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ID1000406200

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    Vokabeln: 6
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    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Lintner.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/4 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1983 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Dallmeyer . . . . 55 A Eintritt des Abg. Saurin in den Deutschen Bundestag 55 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Franke (Hannover) 55 C Begrüßung des Ministerpräsidenten von Spanien, Herrn Felipe González-Márques, seiner Gattin und der Mitglieder seiner Delegation 55 C Wahl der Schriftführer — Drucksache 10/44 — 55 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Kohl, Bundeskanzler 56 A Dr. Vogel SPD 74 D Dr. Waigel CDU/CSU 93 A Genscher, Bundesminister AA 104 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 112 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 117C Rühe CDU/CSU 124 B Frau Kelly GRÜNE 128 D Schäfer (Mainz) FDP 131 B Voigt (Frankfurt) SPD 133 B Bastian GRÜNE 135C Klein (München) CDU/CSU 138 B Büchler (Hof) SPD 139 B Lintner CDU/CSU 141 B Schneider (Berlin) GRÜNE 143A Ronneburger FDP 144A Präsident Dr. Barzel 71 C Nächste Sitzung 145 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 146*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 146* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1983 55 4. Sitzung Bonn, den 4. Mai 1983 Beginn: 10.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 6. 5. Berschkeit 6. 5. Böhm (Melsungen) * 6. 5. Büchner (Speyer) 6. 5. Dr. Enders* 6. 5. Dr. Engelsberger 6. 5. Hartmann 6. 5. Dr. Hornhues 6. 5. Kittelmann* 5. 5. Lahnstein 5. 5. Lemmrich* 5. 5. Frau Pack* 4. 5. Rösch* 4. 5. Schröer (Mülheim) 4. 5. Spilker 6. 5. Frau Steinhauer 6. 5. Vogt (Duren) 5. 5. Dr. Vohrer* 4. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Bundesrates hat mit Schreiben vom 29. April 1983 mitgeteilt, daß die Regierungen der Länder folgende Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) bestellt haben: Baden-Württemberg Bayern Berlin Bremen Hamburg Hessen Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Schleswig-Holstein Mitglied Ministerpräsident Späth Staatsminister Schmidhuber Senator Prof. Dr. Scholz Senator Dr.-Ing. Czichon Senatorin Maring Ministerpräsident Börner Ministerpräsident Dr. Albrecht Minister Dr. Posser Staatsminister Gaddum Frau Minister Dr. Scheurlen Ministerpräsident Dr. Dr. Barschel Vertreter Frau Minister Griesinger Staatssekretär Dr. Vorndran Senator Oxfort Senator Kahrs Präsident des Senats Erster Bürgermeister Dr. von Dohnanyi Frau Staatsminister Dr. Rüdiger Minister Hasselmann Minister Dr. Haak Ministerpräsident Dr. Vogel Minister Prof. Dr. Becker Minister Dr. Schwarz Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 20. April 1983 mitgeteilt, daß sie die Änderungsanträge auf Drucksachen 10/11 und 10/12 zurückzieht. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 14. April 1983 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn nebst Anlagenband und Stellenplan für das Geschäftsjahr 1983 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Wirtschaftsplan liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
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    Rede von Hans Büchler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht sollten wir versuchen, ziemlich am Ende dieser Debatte zu mehr Ernsthaftigkeit zurückzukehren. Ich meine vor allem, wir sollten uns noch heute abend etwas bemühen, über Deutschlandpolitik zu reden. Und darüber gibt es ja einiges zu sagen.
    Der Herr Kollege Klein hat nun die Opposition — grün oder rot, wie er sie bezeichnet hat — abwerten wollen. Auch er ist nicht mehr durchgedrungen. Wir sollten es dabei lassen.
    Mir geht es um das, was der Kollege Waigel heute am frühen Nachmittag gesagt hat. Da hat ein Bundeskanzler eine Regierungserklärung abgegeben. Dann kam der erste Sprecher der Fraktion der Regierungspartei und hat nun die Pflöcke eingesetzt. Der Kollege Waigel hat, so meine ich, eine andere Deutschlandpolitik aufgezeigt, als das der Bundeskanzler in seiner Erklärung getan hat, und zwar Punkt für Punkt. Darüber gibt es gar keinen Zweifel.
    Herr Kollege Waigel, Sie haben auch einfließen lassen, die Begegnungen während des Kalten Krieges seien häufiger gewesen, als es jetzt der Fall ist. Sie sollten sich an die Realitäten erinnern und sollten sich zurückerinnern, wie es wirklich war, bevor diese Koalition, unsere Koalition, die sozialliberale Koalition angetreten ist. Ich muß also ehrlich und offen fragen, Herr Kollege Waigel: Ist es für Sie eine Garantie, daß mehr Begegnungen zwischen Deutschen stattfinden, wenn der Kalte Krieg wieder ausbricht? Oder wollen Sie diesen Kalten Krieg? Das muß man doch sehen. Zumindest ist eines deutlich geworden: Die Richtlinien in der Deutschlandpolitik bestimmt also hier die CSU. Auch Außenminister Genscher hat sich als Parteivorsitzender lange über die Deutschlandpolitik ausgelassen. Ich war zufällig nicht im Saal, habe Ihre Ausführungen, Herr Kollege Genscher, aber im Fernsehen verfolgt. Dort erschien die Unterzeile: „Wie man Dornröschen wieder wachküßt — Fortsetzung folgt — ist verschoben." So ist es wohl mit der FDP. Das, was Sie als Deutschlandpolitik vorgebracht haben, gilt nicht mehr in dieser Koalition. Das ist meine feste Überzeugung.

