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ID0913008000

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    Plenarprotokoll 9/130 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 130. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. November 1982 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Pieter Dankert, und einer Delegation 8005 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Außenpolitik, zum Ergebnis der USA-Reise, zur Zukunft des Atlantischen Bündnisses und zu Europafragen in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Aufgaben, Probleme und Perspektiven des Atlantischen Bündnisses — Drucksachen 9/1532, 9/1739 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union — Drucksache 9/951 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein), Graf Huyn, Dr. Czaja, Köster, Dr. Stercken, Dr. Hupka, Dr. Todenhöfer, Graf Stauffenberg, von der Heydt Freiherr von Massenbach und der Fraktion der CDU/CSU Einführung eines Europapasses — Drucksache 9/1473 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Politik der Europäischen Gemeinschaft — Drucksache 9/1741 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft Die Regionen Europas Erster Periodischer Bericht über die soziale und wirtschaftliche Lage in den Regionen der Gemeinschaft — Drucksachen 9/158 Nr. 1, 9/1040 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Schaffung von Arbeitsplätzen: Prioritäten für eine Aktion der Gemeinschaft — Drucksachen 9/1211, 9/1993 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 8006 B Wischnewski SPD 8014 C Rühe CDU/CSU 8026 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. November 1982 Genscher, Bundesminister AA 8032 B Dr. Barzel, Bundesminister BMB . . . 8040 C Brandt SPD 8042 B Klein (München) CDU/CSU 8046 D Schäfer (Mainz) FDP 8051 D Voigt (Frankfurt) SPD 8055 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU . . . 8061A Dr. Vohrer FDP 8065 A Haase (Fürth) SPD 8069 B Hansen fraktionslos 8071 D Dr. Althammer CDU/CSU 8073 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 8076 B Freiherr von Schorlemer CDU/CSU . . 8079 C Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 8080 C Borchert CDU/CSU 8083 D Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . 8085 B Reddemann CDU/CSU 8087 A Dr. Linde SPD 8088 B Louven CDU/CSU 8090 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hoffmann (Soltau), Klein (München), Dr. Althammer, Dr. Czaja, Schwarz, Köster, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Dr. Stercken, Dr. Lenz (Bergstraße), Graf Huyn, Dr. Marx, Sauer (Salzgitter) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Schäfer (Mainz), Dr. Vohrer, Dr. Wendig, Ronneburger, Frau Dr. Hamm-Brücher, Popp, Dr. Rumpf und der Fraktion der FDP Freilassung des polnischen Bürgerrechtlers Jozef Lipski und anderer politischer Häftlinge — Drucksache 9/2103 — Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . 8092 A Polkehn SPD 8092 C Nächste Sitzung 8093 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8095* A Anlage 2 Förderung mikroelektronischer Produkte, insbesondere des Mobiltelefons für jedermann MdlAnfr 58, 59 19.11.82 Drs 09/2111 Dr. Steger SPD SchrAntw BMin Dr. Riesenhuber BMFT 8095* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. November 1982 8005 130. Sitzung Bonn, den 25. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 26. 11. Dr. Ahrens 26. 11. Bahner 26. 11. Beckmann 26. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 26. 11. Dr. Dübber 26. 11. Eymer (Lübeck) 26. 11. Gansel 26. 11. Haar 26. 11. Haase (Fürth) 26. 11. Höffkes 26. 11. Dr. Hornhues 26. 11. Jansen 26. 11. Junghans 26. 11. Dr. Mikat 25. 11. Müller (Bayreuth) 26. 11. Nagel 26. 11. Poß 26. 11. Frau Roitzsch 26. 11. Rosenthal 26. 11. Schartz (Trier) 25. 11. Schmidt (Wattenscheid) 25. 11. Schmöle 25. 11. Dr. Wieczorek 26. 11. Anlage 2 Antwort des Bundesministers Dr. Riesenhuber auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 9/2111 Fragen 58 und 59): Anlagen zum Stenographischen Bericht Wie beurteilt die Bundesregierung die technologischen und ökonomischen Chancen des „Mobiltelefons für jedermann", und inwieweit wurde dieses Projekt bisher gefördert, bzw. welche Förderung ist künftig beabsichtigt? Welche Produkte wie das „Mobiltelefon für jedermann" fördert die Bundesregierung ebenfalls wegen der innovativen Bedeutung des hohen Anteils an mikroelektronischen Produkten? Zu Frage 58: Mobilfunksysteme für große Teilnehmerzahlen setzen sogenannte Kleinzellensysteme voraus, die bevorzugt im Frequenzbereich um 900 MHz arbeiten werden. Heutige Kleinzellennetze verwenden eine analoge Sprachenübertragung auf dem Funkweg. Die Forschungsanstrengungen konzentrieren sich auf Systeme mit digitaler Sprachübertragung, die gegenüber den analogen Systemen Vorteile versprechen. Das BMFT fördert Arbeiten zu digitalen Kleinzellennetzen seit Anfang 1979 im Rahmen des Programms „Technische Kommunikation", einem gemeinsamen Programm von BMFT und BMP. Die im Rahmen dieser Projekte erreichten technischen Fortschritte und die künftigen Marktchancen werden günstig bewertet. Zu Frage 59: Um die breite Anwendung der Mikroelektronik zu beschleunigen, wird mit dem zeitlich befristeten Sonderprogramm (1982-1984) die Entwicklung von Produkten, in denen die Mikroelektronik funktionsbestimmend ist, unterstützt. Rund die Hälfte der mehr als 2 500 Anträge sind Produktinnovationen in der Meß- und Regeltechnik (insbesondere für den Maschinenbau, für Energieeinsparung und Umweltschutz), etwa 25 % zielen auf den Markt für Büro und Kommunikation und jeweils ca. 5 % der Anträge sind auf Anwendungen im Kfz-Sektor, auf Haushaltsgeräte und auf Geräte für medizinische Anwendungen gerichtet.
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    Rede von Dr. Carl Otto Lenz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege, es ist nicht zu bestreiten — und der Bundeskanzler hat es in seiner Regierungserklärung gesagt —, daß es Fehlentwicklungen gibt. Der Herr Bundesaußenminister hat sich in gleicher Weise geäußert. Nur darf bei allen Diskussionen darüber nicht vergessen werden, daß der gemeinsame Agrarmarkt ein Teil jenes package deal war, der den Gemeinsamen Markt insgesamt zustande gebracht hat, und daß die Grenzen der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik dort liegen, wo dieses Werk gefährdet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
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    Rede von Dr. Carl Otto Lenz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich möchte zur Politischen Union kommen. Ich glaube, diese Diskussion werden wir im — —

