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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/8 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 8. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung der Republik Burundi, Prof. Dr. Emile Mworoha, und einer Delegation 315A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Gerstl 315B Wahl der Abg. Dr. Althammer und Rapp (Göppingen) zu Mitgliedern des Verwaltungsrats der Lastenausgleichsbank . . 315 B Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 315B Erweiterung der Tagesordnung 315 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Weltwirtschaftsgipfel in Williamsburg und Europäischer Rat in Stuttgart — Drucksache 10/79 — Lahnstein SPD 315D Dr. Schäuble CDU/CSU 316C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Bericht der Enquete-Kommission „Jugendprotest im demokratischen Staat" — Drucksache 10/51 — Wissmann CDU/CSU 317 B Schröder (Hannover) SPD 320 C Eimer (Fürth) FDP 323D Kleinert (Marburg) GRÜNE 325D Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU . . . 327 D Frau Terborg SPD 330A Neuhausen FDP 334 C Burgmann GRÜNE 336 D Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 339A Weisskirchen (Wiesloch) SPD 345 A Breuer CDU/CSU 348 C Dr. Vogel SPD 350 C Mischnick FDP 353 B Frau Karwatzki CDU/CSU 354 D Vizepräsident Westphal 357 B Wahl der Wahlmänner gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht — Drucksache 10/66 — in Verbindung mit Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes — Drucksache 10/70 — 376A Ergebnis der Wahl 389 C Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Ausschusses nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) — Drucksache 10/71 — 376 D Festlegung der Zahl und Wahl der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission — Drucksachen 10/68, 10/72, 10/73, 10/90 — Jahn (Marburg) SPD 377 B Seiters CDU/CSU 378 C Fischer (Frankfurt) GRÜNE 379 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 Wolfgramm (Göttingen) FDP 379 D Ergebnis der Wahl 390 B Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Schuldenausschusses bei der Bundesschuldenverwaltung — Drucksache 10/74 — 381 C Wahl der vom Bundestag zu bestimmenden Mitglieder des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt — Drucksache 10/75 — 381 C Wahl der vom Bundestag vorzuschlagenden Mitglieder des Verwaltungsrats der Deutschen Bundespost — Drucksachen 10/54, 10/76 — 381 D Wahl der vom Bundestag vorzuschlagenden Mitglieder des Programmbeirats der Deutschen Bundespost — Drucksache 10/77 — 382A Wahl der vom Bundestag vorzuschlagenden Mitglieder des Kunstbeirats der Deutschen Bundespost — Drucksache 10/78 — 382 A Beratung des Agrarberichts 1983 der Bundesregierung — Drucksachen 9/2402, 9/2403 — Kiechle, Bundesminister BML 382 B Müller (Schweinfurt) SPD 390 B Susset CDU/CSU 394 C Paintner FDP 399 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 402 C Oostergetelo SPD 406 C Brunner CDU/CSU 411 C Borchert CDU/CSU 413 C Frau Blunck SPD 415 D Eigen CDU/CSU 419A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 10/34 — Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Einsetzung eines Untersuchungsausschusses — Drucksache 10/33 — Dr. Spöri SPD 422 B Schily GRÜNE 424 C, 433 D Dr. Langner CDU/CSU 426 D Schröder (Hannover) SPD 429 D Beckmann FDP 432 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Oktober 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Arbeitslosenversicherung — Drucksache 10/40 — 434 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zusatzübereinkommen vom 8. Oktober 1982 zum Übereinkommen vom 9. Dezember 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Fürstentum Liechtenstein, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bereich der Sozialen Sicherheit — Drucksache 10/41 — 434 C Fragestunde — Drucksache 10/55 — Verbot des Verkaufs von Kunden-Computerdaten großer Versandhäuser MdlAnfr 36, 37 13.05.83 Drs 10/55 Frau Reetz GRÜNE Antw PStSekr Spranger BMI . . . 