    (Beifall bei der SPD)

    Warum ist aber diese Deutschlandpolitik plötzlich in den Mittelpunkt getreten? Es waren die aktuellen Ereignisse, die diese Deutschlandpolitik plötzlich in die Öffentlichkeit gezerrt haben. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß hat zwei tragische Todesfälle auf den Transitwegen von und nach Berlin zum Anlaß genommen, seinen ganzen Unmut über 13 Jahre erfolgreiche Vertragspolitik der sozialliberalen Koalition mit der DDR loszuwerden. Sein Ziel ist ohne Zweifel die Wende in der Deutschlandpolitik. Das sagt er auch ganz deutlich. Ich meine, er will diese Deutschlandpolitik in die Eiszeit zurückführen. Er hat natürlich auch, wie ich meine, vergessen oder nimmt bewußt nicht wahr, daß die Entspannungspolitik mit dieser Deutschlandpolitik zusammenhängt. Für uns ist das nicht aufzuzwirnen. Für uns ist das verknüpft. Entspannungspolitik und Deutschlandpolitik gehören zusammen, wenn dieser Politik ein Erfolg beschieden sein soll.
    Wir konnten erwarten, daß die heutige Regierungserklärung nach diesem Vorlauf zumindest eine Klarstellung erbringen würde, wohin die Reise in der Deutschlandpolitik gehen soll. Dies ist nicht geschehen. Die Klarstellung ist eindeutig ausgeblieben. Wir haben zwar die Handschrift von Franz Josef Strauß in einigen Thesen wiedererkannt — darüber gibt es keinen Zweifel —, aber es war nicht das Konzept von Franz Josef Strauß. Es war auch nicht, wie die FDP das will, das Konzept einer Fortsetzung unserer Deutschlandpolitik der vergangenen 13 Jahre. Es war ein Mischmasch ohne klare Linienkompetenz, ohne daß man weiß, wohin die jetzige Koalition in der Deutschlandpolitik will. Dies ist das Schlimme an diesem ganzen Vorgang.

