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ID0913807700

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    Plenarprotokoll 9/138 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 138. Sitzung Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 Inhalt: Eintritt der Abg. Ginsberg und Riebensahm in den Deutschen Bundestag . . . 8577 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksachen 9/1920, 9/2050, 9/2139 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 9/2141, 9/2281 — . . . . 8577 B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 9/2142, 9/2281 — . . . . 8577 C Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 9/2143, 9/2281 — . . . . 8577 D Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 9/2144, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksachen 9/2145, 9/2281 — Dr. Dregger CDU/CSU 8578A Dr. Ehmke SPD 8584 B Hoppe FDP 8592 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 8596 C Dr. h. c. Leber SPD 8607 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 8616 C Rapp (Göppingen) SPD 8619 D Genscher, Bundesminister AA 8623 B Voigt (Frankfurt) SPD 8629 B Möllemann, Staatsminister AA 8633 D Picard CDU/CSU 8636 B Coppik fraktionslos 8638 B Wieczorek (Duisburg) SPD 8639 C Präsident Stücklen 8596 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksachen 9/2154, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksachen 9/2165, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 9/2158, 9/2281, 9/2289 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 in Verbindung mit Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 9/2160, 9/2281 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 8640 B Frau Traupe SPD 8641 C Dr. Zumpfort FDP 8644 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 8644 B, 8659 B Neumann (Stelle) SPD 8651 C Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 8653 D Popp FDP 8655 B Meinike (Oberhausen) SPD 8656 D Hansen fraktionslos 8659C, 8682A Kolbow SPD 8661 D Schluckebier SPD 8663 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8665 A Dr. Vohrer FDP 8667 D Dr. Holtz SPD 8669 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 8671 B Dr. Kreutzmann SPD 8673 D Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 8675 D Ronneburger FDP 8677 B Dr. Barzel, Bundesminister BMB . . . 8679A Wieczorek (Duisburg) SPD 8682A, B Reddemann CDU/CSU 8682 C Vizepräsident Wurbs 8681 D Nächste Sitzung 8683 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8684* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8577 138. Sitzung Bonn, den 14. Dezember 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 12. Dr. van Aerssen * 16. 12. Böhm (Melsungen) ** 15. 12. Brandt 16. 12. Junghans 17. 12. Lagershausen 17. 12. Lampersbach 17. 12. Liedtke 15. 12. Löffler 17. 12. Frau Luuk 14. 12. Mischnick 17. 12. Müller (Bayreuth) 17. 12. Rösch ** 16. 12. Schmidt (Wattenscheid) 14. 12. Schmöle 17. 12. Dr. Vohrer ** 16. 12. Weiskirch 17. 12. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Lutz G. Stavenhagen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich wollte auf die Schwierigkeiten hinweisen, die der Bundesverteidigungsminister bei seiner Amtsübernahme angetroffen hat. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Soldaten wenig motiviert waren, daß die Dinge im Beschaffungsbereich auseinandergelaufen sind; teures Gerät wurde beschafft, aber die notwendige Munitionierung, die Anschaffung von Peripheriegerät, Führungssystemen usw. wurde verzögert. All dies hat es außerordentlich schwierig gemacht, den Einzelplan 14 ordnungsgemäß in den Griff zu bekommen und wichtige Schwerpunkte zu setzen.
    Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind ebenfalls besonders schlecht. Ich erinnere nur daran: 10 Milliarden DM weniger Steuern, als noch von der alten Bundesregierung geplant war, 8 Milliarden DM mehr an die Bundesanstalt für Arbeit. Dies alles hat es unmöglich gemacht, im Einzelplan 14 auf den Plafond, der von der alten Regierung vorgelegt wurde, noch etwas draufzulegen. Dennoch ist es gelungen, einen ganz wichtigen neuen Schwerpunkt zu setzen, nämlich den Menschen, den Soldaten in den Vordergrund zu stellen. Ich nenne hier nur zwei Beispiele, auf die auch der Kollege Hauser nachher noch eingehen wird: einmal einen ersten Schritt zum Abbau des Verwendungsstaus und zum anderen einen finanziellen Ausgleich für die Spitzendienstzeiten.
    Es bleibt noch viel zu tun, auch die Frustration bei dem Soldaten abzubauen, sein soziales Umfeld zu verbessern, ihm das Selbstwertgefühl zu geben, das ihm in unserer Gesellschaft zusteht.
    Diese Gewichtsverschiebung mußte zu Lasten der Beschaffung vorgenommen werden. Hier mußte Wichtiges zurücktreten. Wir haben uns aber klar und eindeutig für diese Priorität entschieden. Daß bei der Beschaffung maßvoll etwas weggenommen werden konnte, ist auch von der Opposition nicht bestritten worden, denn die Opposition selbst hat im Bereich der Beschaffungen Kürzungsvorschläge in Höhe einer halben Milliarde DM gemacht. Dies allerdings wäre viel zuviel gewesen. Dies hätte enorme Probleme aufgeworfen und wäre nicht vertretbar gewesen. Die Opposition wollte z. B. bei der Beschaffung rund 443 Millionen DM kürzen. Sie wollte bei der Forschung und Entwicklung 97 Millionen DM kürzen. Das ist ein Bereich, der viele Jahre lang notleidend war, Herr Kollege, und bei dem die alte Bundesregierung jetzt endlich das Notwendige getan hat, hier einen neuen Trend hineinzubringen. Die Mittel für den Bereich Forschung und Entwicklung wurden um 10% gesteigert, um ihn angemessen auszustatten. Dies alles sollte wieder zunichte gemacht werden. Das ist in sich nicht konsistent und auch nicht schlüssig.
    Wir konnten dies verhindern. Wir haben mit einer Kürzung insgesamt bei Beschaffung und Materialerhaltung von 80 Millionen DM das finanziell Gebotene und Notwendige getan, aber andererseits auch der Verteidigung das dringend Notwendige an finanzieller Ausstattung gelassen.