357 D, 358 A, B ZusFr Frau Reetz GRÜNE 357 D ZusFr Dr. Laufs CDU/CSU 358A Teilnahme des türkischen Filmregisseurs Yilmaz Güney an der Vorführung seines Filmes „Yol" ohne Gefahr einer Verhaftung durch deutsche Behörden MdlAnfr 38, 39 13.05.83 Drs 10/55 Schneider (Berlin) GRÜNE Antw PStSekr Spranger BMI . . 358 B, C, D, 359A ZusFr Schneider (Berlin) GRÜNE 358 C, D, 359A ZusFr Reents GRÜNE 358 D Umweltbelastende Auswirkungenn der Ölkatastrophe im Persischen Golf für die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 4, 5 13.05.83 Drs 10/55 Repnik CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA . 359 B, C, D, 360A, B ZusFr Repnik CDU/CSU 359C, 360 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 359C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 360 B Erteilung von Visa für ehemalige DDR-Bewohner durch amerikanische Konsulate MdlAnfr 8 13.05.83 Drs 10/55 Frau Blunck SPD Antw StMin Möllemann AA . . . 360 C, D, 361A ZusFr Frau Blunck SPD 360 C, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . 361A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . 361A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 III Verhaftung von Volksdeutschen in der Sowjetunion im Zusammenhang mit Ausreisebegehren seit 1978 MdlAnfr 9 13.05.83 Drs 10/55 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA 361 B, C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 361 C, D Verurteilung des Studenten Thomas Reinl in der Türkei wegen Besitzes eines als antik deklarierten Steins MdlAnfr 10, 11 13.05.83 Drs 10/55 Lowack CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA . . . . 362 A, B, C, 363 A, B, C, D, 364A ZusFr Lowack CDU/CSU 362A, 363C, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . 362C, 363D ZusFr Catenhusen SPD 362C, 364 A ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 362 D ZusFr Frau Reetz GRÜNE 363 A Fortsetzung der deutschen Entwicklungshilfe für Simbabwe angesichts der Menschenrechtsverletzungen MdlAnfr 12, 13 13.05.83 Drs 10/55 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU Antw StMin Möllemann AA . 364 B, D, 365 A, B, C ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 364 C, D, 365 B ZusFr Verheugen SPD 365 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 365 A Bemühungen westlicher Staaten um die Unabhängigkeit Namibias; Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu schwarz-afrikanischen Staaten MdlAnfr 14, 15 13.05.83 Drs 10/55 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP Antw StMin Möllemann AA 365 C, D, 366 A, B, C, D, 367 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . . 365D, 366 A, 367 C, D ZusFr Verheugen SPD 366A, 367 D ZusFr Schwenninger GRÜNE 366 B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 366 B ZusFr Rossmanith CDU/CSU 366 C ZusFr Buschfort SPD 366 D ZusFr Toetemeyer SPD 367 A Schutz deutscher Entwicklungshelfer, insbesondere in Nicaragua MdlAnfr 16, 17 13.05.83 Drs 10/55 Immer (Altenkirchen) SPD Antw StMin Möllemann AA . . . 368A, B, C, D, 369 A, B, C, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . 368 A, B, 369B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 368 B ZusFr Repnik CDU/CSU 368 C ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 369A ZusFr Catenhusen SPD 369 C ZusFr Burgmann GRÜNE 369 D Aufruf zum Sturz der Regierung von Nicaragua durch die „Fuerza Democratica Nicaraguense" in Bonn angesichts des Mordes an Albrecht Pflaum MdlAnfr 18 13.05.83 Drs 10/55 Frau Gottwald GRÜNE Antw StMin Möllemann AA 370 A, B, C ZusFr Schwenninger GRÜNE 370 B ZusFr Catenhusen SPD 370 B ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 370C ZusFr Lambinus SPD 370 D Absprache über die Fortsetzung deutscher Entwicklungshilfe für Nicaragua mit den USA MdlAnfr 19 13.05.83 Drs 10/55 Frau Gottwald GRÜNE Antw StMin Möllemann AA . . . . 371 A, B,C, D ZusFr Frau Gottwald GRÜNE 371 A, B ZusFr Catenhusen SPD 371 C ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . 371C Rechte der USA auf Grund des Regierungsabkommens vom 15. April 1982 betr. „Wartime Host Nation Support" MdlAnfr 20 13.05.83 Drs 10/55 Reents GRÜNE Antw StMin Möllemann AA 372 A, B,C ZusFr Reents GRÜNE 372A, C Wirtschaftslage der Kartoffelbrennereigenosssenschaften in den strukturschwachen Gebieten angesichts der Brennrechtskürzung MdlAnfr 40, 41 13.05.83 Drs 10/55 Dr. Jobst CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Voss BMF . . 372D, 373 B,C, D, 374 A ZusFr Dr. Jobst CDU/CSU . . . . 372D, 373 B,C ZusFr Ertl FDP 373 D Beschäftigungsprogramm zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Bereichen Umweltschutz-, Verkehrs- und Forschungspolitik für 1983 MdlAnfr 42 13.05.83 Drs 10/55 Becker (Nienberge) SPD IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 Antw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 374 A, B, C, D, 375 A, B, C, D, 376 A ZusFr Becker (Nienberge) SPD 374 B ZusFr Matthöfer SPD 374 B ZusFr Roth SPD 374 C ZusFr Dreßler SPD 374 C ZusFr Lutz SPD 374 D ZusFr Catenhusen SPD 375A ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 375 B ZusFr Urbaniak SPD 375C ZusFr Cronenberg (Arnsberg) FDP . . 375D ZusFr Lahnstein SPD 375 D Nächste Sitzung 434 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 434 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1983 315 8. Sitzung Bonn, den 19. Mai 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 20. 5. Böhm (Melsungen) ** 19. 5. Brandt 20. 5. Engelsberger 20. 5. Ganz (St. Wendel) 20. 5. Glotz 19. 5. Jansen 20. 5. Jung (Lörrach) 19. 5. Dr. Mertes (Gerolstein) 20. 5. Dr. Müller * 20. 5. Nelle 20. 5. Sander 20. 5. Schwarz 20. 5. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 19. 5. Voigt (Sonthofen) 20. 5. Wimmer (Neuss) 20. 5. Wischnewski 20. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Norbert Eimer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege, ich bin gern bereit, mich mit Ihnen darüber auseinanderzusetzen. Aber die Art Ihrer Fragestellung macht deutlich, daß Sie offensichtlich glauben, in Besitz der allgemeingültigen Wahrheit zu sein. So weit gehe ich nicht.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wer mit seinem Protest nur seinen Weg, nur seine Ziele durchsetzen will, gegen die Mehrheit, wie dies sich in einigen Bereichen andeutet, wer sich zum Richter aufschwingt, wer zur Mißachtung von Gesetzen aufruft, die demokratisch einwandfrei zustande gekommen sind, der kann wohl kein Demokrat sein.
    In diesem Zusammenhang müssen wir uns mit dem Thema „gewaltfreier Widerstand" beschäftigen, weil dies ein Thema auch der gestrigen Jugendfragestunde war. Widerstand heißt doch: es steht etwas dagegen. Gewaltfreier Widerstand ist nach meiner Überzeugung ein Widerspruch in sich selbst. Widerstand kann in seltenen Fällen sehr wohl moralisch gerechtfertigt sein, nicht aber, wenn ich glaube, recht zu haben, weil ich meine, im Besitz der Wahrheit zu sein, selbst dann nicht, wenn ich glaube, andernfalls ginge die Welt unter. Die Mehrheit, die in einigen Dingen vielleicht anders denkt, will auch nicht mit untergehen.



