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ID1000602000

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    Plenarprotokoll 10/6 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Mai 1983 Inhalt: Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN betr. Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz) Burgmann GRÜNE 259 B Dr. Bötsch CDU/CSU 260 C Becker (Nienberge) SPD 261 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Wahl der Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses nach Artikel 53 a des Grundgesetzes — Drucksache 10/45 — 261 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Wahl der Mitglieder des Wahlprüfungsausschusses — Drucksache 10/46 — 261 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) — Drucksache 10/49 — 261 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats — Drucksache 10/47 — 261 D Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Dregger CDU/CSU 262A Brandt SPD 270 D Schily GRÜNE 279 D Mischnick FDP 282 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 290 B Dr. Vogel SPD 292 C Präsident Dr. Barzel 268A Nächste Sitzung 293 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 294*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. Mai 1983 259 6. Sitzung Bonn, den 6. Mai 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 6. 5. Dr. Ahrens 6. 5. Berschkeit 6. 5. Böhm (Melsungen) * 6. 5. Büchner (Speyer) 6. 5. Dr. Enders * 6. 5. Dr. Engelsberger 6. 5. Ertl 6. 5. Dr. Glotz 6. 5. Dr. Götz 6. 5. Hartmann 6. 5. Hauser (Krefeld) 6. 5. Höpfinger 6. 5. Hoffie 6. 5. Dr. Hornhues 6. 5. Frau Huber 6. 5. Ibrügger 6. 5. Klose 6. 5. Dr. Kreile 6. 5. Frau Männle 6. 5. Nelle 6. 5. Poß 6. 5. Reimann 6. 5. Frau Roitzsch 6. 5. Schartz (Trier) 6. 5. Schmidt (Hamburg) 6. 5. Schmidt (Wattenscheid) 6. 5. Schreiber 6. 5. Schröer (Mülheim) 6. 5. Dr. Solms 6. 5. Spilker 6. 5. Frau Steinhauer 6. 5. Voigt (Sonthofen) 6. 5. Frau Dr. Wisniewski 6. 5. Würtz 6. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Willy Brandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Redner der CDU und CSU, so auch mein Vorredner, der Kollege Dregger, wollen in diesen Wochen den Eindruck vermitteln oder haben sich selbst in die Vorstellung hineingelebt, hinter uns liege eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, jene schrecklichen 70er Jahre, die nun endlich überwunden seien. Das klang j a eben deutlich an, als der Kollege Dregger



    Brandt
    die ersten beiden Jahrzehnte dieser Bundesrepublik beschwor.
    Ich bin sicher, daß diese Geschichtsklitterung nicht Bestand haben wird.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Bastian [GRÜNE])

    Denn, meine verehrten Kollegen, die Menschen erinnern sich oder werden sich wieder erinnern, daß es ihnen — obwohl dies nicht das einzige Kriterium ist — j a nicht so schlecht gegangen ist in den 70er Jahren, sicher nicht schlechter als in den Jahren zuvor. Die Menschen erinnern sich oder werden sich erinnern, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht schlechter dastand, sondern besser dastand als zuvor in ihrem Verhältnis zu Europa und zur Welt.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Menschen erinnern sich und werden sich daran erinnern, daß wir reformpolitisch und friedenspolitisch, auch deutschlandpolitisch einiges, wie ich immer noch glaube, Wichtiges, auf den Weg gebracht haben, wobei aus meiner Sicht freilich zu bedauern bleibt, daß uns dies auf allen drei Gebieten, die ich nannte, nicht noch konsequenter und weitertragend gelungen ist.
    Wenn ich „uns" sage, meine ich, auf die erfolgreichen Jahre bezogen, beide Partner der sozialliberalen Koalition. Es ist Sache der FDP, wieweit sie heute verdammen läßt, woran sie gestern mitgearbeitet hat.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bastian [GRÜNE])

    Der Bundeskanzler hat am Mittwoch seine Regierungserklärung mit einer — ich muß es so hart sagen — geschichtsklitternden Bemerkung eingeleitet,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

    indem er den Sozialdemokraten erneut die Folgen der weltwirtschaftlichen Verwerfungen anlasten wollte. Auch kann, Herr Bundeskanzler, keine Rede davon sein, daß das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates erschüttert gewesen sei oder daß die Bundesrepublik bündnispolitisch ins Zwielicht geraten sei. Dies können Sie so nicht stehenlassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich sage auch: Mit solchen Bemerkungen mehrt man nicht den Nutzen unseres Volkes, sondern fördert man überflüssige Zerstrittenheit. Aber Herr Kohl, der Bundeskanzler, hat wohl nur feststellen wollen, daß nun seines Erachtens alles wieder so ziemlich in Ordnung sei, die Wirtschaft habe Mut gefaßt, die Menschen zeigten Vertrauen, und außenpolitisch stünden wir nun auch wieder auf der rechten Seite, nämlich auf der Seite unserer Freunde und Partner, als ob das jemals die Frage gewesen wäre.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Das war schon die Frage!)

    Nein, verehrter Herr Bundeskanzler, so einfach, wie Ihnen manchmal die Worte über die Lippen kommen, sind die Dinge leider nicht. Es wäre ja schön, wenn der gute Wille allein, den Ihnen niemand oder kaum jemand absprechen wird, Berge versetzen könnte; aber die Erfahrung zeigt, daß das nicht reicht. Die Herausforderungen, mit denen wir es zu tun haben, Massenarbeitslosigkeit, wahnwitziger Rüstungswettlauf, tiefe Gefährdung der natürlichen Existenzgrundlagen, um nur einige der wichtigsten Herausforderungen zu nennen, sind sehr viel ernsthafterer Natur, als daß sie sich hinwegreden ließen.
    Nun habe ich gewiß nichts gegen einen gehörigen Schuß Optimismus; aber so sicher wäre ich, verehrte Kollegen von der Mehrheit, an Ihrer Stelle nicht, daß die Themen, über die wir in diesen Tagen streiten, Ihre Regierung nicht überdauern könnten.
    Das gilt gerade auch für die wirtschaftlichen Probleme, die uns alle bedrücken, Sie wissen doch so gut wie wir, daß auch eine wirtschaftliche Erholung, wenn sie denn eintritt, bei den Amerikanern, bei uns und im Zusammenwirken zwischen Europa und Amerika, die Zahl der Arbeitslosen nicht entscheidend herunterdrücken würde. Dennoch — das leuchtet mir nach dieser Debatte immer noch nicht ein — predigen Sie den Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung

    (Beifall bei der SPD)

    auf diesem für viele Millionen Menschen entscheidenden Gebiet. Das ist schon eigentümlich. Sie legen doch sonst so großen Wert auf wirtschaftswissenschaftlichen Sachverstand, von dem man nicht sagen kann, daß er durchweg durch sozialdemokratisches oder gewerkschaftliches Gedankengut belastet sei. Aber heute, wo die Gutachten, Herr Kollege Dregger, im Ergebnis darin übereinstimmen, daß sich die Lage am Arbeitsmarkt zum Jahresende eher noch verschlechtern wird, scheinen viele von Ihnen wegzuhören. Da hilft eben — es tut mir leid, dies sagen zu müssen, Herr Kollege Dregger —, was das entscheidende Thema von Millionen Arbeitslosen angeht, Ihre erneute Berufung auf eine veraltete Wachstumsphilosophie allein nicht weiter.

    (Beifall bei der SPD)

    Da bei ist unüberhörbar und unübersehbar, daß ohne zusätzliche Maßnahmen — nämlich zusätzliche Maßnahmen zu den auch von uns hoch eingeschätzten Kräften des Marktes, also Initiativen der öffentlichen Hände —, daß ohne zusätzliche Maßnahmen weder das Ausbildungsplatzelend der jungen Generation — ich habe hier nichts gehört, was mich in der Überzeugung hinausgehen ließe, das wird nun in Ordnung gebracht — noch die Massenarbeitslosigkeit überhaupt wirksam zu bekämpfen sein werden.
    Meine verehrten Kollegen, wenn ich Herrn Späth, den baden-württembergischen Ministerpräsidenten, im „Spiegel" richtig gelesen habe, dann sieht er das ähnlich, nicht so, wie es hier heute vormittag erneut vorgetragen worden ist.