    (Beifall des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Im Zeitraum von 1979 bis 1981 — und das ist das Thema Erblast — wurden Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von 6,5 Milliarden DM gestrichen, u. a. — sehr gravierend — das Waffensystem Roland für Luftwaffe und Marine. Dies macht unsere Fliegerhorste nicht angemessen verteidigungsfähig. Außerdem wurden Vorhaben in die Periode gestreckt, mit der jetzt Manfred Wörner fertigzuwerden hat. Auch dies schafft Probleme zusätzlich zum Generationenwechsel bei den großen Waffensystemen.
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8641
    Dr. Stavenhagen
    Ich will Ihnen hier nur noch einmal die Größenordnungen vortragen. Die gesamte neue Waffengeneration, die von allen Fraktionen des Hauses getragen wurde und, wie ich hoffe, noch wird, kostet rund 70 Milliarden DM. Bis 1982 sind davon rund 35,5 Milliarden DM gezahlt. Es bleiben im Jahr 1983 rund 8 und in den Folgejahren noch rund 26 Milliarden DM zu zahlen. Dies ist ein gewaltiger Brocken, der verkraftet werden muß. Nur: Zu sparen, indem man diese Vorhaben streckt, schafft zwar buchhalterisch Entlastung, macht die Dinge aber nur teurer. Denn die Inflation gerade führt dazu, daß die Dinge wesentlich teurer werden, als wenn man kontinuierlich und so, wie es geplant war, die Dinge durchzieht.
    Dieser Schwerpunkt der neuen Generation bei den großen Waffensystemen führt dazu, daß in anderen Bereichen gespart werden mußte und auch in der Vergangenheit gespart wurde. Dies ist nicht ohne Probleme. Ich nenne z. B., daß die Bundeswehr unverhältnismäßig lang überaltetes Fahrzeugmaterial mit überhöhtem Aufwand fahren muß. Die neuen Fahrzeuge kommen langsamer dazu. Neue Waffensysteme können nicht optimal genutzt werden, weil Aufklärung und Fernmeldeverbindungen nicht Schritt halten.
    Auch der Bereich der Munition ist ein notleidender Titel, insbesondere was die neuen Waffensysteme angeht. Hier ist das Notwendige ebenfalls nicht getan worden. Es kann selbstverständlich auch im Haushalt 1983 nicht mit einem Schritt getan werden.
    Wir haben den Schwerpunkt ausdrücklich auf den Personalbereich gelegt, müssen aber einräumen, daß dadurch wichtige anstehende Vorhaben noch nicht begonnen werden können. Ich nenne nur drei Beispiele: das automatisierte Korpsstammnetz des Heeres, das automatisierte Fernmeldenetz der Luftwaffe und das Aufklärungssystem Drohne.
    Erfreulich ist die neue Weichenstellung bei der Forschung und Technologie. Hier geht es darum, moderne technologische Entwicklungen und den technischen Fortschritt zu nutzen, ebenso den Innovationsschub, der uns intelligente Waffen und auch Kostensteigerung bringen soll. Wir müssen auch in der Zukunft Forschung und Entwicklung intensivieren, damit die einzelnen Phasen des Geräteentstehungsgangs zügiger und konzentrierter abgewikkelt werden können, damit wir hier nicht, wie so oft in der Vergangenheit, kostenträchtige Phasenüberlappungen haben.
    Die Opposition hat wiederholt erklärt, sie wolle für den Verteidigungshaushalt kein größeres Wachstum als für den Gesamtetat. Erinnern wir uns: Die Bundesausgaben stiegen von 1970 bis 1982 um 180 %, die Verteidigungsausgaben nur um 127 %. Auch das Bruttosozialprodukt stieg schneller als die Verteidigungsausgaben. Wenn man das eine oder das andere Kriterium als Maßstab anlegt, ergibt sich hier ein Nachholbedarf. Unter dem Gesichtspunkt dieses Nachholbedarfs muß man die Zuwachsrate sehen, die sich einschließlich der Personalverstärkungsmittel auf 6,1 % beläuft. Dies bringt einen realen Zuwachs von etwa 1,5 bis 1,7% über der Inflationsrate. Diesen Zuwachs halten wir für das mindeste, was geboten ist, um auch dem Stellenwert der Verteidigung in der gesamten Politik, wie er auch von Bundeskanzler Helmut Kohl und Verteidigungsminister Wörner wiederholt dargestellt wurde, Rechnung zu tragen.
    Wir stimmen dem Einzelplan 14 zu und hoffen, daß er eine breite Zustimmung in diesem Hause findet; denn auch die Kollegen von der SPD haben wiederholt gesagt, die Verteidigung solle das Notwendige bekommen. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Traupe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Brigitte Traupe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon als Kind habe ich die Lebensmaxime gelernt, daß man sich nicht an schlechten Beispielen orientieren soll. Deshalb habe ich auch nicht vor, meine Damen und Herren von der Opposition, mich an den ehemaligen Oppositionspolitikern Wörner und Würzbach zu orientieren, die in der Zeit sozialdemokratischer Verteidigungsminister nicht müde wurden, gegen unsere Verteidigungspolitik zu polemisieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die war j a auch schlecht!)