    Eimer (Fürth)

    Aber, meine Kollegen, was wird alles als „gewaltfrei" bezeichnet! Da werden Straßen blockiert, da werden Menschen gehindert, sich frei zu bewegen; da gibt es in Berlin im Grunewald einen „Spaziergang gegen Schieber und Spekulanten". Das alles ist natürlich Gewalt. Das letztgenannte Beispiel ist sogar eine Art, jemanden so an den Pranger zu stellen, daß er nicht einmal die Möglichkeit hat, sich zu wehren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das alles ist nicht gewaltfrei, sondern eine neue Art von Gewalt, heimtückisch, subtil, gefährlich für die Demokratie. Das müssen wir endlich erkennen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Jetzt haben Sie die strukturelle Gewalt entdeckt! Das ist ein Ding!)

    Und ausgerechnet die sind für die angeblich gewaltfreien Aktionen, die von der „strukturellen Gewalt" des Staates sprechen. Ich kann mich da nur wundern.
    Manche in unserem Land fragen sich, ob und warum denn Demokratie bei uns so schlecht verankert ist. Ich muß gestehen, daß ich das gar so schlimm nicht sehe. Auch andere Länder — das zeigt der Bericht — haben ähnliche Probleme. Und der Protest gegen eine Politik — ich möchte das wiederholen — ist das Zeichen für die Vitalität einer Demokratie. Dennoch haben wir, was die Akzeptanz von demokratischen Entscheidungen angeht, mehr Probleme als z. B. angelsächsische Länder. Man sagt, uns ist die Demokratie übergestülpt worden. Da ist sicher etwas dran. Die in Deutschland vorherrschende Philosophie fußt noch heute auf den Gedanken von Männern, seien sie aus der Neuzeit oder aus dem Altertum, die der Demokratie feindlich gesinnt waren — mehr, als dies in den angelsächsischen Ländern der Fall ist. Da gab es im Altertum die Sophisten, die die Träger der Demokratie in Griechenland waren. Heute ist „Sophist" ein Schimpfwort geworden. Und da gab es einen Philosophen, von dem ich ein Zitat bringen will, weil es sehr aufschlußreich ist. Dieser Philosoph sagte:
    Das erste Prinzip von allen ist dieses: Niemand, weder Mann noch Weib, soll jemals ohne Führer sein. Auch soll niemandes Seele sich daran gewöhnen, etwas ernsthaft oder auch nur im Scherz auf eigene Hand allein zu tun. Vielmehr soll jeder, im Kriege und auch mitten im Frieden, auf seinen Führer blicken und ihm gläubig folgen. Und auch in den geringsten Dingen soll er unter der Leitung des Führers stehen. Zum Beispiel: Er soll aufstehen, sich bewegen, sich waschen, seine Mahlzeiten einnehmen nur, wenn es ihm befohlen wurde. Kurz, er soll seine Seele durch Gewöhnung so in Zucht nehmen, daß sie nicht einmal auf den Gedanken kommt, unabhängig zu handeln, und daß sie dazu völlig unfähig wird.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist ein Wende-Programm, was Sie da vortragen!)

    Dieser Philosoph wird noch heute von der Gesellschaft hoch geehrt und noch heute als der „Göttliche Platon" bezeichnet.
    Sie glauben vielleicht, daß diese Gedanken überholt sind und daß kein Mensch heute mehr dem Führer nachhängt. Dann, meine Kollegen, ersetzen Sie bitte das Wort „Führer" durch das Wort „Idee" oder das Wort „Ideologie". Dann sind dieser Satz und dieser Glaube noch heute hochaktuell. Viele, die heute ein moralisches Recht auf Widerstand postulieren, glauben, sie seien im Recht und im Besitz der Wahrheit. Diese „Wahrheit" und diese Philosophie beruhen auf dem totalitären Gedankengebäude dieses Philosphen, den ich gerade zitiert habe.
    Das ist es, was wir lernen müssen und was wir unterscheiden müssen. Der Protest für oder gegen eine bestehende Politik ist damit nicht gemeint. Ich betone nochmals: Protest ist ein Zeichen für die Vitalität der Demokratie. Denn wo sonst kann man demonstrieren? Aber der autoritäre Anspruch auf Durchsetzung, das ist es, was wir erkennen müssen und bekämpfen müssen. Wenn junge Menschen das manchmal nicht so ohne weiteres unterscheiden können, sollten wird das nachsehen und nicht überbewerten. Es ist unsere Aufgabe als Politiker,

