Rede von
Dr.
Christian
Schwarz-Schilling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gleich eine Bemerkung zu Herrn Kretkowski. Mag sein, daß man mich mit den Verkabelungen identifiziert; aber mit Sicherheit nicht, weil ich meinen Hut nehme, sondern weil ich dafür etwas tue. Das ist der Unterschied.
Zum zweiten. An sich ist der Gelbe Bereich der Post heute nicht Gegenstand der Aktuellen Stunde. Insofern war der Beitrag im Moment auch nicht angemessen. Aber ich möchte dazu folgendes sagen. Es ist sicher richtig, daß Interdependenzen zwischen beiden Bereichen bestehen, die sehr genau beachtet werden müssen. Wir haben z. B. im letzten Jahr bei der Deutschen Bundespost über die Hälfte derer, die ihre Ausbildung im Fernmeldebereich beendet haben, nicht mehr in diesen Bereich übernehmen können, weil im Fernmeldebereich keine entsprechende Arbeit mehr vorhanden ist.
Ich muß Ihnen sagen, es wäre günstiger gewesen, man hätte die Zeit, als die Telefon-Neuanschlüsse konstant nach unten gingen — in den letzten drei Jahren von 1,4 Millionen auf jetzt 850 000 —, genutzt, um andere Produktionen, z. B. Verteilanlagen, so weit zu entwickeln, daß man das auffangen und damit die Bediensteten der Deutschen Bundespost beschäftigen kann. Das wäre eine Aufgabe gewesen.
Hinzu kommt auch folgende Auswirkung auf den Gelben Bereich. Dadurch, daß wir Fernmeldetechniker im Zustelldienst beschäftigen müssen, ist dort praktisch keine Möglichkeit mehr vorhanden, weitere Personen zu beschäftigen. Hier besteht also ein Zusammenhang, den Sie bei Ihren Überlegungen nicht ganz außer acht lassen sollten.
— Ob junge Fernmeldetechniker in ihrem Beruf nicht arbeiten können, weil die Bundespost nicht zur rechten Zeit Weiterentwicklungen betrieben hat, ist bei der herrschenden Arbeitslosigkeit doch eine Überlegung, die es wert ist, daß man sie anstellt.
Ich habe. 590 Millionen DM mehr in die Breitbandverkabelung gesteckt, als es der Plan meines Vorgängers für 1983 vorsah.
— Ich, als ich gekommen bin. Diese 590 Millionen sind bei dem einen eine „Milliardeninvestition, die in den Sand gesteckt wird", obwohl es sich um 590 Millionen zusätzlich handelt. Bei den anderen? Es
ist interessant: Heute heißt es in der Rundschau: Es geht doch nur weiter im Kleinstil. Hier wird mir also der Vorwurf gemacht, man hätte viel mehr machen müssen; es stimme ja gar nicht, daß entsprechend mehr gemacht würde. Es ist überhaupt interessant, wenn man so die einzelnen Dinge sieht: „DGB warnt vor Glasfaserkabeln." Das soll man also auch nicht machen.
„SPD kündigt gedämpftes Ja zu geplanten Verkabelungen an."
Ich muß sagen: Ich glaube, ich werde mich doch besser auf den Sachverstand des Hauses und unser eigenes Urteil beziehen als auf das, was uns hier entgegenschlägt.
Nun, es wird also gesagt, daß die Kupferverkabelung überholt sei. Nur, wenn Sie irgend jemanden der Opposition oder irgendein Unternehmen oder irgendeinen Industriezweig fragen, zu welchem Preis er heute eine Verkabelung mit Glasfaser durchführen kann, bekommen Sie leider nur Achselzucken, und wenn Sie ihn fragen: „Bis zu welchem Zeitpunkt können Sie das tun?", genau das gleiche.
Und ich muß Ihnen sagen, wenn Sie die BIGFONVersuche einmal durchdividieren, stellen Sie fest, daß uns ein BIGFON-Versuch, wo also Glasfaser eingesetzt wird, 23 Millionen DM für 25 Teilnehmeranschlüsse kostet. Ich glaube, das sind ja wohl keine Grundlagen, wo man von Flächenverkabelung oder Ähnlichem überhaupt nur sprechen kann.