    Brandt
    Herr Kollege Dregger, wenn Sie uns heute früh noch einmal den Fixpunkt „Schulden" vorgeführt haben, dann sage ich Ihnen: Nichts führt ja davon weg, daß Sie anders als im Wahlkampf dafür eintreten, erst einmal die Schulden weiter heraufsetzen, sie also in Wirklichkeit nicht zurückführen. Und schauen Sie sich an, Herr Kollege Dregger, was dort geschieht, wo Sie neben Ihrer Arbeit hier im Bundestag im besonderen Maße Verantwortung getragen haben und wohl immer noch mit tragen: dann sagen Sie doch mal den hessischen Bürgern, nachdem Sie Holger Börner, der gestern gesprochen hat, angegriffen haben, wer anders als Oberbürgermeister Wallmann in Frankfurt verantwortlich für die Schuldenpyramide jener Stadt ist,

    (Beifall bei der SPD)

    nachdem dessen Amtsvorgänger ihm konsolidierte Finanzen überlassen hat.

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Sie, Herr Bundeskanzler, begeben sich auf den gefährlichen Weg, eine Barriere aus ideologischen Ressentiments gegen den Staat aufzubauen. Sie laufen damit Gefahr, Möglichkeiten zu beschädigen, ohne die moderne Wirtschaftspolitik nicht mehr funktionieren kann. In einer Zeit gravierender struktureller Verwerfungen — von Kohle und Stahl, von Werften bis Textil — ist das mehr als kurzsichtig, ganz abgesehen davon, Herr Bundeskanzler und meine Damen und Herren, daß sich dies auch im Widerspruch befände zu dem Auftrag, den uns Art. 20 des Grundgesetzes auferlegt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Dort ist nämlich 1949 nicht beschrieben worden, was der demokratische und soziale Bundesstaat zu sein habe, sondern da steht, daß wir an ihm zu arbeiten haben, unablässig, permanent, unter sich wandelnden Bedingungen.
    Es ist merkwürdig: Auf der einen Seite behaupten Sie, Herr Bundeskanzler, daß das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates zur Zeit Ihres Amtsantrittes erschüttert gewesen sei. Heute empfehlen Sie und Ihre Freunde gewissermaßen als Ihr Rezept, der Staat solle sich in der Wirtschafts- und Sozialpolitik oder überhaupt in der Politik auf den Kern seiner Aufgaben, wie es dann heißt, zurückziehen. Dies wäre meiner festen Überzeugung nach ein gefährlicher, ein verhängnisvoller Irrtum. Zu glauben, staatliche Autorität — wenn man es denn so nennen will — habe heutzutage bloß oder mehr mit der Erhaltung der Ordnung auf unseren Straßen und Plätzen als mit der wirtschaftlichen und sozialen Sicherung unserer Bürger zu tun, wäre ein verhängnisvoller Irrtum!

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Bundeskanzler, Sie müssen es j a selbst spüren: Enttäuschung geht um im Lande nach dem, was von hier am Mittwoch vermittelt worden ist.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Enttäuschung geht um, weil von der Regierung nichts Konkretes dazu gesagt worden ist, wie die Arbeitslosigkeit abgebaut werden soll,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind ein Madigmacher!)

    Enttäuschung darüber, wie wenig konkret über die Renten gesagt worden ist

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie waren nicht dabei!)

    und über die unerläßlichen Grundlagen des Systems der sozialen Sicherungen einschließlich der — wie ich bewußt einmal sagen will: mehr als hektischen — Anpassung an veränderte wirtschaftliche Begebenheiten.
    Der Optimismus, den Sie, Herr Bundeskanzler, den Bürgern vermitteln wollen, kann sehr rasch verfliegen. Wer die Menschen mit den großen Lebensrisiken, beispielsweise im Falle von Arbeitslosigkeit und Krankheit, überwiegend wieder alleinläßt, der wird nicht Hoffnung ernten, sondern Angst, und dem helfen dann auch keine Zwangsmittel, an denen der Bundesinnenminister — ich weiß nicht, in welcher Weise er dabei seinen Parteivorsitzenden im Rücken hat — zur Zeit offensichtlich bastelt.
    Ich sage Ihnen in allem Ernst: Diejenigen, die ausgrenzen, statt sich der öffentlichen Auseinandersetzung offen zu stellen, die von Mitverantwortung und Mitmenschlichkeit reden, aber nicht von Mitbestimmung und von einer Partnerschaft, die ihren Namen verdient, diejenigen, die Eliten fördern wollen, ohne das Wort „Gerechtigkeit" in den Mund zu nehmen,

    (Beifall bei der SPD)

    das sind — es tut mir leid — die Rückwärtsgewandten, auch wenn sie auf durchaus sympathische Weise provinziell sein mögen.
    Herr Bundeskanzler, der Eindruck ist, daß der gemeinsame Nenner Ihrer Koalition in einer Wirtschafts- und Sozialpolitik bestehen könnte, die zu Lasten der Schwächeren geht und die die Arbeiter und die kleinen Angestellten und die kleinen Beamten ausläßt, wenn von dem gesprochen wird, was die Menschen gewagt haben und wodurch sie geplagt werden.
    Gegen diese von mir befürchtete Einseitigkeit, gegen die von uns befürchtete soziale Schlagseite haben Sie, Herr Bundeskanzler, und haben Sie, meine Kollegen von der Koalition, eine entschiedene Opposition verdient, und diese entschiedene Opposition kann ich Ihnen in Übereinstimmung mit meinem Freund Hans-Jochen Vogel versprechen.

    (Beifall bei der SPD)

    Mein Vorredner, der Kollege Dregger, hat sich ganz überwiegend mit wichtigen Aspekten der Außen- und Sicherheitspolitik befaßt, und ich will ihm auf diesem Wege gern ein Stück folgen. Heute wie in den vergangenen Monaten hat es eine Menge Verzerrung dessen gegeben, was unsere Politik ist und was unserer Meinung nach deutsche Politik sein sollte. Darum haben wir uns erst in der



    Brandt
    Großen Koalition von 1966 bis 1969 bemüht, und, als das auf bestimmten Gebieten nicht trug und weil das nicht anders ging, gemeinsam mit den Kollegen der Freien Demokratischen Partei in der Koalition ab Herbst 1969.
    Heute wird — und dagegen muß ich mich nach dem, was ich gerade von Herrn Dregger gehört habe, wenden — Entspannungspolitik als etwas nahezu Odiöses, als etwas Schädliches, als etwas den deutschen Interessen Abträgliches hingestellt. Ich sage Ihnen, die Entspannungspolitik, die mitzuentwickeln mir in den 60er und frühen 70er Jahren Gelegenheit gegeben war, wurde — davon ist nichts abzustreichen — durch das Bemühen geprägt, menschliche Erleichterungen zu bewirken, übrigens, Herr Dregger, weil wir durch bittere Erfahrungen hatten lernen müssen — das sitzt bei mir immer noch tief in den Knochen —, daß das Ringen um Menschenrechte im Kalten Krieg nicht gedeihen kann.

    (Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

    Daß das Bemühen, menschliche Erleichterungen zu bewirken und die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten in Ost und West im Rahmen des Möglichen zu normalisieren, nicht ganz erfolglos blieb, kann vielleicht immer noch jemand ganz gut beurteilen, dessen Aufgabe es gewesen war, mitzuhelfen, daß Berlin durch die Fährnisse des Kalten Krieges gebracht wurde.
    Meine Damen und Herren, jetzt einmal über allen Parteienstreit hinweg: Das Bemühen um den Abbau von Spannungen zielte natürlich von Anfang an darauf ab, über die Regelung praktischer Fragen hinaus, auch — ohne uns zu überschätzen — bessere Voraussetzungen für die Sicherung des Friedens zu schaffen. Dieses Bemühen war aber von Anfang an vielfältigen Belastungen ausgesetzt, und inzwischen wehen eisige Winde. Inzwischen gibt es leider auch — und das will ich nicht allein an der Rede des Kollegen Dregger festmachen — mehr als verknöcherte Wiederholungen überholter strategischer Überlegungen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir sollten uns fragen: Wie kann verhindert werden, daß die Früchte der Entspannungspolitik vollends verkommen? Welche Initiativen sind möglich, um allen Schwierigkeiten zum Trotz mitzuhelfen, daß Konflikte nicht noch verschärft, sondern daß sie, so es geht, entschärft werden? Ziel deutscher Politik muß es sein, notfalls gegen den Strom schwimmend, die Ost-West-Konfrontation so zu verändern, daß das Verhältnis zwischen den Bündnissen den Übergang zu einer gefestigten europäischen Friedensordnung gestattet,