    Ich unterstelle den Kollegen von der CDU/CSU auch nicht, daß sie nicht — wie wir — den Frieden in der Bundesrepublik und in Europa gemeinsam erhalten wollen. Ich stimme Herrn Dregger ausdrücklich zu, der heute morgen sagte: Für uns Deutsche gibt es keine Alternative zum Frieden. — Darin besteht Konsens zwischen uns allen.
    Strittig aber bleibt, wie man dieses wichtige Ziel der äußeren Sicherheit am besten erreicht. Kann es wirklich nur dadurch erreicht werden, Herr Kollege Stavenhagen, daß man die Mittel im Verteidigungsbereich in jedem Jahr erhöht? Sind die Forderungen nach einer Steigerungsrate von wenigstens 3 % real auch in der wirtschafts-, sozial- und finanzpolitisch schwierigen Zeit verantwortbar? Womit lassen sich in dieser Zeit Preissteigerungsraten von 10 bis 50 %, ja im Extremfall von 338 % im Rüstungs-, Forschungs- und Entwicklungsbereich rechtfertigen? Berechnen Sie eigentlich nicht den Anteil an guter Sicherheitspolitik durch besonnene Politiker, aktive Soldaten und engagierte zivile Mitarbeiter?
    Meine Damen und Herren, auf dem Gebiet der Haushaltspolitik benötigt man ein stabiles Nervenkostüm, weil wir Haushälter uns immer wieder den Zorn der Kollegen aus den Fachausschüssen und der jeweiligen Bundesregierung zuziehen, wenn wir aus guten Gründen nicht allen Forderungen im Ausgabenbereich zustimmen. Allerdings werde ich nie begreifen, Herr Kollege Stavenhagen — eigentlich trifft das für Sie auch nicht zu —, daß manche Kollegen im Verteidigungsbereich eine sparsame Haushaltspolitik nicht akzeptieren.