Ist es der Opposition bis heute noch nicht klar, daß alle anderen Länder der Welt heute mit Kupferkoaxialkabeln verkabeln — alle! —, daß sogar Frankreich nun als letztes am 4. November hinzugekommen ist? Und ich habe mich sehr genau bei der Postverwaltung in Frankreich erkundigt: Selbstverständlich wird man mit Koax so lang weitermachen, bis man Glasfaserverkabelung machen kann. Kein Land der Welt macht irgend etwas anderes. Ich habe es mir auch bei Bell und in den USA angesehen.
Nur eines, damit Sie nicht sagen: Also der will keine Glasfaser. Ich habe zwar das viele Reden über Glasfaser vernommen. Ich muß Ihnen aber sagen, daß die Situation die ist, daß wir unter keinen Umständen die Glasfaser irgendwo vernachlässigen. Wir werden die Glasfaser verstärkt weiterentwickeln. Und eine Grundlage dafür war, daß ich der Industrie Mindestabnahmemengen für die nächsten zehn Jahre für regionale und Fernverkabelung in Glasfaser genau benannt habe, so daß sie jetzt überhaupt erst in der Lage ist, ein entsprechendes Angebot mit Wirtschaftlichkeit für ihre eigene Kalkulation zu erstellen. Das hat nämlich gefehlt. Das ist beim alten Postminister, der j a auch nur einige Monate da war und nicht alles auf einmal machen
Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1982 8359
Bundesminister Dr. Schwarz-Schilling
konnte, was Sie von mir in drei oder vier Wochen verlangen, nicht erfolgt.
Ein weiterer Punkt. Es ist hier die Situation der privaten Kooperationsverträge behandelt worden. Es ist richtig gesagt worden: Ich habe diese übernommen. Sie sind in der Verhandlung. Der Punkt, der hier „Ausländisches Material" genannt wurde, ist in unseren Richtlinien anders benannt. Dort heißt es:
Deutsches BK-Material soll eingesetzt werden, soweit nicht in seinen technischen Parametern gleichwertiges ausländisches Material kostengünstiger ist. Die Technologie muß stets auf dem neuesten Stand gehalten werden. Dafür wird die Bundespost die Weiterentwicklung des BK-Materials fördern und den Transfer von ausländischem Know-how und Technologien in die Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich unterstützen.
Das ist j a genau der Zweck, daß wir den Stand der Welttechnik in diesem Punkt erlangen und damit in unserem Land die Arbeitsplätze überhaupt erst schaffen können.
Lassen Sie mich zum Abschluß eines über die Medienpolitik sagen. Ich glaube, man sollte doch über diese Fragen nicht so apodiktisch sprechen. Soviel ich weiß, war z. B. der frühere Postminister stellvertretender Vorsitzender der Medienkommission der SPD. Da war das offensichtlich kein Widerspruch — im Gegensatz zu dem, was Sie hier eben gesagt haben.
Nur eines möchte ich sagen: Wir werden die Verkabelung in den weitergehenden Bereichen von Städten, Gemeinden, geschlossenen Ortschaften und Großstädten nur im Konsens mit den Landesregierungen machen. Das ist genau das, was Sie nicht gemacht haben. Sie haben gegen Landesregierungen Verkabelungen nicht durchgeführt. Das war Ihre Medienpolitik. Ich war jetzt gerade in Dortmund. Dort wird von seiten der Stadt gesagt, sie möchte unbedingt mehr verkabeln. Die Industrie- und Handelskammer: nein! Ich habe Herrn Ministerpräsidenten Rau einen Brief geschrieben und gesagt: Sobald Sie grünes Licht geben, wird die Deutsche Bundespost verkabeln. — Dabei bleibe ich. So werden wir vorgehen. Wir haben nur ein technisches Angebot und kein medienpolitisches Angebot zu machen. Nehmen Sie mir das wirklich ab: Wir sind nicht bereit, medienpolitische Vorgaben bei unserem technischen Angebot zu akzeptieren. Bundeskanzler Helmut Kohl hat uns von jenem Verkabelungsstopp freigestellt und gesagt: Die medienpolitische Entscheidung haben die Länder zu treffen; wir werden diese Entscheidung respektieren. — Entsprechend wird die Deutsche Bundespost handeln. — Ich danke Ihnen.