    (Beifall bei der SPD)

    diesen Übergang gestattet, den Sie postuliert haben, über dessen Vorbedingungen Sie aber meiner Meinung nach nicht hinreichend klar gesprochen haben. Beide Supermächte müßten Teil einer solchen Friedensordnung sein; sie müssen ihren Bestand
    garantieren. Zu diesem Zweck bleibt nicht das Abschreiben, sondern die Wiederaufnahme von Entspannungspolitik ohne Alternative. Ohne sie kann eine Zukunft in Sicherheit nicht erreicht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Dabei bleiben natürlich, wie im Harmel-Bericht von 1967 und in der sich darauf aufbauenden Politik festgestellt wurde — ich war am Harmel-Bericht unmittelbar beteiligt, und mein damaliger Staatssekretär Klaus Schütz hat den Bericht mit geschrieben — Entspannung und Verteidigung die beiden Pfeiler der gemeinsamen Politik. Und ich sage Ihnen: Das westliche Verteidigungsbündnis würde an seinen inneren Widersprüchen zerbrechen, wenn es nicht bei der Konzeption bliebe, daß Verteidigung und Verhandlungen zusammengehören.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Verbindung, keine andere, entspricht den Werten des Westens und garantiert ihren Bestand.
    Und zu diesen Werten gehören nicht von ungefähr die feste Bindung an das System der repräsentativen Demokratie, Augenmaß und Vernunft als öffentlich geförderte Grundeigenschaften, die Unbeirrbarkeit darin, den Menschen über jedes Dogma zu stellen, der Verzicht auf das Ausgrenzen von Andersdenkenden, von Minderheiten,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    der geistige Pluralismus und die tatsächliche Vielfalt, der Kampf gegen Hysterie und Massenwahn. Im Sinn des Harmel-Berichts und der auf ihn gegründeten Politik ist jedes Streben nach Überlegenheit, zumal da keine anwendbare Überlegenheit mehr zu erzielen ist, und der Versuch, sie zu erreichen, nur die Fortsetzung eines destabilisierenden Rüstungswettlaufs bedeuten würde, abzulehnen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Die Zukunft gehört gewiß, Herr Kollege Dregger, einer europäischen Friedensordnung. Aber sie gehört jetzt erst mal einer Sicherheitspartnerschaft.

    (Beifall des Abg. Voigt [Frankfurt] [SPD])

    Gegen sie war in den letzten Wochen sehr viel polemisiert worden. Und bei aller Bekundung von Kontinuität, was j a im Verständnis unserer Bürger wohl Beständigkeit bedeuten soll, ist der furchtbare Gedanke der Sicherheitspartnerschaft fallengelassen worden. Ich habe ihn nicht in der Regierungserklärung und nicht in den Darlegungen meines Vorredners gefunden. Das wirft eine Reihe von Fragen auf. Und diesen Fragen möchte ich mich zuwenden.
    Haben wir es, so muß ich nach dem, was in diesen Tagen gesprochen wurde, fragen dürfen, mit einer neuen Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik zu tun oder nicht? Das ist nämlich die Frage nach der Kontinuität. Und das ist die Frage nach der Berechenbarkeit unseres Landes für unsere Freunde und Partner. Und nach der Debatte über die Regierungserklärung — das muß ich ganz offen sagen, damit wir uns nicht gegenseitig in die Ta-



    Brandt
    sche lügen — ist diese Frage noch nicht zu beantworten.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie ist zumal nach der Rede des Kollegen Dregger heute früh nicht zu beantworten.
    Damit wir uns nicht mißverstehen: Es ist natürlich nicht so, daß eine neue Regierung zur Kontinuität verpflichtet sei. Bloß, da muß ich sagen: Eine neue Regierung hat natürlich das Recht, jede Änderung vorzunehmen, die ihr richtig erscheint. Aber wir haben es damit zu tun, daß die neue Regierung unter dem Begriff der Kontinuität und Berechenbarkeit angetreten ist. Und an ihrem Willen zur Kontinuität, nicht nur an ihrem Reden darüber, wird sie sich in der Praxis messen lassen müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Übrigens, eine so schlechte Erblast kann die Außenpolitik der sozialliberalen Koalition wohl nicht gewesen sein, wenn man sie fortsetzen wollte — jedenfalls verbal —

    (Beifall bei der SPD)

    oder zumindest den Eindruck vermitteln wollte, sie fortsetzen zu wollen.
    Seit dem 1. Oktober vergangenen Jahres kann man mindestens in drei Punkten von einem Bruch der Kontinuität sprechen. Diese Debatte soll aus unserer Sicht nicht zu Ende gehen, ohne daß von diesen drei Punkten die Rede ist.
    Erstens — das hat einen Zusammenhang mit dem, was ich vor fünf Minuten gesagt habe —: Dies ist die erste Regierungserklärung am Anfang einer Legislaturperiode seit 1969, in der das Wort „Entspannung" nicht mehr vorkommt.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben in diesem Haus über Inhalt und Methodik der Entpannungspolitik gestritten. Wir haben später die Variante von der notwendigen realistischen Entspannungspolitik gehört. Dabei ist für viele von uns die Erklärung des Bundesaußenministers im vorigen Jahr in diesem Haus, die wichtig war und bleibt, unvergessen, daß sich alle Regierungen der sozialliberalen Koalition stets um realistische Entspannungspolitik bemüht hätten. Aber nun ist der Begriff eliminiert. Er kommt nicht mehr vor. Er ist in den Orkus geworfen. Das kann kein Zufall sein. Jedenfalls ist es keine Kontinuität.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Herr Bundeskanzler, Ihr Vorgänger im Amt hat das Konzept der Sicherheitspartnerschaft mehrfach vor dem Deutschen Bundestag betont und entwickelt. Er hat es im Namen der Bundesrepublik Deutschland vor den Vereinten Nationen vertreten. Die damalige Opposition hat — ich weiß es wohl — dieses Konzept abgelehnt.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das war Ihr gutes Recht, Herr Kollege. Es kommt
    insoweit logischerweise in der Regierungserklärung nicht vor. Auch das ist Ihr gutes Recht. Aber Kontinuität ist das nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Drittens. Helmut Schmidt hat immer wieder von der Notwendigkeit gesprochen, daß deutsche Politik beide Verhandlungspartner in Genf, den großen Verbündeten und den anderen großen Partner der Weltpolitik — die wir ja nicht auf eine Stufe stellen, die aber beide ihr Gewicht haben, auch im Verhältnis zu uns —, drängen muß, zu einem Ergebnis zu kommen, bevor über die Stationierung entschieden werden könnte. Wir müssen drängen, Herr Bundeskanzler und Herr Bundesaußenminister, weil man nicht von wirklichen Verhandlungen sprechen kann, wenn beide Seiten in Genf ihre Maximalpositionen behalten oder nur geringfügig modifizieren. Ich sage Ihnen — viele von Ihnen wissen das so gut wie wir —: Nur wenn beide von ihren Maximalpositionen abrücken, kann es zu einem annehmbaren Ergebnis kommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist übrigens auch der Grund, warum die SPD immer wieder unterstrichen hat: Einen Automatismus kann es nicht geben, darf es nicht geben, nicht einmal nach Wortlaut und Geist des Beschlusses vom Dezember 1979. Wir wollen, was uns Sozialdemokraten angeht, im Herbst nach dem dann vorliegenden Verhandlungsstand unseren Rat geben, unsere Entscheidung treffen. Das war und ist nach unserer Meinung nicht nur logisch und richtig, sondern die einzige praktische Möglichkeit, beide Seiten zu beeinflussen, den großen Verbündeten und die anderen.

    (Beifall bei der SPD)

    Daß im Herbst eine Entscheidung des Bündnisses fällig ist, ergibt sich übrigens, wie gesagt, auch aus dem letzten Satz des NATO-Doppelbeschlusses, jenem letzten Satz, der die etwaige Höhe der möglichen Stationierung — bis hinunter zu Null, muß doch die Logik sein — von Verlauf und Resultat der Verhandlungen abhängig macht.
    Die gegenwärtige Bundesregierung hat schon vor dem 6. März 1983 — aber auch jetzt wieder — erklärt, daß sie aufstellt oder aufstellen lassen wird, wenn die Verhandlungen nicht zu einem Ergebnis kommen. Sie hat damit — das muß ich zugeben — den Druck auf die Sowjetunion erhalten. Das kritisieren wir nicht; wir tun es, so wir können, auch. Aber sie hat den Druck auf die verbündeten Vereinigten Staaten, die andere Weltmacht, genommen und kritisiert die SPD, daß sie ihren freundschaftlichen, aber harten Druck auch auf die Vereinigten Staaten aufrechterhält.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun kann sich die Bundesregierung zu diesem Verhalten der SPD wiederum einstellen, wie sie will. Das ist ihr gutes Recht. Aber sie ist damit jedenfalls nicht in der Kontinuität zur Regierung Helmut Schmidts.