    (Reents [GRÜNE]: Das ist doch nicht Ihre Aufgabe!)

    dies deutlich zu machen. Und es ist unsere Aufgabe als Politiker, jungen Leuten das Rüstzeug zu geben, dies unterscheiden zu lernen. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert (Marburg).

(Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Hoffentlich gibt's da auch ein Platon-Wort!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

    (Bohl [CDU/CSU]: Liebe Freunde!)

    Auf dem Höhenpunkt einer Reihe von außerparlamentarischen Protestaktionen, die zum großen Teil von Jugendlichen getragen worden sind, hat der Deutsche Bundestag in der 9. Wahlperiode 1981 diese Enquete-Kommission eingesetzt, deren Bericht wir heute diskutieren. Er wollte demonstrieren: Wir nehmen Proteste ernst. Wir kümmern uns. Wir stellen uns den Problemen. Wir greifen Herausforderungen auf. Wir verstehen. „Wir" sind in dem Fall die etablierten Politiker, von denen der Kommissionsbericht selber sagt, daß sie ihre Glaubwürdigkeit bei großen Teilen der Jugend längst weitgehend verloren haben. Mit großem Aufwand wollten Sie hier den sogenannten Dialog mit der Jugend eröffnen, der nach Ihrer Auffassung die Aufgabe haben sollte — ich zitiere —, „die Kluft zwischen Staat, Gesellschaft und Protestjugend zu überwinden".
    Fast zwei Jahre hat dieser Versuch gedauert. Was ist dabei herausgekommen? Herausgekommen ist ein Enquete-Bericht, dem wir bei aller Kritik am gönnerhaften Unterton des „Wir sollten den Ju-



    Kleinert (Marburg)

    gendlichen mehr Freiraum gewähren" — einen Freiraum, den sie sich übrigens meistens längst genommen haben — eines durchaus nicht absprechen wollen, daß er nämlich in der Analyse eine ganze Reihe von durchaus richtigen Erkenntnissen, Einsichten, Beobachtungen enthält. So erstaunlich es ist, daß gerade Herren hier rechts Aussagen wie — ich zitiere nur eine —:
    Eine ganzheitliche Lebensperspektive zerteilt den Menschen nicht in seine einzelnen Funktionen, sondern vernetzt seine unterschiedlichen Lebensräume miteinander.
    zustimmen — es gibt noch eine ganze Reihe solcher Passagen —, so gilt immerhin: Der Bericht enthält in seinen beschreibenden und auch in seinen analytischen Teilen durchaus eine Reihe zutreffender Einsichten und Erklärungsversuche. Da wäre an vielen Stellen Kritik anzubringen, aber darauf kann ich mich jetzt nicht näher einlassen.
    Viel interessanter ist aber doch, welche praktischen Konsequenzen aus den vielen schönen Worten folgen. Wie es damit aussieht, will ich an vier meines Erachtens zentralen Punkten jetzt ansprechen.
    Erstens. Die Enquete-Kommission hält die Jugendarbeitslosigkeit für eine der zentralen Ursachen der Proteste. Das ist zweifellos richtig. Mehr als jeder dritte Arbeitslose ist jünger als 25 Jahre, und die Zahl der Arbeitslosen — und damit auch die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen — wächst. Weit mehr als 100 000 Jugendliche werden in diesem Jahr ohne Lehrstelle bleiben. Das sind die Realitäten, die Zukunftsangst und Ohnmachtsgefühle nur allzu verständlich erscheinen lassen. Das sieht die Kommission durchaus richtig.
    Aber was ist denn die praktische Politik, die gerade in diesem Moment von der Bundesregierung betrieben wird? Die Kommission sagt: Die Arbeitszeit muß verkürzt werden; die Ausbildung muß verbessert werden; genügend Ausbildungsplätze müssen her; die Rechte der Jugendvertretungen müssen ausgeweitet werden. — Aber was erleben wir denn tatsächlich? Wir erleben, daß sich in diesem Jahr noch mehr Jugendliche als 1982 vergeblich um eine Lehrstelle bemühen werden

