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    Plenarprotokoll 10/6 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 6. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Mai 1983 Inhalt: Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN betr. Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz) Burgmann GRÜNE 259 B Dr. Bötsch CDU/CSU 260 C Becker (Nienberge) SPD 261 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Wahl der Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses nach Artikel 53 a des Grundgesetzes — Drucksache 10/45 — 261 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Wahl der Mitglieder des Wahlprüfungsausschusses — Drucksache 10/46 — 261 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) — Drucksache 10/49 — 261 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats — Drucksache 10/47 — 261 D Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Dregger CDU/CSU 262A Brandt SPD 270 D Schily GRÜNE 279 D Mischnick FDP 282 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 290 B Dr. Vogel SPD 292 C Präsident Dr. Barzel 268A Nächste Sitzung 293 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 294*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. Mai 1983 259 6. Sitzung Bonn, den 6. Mai 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 6. 5. Dr. Ahrens 6. 5. Berschkeit 6. 5. Böhm (Melsungen) * 6. 5. Büchner (Speyer) 6. 5. Dr. Enders * 6. 5. Dr. Engelsberger 6. 5. Ertl 6. 5. Dr. Glotz 6. 5. Dr. Götz 6. 5. Hartmann 6. 5. Hauser (Krefeld) 6. 5. Höpfinger 6. 5. Hoffie 6. 5. Dr. Hornhues 6. 5. Frau Huber 6. 5. Ibrügger 6. 5. Klose 6. 5. Dr. Kreile 6. 5. Frau Männle 6. 5. Nelle 6. 5. Poß 6. 5. Reimann 6. 5. Frau Roitzsch 6. 5. Schartz (Trier) 6. 5. Schmidt (Hamburg) 6. 5. Schmidt (Wattenscheid) 6. 5. Schreiber 6. 5. Schröer (Mülheim) 6. 5. Dr. Solms 6. 5. Spilker 6. 5. Frau Steinhauer 6. 5. Voigt (Sonthofen) 6. 5. Frau Dr. Wisniewski 6. 5. Würtz 6. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Der NATO-Doppelbeschluß wurde am 12. Dezember 1979 gefaßt. Bis die Amerikaner im Herbst dieses Jahres erstmals in der Lage sein werden, Gegenwaffen zur SS 20 zu produzieren — zur Zeit experimentieren sie j a noch — und in Europa zu stationieren, werden demnach vier Jahre vergangen sein. Das ist übrigens ein wesentlicher Hinweis zu der Frage, wer eigentlich für diesen neuen Rüstungswettlauf, wie viele sagen — was falsch ist, weil der Westen ja nur nachläuft —, verantwortlich ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Das Nachhinken des Westens in der Entwicklung von Mittelstreckenwaffen erklärt den weiteren Verlauf der Auseinandersetzung. Zunächst lehnte die Sowjetunion das Verhandlungsangebot des Westens kaltschnäuzig ab. Sie verlangte vom Westen bereits vor Verhandlungsbeginn, bedingungslos auf den Aufbau einer Gegenmacht zur SS-20-Bedrohung zu verzichten. Als das nicht wirkte, ging die Sowjetunion zwar auf Raketenverhandlungen in Genf ein, aber sie beschleunigte ihr Rüstungstempo.
    Bei der Verabschiedung des NATO-Doppelbeschlusses im Jahre 1979 verfügte sie über zirka 100 SS-20-Raketen mit 300 Sprengköpfen. Heute verfügt sie über 351 einsatzbereite SS-20-Raketen mit 1 053 Sprengköpfen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Haben Sie sie gezählt?)

    Das ist mehr als das Dreifache. Jede Abschußrampe ist mindestens einmal nachladefähig, so daß sich diese Zahlen noch einmal verdoppeln.
    Meine Damen und Herren, seit dem NATO-Doppelbeschluß 1979 wurde in Genf verhandelt, in der Sowjetunion gerüstet und im Westen diskutiert,

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    das letztere unter einem Trommelfeuer sowjetischer Propaganda, Angstmache und Desinformation.
    Inzwischen marschieren sogenannte Friedensbewegungen und Ostermarschierer, natürlich nur im Westen.

    (Frau Kelly [GRÜNE]: Den Krefelder Appell bitte nicht vergessen!)