    (Beifall bei der SPD)




    Brandt
    Sie werden sich nicht wundern, meine Damen und Herren, wenn der Vorsitzende der SPD zu diesen drei wichtigen Punkten unsere Position noch ein wenig erläutert. Sie werden feststellen, diese SPD bleibt in ihrer Kontinuität, verläßlich und berechenbar.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Politik der Entspannung ist für uns keine taktische Frage, auch keine Modeangelegenheit. Diese schwierige Politik des Abbaus von Spannungen ergibt sich aus dem Zwang zur Koexistenz. Wir haben sie zusammen mit unserem wichtigsten Verbündeten, den Vereinigten Staaten, verfolgt; übrigens mit einer republikanischen Regierung der Vereinigten Staaten. Wir halten sie auch heute noch für richtig und bringen nicht die Beflissenheit auf, unsere Meinung zu ändern, weil eine amerikanische Regierung heute eine andere Politik verfolgt. Wir bleiben wie viele in Amerika bei dem, was wir durch die Entwicklung der letzten Jahre für nicht widerlegt halten. Wir halten die Politik einer Rückkehr zur Konfrontation für nicht im europäischen und für nicht im deutschen Interesse liegend.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wir berufen uns dabei auf die Erfahrung, die unser Volk in der ganzen Zeit des Kalten Krieges hat machen müssen. Der ideologische Ringkampf, die Propagandaschlachten, die gebetsmühlenhaften Beschwörungen unserer Rechte, Ansprüche und Forderungen und die damit verbundenen Entrüstungen — all das hat nicht verhindert, daß die Teilung Deutschlands über Jahre immer tiefer wurde,

    (Beifall bei der SPD)

    daß die Mauer gebaut wurde und daß es die Menschen in beiden Teilen Deutschlands in ihrem Verhältnis zueinander immer schwerer hatten und die Gefahr bestand, daß die Nation Schaden leiden würde, weil sie in ihrer Substanz, in der Substanz des Zusammenkommen-Könnens geschädigt wurde.
    Auf den Trümmern — ich muß es so hart sagen — der enttäuschten Hoffnungen jener Deutschland- und Ostpolitik, die die CDU/CSU zu verantworten hatte, hat die sozialliberale Koalition beginnen müssen. Sie hat — wenn ich das auch nicht übertreiben will — die Erfolge erreicht, die die Unionsparteien immer bekämpft haben. Das wissen wir j a miteinander, wenn ich auch fairerweise zugeben muß, daß nicht alle Kollegen der Union dies gleichermaßen und gleichermaßen andauernd getan haben. Es ist ein meilenweiter Abstand zwischen dem, was Richard von Weizsäcker dazu sagt, und dem, was die Sekretäre des CSU-Vorsitzenden in Bayern hierzu sagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber Herr Strauß bleibt sich insofern treu, wenn er im 14. Jahr nicht fortsetzen will, was er 13 Jahre lang bekämpft hat. Sie werden jedoch bitte von der SPD nicht erwarten, daß sie, weil es ein bißchen schwieriger geworden ist, die Politik der Entspannung verschweigt oder verleugnet. Wir halten sie — ich muß es noch einmal sagen — für genauso notwendig wie in der Vergangenheit, heute sogar mehr
    denn je; denn zwischen Ost und West muß der Entspannung gefolgt werden durch Vereinbarungen auf dem Gebiet der Rüstung. Das ist die eigentliche Aufgabe, die vor uns liegt.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun habe ich natürlich genau hingehört — wir alle haben es getan; einige haben es auch noch einmal nachgelesen —, was in der Regierungserklärung steht. Herr Kollege Vogel hat ja am Mittwoch darauf gleich geantwortet. Dort ist von Zusammenarbeit und Verständigung mit den Staaten Osteuropas mit dem Kern des Gewaltverzichts die Rede. — Volle Zustimmung, denn das sind drei Worte für das eine Wort „Entspannung". Wer sich fragt, warum man drei Worte dazu braucht, fand die Erklärung, als der Sprecher der CSU-Landesgruppe am Mittwoch vor dem Deutschen Bundestag fast wörtlich verlas, was in dem Strauß-Papier zur Wende der deutschen Politik aufgeschrieben wurde und was in einer illustrierten Zeitschrift nachzulesen war. Das ist nun wirklich etwas anderes. Es hat, hoffe ich, wirklich nicht Eingang gefunden in die Regierungserklärung, an die wir uns dann halten wollen.
    Aber Herr Waigel hat ja, wenn ich es richtig verstanden habe, am Mittwochnachmittag hier nicht für den Koalitionspartner CSU, sondern für die Fraktion der CDU/CSU gesprochen. Wenn man ihn, den Kollegen Waigel, beim Wort nimmt, dann hat er der Bundesregierung aufgegeben, es als oberste Pflicht zu betrachten, aktiv für unser unbestreitbares Recht auf Einheit in dem Sinne einzutreten, daß das Reich in seinen Grenzen von 1937 wiederherzustellen sei und daß die innerdeutsche Grenze nicht als Trennungslinie im Sinne des Völkerrechts gelten könne.
    Herr Kollege Dregger, durch solche Berufungen, durch solche gefährliche Neuisolierung der Bundesrepublik kommen Sie und wir dem Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volks keinen Schritt näher.

    (Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

    Die stärkste Regierungsfraktion in diesem Hause ist im Sinne von Herr Strauß konsequenter als die Bundesregierung, wenn ich mich an das halte, was Herr Waigel und zum Teil auch Herr Dregger heute vorgetragen haben.
    Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine ist die Gespaltenheit — um nicht „Doppelzüngigkeit" zu sagen; das würde aber wohl auch nicht gerügt werden —,

    (Heiterkeit — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sie haben großes Vertrauen zum Präsidenten!)

    mit der die Regierung über die Notwendigkeit der Rückkehr zum seinerzeitigen Adenauer-Prinzip redet. Darum handelt es sich doch. Machen wir uns doch nichts vor. Dahinter verbirgt sich bei Ihnen ein Konflikt, der nicht ausgetragen ist. Das können



    Brandt
    Ihnen andere nicht abnehmen, aber vielleicht können sie dabei ein bißchen helfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir schaffen es schon allein!)

    Die Auseinandersetzungen und der vielstimmige Koalitionschor gegenüber der DDR sprechen dafür.
    Es gibt die andere Möglichkeit, daß die Bundesregierung — wie soll ich sagen? — maßgeschneiderte Nadelstreifen mit Weste trägt, während die Fraktion oder Teile der Fraktion zur Befriedigung ihrer Kontinuität eine bestimmte Art von Freizeitkluft tragen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn das ein Spiel mit verteilten Rollen ist, kann das nicht lange gutgehen. Wenn es den Mangel an politischer Geschlossenheit nicht nur der Koalition, sondern auch innerhalb von CDU und CSU signalisiert, dann werden Sie, Herr Bundeskanzler — das bleibt Ihnen gar nicht erspart —, eine Entscheidung herbeiführen müssen,

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Davon können Sie ein Lied singen!)

    sofern Sie die Richtlinien der Politik zu bestimmen entschlossen und in der Lage sind.
    Die SPD wird sich jedenfalls erlauben, regelmäBig nachzufragen,

    (Bundeskanzler Dr. Kohl: Sehr gut! — Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Sehr schön!)

    wieweit die Forderungen erfüllt sind, die der erste Sprecher der CDU/CSU-Fraktion in der Debatte über die Regierungserklärung am Mittwoch an die Regierung gestellt hat — einschließlich der wünschenswerten Vorstellungen über einen friktionsfreien Transitverkehr, Herr Bundeskanzler. Wir werden fragen — immer einmal wieder —: Was ist von dieser und jener und der dritten Forderung des Herrn Waigel durch Ihre Regierung verwirklicht oder der Verwirklichung nähergebracht worden?
    In bezug auf die Deutschlandpolitik ist j a in den letzten zwei Wochen schon hinreichend Schaden angerichtet worden. Ich habe — auch wenn ich das am Apparat und nicht hier im Saal verfolgt habe — den Kollegen von der FDP angemerkt, daß ihnen daran lag, nicht für etwas vereinnahmt zu werden, wofür sie nicht vereinnahmt zu werden wünschen.
    Daß Generalsektretär Honecker seinen Besuch abgesagt hat, halte ich für eine verständliche, aber dennoch falsche Entscheidung. „Verständlich" kann man nach Überreaktionen auf bundesdeutscher Seite sagen, die auch die Bundesregierung zu verantworten hat, da Ihnen die Entwicklung aus der Hand geglitten war.