    (Zuruf von der CDU/CSU: Abwarten!)

    und daß gerade den Ledigen, also den jugendlichen Arbeitslosen, das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe zusammengestrichen werden. Wir erleben, daß die Bundesregierung wirtschaftspolitisch auf einen forcierten Wachstumskurs setzen wird, von dem jetzt schon feststeht, daß er vielleicht neue Rationalisierungsinvestitionen, aber kaum neue Arbeitsplätze bereitstellen wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Die Enquete-Kommission nennt — zweitens — die Zerstörung der natürlichen Umwelt als eine Ursache der Proteste. Sie empfiehlt Dezentralisierung, sie fordert die Beachtung ökologischer Kreisläufe und stellt sogar fest — ich zitiere —:
    Eine Beachtung ökologischer Erfordernisse berührt alle Bereiche des menschlichen Lebens: Sie beinhaltet den Naturschutz und die Rettung bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Sie verbietet die weitere Belastung der Umwelt durch Schadstoffe, Abgase und Abwässer und zwingt zu einem anderen, sparsameren Umgang mit Rohstoffen sowie zur Erforschung neuer Substitutionsmöglichkeiten. Sie gebietet die Auffächerung von Großsystemen in kleine, dezentrale und in die Umwelt eingepaßte Kleinsysteme und fordert von uns allen eine neue Denkweise.
    Hört! Hört! kann ich da nur sagen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Sehr richtig! möchte ich dazu auch noch sagen.
    Aber, meine Damen und Herren, wie sieht es denn praktisch aus, was Sie hier politisch betreiben? Praktisch sieht es doch ganz anders aus. Praktisch sieht es so aus: Jeden Tag geht das Wäldersterben weiter; die neue Großfeuerungsanlagenverordnung wird daran auch nichts ändern. Der Wachstumskurs der Bundesregierung setzt verstärkt genau auf jene Großtechnologie, deren negative Auswirkungen für Natur und Umwelt j a gerade von der Enquete-Kommission eingestanden worden sind. Das ist doch die praktische Politik! Der Ausbau der Atomkraft wird beschleunigt vorangetrieben, und von dezentraler Energieversorgung ist nicht einmal die Rede. So sieht es doch in der Praxis aus!

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Als dritte Ursache für Protest nennt die EnqueteKommission fortschreitendes Wettrüsten und zunehmende Kriegsgefahr. Sie spricht von der Notwendigkeit einer einschneidenden Verringerung der Rüstung. Ein Teil der Kommission fordert sogar atomwaffenfreie Zonen in Mitteleuropa. Aber auch hier ist doch die politische Realität eine ganz andere. Für die neue Bundesregierung ist die Stationierung der Mittelstreckenraketen im Herbst praktisch längst beschlossene Sache. Die Aufrüstungspolitik der amerikanischen Regierung wird voll mitgetragen. Damit wird eine Politik betrieben, die eine gefährliche weitere Eskalation der atomaren Bedrohung herbeiführen wird. Sogar das Wort von der Entspannungspolitik haben die Regierungsparteien aus ihrem politischen Vokabular gestrichen. Das ist Ihre praktische Politik, und das sind die praktischen Konsequenzen, die hier aus diesen schönen Worten gezogen werden.
    Die Enquete-Kommission hat viertens auch die Zerstörung von zwischenmenschlichen Beziehungen und, wie das so schön heißt, bürokratisierte Lebensverhältnisse als Faktoren bei der Entstehung von Protesten genannt. Als Konsequenz wird u. a. die Förderung von Alternativprojekten gefordert, gerade auch wegen des dort verwirklichten Genossenschaftsgedankens. Ziemlich breiten Raum nimmt auch die durchaus positiv gehaltene Schilderung der Leistungen wohngemeinschaftlicher Lebensformen ein. Aber auch hier sieht die praktische



