Nur: Ich bin in Zeitdruck; wir wollen die Debatte ja um 20 Uhr abschließen.
Damit hier kein Mißverständnis über das auftaucht, um was es uns eben nicht geht. Es geht uns nicht etwa um die Erziehung zum Haß. Wir wollen keinen Haß, wir brauchen keinen Haß, und wir werden keinen Haß dulden. Wir brauchen kein künstliches Feindbild. Wir werden vor allen Dingen keinen Wehrkundeunterricht à la DDR einrichten. Niemand von uns will das.
Aber was wir wollen ist eine sachliche und nüchterne Aufklärung über das, was in unserer Verfassung steht und was dieser Bundestag beschlossen hat.
Jetzt zum zweiten Punkt. Es darf nicht sein, daß junge Wehrpflichtige die Bundeswehr mit dem Eindruck verlassen, sie hätten dort sinnlos Dienst getan. Deswegen müssen wir — das habe ich mir ebenfalls zum Ziel gesetzt — mit aller Energie den Kampf gegen die Gammelei aufnehmen. Wir haben eine sehr instruktive Tagung mit jungen Wehrpflichtigen, mit Unterführern und Führern unserer Armee unter der Leitung des Parlamentarischen Staatssekretärs Würzbach gehabt, die uns gute und zukunftsweisende Erkenntnisse vermittelt hat. Ich sage Ihnen hier: Wir werden Führung, Ausbildung und Erziehung so verbessern, daß der junge Wehrpflichtige im täglichen Dienst den Sinn und die Notwendigkeit seines Wehrdienstes erkennen kann. Der Kampf gegen Gammelei hängt in erster Linie von der Führerdichte im Tagesdienst der Streitkräfte, d. h. ganz entscheidend davon ab, wieviel Unteroffiziere und wieviel Offiziere im Tagesdienst in den Zügen, in den Kompanien und in den Staffeln da sind und sich dem jungen Wehrpflichtigen widmen können.
Das ist das eine entscheidende Kriterium.
Das zweite sind genügend Betriebs- und Übungsmittel. Dazu kann ich Ihnen sagen: Die Steigerungsrate des Haushalts 1983 für den sonstigen Betrieb beträgt 7,9 %. Das heißt: Wir haben sichergestellt, daß keine Übung, kein Manöver abgesagt, gestrichen oder gestreckt werden muß. Der Vorrang des Soldaten — mit dem Motto bin ich angetreten; mit dem Motto ist diese neue Bundesregierung angetreten. Nach einer Phase, in der — das werfe ich niemandem vor; dem haben wir zugestimmt — die Beschaffung von Großgerät im Vordergrund stand, ist es nun Zeit, daß wir uns mit Vorrang um den Soldaten, seine Qualität, seine Ausbildung bemühen. Darum haben wir klare und eindeutige Schwerpunkte gesetzt, und wir haben sie im Haushalt 1983 verwirklicht. Wir haben nicht nur versprochen, wir haben gehalten.
Längerdiener: Wir haben 3 000 Stellen mehr für Längerdiener. Das heißt, wir sind dabei, den schlimmen Fehler, den die Vorgängerregierung gemacht hat, auszubügeln. Leider Gottes ist es nicht in dem Tempo möglich, in dem ich das gern machen würde.
Nächster Punkt. Wir haben endlich einen ersten Schritt zur Beseitigung des Verwendungsstaus eingeleitet. Der Verwendungsstau und der Beförderungsstau drücken diese Truppe. Wir werden alles daransetzen, — Frau Kollegin Traupe, da sollten wir uns nicht entzweien, da sind wir uns ja einig, und das können wir ja ruhig auch einmal sagen —, die Attraktivität des soldatischen Dienstes zu verbessern. Deswegen begrüße ich es, daß wir auf Grund eines Initiativantrags der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP, dem die SPD dann zugestimmt hat, jetzt einen neuen Spitzendienstgrad der Unteroffiziere eingeführt haben. Das ist ein Schritt auf dem richtigen Weg.
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8651
Bundesminister Dr. Wörner
Wir haben sodann die höhere Dienstzeitbelastung ausgeglichen.
Schließlich werden wir die Ausbildung der Ausbilder verbessern. Größere Praxisnähe und mehr Nachdruck auf dem Gebiet der Menschenführung, das ist unser Ziel.
Und ich sage Ihnen: Wir werden alles daransetzen, die Auftragstaktik wieder in ihr volles Recht einzusetzen, und alles tun, um die Bundeswehr von unnötiger Bürokratie und unnötigem Reglementieren zu befreien. Die Armee droht in einer Fülle von Regelungen überflüssigster Art zu ersticken. Damit muß aufgeräumt werden, und zwar nicht dadurch, daß man neue Kommissionen einsetzt, sondern dadurch, daß man mit dem Ernst macht, was schon an Erkenntnissen vorliegt.
Ich komme zum Schluß. Der Verteidigungsetat weist eine Steigerung von 6,1 % auf. Das ist ganz sicher nicht übermäßig viel. Der Verteidigungsetat ist auf Rand genäht. Die Kollegen, die im Verteidigungsbereich tätig sind, wissen das.
Ich habe Ihnen vorhin vorgetragen, welch große Lücken wir im einen und anderen Sektor noch haben.
Nun weiß ich selbst — und ich habe das als Verteidigungsminister wieder und wieder in der Öffentlichkeit gesagt —, daß in einer Zeit knappen Geldes, in einer Zeit, in der gespart werden muß, auch die Bundeswehr vom Zwang zur Sparsamkeit nicht ausgenommen werden kann. Frau Kollegin Traupe, Sie können sicher sein, daß ich alle Möglichkeiten nutzen werde, um so sparsam zu wirtschaften, wie es irgend geht. Und für jeden Vorschlag aus dem Parlament bin ich dabei dankbar.
Andererseits muß ich sagen: Die Bundeswehr hat einen bestimmten Auftrag zu erfüllen. Und dieser Auftrag hängt eben nicht davon ab, was wir gern hätten, sondern von der Bedrohung, mit der wir es zu tun haben. Diese Bundeswehr soll ja nicht kämpfen. Sie soll uns vor einem Krieg bewahren. Sie hat diese Aufgabe seither erfüllt. Und wenn wir wollen, daß sie uns auch künftig auf diesem Weg hilft, daß sie unserem Volk auch künftig einen Krieg erspart, dann müssen wir sie so ausstatten, daß sie ihrem Auftrag genügen kann.
Das wird diese Bundesregierung tun. Und wir werden nicht zögern, unserem Volk deutlich zu machen, daß Frieden und Freiheit nicht kostenlos zu haben sind.
Frieden und Freiheit fordern ihren Preis.
Mein Dank gilt den Soldaten, aber nicht nur den Soldaten, mein Dank gilt auch den zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr, die genauso wie die Soldaten zur Aufgabenerfüllung unserer Streitkräfte beitragen.
Wir haben in kritischen Zeiten einen Etat beschlossen — ich sage noch einmal: auf Rand genäht —, der uns befähigt, den Auftrag der Bundeswehr einigermaßen zu erfüllen. Weitere Kürzungsvorschläge kann ich nicht akzeptieren. Sie würden sich mit der Aufgabenerfüllung der Bundeswehr nicht vertragen. Deswegen bitte ich das Hohe Haus, Kürzungsvorschläge der Opposition nicht anzunehmen.