    (Petersen [CDU/CSU]: Wer denn?)

    Auch hier muß gelten, daß nicht alles realisiert werden kann, was machbar ist. Es muß ebenfalls gelten:
    8642 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982
    Frau Traupe
    Auf dem Gebiet der Verteidigung bleibt Sparsamkeit eine Tugend.
    Als wir am 19. Januar 1982 den Verteidigungsetat 1982 berieten, wurden etliche CDU-Kollegen nicht müde, die von SPD und FDP vorgenommenen Kürzungen in Höhe von 324 Millionen DM zu kritisieren. Der heutige Bundesverteidigungsminister verstieg sich sogar zu der Aussage, daß man nicht davon ausgehen könne, daß die Bundeswehr ihren vollen Auftrag erfüllen kann. Ich war schon damals davon überzeugt, daß wir uns auf die Streitkräfte und die zivilen Dienststellen der Bundeswehr verlassen können;

    (Zustimmung bei der SPD)

    ohne eine weitere globale Minderausgabe, mit knapperen, aber festen Haushaltsansätzen würden alle versuchen, 1982 klarzukommen. Im letzten Monat des Jahres können wir nun feststellen: Wir sind 1982 mit den Mitteln klargekommen. In der Verteidigung haben wir uns auf ein vernünftigeres Haushaltsvolumen eingestellt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Haben Sie eigentlich, Herr Minister, ein schlechtes Erbe angetreten?
    Ich darf alle nur noch einmal daran erinnern, welche Empörung wir hervorgerufen haben, als wir beim Waffensystem Alpha-Jet 20 Millionen DM einsparen wollten. Die „staatstragenden" Kollegen Haase und Stavenhagen meinten zusammen mit der damaligen Bundesregierung, dieses könne man nicht verantworten. Sie werden ähnlich wie ich begeistert gewesen sein, als sie im Sommer erfuhren: In diesem Bereich waren sogar 200 Millionen DM nicht notwendig!
    Meine Damen und Herren, keine Ideologie, keine Gegnerschaft zur Bundeswehr, keine Abneigung gegenüber den seriösen Teilen der Rüstungsindustrie, sondern Unvoreingenommenheit haben zu unseren vorliegenden Einsparungsvorschlägen zum Verteidigungsetat 1983 geführt. Das gründliche Studium der geheimen Unterlagen und wachsende Erfahrung über die Realisierung der vor einem Jahr geplanten Ausgaben ließen es für uns angemessen erscheinen, in dieser haushaltspolitisch schwierigen Lage, die Sie so oft beschwören, auch die Ansätze im Verteidigungshaushalt noch einmal zu überprüfen, sind sie doch weitgehend im August 1982 aufgestellt worden, also noch vor dem Bekanntwerden des zusätzlichen Steuerlochs von rund 10 Milliarden DM im Jahre 1982/83.
    Wie wollen Sie es eigentlich gegenüber den Bürgern verantworten, in vielen Bereichen den Rotstift anzusetzen, aber den Verteidigungsbereich auszusparen, auch wenn es vernünftige Korrekturen gäbe?