    — Frau Kelly, gehen Sie einmal nach Moskau.
    Immer mehr Menschen sehen nicht in den sowjetischen Raketen, die sich ständig vermehren — auch jetzt noch — und die die Europäer, insbesondere die Deutschen, auf das Schwerste bedrohen, die Gefahr für den Frieden, sondern in den noch nicht vorhandenen und nur für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen in Genf geplanten amerikanischen Raketen.
    Die SPD-Herren Eppler und Lafontaine setzen dieser Verwirrung die Krone auf. Sie werfen den Amerikanern vor, mit den geplanten 108 Pershing2-Gefechtsköpfen eine Waffe zur — ich zitiere — Enthauptung der politischen und militärischen Machtstruktur der Sowjetunion zu installieren, was bei 108 Pershing-2-Gefechtsköpfen schon rein militärisch eine absurde Vorstellung ist. Gleichzeitig unterschlagen sie, was schlimmer ist, die Tatsache, daß die gefechtsbereiten 1 053 SS-20-Sprengköpfe, die sich noch ständig vermehren, präzis diese Drohung gegen Europa richten. Warum verschweigen das diese Sicherheitspolitiker, um nicht zu sagen: Unsicherheitspolitiker, meine Damen und Herren? Sind sie der Meinung, daß das Sicherheitsbedürfnis der Menschen in der Sowjetunion legitimer sei als das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen hier bei uns und das der Westeuropäer?

    (Reents [GRÜNE]: Sie sind im Zweiten Weltkrieg angegriffen worden!)

    Im übrigen hat die Pershing 2 eine Reichweite von nur 1 800 km, die SS 20 hat mit 4 500 km die dreifache Reichweite. Der Pershing-2-Gefechtskopf hat eine Sprengkraft von 20 Kilotonnen. Der SS-20Sprengkopf hat mit 150 Kilotonnen — und das dreimal — die siebenfache Sprengkraft.

    (Frau Kelly [GRÜNE]: Das liegt an der Strategie!)

    Die geplante westliche Nachrüstung würde bei ihrer Verwirklichung zwar das sowjetische Monopol an modernen Mittelstreckenwaffen beenden, aber die Überlegenheit der Sowjetunion bestehen lassen.
    Ein Wort an diejenigen, die sich bei ihrer einseitigen, die deutschen und europäischen Sicherheitsbedürfnisse völlig ignorierenden Argumentation auf das Evangelium berufen.

    (Zuruf der GRÜNEN: Franz Alt!)

    Als Christen sind wir verpflichtet, den Nächsten zu lieben wie uns selbst.

    (Reents [GRÜNE]: Als Menschen auch!)

    Wir wollen von dieser Liebespflicht die Sowjetmenschen gewiß nicht ausnehmen; aber unsere deutschen Mitbürger sind doch auch unsere Nächsten.

    (Frau Kelly [GRÜNE]: Und Solidarność!)




    Dr. Dregger
    Nächstenliebe heißt doch nicht Selbsthaß. Es ist daher keineswegs unchristlich, wenn wir den Verzicht auf die Pershing 2 davon abhängig machen, daß die Sowjetunion auf die SS 20 verzichtet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auf Grund all dieser Überlegungen möchte ich mit Nachdruck erklären: Die Regierung und die Mehrheit dieses Hauses, soeben von den Wählern eindrucksvoll bestätigt, sind fest entschlossen, den Frieden unseres Landes und die Freiheit unseres Volkes zu bewahren und zu sichern. Wir sind nicht bereit, ein sowjetisches Sicherheitsbedürfnis zu akzeptieren, das auf der totalen Unsicherheit der freien Länder Europas aufbaut. Wenn die Sowjetunion keine Pershing 2 will, muß sie die SS 20 wegnehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auf ein annäherndes Gleichgewicht können und werden wir nicht verzichten.

