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ID0913814500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/138 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 138. Sitzung Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 Inhalt: Eintritt der Abg. Ginsberg und Riebensahm in den Deutschen Bundestag . . . 8577 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksachen 9/1920, 9/2050, 9/2139 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 9/2141, 9/2281 — . . . . 8577 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 9/2142, 9/2281 — . . . . 8577 C Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 9/2143, 9/2281 — . . . . 8577 D Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 9/2144, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 9/2145, 9/2281 — Dr. Dregger CDU/CSU 8578A Dr. Ehmke SPD 8584 B Hoppe FDP 8592 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 8596 C Dr. h. c. Leber SPD 8607 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 8616 C Rapp (Göppingen) SPD 8619 D Genscher, Bundesminister AA 8623 B Voigt (Frankfurt) SPD 8629 B Möllemann, Staatsminister AA 8633 D Picard CDU/CSU 8636 B Coppik fraktionslos 8638 B Wieczorek (Duisburg) SPD 8639 C Präsident Stücklen 8596 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 9/2154, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksachen 9/2165, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 9/2158, 9/2281, 9/2289 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 in Verbindung mit Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 9/2160, 9/2281 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 8640 B Frau Traupe SPD 8641 C Dr. Zumpfort FDP 8644 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 8644 B, 8659 B Neumann (Stelle) SPD 8651 C Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 8653 D Popp FDP 8655 B Meinike (Oberhausen) SPD 8656 D Hansen fraktionslos 8659C, 8682A Kolbow SPD 8661 D Schluckebier SPD 8663 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8665 A Dr. Vohrer FDP 8667 D Dr. Holtz SPD 8669 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 8671 B Dr. Kreutzmann SPD 8673 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 8675 D Ronneburger FDP 8677 B Dr. Barzel, Bundesminister BMB . . . 8679A Wieczorek (Duisburg) SPD 8682A, B Reddemann CDU/CSU 8682 C Vizepräsident Wurbs 8681 D Nächste Sitzung 8683 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8684* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8577 138. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1982 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 12. Dr. van Aerssen * 16. 12. Böhm (Melsungen) ** 15. 12. Brandt 16. 12. Junghans 17. 12. Lagershausen 17. 12. Lampersbach 17. 12. Liedtke 15. 12. Löffler 17. 12. Frau Luuk 14. 12. Mischnick 17. 12. Müller (Bayreuth) 17. 12. Rösch ** 16. 12. Schmidt (Wattenscheid) 14. 12. Schmöle 17. 12. Dr. Vohrer ** 16. 12. Weiskirch 17. 12. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Windelen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, die Beratung über den Einzelplan 23 ist damit abgeschlossen.
    Wir treten in die Aussprache zu Einzelplan 27 ein. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kreutzmann.


Rede von Dr. Heinz Kreutzmann
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berliner Politikwissenschaftler Richard Löwenthal hat in einem bemerkenswerten Aufsatz in der Zeitschrift „Das Parlament" auf die grundlegende Bedeutung der Ost- und Deutsch-
8674 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982
Dr. Kreutzmann
landpolitik der früheren Koalition für die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik hingewiesen. Mit dieser Politik, schreibt Löwenthal, habe sich die Bundesrepublik ein Stück eigener Souveränität erworben und sich im Bündnis zum geschätzten Partner entwickelt. Die Politik der Verträge habe verhindert, daß die Bundesrepublik zwischen die Mühlsteine west-östlicher Entspannungsbemühungen in der Ära Kennedy geraten und als Hindernis für den Weltfrieden empfunden worden wäre. Diese Politik habe die Normalisierung der Beziehungen zur Sowjetunion und zu den ost- und südosteuropäischen Staaten ermöglicht. Sie habe damit zugleich die Voraussetzungen dafür geschaffen, die deutsch-deutschen Beziehungen auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, und das Berlin-Problem entspannt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    in den deutsch-deutschen Beziehungen müsse eine Politik der leisen Töne vorherrschen, müsse vieles auch im Verborgenen geschehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Minister Barzel dabei als einen eigenen Pflock die Forderung nach einer Politik der Ausgewogenheit einschlug, dann hatten wir nichts dagegen einzuwenden. Wir haben uns stets um eine Politik der Zug-um-Zug-Leistungen und Gegenleistungen bemüht; wie ich meine, mit einigem Erfolg. Die frühere Bundesregierung hat nie eine Leistung erbracht, die nicht den Menschen in beiden deutschen Staaten zugute kam.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie löste Probleme auf beiden Seiten und schuf Voraussetzungen dafür, bei der Zugehörigkeit der deutschen Staaten zu den unterschiedlichen Weltmachtblöcken so viel wie möglich von der Gemeinschaft der Menschen in Deutschland zu retten und zu erhalten. Wenn Autobahnbauten in der DDR gefördert wurden, dann dienten sie der Erhaltung der Lebensfähigkeit Berlins, der größeren Beweglichkeit seiner Bevölkerung. Wenn Grenzen reguliert wurden, dann beseitigten sie Gefahrenherde an diesen Grenzen. Wenn die Schiffahrtswege nach Berlin verbessert wurden, dann diente dies der Wirtschaft dieser Stadt.
    Alle diese Maßnahmen waren aber auch für die Wirtschaft der Bundesrepublik und für unseren Arbeitsmarkt von Bedeutung. Sie waren verbunden mit dem Ankauf von Baumaschinen aus der Bundesrepublik, mit dem Einsatz westdeutscher Baufirmen mit großem Namen bei der Errichtung schwieriger Brückenwerke. Und selbst wenn bei dieser oder jener Abmachung auch Nutzen für die DDR selbst herauskam, so frage ich, ob dies nicht vor dem Hintergrund zu vertreten war, daß er die Lebensbedingungen der Bevölkerung der DDR selbst verbessern half,