    (Beifall bei der SPD)

    „Falsch" würde ich sagen, weil es im Interesse beider Staaten liegt - wie unterschiedlich sie auch sind —, daß der Schaden für alle denkbaren Fälle begrenzt wird.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Gehen Sie auch auf die Ursache ein!)

    Es gibt ja denkbare Fälle schon im Herbst, bei denen man fragen muß: Wie ist es mit dem Stand der Beziehungen? Ich sage: Über alle Anlässe hinaus sollte das möglich sein, wenn beide Seiten es wollen. Das geht — das wissen wir beide, Herr Bundeskanzler — weder durch das Telefon noch allein durch den Austausch von Briefen.
    Für mich scheint es so zu sein — andere wissen darüber vielleicht noch besser Bescheid —, als ob auch die DDR behutsam Möglichkeiten erhalten und Schaden kitten will. Wenn das so ist, sollten wir dies unterstützen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das geht natürlich nicht mit Fanfaren, schon gar nicht mit Fanfaren, die zum Aufbruch in die 50er Jahre blasen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dafür, daß nicht weiterer Schaden entsteht, sind Sie, Herr Bundeskanzler verantwortlich.

    (Vorsitz : Vizepräsident Stücklen)

    Ich komme mit ein paar Sätzen noch einmal auf die Sicherheitspartnerschaft zurück.
    Wir alle sprechen, auf die eine oder andere Weise, von der Bedrohung durch die SS-20, Herr Kollege Dregger, und davon, was man dagegen tun kann. Viele von uns sind sogar stolz darauf, daß der Westen Verhandlungen angeboten hat, bevor er selbst die Rüstungsspirale, die Schraube, besser gesagt, weiterdrehte.
    Nun frage ich: Welches Argument braucht es eigentlich noch, um deutlich zu machen, daß Staaten, die potentiell Gegner sind und doch den Konflikt vermeiden wollen, Partner der gemeinsamen Sicherheit werden müssen?

    (Zustimmung bei der SPD)

    Übrigens, genaugenommen haben das zuerst die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion erkannt und praktiziert. Ihre Verhandlungen über die strategischen Waffen sind doch nur das Ergebnis einer Lage, in der keiner mehr siegen kann, in der die gesicherte gegenseitige Zerstörung bedeuten würde, daß man nicht mehr vor dem Gegner, sondern daß man nur noch mit dem Gegner sicher werden kann. Wir wollen nichts anderes, als dieses Prinzip auch auf Europa anwenden — und nicht zuletzt auf die Mitte Europas. Jeder Konflikt hier wäre unser Ende und das der Menschen in der DDR.
    Gerade hier wird deutlich: Nichts, was uns von der DDR trennt und von ihrem System immer trennen wird, ideologisch und was unsere Grundwertevorstellungen angeht, ist stärker oder darf stärker sein als das gemeinsame Interesse an der Erhaltung und an der Sicherung des Friedens.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hirsch [FDP])

    Niemand, Herr Bundeskanzler, darf innenpolitisch
    das Transparent einer Koalition der Mitte vor sich
    hertragen, der außenpolitisch nicht die Interessen



    Brandt
    der europäischen Mitte verfolgt; denn die sind identisch mit dem deutschen Interesse.

    (Beifall bei der SPD)

    In diesem Zusammenhang noch ein Satz zu Ihrer Reise nach Moskau, Herr Bundeskanzler. Ich glaube nicht, daß Teile der Rede von Herrn Kollegen Dregger zu dem hilfreichen Gepäck für diese Reise gehören.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Zum notwendigen!)

    Ich meine, die Erklärungen guten Willens zur Fortsetzung dessen, was sich im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion entwikkelt hat, haben wir mit Zustimmung zur Kenntnis genommen. Wir werden Sie in dieser Linie unterstützen, Herr Bundeskanzler, auch wenn Sie in Ihren eigenen Reihen nicht immer Zustimmung für diese Politik finden sollten.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Da sind gerade Sie der richtige Prediger!)

    Dazu gehört natürlich auch, daß Sie sich auf die Frage — habe ich mir ausgedacht — Ihrer Gesprächspartner in Moskau vorbereiten müssen, ob Sie sich an die Rahmenvereinbarung halten, die Ihr Vorgänger Helmut Schmidt für die wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Länder mit der Perspektive des Jahres 2000 mit dem damaligen Generalsekretär geschlossen hat. Das ist keine Frage der bürokratischen Kontinuität, sondern es ist eine Frage der Substanz; denn Handel ist hier nicht nur eine Frage der wirtschaftlichen Nützlichkeit, die wir natürlich auch gerade jetzt nicht unterschätzen, sondern auch eine Frage der politischen Qualität. Und sie kann friedensstabilisierend wirken.
    Unsere Antwort, im deutschen Interesse, spricht eindeutig für die Einhaltung der gegebenen Zusagen.
    Mir ist noch aufgefallen, Herr Bundeskanzler, daß das Wort „Friedensbewegung" in Ihrer Regierungserklärung nicht vorkam. Das heißt, es fehlte ein Element von einer Bedeutung, die man natürlich nicht beziffern kann. Es fehlte auch ein Wort des Verständnisses für die Sorgen, die sich zunehmende Teile der Bevölkerung machen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Aber das steht doch drin, Herr Brandt!)

    Ich habe was vermißt an Empfinden des Bundeskanzlers hinsichtlich des schrecklichen Zusammenhangs zwischen immer weiter steigenden Rüstungen und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, die dadurch immer mehr kaputtgemacht wird.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ich habe was vermißt an Empfinden dafür, was die Menschen in den Kirchen und viele der Jüngeren spüren: was für 'ne verrückte Welt das ist, die jedes Jahr Hunderte von Milliarden Dollar für Rüstungen ausgibt, während man mit Hunderten von Millionen
    viele Menschen vor dem Verhungern bewahren könnte.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

    Auf dem ganzen Gebiet Nord-Süd reicht die zänkische Art nicht aus, in der sich der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Dokumenten auseinandersetzt, die in anderen Ländern, z. B. im Unterhaus Großbritanniens, zwischen den Fraktionen mit großem Ernst einvernehmlich diskutiert werden.
    Mir fehlte auch ein Wort der Einsicht, Herr Bundeskanzler, in welche Gewissenskonflikte Menschen kommen, wenn im Herbst einfach so stationiert werden sollte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es wird ja nicht „einfach" stationiert!)

    Die Bundesregierung, die diese Dimension negiert oder durch Schweigen ausklammert, distanziert sich ohne Not von erheblichen Teilen unseres Volkes. Doch sollten wir bei allen Meinungsunterschieden — wir bei allen Meinungsunterschieden, Sie bei noch größeren Meinungsunterschieden zu anderen — die jeweilige Bundesregierung als unser aller Regierung betrachten können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das wäre gut, j a!)