    Kleinert (Marburg)

    Politik doch ganz anders aus, die Sie betreiben. In der geht es nämlich nicht um die Förderung kleinerer Einheiten, es geht nicht um überschaubare Lebenszusammenhänge, in denen, wie das im Kommissionsbericht so schön heißt — ich zitiere — „Arbeit und Leben wieder zueinander finden können".
    Die Stichworte, die die Politik heute bestimmen, sind ganz andere. Die Stichworte sind: beschleunigte Förderung von Großtechnologie und Großprojekten, Breitbandverkabelung, totale Kommerzialisierung der Medienlandschaft. Statt der geforderten kleineren Einheiten werden in der praktischen ,Politik eher die Umrisse einer Konkurrenz- und Ellbogengesellschaft erkennbar, die nichts mit Selbstverwirklichung, Gemeinschaft und Kreativität, sondern etwas mit Besitzindividualismus, Konkurrenz und ausschließlicher Orientierung an materiellem Wohlstand im Sinn hat. Das ist die praktische Politik.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Alles dummes Zeug!)

    Verbunden damit erleben wir die weitere Zerstörung gewachsener Lebenszusammenhänge zugunsten der erzwungenen Unterwerfung unter das Diktat von Lohnarbeit und industriell vorfabrizierten Konsum- und Freizeitgewohnheiten. Demgegenüber sind auch die vielen konservativen Lippenbekenntnisse zur Familie als Lebensmittelpunkt, als der kleinen Einheit, die Sie sich vorstellen, doch bloß ideologisches Beiwerk. Damit wollen Sie doch darüber hinwegtäuschen, wie sehr gerade Ihre eigene Politik wirklich menschliche Lebenszusammenhänge in Wahrheit zerstört.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Ich könnte die Reihe dieser Punkte noch um einiges verlängern. Ich könnte etwa auf das eingehen, was Sie wirklich unter Förderung von Alternativprojekten verstehen, was wir gerade gegenwertig an der Weigerung des West-Berliner Senats erleben, der Ufa-Fabrik in Berlin einen längerfristigen Mietvertrag zuzugestehen, der Voraussetzung dafür wäre, daß sie ihre sinnvolle Arbeit dort weiterführen können, die Sie selber im Kommissionsbericht als sinnvoll ausweisen. Was tut der Senat der Stadt Berlin? Er bietet ihnen nicht einmal ein längerfristiges Mietverhältnis an. Das ist ein politischer Skandal ersten Ranges.
    Ich komme zum Schluß.

    (Daweke [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)

    So bemerkenswert sich manches anhört, was im Kommissionsbericht steht, es entspricht in keiner Weise den politischen Realitäten des Jahres 1983. Was Sie hier verfaßt haben, sind nicht viel mehr als schöne Worte. So lange sich die praktische Politik nicht wirklich durchgreifend in Richtung auf eine Politik verändert, die wirklich den Schutz von Natur und Umwelt betreibt und die Abrüstung fördert und nicht weitere Rüstungseskalation betreibt, wird es solche Protestbewegungen geben. Das ist auch gut so; denn in diesen Bewegungen formiert sich
    der Protest gegen die Zerstörung menschlicher und natürlicher Lebensverhältnisse — —