    (Zuruf des Abg. Glos [CDU/CSU) Das bleibt Ihr Problem.

    Die SPD-Bundestagsfraktion ist allerdings nicht bereit, den Einzelplan 14 als einen Steinbruch anzusehen, aus dem man beliebig Geld herausholen kann, wie dieses einige wenige Kollegen in diesem
    Haus zu glauben scheinen. Deshalb ist der Antrag der Kollegen Coppik und Hansen auf Drucksache 9/2327 auch unangemessen, wenn sie darin fordern, die Mittel für international eingegangene Verpflichtungen zur NATO-Infrastruktur einfach zu streichen.
    Aber, meine Damen und Herren von der CDU, zu Ihrer miesen Anzeigenkampagne über die angebliche Erblast paßt Ihre Blindheit gegenüber sinnvollen Einsparungsvorschlägen im Einzelplan 14 wie die Faust aufs Auge.

    (Beifall bei der SPD)

    Der sehr geehrte Kollege Hoppe ist gerade nicht da, aber ich sehe andere damit Befaßte: Er und die anderen FDP-Haushälter sind auch nicht gut beraten, wenn sie diesem komplizierten Einzelplan dafür eine globale Minderausgabe von 150 Millionen DM für 1983 aufdrücken wollen. Es ist und bleibt die ureigene Aufgabe des Parlaments, die einzelnen Ansätze nach eingehender Beratung festzulegen, und wenn sie in Gesetzesform verkündet sind, sollen sie auch von den Ressorts eingehalten und nicht von ihnen selbstherrlich gekürzt werden.
    Die globale Minderausgabe träfe im Verteidigungsetat auch die militärische Aus- und Fortbildung, die Mieten der Fernmeldeeinrichtungen der Streitkräfte und vor allem die für den Übungsbetrieb der Bundeswehr benötigten Betriebsstoffe. Wir halten das für unsinnig und sind im Gegenteil bereit, in diesem Bereich mehr Geld zu bewilligen, als die neue Koalition dies tun will.
    Auch bei den diesjährigen Haushaltsberatungen hat sich wieder gezeigt, daß trotz der allgemein schlechteren Lage der Industrie in der Bundesrepublik Deutschland und in allen NATO-Ländern die Kosten für Rüstungsgüter ganz überproportional gestiegen sind. Als mein Fraktionskollege Georg Schlaga 1975 die Aussage wagte, der Tornado werde im Endergebnis pro Flugzeug 100 Millionen DM kosten, wurde er von allen Parteien beschimpft und verurteilt. Doch nachdem im Haushaltsplan 1983 ein deutscher Finanzanteil von 34,4 Milliarden DM für Entwicklung, Beschaffung und entwicklungsbetriebliche Betreuung des MRCA insgesamt angesetzt wurde, entfällt bereits jetzt auf jedes der 322 zu beschaffenden Flugzeuge ein Betrag von 107 Millionen DM. Die Zukunftsvision des Kollegen Schlaga ist damit bereits heute im negativen Sinn übertroffen worden.
    Vielleicht berichtet der Kollege Zumpfort noch über seine Erkenntnisse, wie hoch er die Betriebskosten dieses Waffensystems veranschlagt.
    Das Kostenbewußtsein vieler Anbieter wird von dem Wissen geprägt, daß es für Rüstungsgüter — jedenfalls in der Bundesrepublik — keinen allgemeinen Markt gibt, der sich durch Angebot und Nachfrage reguliert. Auf der Industrieseite gibt es häufig nur einen Anbieter, der über das technische Spezialwissen und die entsprechenden Produktionskapazitäten verfügt. Andererseits führt das öffentliche Preisrecht über die sogenannten Selbstkostenpreise oft zu überhöhten Preisen.
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982 8643
    Frau Traupe
    Das Ministerium und das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz bemühen sich redlich, hier Verbesserungen zu finden. Aber sie scheitern oft an den Interessen der Industrie. Selbstkostenpreise führen nicht zu erhöhter Wirtschaftlichkeit, sondern belohnen den Anbieter, der möglichst viele Kosten nachweist.
    Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat deshalb 1981 begonnen — Herr Kollege Haase, noch unter Ihrer Leitung —, hier eine stärkere Kontrolle auszuüben, indem wir uns alle neuen Beschaffungsverträge vorlegen lassen, die 50 Millionen DM übersteigen. Es ging uns nicht um die Gängelei des jeweiligen Verteidigungsministers, sondern es ging uns darum, das Kostenbewußtsein bei den Soldaten, den Beamten, in der Industrie und bei der jeweiligen politischen Führung auf der Hardthöhe zu schärfen:
    Die letzten 3 % der Leistungsspitze eines Waffensystems kosten nicht 3 %, sondern 20 bis 30 % des gesamten Systems! Wir alle wollen, daß unsere Soldaten moderne Waffensysteme zur Verteidigung in die Hand bekommen. Aber auch im Rüstungsbereich muß der Bundestag im Interesse aller Steuerzahler auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit äußersten Wert legen. Der Bericht der Kommission für Langzeitplanung der Bundeswehr enthält hier wertvolle Hinweise. Nutzen wir die Erkenntnisse gemeinsam!
    Folgerichtig müssen wir uns dann mit dem Thema Phasenüberlappung bei der Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsgütern befassen. Schon 1976 hatte der Haushaltsausschuß beschlossen, Phasenüberlappungen nur noch in Ausnahmefällen zuzulassen. Tatsächlich ist jedoch bei den laufenden neuen Waffensystemen das Gegenteil der Fall. Es ist ein Unding, daß die gepanzerten Fahrzeuge wie Gepard, Leopard 2 und — ganz besonders schlimm — der Roland produziert werden, obwohl die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Das trifft auch auf den Tornado zu. Deshalb wollen wir die weiteren Entwicklungskosten begrenzen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Die Entwicklung wird nie abgeschlossen sein!)

    Um es auch allen nicht mit Haushalts- und Verteidigungsfragen vertrauten Zuhörern zu verdeutlichen: Die Beschaffung des Waffensystems beginnt oft mit einem vorläufigen Produktionsstand. Gleichzeitig wird massiv weiterentwickelt. Die zuerst gebauten Waffen werden dann nach zwei oder drei Jahren auf den endgültigen Entwicklungs- und Konstruktionsstand umgestellt. Auch ein Laie begreift, daß das zusätzliches Geld kostet. Im Falle des Rolands schätzt der Bundesrechnungshof die Mehrkosten auf 150 Millionen DM.
    Deshalb muß für jeden Verteidigungsminister und jedes Parlament gelten, in Zukunft Phasenüberlappungen zu vermeiden. Wir leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Kostenreduzierung bei den Waffensystemen.
    Natürlich gibt es Gegenargumente.
    Das der Industrie lautet: Wenn sich die Phasen nicht überlappten, dann könne man die Spezialisten nicht kontinuierlich beschäftigen. Ich frage Sie darauf: Warum können Fachleute nicht auch für zivile Entwicklungen eingesetzt werden?
    Das der Verteidigungsfachleute lautet: Ohne Phasenüberlappung könnte der technische Fortschritt nicht schnell genug umgesetzt werden, und die Bundeswehr erhielte neue Waffensysteme zu spät. Wenn das stimmen würde, dürften unerwartete technische Schwierigkeiten und damit verbundene Produktionsunterbrechungen nicht passieren. Genau das aber passiert immer wieder. Der letzte Fall ist die Feldhaubitze 155.
    Verzichtet man künftig auf Phasenüberlappungen, kann man sich vorher über die Produktions- und Folgekosten ein realistischeres Bild verschaffen. Es würde mich sehr interessieren, was der Verteidigungsminister Dr. Wörner denn heute zur Verbesserung der Kostentransparenz und Wirtschaftlichkeit zu sagen hat.