    Diese Regierung sollte diese Sorgen und die Bürgerinitiativen, und zwar nicht nur auf dem Gebiet des Sports, der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks, was ja alles wichtig ist, bei allem, was sie für richtig hält oder als falsch ablehnt, ernst nehmen, Herr Bundeskanzler.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die Regierung wäre vielleicht sogar stärker, wenn sie die Sorgen dieser Menschen ernst nähme und bei den Verbündeten in Washington ernsthaft mit einbrächte.
    Hier ist durch die Regierungserklärung eine große Chance versäumt worden. Adenauer hat wohl verstanden, das, was die damalige Opposition vertrat, in seinen häufig schwierigen Verhandlungen mit den westlichen Partnern auf seine Weise geltend zu machen — schon beim Deutschland-Vertrag und bei vielen anderen Verträgen. Hier ist, so befürchte ich, durch die Regierungserklärung eine große Chance versäumt worden.
    Mir fehlte auch ein Wort, das die unvergleichliche Gefährdung unseres Volkes — gerade unseres Volkes! — bei jedem Konflikt betont.
    Hier bleibt also — damit nähere ich mich dem Schluß — einiges nachzuholen. Wir werden es anmahnen, Herr Bundeskanzler, ebenso wie die Beantwortung der Fragen, die der Kollege Ehmke gestellt hat, die noch nicht beantwortet sind und vermutlich heute hier auch nicht mehr beantwortet werden können, sondern erst bei nächster Gelegenheit.
    Und da kommen Sie dann nicht darum herum, mit uns anderen zusammen auch die veränderten



    Brandt
    Bedingungen zu prüfen, die sich seit Dezember 1979 ergeben haben. Ich möchte nur daran erinnern — aber Sie wissen es doch auch —, daß unsere amerikanischen Freunde damals erklärt haben, daß die Stationierung von Cruise Missiles auf See unmöglich sei. Manche von uns waren dann im Oktober 1980 erstaunt, aus der Presse zu erfahren, daß viele Hunderte von Cruise Missiles für Seestützung produziert würden. Das wirft dann die Frage auf, warum wir zusätzlich noch einige hundert — 400 oder wieviel auch immer — landgestützte brauchen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Antwort des amerikanischen NATO-Oberbefehlshabers, daß sie sichtbar und unterscheidbar sein müssen von den anderen, die die Amerikaner für Seestützung vorbereiten, führt dann wieder in die Diskussion, Herr Kollege Dregger, eben doch in die Diskussion über den auf Europa begrenzbaren und — nach mancher Meinung, wir können das in den amerikanischen Dokumenten nachlesen — gewinnbaren Krieg, den als Konzept oder wie auch immer abzulehnen die Bundesregierung in dieser Regierungserklärung auch versäumt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Erst wer nachliest und die Erklärungen von Bundeskanzler Kohl und Oppositionsführer Vogel nebeneinanderlegt, wird noch einmal sehen, was beim Bundeskanzler alles fehlt.

    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Herr Kollege Dregger, Sie haben Felipe González erwähnt. Ich halte das nicht für in Ordnung. Felipe González hat es j a gestern noch auf deutschem Boden in Berlin in Ordnung bringen müssen. Ich habe mit ihm am gleichen Tage, an dem er in Anspruch genommen war, gesprochen. Es ist über ihn berichtet worden, er habe sein „Einverständnis" erklärt. Er hat sein „Verständnis" erklärt: comprehensión. Den Unterschied zwischen Verständnis und Einverständnis gibt es in der deutschen wie in der spanischen Sprache. Er hat gesagt: Wir sind nicht betroffen; wir zeigen unser Verständnis für die schwierigen Prozesse der Staaten, die mit der Stationierungsfrage zu tun haben. Man darf auf deutschem Boden einen Besucher nicht über Gebühr in Anspruch nehmen für das, was man selbst vorhat.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie, Herr Bundeskanzler, haben Ihren Vorgänger und seine Regierungserklärung kritisiert, weil er sich als den ersten Angestellten im Staat empfunden habe, und ihm die geistige Führung abgegangen sei. Nun, ich war gespannt, was wir denn in diesen Tagen insofern als Wende zum Positiven erfahren würden. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß die Aufzählung unseres kulturellen Erbes der deutschen Philosophie, Dichtung, Literatur, Musik und bildenden Künste umwerfend ist.

    (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

    Man kann dem nicht widersprechen, aber es besagt auch nichts.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Daß wir ein Volk der Erfinder waren und vielleicht auch einmal wieder werden, ein Volk der großen Unternehmer, der Sozialreformer und Wissenschaftler, das haben schon andere vor Ihnen entdeckt. Aber daraus ergibt sich noch keine Fähigkeit zur geistigen Führung oder keine Perspektive der Regierung oder ihres Chefs.

    (Duve [SPD]: Ganz wichtig ist dabei der Röntgen!)

    Sie behaupten, Herr Bundeskanzler, Sie hätten ein Leitbild, Ethik und Ökonomie zu versöhnen. Ja, aber warum haben wir noch nicht gehört, wie Sie das machen wollen?

    (Beifall bei der SPD)

    Daß das Tor zur Zukunft offensteht, Herr Bundeskanzler, das ist keine Entschuldigung, wichtige Fragen offenzulassen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Dem deutschen Parlament, diesem Bundestag, kann es nicht genügen, daß Sie überzeugt sind, auf dem richtigen Weg zu sein. Denn dieses Parlament hat ein Recht darauf zu fragen, welchen Weg Sie gehen. Denn die Entscheidung darüber, ob er richtig ist, fällen das Parlament und dann wieder die deutschen Bürger.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Die Wähler entscheiden!)

    Herr Kollege Dregger hat sich — ich muß noch einige Sätze dazu sagen — über die amerikanischen Bischöfe geäußert. Ich will mich dazu jetzt nicht äußern, weil ich glaube, daß er die moralische Dimension in der Äußerung der Bischöfe völlig verkannt hat.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sehr wahr! — Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hirsch [FDP])

    Ich halte mich an das Repräsentantenhaus. Das hat sich nun einmal, ob es Ihnen Spaß macht oder nicht, mit Zweidrittelmehrheit dafür ausgesprochen, daß beide Supermächte beiderseitig kontrollierbar ihre Atomwaffen einfrieren. Das haben die beschlossen.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese zwei Drittel der gewählten Abgeordneten sind sicher nicht lauter Antiamerikaner. Die Sozialdemokraten — ich mache natürlich auch die Einschränkung, Herr Dregger: Der Text verdient in seinen Details genau abgeklopft zu werden — stehen in ihrer Haupttendenz auf der Seite der Mehrheit des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten,

    (Beifall bei der SPD)

    d. h. der Mehrheit des Parlaments unseres stärksten Verbündeten.

    (Duve [SPD]: Das ist unsere Bündnistreue!)

    Wir behalten uns übrigens vor, einen solchen Vorschlag auch hier einzubringen.

    (Beifall bei der SPD)




    Brandt
    Wir würden diesen Vorschlag dann einbringen, wenn wir den Text genau geprüft haben. Der Text besagt nach dem, was wir wissen, daß bis zu einem derartigen Abkommen zwischen den beiden Großen das andere an Verhandlungen und leider auch an Rüstung weiterläuft. Das ist aus vielerlei Gründen verständlich, wie ich auch hoffe, daß unsere Position verständlich ist, daß die vereinbarte Strategie gilt, bis sie durch eine andere ersetzt ist. Das bedeutet, daß die Mittelstreckenraketenverhandlungen in Genf, die für uns von besonderer Bedeutung sind, weiterlaufen und daß nach Auffassung des Repräsentantenhauses dann auch stationiert werden sollte, wenn die Verhandlungen bis zum Herbst scheiterten. Gleichwohl verdient die Entschließung aus all diesen Gründen viel Aufmerksamkeit, weil Verhandlungen über ein kontrolliertes Einfrieren der Atomwaffenarsenale der beiden Supermächte weltpolitisch einen so großen Schritt darstellen würden, daß er auch positive Auswirkungen auf die eurostrategischen Verhandlungen hätte.
    Meine Damen und Herren, die Senatoren Edward Kennedy und Gary Hatfield haben heute bekanntgegeben, daß sie die Initiative der Mehrheit des Repräsentantenhauses im Senat der Vereinigten Staaten unterstützen. Wir können daran nicht vorbeigehen, als gebe es das nicht oder als wollten wir wieder einmal klüger sein als die Mehrheit der Entscheidungsträger der Vereinigten Staaten von Amerika.

    (Beifall bei der SPD)

    Übrigens habe ich zu dem Andropow-Vorschlag, daß man die Sprengköpfe und nicht die Waffen zugrunde legt, der jetzt, auch in Washington, so freundlich kommentiert wird, folgendes noch gut in Erinnerung. Als Jochen Vogel, der hier vor mir sitzt, Anfang des Jahres dieses berichtete — einige haben nicht einmal einen mündlichen Bericht darüber entgegennehmen wollen —, da wurde er abqualifiziert, er sei der Vertreter Andropows. Schämen sollten die sich, die so mit einer vitalen Frage umgehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Bundeskanzler, Frieden schaffen mit immer weniger Waffen, das wäre in der Tat gut. Jedenfalls sollte es zu mehr als zu einer guten Formel für Öffentlichkeitsarbeit dienen. Der erste Schritt dazu kann sein — deshalb bin ich beim Repräsentantenhaus —: Stopp der weiteren Produktion von nuklearen Waffen auf beiden Seiten.