    (Beifall bei der SPD)




    Büchler (Hof)

    Mit der Regierungserklärung wurde natürlich auch nicht das destruktive Störpotential in den Reihen der Regierungsparteien und Regierungsfraktionen erstickt. Es wäre die Chance des Kanzlers gewesen, das heute zu tun. Er hat es nicht getan. Seine Stellungnahme war hilflos. Er ist in der Deutschlandpolitik in eine Situation hineingeschlittert, die die Deutschlandpolitik wahrscheinlich auf Jahre hinaus gefährden wird. Er und niemand anders trägt die Verantwortung dafür. Wir als Opposition müssen schauen, konstruktiv dabei zu helfen, daß wir im Interesse der Menschen aus dem wieder herauskommen, was hier angerichtet worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Die sechs Punkte der CSU sind bestimmend. Herr Lintner, Sie kommen nach mir zu Wort. Sie können das noch einmal untermauern. Dafür wären wir dankbar. Dann wüßten wir endgültig, wohin die Reise geht.

    (Lintner [CDU/CSU]: Dann müssen Sie aber zuhören!)

    — Ich höre zu. Da brauchen Sie keine Sorge zu haben. — Verträge anerkennen — okay, das sagen Sie. Sie sollen aber ganz eng ausgelegt werden. Druck soll auf die DDR ausgeübt werden. Es wird gefordert, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung müsse stimmen. Als wenn das in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen wäre. Das war der Fall. Dies ist ein Wertmaßstab, den man natürlich verschieden auslegen kann. Was Sie mit Ihren sechs Punkten noch wollen, ist, Konfrontation zu schaffen, anstatt Spannungen abzubauen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist die eindeutige Botschaft, die heute von Herrn Waigel und auch bei Ihnen im Vorgefecht zu hören war.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Bisher haben Sie nichts widerlegt!)

    — Ich sage es Ihnen ja Punkt für Punkt. Passen Sie also auf. Stellen Sie es dem gegenüber, was Sie gesagt haben. Dann wird dies deutlich.
    Was ist also der eigentliche Vorgang? Wir wollen ja einen fairen Vorgang für beide Seiten haben.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Sprechen Sie ein bißchen langsamer, damit man Sie verstehen kann!)

    Wir wollen nicht den Partner, also die DDR, gängeln. Wir wollen ihn auch nicht demütigen. Auch dies muß klar sein.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Was wollen Sie nicht?)

    — Meine fränkische Aussprache kann natürlich manchmal durchschlagen. Das geht halt anders als bei einem General.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Sie nuscheln!)

