsentwicklung in Deutschland waren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben am allerwenigsten das Recht, in diesem Punkt Kritik zu äußern.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang den führenden Wirtschaftsberater des amerikanischen Präsidenten, Martin Feldstein, zitieren, der in der „New York Times" vor wenigen Tagen wörtlich ausführte:
    Die Hartnäckigkeit der Realzinsen basiert hauptsächlich auf der weit verbreiteten Sorge, daß die sehr hohen Budgetdefizite sich während der nächsten Jahre auf diesem hohen Niveau halten werden.
    Er macht dann deutlich er eine Senkung der Defizite für dringend. notwendig hält.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Auch über Sozialabbau!)

    Ähnlich hat sich der Bundeskanzler hier ausgedrückt. Die Ergebnisse des Weltwirtschaftsgipfels haben dies unterstrichen.
    Ich sage hier für die CDU/CSU-Fraktion: Natürlich muß aus diesen Papieren konkrete Politik werden, natürlich hemmt das Zinsniveau die wirtschaftliche Entwicklung, und natürlich appellieren wir auch an unsere amerikanischen Freunde, in Einsicht dieser Zusammenhänge die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und alles zu unternehmen, um die Ursachen des hohen Zinsniveaus energisch zu bekämpfen. Aber wenn Sie zugehört hätten, Herr Kollege Vogel, hätten Sie dies beim Bundeskanzler in seiner Erklärung heute genauso klar hören können wie bei seinen Einlassungen beim Weltwirtschaftsgipfel.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Strittig sind nicht die Position des Bundeskanzlers und seine Bemerkungen, sondern strittig und unklar ist Ihre Position. Sie reden von hohen Zinsen und sind nicht bereit, in der deutschen Haushaltspolitik Ihren Beitrag zu leisten, damit wir selber durch eine sorgsamere Haushaltspolitik als früher eigene Beiträge zu einer Entwicklung zu niedrigeren Zinsen setzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich möchte namens der CDU/CSU-Fraktion dem Bundeskanzler und allen Ministern für den deutschen Beitrag in Williamsburg danken.

    (Roth [SPD]: Noch ein bißchen Schmalz!)

    und für die Tatsache, daß es in Williamsburg erstmals gelungen ist, den Zusammenhang herzustellen, der notwendig ist, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen: disziplinierte Geldpolitik, solide Finanzpolitik, Stabilisierung der Devisenmärkte, produktivitäts- und beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik und Politik gegen Handelsbeschränkungen. Das sind fünf Punkte, die in der Deklaration von Williamsburg konkret angesprochen werden. Dieser Zusammenhang ist es doch, der uns am ehesten in die Lage versetzt, weltweit wirksamer gegen Arbeitslosigkeit vorzugehen.
    Und wir begrüßen auch, daß es erstmals bei einem Wirtschaftsgipfel möglich war, konkret von dem Thema Jugendarbeitslosigkeit auch in der Schlußerklärung zu reden. Wir wären froh gewesen, wäre das schon in früheren Jahren möglich gewesen. Wir sind froh, daß dies jetzt möglich ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, natürlich geht es darum die Beschlüsse von Williamsburg in die Tat umzusetzen. Natürlich geht es auch darum, die Hausaufgaben, wie sich der Bundeskanzler ausgedrückt hat, in allen Ländern zu achen. Wir selber in Deutschland haben mit unseren Haushaltsbeschlüssen den entscheidenden Beitrag dazu geleistet, unsere Hausaufgaben zu machen.



    Wissmann
    Herr Kollege Vogel, es wäre gut, wenn die sozialdemokratische Fraktion ernsthafter als bisher bereit wäre, zu Fragen der Haushaltspolitik nicht immer dann auszuweichen, wenn es konkret wird, sondern die Mahnung des früheren Bundeskanzlers Schmidt, bereit zu sein, auch Einsparungen vorzunehmen, wenn man Beschäftigungspolitik im guten Sinne des Wortes betreiben wolle, endlich auch in Ihre heutigen Beschlüsse einfließen zu lassen.