    (Beifall bei der SPD)

    die Lebensbedingungen der Menschen im anderen Staat auf deutschem Boden, die letzten Endes in erster Linie und mit erheblichen Opfern die Politik Hitlers bezahlen mußten. An Ausgewogenheit, Herr Minister, hat es also dieser Politik nie gefehlt. Sie war aber auch stets eine Politik, die in erster Linie bemüht war, den Menschen im geteilten Land zu helfen, und das, wie wir meinen, mit Erfolg.
    Eine Fortsetzung dieser Politik, ihre Kontinuität, hätte nur diese neue Bundesregierung selbst geehrt. Wir haben daher die Signale, die Minister Barzel hier gab, durchaus positiv aufgenommen, zumal es eine Fülle von Begegnungen gab, mit der man der anderen Seite diese Kontinuität signalisierte.
    Wir stellen jedoch mit Bestürzung fest, daß, je näher der Wahltag kommt, sich die Kräfte wieder zu regen beginnen, denen eine Politik der Kontinuität von Anfang an ein Graus war. Wir wollen nicht hoffen, daß man nur so lange für Kontinuität ist, bis der Wähler seine Vollmacht für weitere vier Jahre Regierung erteilt hat.
    Wenn da und dort führende Vertreter der Bundesregierung erklären, sie würden das Wort „Kontinuität" nicht in den Mund nehmen, so scheint uns mehr dahinter zu stecken als die Schwierigkeiten, die man damit hat, daß man dauernd von der angeblichen Erblast spricht, die man übernommen habe. Daß diese Argumentation nicht mit dem Begriff „Kontinuität" zusammenpaßt, ist verständlich. Man muß aber auf der anderen Seite sehen, daß, wenn man das außenpolitische Ansehen und die deutschlandpolitischen Erfolge der früheren Bundesregierung in Anspruch nehmen will, man auch die Kontinuität ihrer Politik bewahren muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies gilt um so mehr, als die Menschen im anderen deutschen Staat fürchten, daß nach der Bundestagswahl vom 6. März die andere Deutschlandpolitik, die man früher seitens der Regierungspartei betrieben hat, zum Zuge kommt. Die aber heißt nach ihrer Meinung Verschlechterung der mühsam erreichten Verbesserungen. Daß das nicht unbegründete Furcht ist, wird durch manche CSU-Töne bestätigt. Dort will man keine Kontinuität, dort möchte man gern die Muskeln spielen lassen.
    Auch wir Sozialdemokraten verkennen nicht, daß viele ungelöste Probleme zwischen den beiden deutschen Staaten stehen. Ich brauche nur auf das Wort „Mindestumtausch" zu verweisen, die neuerlichen Bemühungen um die Erhöhung der Postgebührenpauschale und die noch immer gepflegten Feindbilder in Lehrbüchern und Bilddarstellungen der Nationalen Volksarmee.
    Für uns in der Bundesrepublik gibt es diese Feindbilder nicht. Wir sehen sie nicht einmal in
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8675
    Dr. Kreutzmann
    kommunistischen Funktionären der anderen Seite, deren politische Vorstellungen wir entschieden ablehnen, deren menschliche Würde wir aber nicht in Frage stellen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir sehen sie am wenigsten in den Menschen dort drüben zwischen Elbe und Oder, vor derem unter schwierigen Umständen vollzogenen Wiederaufbau, vor deren beachtlichen wirtschaftlichen Leistungen, vor derem reichhaltigem kulturellen, religiösen und geistigen Leben wir nur Respekt haben können.