    Die deutschlandpolitischen Vorstellungen der FDP — das muß man ganz deutlich sagen — sind natürlich auf der Strecke geblieben. Die FDP ist bei diesem Programm der neuen Koalition total untergegangen. Von der Handschrift der FDP ist nichts zu sehen. Herr Kollege Ronneburger, es tut mir leid: Es ist so. Wir können es nicht ändern. Sie wissen es auch ganz genau. Darüber gibt es gar keinen Zweifel.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir stellen hier fest: 13 Jahre sozialdemokratisch geprägte Deutschlandpolitik — ich rechne Sie mit ein — haben den Frieden in Europa sicherer gemacht. Das ist wohl das Hauptverdienst dieser letzten 13 Jahre Deutschlandpolitik gewesen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben darüber hinaus — das beziehe ich mit ein — die menschlichen Erleichterungen geschaffen, daß Menschen wieder zusammenkommen können, daß auf menschlichem Gebiet wieder etwas getan worden ist. Ich muß fragen: Wollen Sie das leichtfertig aufs Spiel setzen? Es scheint so zu sein. Der Transitverkehr ist in diesen 13 Jahren sicherer geworden. Wir müssen fragen: Wollen Sie ihn unsicherer machen? Wir haben es zuwege gebracht, daß der Besucherverkehr zwischen beiden Teilen Deutschlands in beiden Richtungen erheblich ansteigen konnte. Wir müssen fragen, ob Sie diese Entwicklung durch die jetzige Politik stoppen wollen. Darauf brauchen wir eine Antwort. Wir haben die Sicherheit — trotz dieser Vorfälle — auf den Transitstraßen wesentlich verbessern können. Die Frage bleibt offen, ob Sie das zurückdrehen, ob Sie diese Sicherheit wieder aufgeben wollen. Wir haben in den letzten 13 Jahren den Sportaustausch intensiviert, wir haben den Jugendaustausch intensiviert, wir haben die kulturellen Beziehungen, soweit das ohne das Abkommen, das noch nicht vorliegt, möglich war, intensivieren können.
    Es waren zugegebenermaßen kleine Schritte, und es waren viele Rückschläge dabei. Auch das ist klar. Aber letztlich müssen wir feststellen, daß in der Bilanz viele menschliche Erleichterungen und eine gewisse Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten stattgefunden haben, und zwar durch eine Politik der Beharrlichkeit, die wir damals vorgetragen und verwirklicht haben.
    Wir haben oft gesagt, zu dieser Politik gebe es keine Alternativen. Darüber hat es immer großes Gelächter gegeben, wenn wir hier diskutiert haben. In der Zwischenzeit weiß ich es besser — ich muß mich entschuldigen —: Heute haben wir leider erkennen können: Es gibt mehrere Alternativen in der Koalition, sogar vier oder fünf, wie ich glaube. Aber es sind im großen und ganzen verhängnisvolle Alternativen.
    In dem Zusammenhang möchte ich sagen, daß wir gegenüber der DDR keine Leisetreterei betrieben haben. Wir haben aber auch keine Kraftmeierei betrieben,

    (Beifall bei der SPD)

    und das war die Voraussetzung dafür, daß etwas
    zuwege gebracht werden konnte. Es war eine Politik der Vernunft und des Ausgleichs der Interessen



    Büchler (Hof)

    beider Teile in Deutschland und der Menschen in Deutschland.

    (Beifall bei der SPD)