    (Beifall bei der SPD)

    Da stehen Sie vor der Frage, „hic Rhodos hic salta", und darum kann man sich nicht herummogeln. Unsere Position ist und bleibt, Stopp dem Rüstungswahnsinn, und dies ist die nächste Möglichkeit, sich daran heranzuarbeiten.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Herren von der Koalition, es wird an Ihnen liegen, ob Sie sich mit der Mehrheit der gewählten Repräsentanten unserer amerikanischen
    Freunde solidarisieren wollen. An uns soll es nicht liegen. Antiamerikanisch ist das wohl nicht,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Schließt sich die SPD den Kürzungsanträgen zum Rüstungshaushalt an?)

    meine Damen und Herren, so wie wir mit denen im Senat der Vereinigten Staaten übereinstimmen, die ihrem Präsidenten widersprechen, wenn man aus sozialer Not etwas macht, was man nur mit Militärmacht glaubt in den Griff bekommen zu können, oder wenn man schwierige Fragen in der Dritten Welt in das Korsett des Ost-West-Konflikts hineinzwängen will.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Bundeskanzler, ich glaube, wir haben uns beide politisch im Laufe der Jahre noch nichts geschenkt. Wir haben, so hoffe ich, den persönlichen Respekt wahren können, wie das unter politischen Gegnern in der Demokratie wünschenswert ist. Sie werden mir deshalb hoffentlich nicht als bloße Äußerlichkeit abnehmen, wenn ich Ihnen die Kraft wünsche, die Interessen unseres Landes zu erkennen und Ihren guten Willen zu verwirklichen. Ich füge hinzu: Sie werden eines Tages daran gemessen werden, ob Sie das Gewicht unseres Landes vergröBert haben oder nicht.
    Die sozialliberale Koalition, das sage ich ganz offen, hat von dem Ansehen, das Ihre Vorgänger im Westen erworben haben — ein bißchen haben wir auch mitgeholfen —, profitiert und es zu mehren versucht. Wir haben dem nach Osten und weltweit einiges hinzugefügt. Die Stellung der Bundesrepublik Deutschland ist festgelegt; ich weiß es. Wir kennen unsere Bindungen. Aber an der Nahtstelle der europäischen Teilung gelegen, ist das Verhältnis zu unseren Partnern in beiden — oder soll ich sagen: in allen vier — Himmelsrichtungen schicksalhaft.
    Ich wünsche Ihnen und uns, Herr Bundeskanzler, daß wir niemals über eine Erblast klagen müssen, die Sie den Ihnen Nachfolgenden in dieser schicksalhaften Dimension hinterlassen. Sie werden verstehen — ich habe es begründet —, daß ich gegen Ende dieser Regierungserklärungsdebatte da nicht ohne Sorgen sein kann. Aber ich bin dafür, so gut man es kann, unserem Volk zu helfen, daß es durch die vor ihm liegenden gefährlichen Belastungen heil hindurchkommt.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Schily von der Fraktion der GRÜNEN.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Tagen einige interessante Erfahrungen machen dürfen. Wir haben beispielsweise die außergewöhnliche Güte des Herrn Bundesfinanzministers bewundern dürfen, der Zwischenfragen von gewählten Volksvertretern erst beantworten will, wenn sie das Studium der Volkswirtschaft absolviert haben,

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)




    Schily
    im zweiten Bildungsweg, versteht sich.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist doch nicht wahr! — Das ist doch Unsinn! — Da hast du wieder geschlafen!)

    Vielleicht kann Herr Zimmermann in München
    ausrichten: immerhin haben einige von uns Abitur.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber, Herr Stoltenberg, wir sind in unseren Kompetenzerwartungen gegenüber der Bundesregierung sehr viel bescheidener. Wir wären schon froh, wenn wir dem Herrn Bundeskanzler, der j a doch eine Menge öffentliches Geld zu verwalten hat, wenigstens die Fähigkeit zutrauen dürften, ein paar Zahlungsvorgänge im Gedächtnis zu behalten.
    Wir haben auch gehört, daß die Bundesregierung den Sozialhilfeempfängern sowie den Arbeitslosen, Studenten und Schülern empfiehlt, sich vom Anspruchsdenken loszusagen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Was ist denn ein „arbeitsloser Schüler"?)

    Wir haben dazu die Frage, ob Sie in dieser Richtung Ihr Glück auch schon einmal bei Herrn Flick versucht haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: O Gott!)

    Da wäre auch eine Möglichkeit gewesen, Anspruchsdenken aufzugeben und auf ein Steuergeschenk von 840 Millionen Mark zu verzichten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Oder wollte man Herrn Flick nicht zumuten, sich bei den 20 bis 30 Millionen Mark ein bißchen einzuschränken, die von ihm nach Schätzungen des „Spiegel" jährlich für seine persönliche Lebensführung ausgegeben werden?
    Wir haben auch das Bekenntnis der Bundesregierung zur verantwortungsbewußten Leistungselite gehört: Wer wagt und wer sich mehr plagt, der soll in unserer Gesellschaft Anspruch auf Erfolg und Gewinn haben. Was ist denn gewagt worden, damit die Flick-Millionen zusammenkamen? Meine Damen und Herren, ich sage hier in allem Ernst: An den Flick-Millionen klebt noch das Blut der Arisierungs- und Ausrottungsaktionen des Dritten Reiches!

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Woher hatte denn Herr Flick in den 50er Jahren
    — 1948 haben wir j a alle mit 40 Mark in der Tasche angefangen

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie auch?)

    — ich auch! —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wieder gelogen!)

    60 Milionen, und womit hat er sich in den Jahren bis 1975 geplagt, als sich der Wert seines Aktienkapitals auf 2 Milliarden Mark gesteigert hat?
    Es mögen einige einiges gewagt haben, als sie ein paar Brosamen von diesen Flick-Millionen abbekommen haben, aber geplagt haben sie sich dabei wohl nicht. Nicht einmal das Gewissen hat sie geplagt!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Von dem Herrn Innenminister haben wir vernommen, das Rechtsbewußtsein der Menschen nehme in gefährlichem Maße ab. Aber wie soll das Rechtsbewußtsein der Bürgerinnen und Bürger intakt bleiben, wenn sie sehen, daß sich die Parteien, die in den vergangenen Jahren für Gesetzgebung und Regierung verantwortlich waren, selbst einen Teufel um Verfassung und Gesetz geschert haben, wenn diese ihren eigenen materiellen Interessen im Wege gestanden haben, wenn diese Parteien selbst den Versuch unternehmen, Gesetzesverstöße kurzerhand durch eine Amnestie für Steuerhinterziehung

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat die denn beantragt?)

    und in Tateinheit damit begangenen Betrug, Untreue und Unterschlagung unter den Teppich zu kehren?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, wenn wir schon über Rechtsbewußtsein sprechen, dann ist daran zu erinnern, daß die verheerendsten Zerstörungen des Rechtsbewußtseins einer der Häuptlinge der klerikal-konservativen Parteien

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was ist das denn?)

    mit dem Ausspruch hat sichtbar werden lassen: Was damals Rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Eine schlimmere Verelendung des Rechtsbewußtseins, als sie in diesem Satz zum Ausdruck kam, ist kaum noch denkbar.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Es hängt mit dieser Verelendung des Rechtsbewußtseins zusammen, daß es nicht gelungen ist, nach 1945 auch nur einen einzigen der Henker in Richterrobe des Volksgerichtshofes für seine Taten hier vor Gericht zu stellen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir haben schließlich vernommen, daß die Bundesregierung an der Bündniskonzeption von Abschreckung und Verteidigung, insbesondere an ihrer Zustimmung zur Aufstellung neuer Mittelstreckenraketen auf dem Boden der Bundesrepublik festhält, ohne daß auch nur ansatzweise die Bereitschaft erkennbar geworden wäre, sich ernsthaft mit dem Problem des Vorhandenseins und der ständigen Steigerung des nuklearen Vernichtungspotentials auseinanderzusetzen. Wenn wir unsere Verantwortung ernst nehmen und wenn wir in der Lage sind, einmal über unseren eigenen Lebenshorizont hinauszusehen, wenn wir uns nicht von Sachzwängen fesseln, wenn wir uns nicht in