    (Ein Abgeordneter der GRÜNEN tritt ans Rednerpult — Zuruf von der CDU/CSU: Eine Frechheit!)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege, ich bitte Sie, das Rednerpult zu verlassen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Wir sind darin mit den Freien Demokraten völlig einig.
    Wie wird sich die Sozialdemokratie verhalten? Ihr Bild ist zur Zeit unklar und wird immer diffuser. Die Sowjetunion hat die Hoffnung auf westliche Schwäche und Uneinigkeit immer noch nicht aufgegeben. Das gefährdet den Erfolg der Genfer Abrüstungsverhandlungen. Ich appelliere daher an Ihre Adresse, Herr Kollege Vogel, die gemeinsame Position der westlichen Demokratien nicht zu verlassen. Ich erinnere Sie an die Rede, die der sozialistische Staatspräsident Frankreichs, Mitterrand, am 20. Januar in diesem Hause gehalten hat. Ich erinnere Sie an die Haltung des sozialistischen Premierministers von Spanien, die er soeben in Bonn bekundet hat. Ich erinnere Sie daran, daß der NATO-Doppelbeschluß nicht zuletzt auf die Initiative Ihres Fraktionskollegen und stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden Helmut Schmidt zurückgeht.
    Wir, meine Damen und Herren, haben als Opposition die Sicherheitspolitik der sozialliberalen Koalition immer mit Nachdruck unterstützt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist nicht unbillig, meine ich, nunmehr von Ihnen das gleiche zu erwarten, zumal wir nichts anderes tun, als die Sicherheitspolitik fortzusetzen, die Ihre Regierung begründet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Verhinderung des Krieges durch militärisches Gleichgewicht sollte nicht die einzige Perspektive der westöstlichen, insbesondere der deutsch-sowjetischen Beziehungen sein. Wir jedenfalls wollen alles tun, um unsere Beziehungen zur Sowjetunion auf eine bessere Grundlage zu stellen. Wir begrüßen die Einladung des sowjetischen Generalsekretärs an den deutschen Bundeskanzler.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP — Duve [SPD]: Wer fährt denn aus München mit, um aufzupassen?)

    Wir würden es begrüßen, wenn zu einem geeigneten Zeitpunkt und nach sorgfältiger Vorbereitung auch ein Treffen des amerikanischen Präsidenten und des sowjetischen Generalsekretärs zustande käme. Diese Gespräche sollten nicht nur das militärische Gleichgewicht und den Alltag unserer Beziehungen zum Gegenstand haben, es sollten auch die Zukunftsperspektiven einer europäischen Friedensordnung erörtert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Für diese Friedensordnung tragen nach wie vor die Sieger des Zweiten Weltkrieges, insbesondere die USA und die Sowjetunion, eine besondere, eine gemeinsame Verantwortung. Sie haben gemeinsam Hitler-Deutschland besiegt, Frieden jedoch haben sie Europa bis heute, 38 Jahre nach Einstellung der Feindseligkeiten, noch nicht gebracht. Wer die Zonengrenze zwischen West- und Mitteldeutschland betrachtet,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Zone?)

    kann diese blutige und angsterzeugende Grenze mitten durch Deutschland nicht als Zeichen des Friedens bezeichnen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Ach, die Zone ist wieder da! — Weiterer Zuruf von den GRÜNEN: Die Grenzen von 1937!)

    Wer die Teilung der deutschen Hauptstadt durch Mauer, Stacheldraht, Minen und Schießbefehl erlebt, kann diesen völlig anomalen Zustand nicht als Frieden bezeichnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von den GRÜNEN: Kalter Krieger! — Führen Sie doch die Anführungsstriche wieder ein!)

    Wer sich erinnert, welche Mittel eingesetzt werden mußten, um das Aufbegehren der Menschen in der DDR, in Ungarn und der Tschechoslowakei zu unterdrücken, und welche Mittel jetzt eingesetzt werden, um ein entsprechendes Aufbegehren in Polen zu verhindern, der kann diesen Zustand nicht als Frieden bezeichnen. Bei all diesen Akten der Gewalt handelt es sich um die Verletzung elementarer Menschenrechte. Gewalt zur Unterdrückung der Völker sichert nicht den Frieden, sie gefährdet ihn; denn Friede ist das Werk der Gerechtigkeit und nicht der Unterdrückung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir Europäer, wir Polen, wir Tschechen, wir Slowaken, wir Ungarn und wir Deutsche, brauchen eine Friedensordnung, die unsere Menschenrechte und unser Selbstbestimmungsrecht garantiert. Je größer die Rüstungs- und Vernichtungskapazitäten werden, desto wichtiger wird eine solche Friedens-