    Mauer, Schießbefehl und Grenzanlagen wurden von uns ebenso wie der erhöhte Zwangsumtausch entschieden abgelehnt. Die Verpflichtungen der DDR aus der KSZE-Schlußakte, die Sie abgelehnt haben, werden für uns Gesprächsthema mit der DDR bleiben. Auch darüber gibt es gar keinen Zweifel. Für uns ist auch das Ziel der Erhaltung der Einheit der Nation nach wie vor gegeben, und das wird auch weiter so sein. Wir fordern den anderen Teil Deutschlands natürlich auf, ihre besondere Verantwortung für die Friedenssicherung in Europa und der Welt bewußt wahrzunehmen, wie das auch gemeinsam in den letzten Jahren getragen worden ist.
    Deshalb meine ich, daß der Dialog mit der DDR- Führung nicht abreißen darf. Daß dieser Dialog dabei ist, abzureißen, ist darauf zurückzuführen, daß Sie eine Politik der Demütigung und der Stärke gegenüber der DDR für richtig halten. Wenn Sie das aber durchsetzen wollen, das sage ich Ihnen ganz deutlich —, dann verstößt die Unterbrechung dieses Dialogs gegen die elementaren Sicherheitsinteressen dieser Bundesrepublik Deutschland und des Friedens in Europa. Dies müssen Sie sehen. Wer die Ost-West-Beziehungen vernachlässigt, wird sich gegen die Friedenssicherung in dieser Welt versündigen. Deswegen ist es nötig, daß dieser Dialog fortgeführt wird.
    Wir sind nicht am Ende einer möglichen Entwicklung, sondern das Treffen am Werbellinsee gibt neue Aufträge und Möglichkeiten der Weiterentwicklungen. Das heißt also, wir haben eine Basis geschaffen, auf der Sie weiterarbeiten können, wenn Sie sie aufgreifen. Sie werden keine schnellen Erfolge haben, aber Sie haben, weil wir die Grundlagen geschaffen haben, die Möglichkeit, im deutsch-deutschen Verhältnis weiterzukommen, viel für menschliche Erleichterungen, viel für die Friedenssicherung in Europa zu tun. Aber Sie müssen das wirklich wollen und es anpacken. Wir werden Sie dabei unterstützen, wenn Sie das wollen. Bis jetzt steht eine positive Antwort der Bundesregierung darauf aus. Ich hoffe, daß sie im Laufe dieser Debatte noch gegeben wird. — Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Lintner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eduard Lintner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Büchler, zunächst möchte ich mich dafür bedanken, daß Sie hier uns angeboten haben, gemeinsam Deutschlandpolitik zu betreiben. Ich muß allerdings erklären, daß das, was Sie hier vorgetragen haben, natürlich ein nur unvollkommener und unvollständiger Ansatz dafür war. Denn soweit Sie sich im letzten Teil ganz allgemein verbreitet haben, war es eine Mischung aus Nostalgie, und Sie haben an der aktuellen Situation im Grunde genommen vorbeigeredet. Soweit Sie
    aber versucht haben, aktuell zu sein, haben Sie, glaube ich, nicht ganz das vollständig Richtige vorgetragen; denn angesichts der sechs Forderungen der CSU zum Thema Deutschlandpolitik ist das Wort „Eiszeit" aus Ihrem Munde eigentlich nicht besonders logisch. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann sind die sechs Forderungen ohne weiteres auch für Sie akzeptabel und jahrelang von Ihnen mitgetragen worden. Dann können Sie hier aber natürlich nicht die Eiszeit beschwören.
    Genauso muß ich sagen: die Klarstellung, die Sie gefordert haben, war heute, wenn ich so sagen darf, fast in CSU-gewollter Klarheit in der Regierungserklärung vorhanden, so daß Sie sicher, wenn Sie es noch einmal nachlesen, Ihr Urteil revidieren müssen.
    Nun zum Schluß: Deutschlandpolitik. Ich will als Resümee dessen, was ich heute dazu gehört habe, sagen, daß die Opposition offensichtlich hier Probleme beklagt und dabei auf die heutige Bundesregierung verweist. Wenn sie das tut, ist es zumindest unvollständig, auch historisch unvollständig. Denn sie müßte eigentlich ergänzend die Ursachen dafür nennen. Die Ursachen für die heutige Situation mit ihren Problemen sind durchweg Zustände, die in der DDR geschaffen worden sind und die von den früheren Bundesregierungen, glaube ich, nicht kritisiert oder jedenfalls nicht öffentlich kritisiert worden sind. So ist es eben zugelassen worden, daß eine Atmosphäre der Einschüchterung, des auf Angst-machen abgestellten martialischen Verhaltens seitens der DDR-Grenzorgane geschaffen worden ist. Diese Atmosphäre ist, glaube ich, verantwortlich für den beklagenswerten Tod von zwei Bundesbürgern und nicht etwa die Empörung über diese Zustände.
    Wenn Sie das bedenken, müßten Sie eigentlich sehr schnell erkennen — auch Sie von der SPD —, daß diese Ursachen nicht erst seit Oktober letzten Jahres bestehen, also dem Zeitpunkt des Regierungswechsels, sondern sie herrschen schon lange an dieser Grenze, und ich füge hinzu: zu lange. Es wäre die Pflicht des früheren Bundeskanzlers gewesen, auf Änderung zu drängen und diese Zustände nicht schweigend hinzunehmen. Verschweigen ist nicht nur hier unnütz gewesen, sondern es hat, so, glaube ich, kann man feststellen, die heutige Empörung über diese Vorgänge gesteigert, und es hat vor allem eine rechtzeitige prophylaktische Änderung verhindert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daß wir hier nicht alleine stehen, will ich Ihnen mit Hilfe einer unverdächtigen Zeugin beweisen, nämlich der Zeitung „Le Monde", die gestern wörtlich geschrieben hat —:
    Hier liegt ein Problem, welches seit Jahren existiert. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Regierung Schmidt ihm nicht genügend Aufmerksamkeit widmete.
    Der Meinung möchte ich nichts hinzufügen.
    Die jetzige Bundesregierung und die sie tragenden Parteien haben längst die überfälligen notwendigen Konsequenzen gezogen und haben sich mit