    (Zuruf von der SPD: Nichts!)

    Früher gab es bei dem Oppositionspolitiker Wörner zu diesem Thema immer nur Schweigen. Hans Apel hat das Gutachten zur „Verbesserung von Kostentransparenz und Wirtschaftlichkeit der Bundeswehr durch ein leistungsfähiges Controlling" seinen Nachfolgern als Denkanstoß hinterlassen. Darin steht manches über die Materialwirtschaft der Bundeswehr, was nicht so einfach zu den Akten zu legen ist. Moderne industrielle Erfahrungen könnten darüber hinaus der Großorganisation Bundeswehr nur nützlich sein.
    In dem Gutachten wird u. a. festgestellt, daß in der Depotwirtschaft und im Beschaffungsablauf erhebliche Reserven liegen. Vielleicht haben Sie, Herr Bundesminister Wörner, mit Ihren inzwischen auf vier angewachsenen Parlamentarischen und beamteten Staatssekretären sich mittlerweile besser informiert und entdecken selber, welches Einsparungspotential im Bereich der Materialwirtschaft und der Beschaffung noch liegt. Ihr Vorgänger war auf dem besten Weg, alte Zöpfe abzuschneiden. Meine heutige Kenntnis verdanke ich vielen militärischen und zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr, aber auch der Industrie.
    Ich freue mich auch, daß der jetzige Bundesverteidigungsminister nun ein anderes Urteil über die Qualifikation der Mitarbeiter auf der Hardthöhe hat. Das Schlagwort vom „Wasserkopf Bundesministerium der Verteidigung" habe ich nie als gerechtfertigt angesehen. Allerdings hat auch die frühere Koalition Personaleinsparungen in den Jahren 1981 und 1982 vorgenommen. Jetzt aber paßt eine weitere 1 %ige Einsparung, wie sie von der neuen Koalition geplant ist, nicht in die arbeitsmarktpolitische Lage. Sie hätte außerdem den Effekt, daß mittel- und langfristig Stellen für Beamtenanwärter verlorengehen. Schon heute haben die bisherigen Einsparungen zu einer starken Belastung der Mitarbeiter in den nachgeordneten Dienststellen der Bundeswehr geführt. Ich hoffe nicht, daß alle künftigen Personaleinsparungen nur nach unten verschoben werden. Die gute Arbeit in den Dienststellen der
    8644 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. Dezember 1982
    Frau Traupe
    Bundeswehr hat es verdient, einmal herausgehoben zu werden, auch deshalb, weil die Kollegen der FDP immer wieder auf die Idee verfallen, manche dieser Aufgaben wie z. B. die der Marinearsenale zu privatisieren.
    Bei den Streitkräften haben wir in den nächsten Jahren durch die sich ändernde Altersstruktur etliches zu tun. Da die Zahl der Wehrpflichtigen sinken wird, müssen wir mehr Zeitsoldaten einstellen. Wir unterstützen deshalb die Aufstockung der SaZ-2Stellen um 3 000 im Jahr 1983, von denen j a bereits Hans Apel 2 000 veranschlagt hatte.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Vorher 8 000 gestrichen!)