    Dr. Dregger
    ordnung, desto notwendiger wird es, sie im Einvernehmen mit allen Beteiligten zu schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mir ist klar, daß Friedensverträge nicht am Anfang der Entwicklung zu einer solchen Friedensordnung in Europa stehen werden. Begonnen werden muß mit der Abrüstung auf der Grundlage des Gleichgewichts auf möglichst niedrigem Waffenniveau. Das wiederum setzt mehr Vertrauen zueinander voraus. Dieses Vertrauen kann nur wachsen, wenn keine Seite darauf besteht, ihr System mit militärischem Druck über die Welt zu verbreiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Weltrevolution unter sowjetischer Führung anzustreben — was ja nichts anderes heißt, als die Weltherrschaft anzustreben —

    (Stratmann [GRÜNE]: Das wollen Sie doch!)

    ist im Raketenzeitalter zu gefährlich, auch für die Sowjetunion zu gefährlich. Die Sowjets sollten daher darauf verzichten, mit Machtpolitik erreichen zu wollen, was sie mit Zustimmung der Völker nicht erreichen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Amerikaner haben längst erkannt, daß ihr way of life Ausdruck einer besonderen Zivilisation ist und daher nicht unterschiedslos auf alle Völker und Kulturen übertragen werden kann.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Gott sei Dank!)

    Vor allem wissen die Amerikaner, daß Gewalt ein völlig ungeeignetes Mittel ist,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Siehe Vietnam, Nicaragua und El Salvador!)

    um für diesen Weg zu werben.
    Im Atomzeitalter gefährdet Imperialismus jeder Art das Überleben der Menschheit. Auch die Weltmächte müssen daher heute mehr als früher Zurückhaltung üben — auch im eigenen Interesse. Sie müssen auf Herrschaft über andere Völker verzichten.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sie müssen die Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte der Menschen und Völker respektieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Die nur auf diese Weise erzielbare Verringerung des politischen Konfliktpotentials ist im Raketenzeitalter zur Überlebensfrage der Menschheit geworden. Diese Tatsache, nicht nationale oder historische Ansprüche, gibt dem Begehren nach Selbstbestimmung nicht nur für uns Deutsche, sondern für alle Völker seine hohe moralische Qualität — das aber nur, wenn dieses Begehren mit einem absoluten Gewaltverzicht verknüpft ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ist eine solche Friedensordnung erreichbar? Wir Europäer neigen wie die Amerikaner dazu, ein politisches Ziel weniger nach seiner Berechtigung als nach der Chance seiner möglichst sofortigen Verwirklichung zu beurteilen. Im Zustand relativer Machtlosigkeit, dem sich Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgesetzt sieht, ist das ein falscher Maßstab, meine Damen und Herren, ein Maßstab, der zu Resignation und Perspektivlosigkeit führen muß. Die Waffen der Schwächeren — und das sind wir — sind aber nicht Perspektivlosigkeit und Resignation, sondern Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit und langer Atem.
    Eine europäische Friedensordnung, die auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker beruht und die berechtigten Sicherheitsinteressen auch der beiden Weltmächte einschließt, ist die einzige Alternative zur Teilung des Kontinents, zu blutenden Grenzen, zum Aufbegehren unterdrückter Völker und zu sich gegenseitig in Schach haltenden Raketenmassen. Ich meine, diese Alternative ist Anlaß genug, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken,

    (Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE]: Ohne Waffen!)

    der es nicht nur den Deutschen, sondern allen europäischen Völkern erlaubt, ihr Recht auf Selbstbestimmung zu verwirklichen. Deshalb kämpfen wir für das Recht auf nationale Selbstbestimmung aller Völker und für das Ende der Teilung Europas, wie es der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung treffend formuliert hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nicht das Gleichgewicht des Schreckens, sondern eine auf den Menschenrechten beruhende und auf niedrigstem Waffenniveau gesicherte Friedensordnung sollte die Zukunftsperspektive für künftige Ost-West-Beziehungen sein. Nur eine Perspektive, die den Menschen die Angst nimmt, die Angst vor totalitärer Unterdrückung und die Angst vor atomarer Vernichtung, entspricht den Erfordernissen des Atomzeitalters.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FPD)

    Eine solche Friedensordnung zu schaffen ist gewiß eine gewaltige Aufgabe. Aber sie allein hält uns die Zukunft offen. Alle, die Einfluß haben, und alle, die sich selbst und der Menschheit den atomaren Holocaust ersparen möchten, sollten sich daran beteiligen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abgeordnete der GRÜNEN zeigen ihre roten Abstimmungskarten)