    Lintner
    Recht in aller Öffentlichkeit gegen diese Schikanen gewandt und Abhilfe gefordert. Es hätte eigentlich hier für die Opposition und die von ihr beschworene konstruktive Haltung ein Anlaß zu hilfreicher Gemeinsamkeit mit der Regierungskoalition bestanden. Aber Ihr Führer Vogel hat diese Möglichkeit versäumt. Er hat — —

    (Lachen und Zurufe von der SPD: Führer?)

    — Ihr Fraktionsführer; ich gestehe Ihnen das gerne zu. — Ihr Fraktionsführer, Herr Vogel, hat diese Möglichkeit versäumt.

    (Anhaltende Unruhe bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Er führt nicht einmal!)

    — Er führt nicht. Sehen Sie, da hatte ich wieder unrecht mit der Bezeichnung. — Er hat eigentlich die Vorgänge zu billiger Polemik gegen den Bundeskanzler mißbraucht.
    Außerdem, meine Damen und Herren, machen Sie sich ein bißchen des Versuchs schuldig, die Empörung in die falsche Richtung zu leiten. Auch hier will ich eine Pressestimme zitieren. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" charakterisiert das heute wie folgt:
    Wenn Anlaß zu Empörung besteht, muß sie so laut und deutlich geäußert werden wie im Falle der beiden Psychoterror-Opfer in den DDR- Verhörräumen. Das hat nichts mit „Kaltem Krieg"
    — ich füge hinzu: eine Vokabel, die Ihr Fraktionsführer heute ja etliche Male verwand hat —
    zu tun; dieses primitive Schlagwort zur Verhinderung angemessener Interessenwahrung sollte aus dem Verkehr gezogen werden.
    Meine Damen und Herren, diese Aufforderung gilt für Sie.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Hilfreich ist es hier, daß selbst die Führung der DDR — und das sehe ich durchaus als konstruktiven Beitrag für die Zukunft an — in einem Kommentar des „Neuen Deutschland" von gestern Mängel bekannt hat, die — so wörtlich laut „FAZ" —
    im Laufe der Zeit hier und da zutage getreten sind.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! — Hochinteressant!)

    Daraus sollen sich Möglichkeiten zur Lösung von Problemen im Rahmen von innerdeutschen Gesprächen ergeben, und ich bin sicher, daß die Bundesregierung diese Anregung aufgreifen wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir sollten gemeinsam gar nicht erst die Legende aufkommen lassen, es seien Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland gewesen, die diese Besuchsabsage bewirkt hätten. Die SED-Führung ist nämlich für die Zustände und damit auch für die Absage ganz allein verantwortlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, uns hat die gelassene Reaktion der Bundesregierung gutgetan, und ich glaube, sie war auch zur Problemlösung sehr hilfreich, denn die klare Haltung der Bundesregierung macht die Bonner Politik j a auch vorhersehbar und damit viel berechenbarer, als es früher der Fall gewesen ist.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Ja, man kann genau berechnen, wann Herr Strauß wieder interveniert!)

    — Herr Kollege Grüner — das sage ich, weil ich Ihren Namen nicht kenne —, das entspricht im übrigen — Sie können es nachlesen — auch einer ausdrücklichen Forderung der SED-Führung in dem gerade zitierten Artikel des „Neuen Deutschland".
    Meine Damen und Herren, das hat auch Vorteile für die DDR-Regierung.