    — Richtig, das war auch falsch, Herr Kollege Würzbach. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu. Da waren wir nicht gut beraten, als wir das gemacht haben. — Die 350 vorgesehenen Hebungen im Soldatenbereich sind sinnvoll, um den Beförderungsstau abzumildern. Doch bei uns bestehen immer noch Zweifel, wie wir die Beseitigung des Verwendungsstaus erreichen. Das Hauptproblem im Soldatenbereich liegt in der sich ungünstig entwickelnden Altersstruktur. Wir alle müssen in der Zukunft auf ein besseres Zahlenverhältnis zwischen Berufs- und Zeitsoldaten achten. Nicht unerwähnt bleiben sollen und noch zu lösen sind die Probleme, die durch den spezifischen Truppendienst und die Versetzungshäufigkeit von längerdienenden Soldaten entstehen. Die SPD-Fraktion hat der Wiederaufstokkung der Mittel für den Dienstzeitausgleich zugestimmt. Wir halten es für weiterhin notwendig, eine zeitliche Entlastung zu erreichen. Die 64-StundenWoche für Soldaten darf einfach — außerhalb von Manövern — nicht üblich werden, auch keine so lange Abwesenheit von der Familie. Denn die Familien aktiver Soldaten sind durch häufige Versetzungen schon genug belastet. Nicht selten verliert eine Frau ihren Arbeitsplatz, wenn der Mann versetzt wird. Bei der jetzigen Arbeitslosigkeit wird deshalb ein Umzug vermieden und die Trennung der Familie häufig genug in Kauf genommen. Auch das führt zu zusätzlichen Problemen.
    Um auf diesem Sektor Verbesserungen vorzunehmen, benötigen wir keine Milliardenbeträge jährlich. Höhere Mittel für den Nachhilfeunterricht, Mehrausgaben beim dienstlich notwendigen Umzug, billigere Wohnungen, verbesserte Chancen zur Bildung von Wohneigentum sollten von uns aufgebracht werden können.
    Zum Schluß möchte ich mich an die längerdienenden Soldaten wenden. Auch nach dem Regierungswechsel sollten sie nicht vergessen, was Sozialdemokraten in der Regierungsverantwortung, besonders unter Georg Leber, aber auch Helmut Schmidt und Hans Apel für ihre berufliche Qualifikation als Soldaten und später im zivilen Bereich geleistet haben. Die Unteroffiziere haben die Chance erhalten, allgemeine Schulabschlüsse und etliche fachberufliche Ausbildungen zu absolvieren. Ganz besonders herauszuheben ist jedoch die auf Helmut Schmidt zurückzuführende Einführung des Hochschulstudiums für Längerdienende und Berufsoffiziere. Mehr, als heute viele ältere Offiziere glauben, wird damit für die jungen Offiziere eine vergleichbare gesellschaftliche Position gegenüber den übrigen akademischen Berufen erreicht. Aus diesem Grunde empfehle ich auch den Offizieren, gegenüber ihren Kritikern in der Gesellschaft mehr Gelassenheit zu zeigen und sich nicht etwa wie der stellvertretende Kommandierende General des I. Korps zu einem Zeitungsbeitrag hinreißen zu lassen, der am 5. Dezember in „Bild am Sonntag" unter der Überschrift „Demagogen im Priestergewand" erschien.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ein guter Artikel!)

    Kein demokratischer Verteidigungspolitiker kann eine verbitterte Geisteshaltung der Offiziere gegenüber anderen Bevölkerungskreisen wollen; sie sollten jedoch mehr Gelassenheit zeigen. Für intolerantes Verhalten einzelner Geistlicher sind die Kirchen selbst verantwortlich.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Gelassen, aber nicht verlassen!)

    Die Kultusminister sollten in den Schulen auf mehr Fairneß gegenüber den Soldaten achten.

    (Sehr richtig! bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die SPD-Fraktion wird mit ihrer Ablehnung des Verteidigungsetats 1983 ihre Zustimmung zum Auftrag und zur Leistung der Bundeswehr nicht aufgeben. — Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der SPD — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Sie lehnen aber ab!)