    (Beifall bei der SPD)

    Vieles, was dort entstanden ist, was auf literarischen, künstlerischen und musikalischen Sektoren geschaffen wurde, wird einmal zum festen Bestandteil einer deutschen Nationalkultur gehören. Daran wird auch das Bemühen des Systems nichts ändern, ein ständiges Schattenboxen gegen jeden Begriff von Gemeinsamkeit zu führen.
    Die vielen Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und kultureller Tradition können auch durch 37 Jahre der Trennung und zeitweiliger Abschnürung nicht ausgelöscht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wirken in beiden deutschen Staaten nach, hüben und drüben, und zwar so nachhaltig, daß wir die Hoffnung nicht aufzugeben brauchen, eines Tages doch wieder enger zusammenrücken zu können.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Aber ganz ohne unser Zutun wird das nicht geschehen. Eine Selbstaufgabe unserer Kontakte und Beziehungen zu den Menschen im anderen deutschen Staat wäre die Aufgabe eines Herzlandes der deutschen Geschichte. Darauf am Beginn des bevorstehenden Luther-Jahres hinzuweisen, müßte sich eigentlich erübrigen.
    Es ist aber nicht das Land Luthers allein, um das es geht. Es ist auch das Land Friedrich des Großen, das Land Fontanes, das Land Fritz Reuters und das Land eines Max Liebermanns und vieler anderer. Die Menschen dort drüben sind sich oft dieser im Geistigen begründeten Zusammenarbeit bewußter als wir; enttäuschen wir sie nicht.
    Mit Genugtuung können wir registrieren, daß das Interesse an dem anderen Deutschland in der jüngeren Generation zunimmt, wieder mehr Schulklassen in die DDR, an die Grenze zur DDR und ins Zonenrandgebiet reisen. Dennoch wissen wir alle, daß das vielfach nur Tropfen sind, die mühsam tröpfeln.
    Wir haben ein gutes Hearing zur deutschen Frage im Unterricht im Innerdeutschen Ausschuß gehabt und dabei feststellen müssen, wie wenig trotz allem auf diesem Gebiet geschieht. Das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen — und dabei möchte ich besonders darauf hinweisen, daß das von den Tagen der Führung dieses Hauses durch Herbert Wehner an geschehen ist — hat in den vergangenen Jahren vorzügliches Material zur sachlichen Information über die DDR geliefert. Wir bedauern aber, daß es noch viel zu wenig genutzt wird.
    Genauso müssen wir immer wieder bedauern, daß die Möglichkeiten für Reisen nach drüben zu wenig in Anspruch genommen werden. Gewiß, der Mindestumtausch ist eine kostspielige Sache, eine staatliche Subvention kann nicht in Frage kommen; aber warum schenken nicht Eltern ihren Kindern eine Reise nach drüben, beispielsweise als Weihnachtsgeschenk?

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Warum leisten nicht wohlhabende Mitbürger kinderreichen Familien auch einmal einen Beitrag für deren Fahrten zu ihren Angehörigen im anderen deutschen Staat?

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Wenn wir uns weiterhin einem gemeinsamen Schicksal verpflichtet fühlen, kann man uns nicht voneinander trennen. Dieser Zusammenhalt ist keine Gefahr für den Frieden, sondern ein Element seiner Stabilisierung. Aber dieses Bemühen kann nur auf Fingerspitzengefühl und einer humanistischen Grundhaltung aufgebaut werden. Wer da meint, mit Stufenplänen und Druckversuchen etwas erreichen zu können, der zerstört auch die Hoffnungen und die Treue der Menschen drüben.
    Treiben wir weiter eine Deutschlandpolitik der Geduld und Ausdauer, eine Politik, die in erster Linie an die Menschen dort drüben denkt, die Menschen, denen das Schicksal, Deutsche zu sein, Lasten aufgebürdet hat, die mitzutragen wir trotz eigener Sorgen und Nöte allen Grund haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden deshalb, um die Hilfe für die Menschen dort drüben nicht zu unterbrechen und zu gefährden, diesem Haushalt trotz mancher Bedenken zustimmen.

    (Beifall bei der SPD)