    Schily
    Tabus einsperren lassen, dann schulden wir eine Antwort auf die Frage — auch Sie, Herr Kollege Dr. Dregger —: Kann die Anwendung von Massenvernichtungsmitteln — es sind keine Waffen, wie der österreichische Kardinal König mit Recht gesagt hat — unter irgendeinem Umstand gerechtfertigt sein? Unter nur irgendeinem Umstand? Die Antwort — und ich hoffe, daß wir uns wenigstens darin einig sind — kann doch nur ein klares Nein sein.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Der Einsatz von Massenvernichtungsmitteln ist durch nichts, aber auch durch gar nichts zu rechtfertigen. Der Einsatz von Massenvernichtungsmitteln ist nichts anderes als Massenmord, Völkermord.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Er ist ein Verbrechen.
    Deshalb, meine Damen und Herren — das liegt doch in der Logik, das ist doch einfach durchschaubar —, ist auch die Androhung des Einsatzes von Massenvernichtungsmitteln die Androhung eines Verbrechens.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    So weit sollten auch Ihre Logik und Ihr Rechtsbewußtsein reichen, daß auch die Androhung eines Verbrechens selbst ein Verbrechen ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    Nun werden Sie einwenden — diese Differenzierung ist der bekannte Einwand —: „Massenvernichtungsmittel sind für uns keine militärischen Waffen, sondern politische Waffen; sie sollen nur der Abschreckung dienen, sie sollen nicht eingesetzt werden." Diese Unterscheidung führt aber in die Irre, denn die Glaubwürdigkeit der Drohung mit Massenvernichtungsmitteln hängt davon ab, daß Sie dem Gegner den Eindruck vermitteln können, Sie seien bereit zum Massenmord. Das liegt in der Logik der Abschreckung, oder die Drohung ist in der Logik der Abschreckung nutzlos und leer. Aus dem sogenannten Gleichgewicht des Schreckens ergibt sich auch eine Tendenz zur Entmenschlichung.

    (Beifall des Abg. Sauermilch [GRÜNE])

    Denn die Menschen an den Schalthebeln der Macht müssen sich zwangsläufig — sie wollen es vielleicht nicht — als potentielle Massenmörder gebärden.
    Sie, Herr Bundeskanzler, haben von der moralischen Katastrophe gesprochen, in die das deutsche Volk vor mehr als 30 Jahren geraten sei. Ich nehme an, daß Sie den Zusammenbruch des Dritten Reiches vor 38 Jahren gemeint haben. Ihr historischer Rückblick verfehlt aber den Ansatzpunkt. Die moralische Katastrophe des deutschen Volkes liegt genau 50 Jahre zurück, als die Nazis an die Macht kamen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Und die Konsequenzen dieser moralischen Katastrophe sind uns ja wohl allen bekannt und erinnerlich.
    Nur, welche Lehren ziehen wir aus den vergangenen moralischen Katastrophen für die Gegenwart?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir passen auf Sie auf!)

    Das deutsche Volk hat zweimal in diesem Jahrhundert auf den Machtstaat, auf militärische Mittel gesetzt. Die Folgen davon sollten Sie sich vor Augen führen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Afghanen auch!)

    Und ist es nicht mindestens der Beginn einer moralischen Katastrophe, wenn vermeintliche Sicherheit auf die Bereitschaft zum Massenmord, auf die Bereitschaft zur Vernichtung des Lebens auf diesem Planeten gegründet werden soll? Sicherheit kann niemals durch Bereitschaft zum Verbrechen erzielt werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Und die Situation, Herr Bundeskanzler und Herr Dregger, wird auch nicht dadurch verschönert, daß die Friedfertigkeit des jeweils eigenen Paktsystems angepriesen wird. Sie, Herr Bundeskanzler, haben den früheren amerikanischen Außenminister Byrnes zitiert. Vielleicht erinnern Sie sich aber auch noch, wie jener Herr Byrnes die weltpolitischen Ziele der USA definiert hat. Er sagte nämlich: Was wir jetzt tun müssen, ist nicht, die Welt für die Demokratie, sondern für die Vereinigten Staaten sicher zu machen.
    Und nicht außer Betracht lassen sollten wir Äußerungen aus dem Beraterkreis des Präsidenten der Vereinigten Staaten wie jene des Militärexperten Collin F. Grey, der bereits im Jahr 1980 unter der Überschrift „Sieg ist möglich" folgendes zu Papier brachte — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus der Zeitschrift „Foreign Policy" zitieren —:
    Sicherlich kann es niemandem wohl sein bei der Behauptung, daß eine Strategie, die Millionen sowjetischer Bürger töten würde und eine strategische Antwort herausforderte, die wiederum Millionen amerikanischer Bürger das Leben kosten würde, politisch und moralisch akzeptabel sein soll.
    Wohlgemerkt, es ist interessant: Er spricht von der Antwort, der Herausforderung einer strategischen Antwort der UdSSR. Wer fängt denn da an in dem Gedankengebäude, Herr Bundeskanzler?

    (Beifall bei den GRÜNEN) Collin F. Grey fährt fort:

    Es ist jedoch der Mühe wert, sich die sechs Richtlinien für die Anwendung von Gewalt in Erinnerung zu rufen, die die katholische Kirche in ihrer Doktrin vom gerechten Krieg bereitgestellt hat. Gewaltanwendung ist erlaubt, wenn es sich um eine gerechte Sache handelt, wenn eine gerechte Absicht zugrunde liegt, wenn eine reelle Erfolgschance besteht, wenn es im



    Schily
    Erfolgsfall eine bessere Zukunft zu erwarten gibt, als es ohne Gewaltanwendung der Fall gewesen wäre, wenn das Ausmaß der Gewalt zu den erstrebten Zielen oder dem bekämpften Mißstand in einem angemessenen Verhältnis steht und wenn mit der Entschlossenheit gekämpft wird, Zivilisten zu schonen, sofern eine vernünftige Chance dazu besteht.
    Diese Richtlinien
    — so schließt Collin F. Grey diese Passage ab —
    beinhaltet eine Botschaft für die amerikanische Politik.
    Ich finde, sie beinhaltet — aber in einem ganz anderen Sinn — auch eine Botschaft für die Politik der Bundesrepublik.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich finde zugleich, Herr Dr. Dregger, es sollte uns alarmieren, wenn die Anstrengungen fortgesetzt werden, die darauf verwandt werden, die deutsche Öffentlichkeit über die wirklichen Gründe für die Aufstellung der Pershing-2-Raketen zu täuschen. Diese Täuschungsmanöver haben Sie heute an diesem Pult fortgesetzt,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    wenn Sie behaupten, die Raketen dienten dazu, ein Gegengewicht gegen die SS-20 zu schaffen. Lesen Sie doch einmal in der Beilage zur Zeitschrift „Das Parlament" vom April dieses Jahres nach. Da können Sie lesen, daß der NATO-Doppelbeschluß vom 12. Dezember 1979 nicht in der Absicht gefaßt worden ist, der wachsenden Zahl an sowjetischen SS20-Raketen und Mittelstreckenbombern ein gleich großes Potential ähnlicher Waffen entgegenzustellen. Das steht da ausdrücklich. Das sagt nicht jemand, der etwa in dem Verdacht steht, sich für die GRÜNEN in die Redaktion eingeschlichen zu haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Unruhe bei der CDU/CSU)

    Vielleicht sollten Sie sich einmal erinnern, was vor Jahren Gustav Heinemann in einer Rede über die Atombewaffnung aus einer Entschließung der Synode der Evangelischen Kirche des Rheinlandes zitiert hat. Es hieß dort:
    Es ist Illusion, von den Massenvernichtungsmitteln die Erhaltung von Frieden und Freiheit zu erwarten ... Darum verpflichten wir uns, auf dem Wege der atomaren Bewaffnung nicht einen einzigen Schritt mitzugehen. Darum werden wir das Gewissen der uns anvertrauten Menschen in der Erkenntnis schärfen, daß kein Zweck die Herstellung oder Anwendung von Massenvernichtungsmitteln rechtfertigt.
    Wo ist Ihr christliches Bekenntnis, das sich auf einen solchen Boden stellen kann, meine Damen und Herren?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir sollten den Mut haben, von dieser trügerischen Sicherheitspolitik, der nach ihrer unausweichlichen Logik die Bereitschaft zur Herbeiführung eines atomaren Auschwitz zugrunde liegt, Abschied zu nehmen. Statt auf das Konzept der Abschreckung sollten wir auf das Konzept der Anfreundung setzen. Frieden erreichen wir nicht dadurch, daß wir uns entmenschlichen, sondern dadurch, daß wir unsere Friedensbereitschaft beweisen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)