    (Roth [SPD]: Vorlesen will er wieder! Das sieht doch jeder!)

    — Ach, Herr Kollege Roth, das ist doch nicht sehr originell, was Sie hier vortragen.
    Ich möchte zur deutsch-italienischen Initiative zurückkommen. Vielleicht können Sie Ihre Zwischenfragen dann stellen, wenn ich gerade am Thema bin, nicht wenn ich schon beim nächsten Punkt bin.

    (Zuruf von der SPD: Man kann überhaupt keine stellen!)

    Ja, manche können nicht, das gebe ich Ihnen zu, Herr Kollege Duve.

    (Roth [SPD]: Sie gucken ja nie hoch; deswegen sehen Sie überhaupt nicht, wenn jemand eine Zwischenfrage stellen will!)

    Die deutsch-italienische Initiative, die mit den Namen Colombo und Genscher verbunden ist, gibt der europäischen Einigung die politische Bedeutung zurück, die ihr von der Sache her zukommt. Ohne die Anerkennung der europäischen Politik als eines wesentlichen Beitrags für Frieden, Freiheit und Wohlstand, also für die Sicherung der Zukunft, kann die Europäische Gemeinschaft nicht überleben. Wenn der politische Wille zum Miteinander fehlt, kann sich aus dem Nebeneinander der europäischen Staaten leicht ein Gegeneinander entwikkeln mit allen Gefahren für Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa, die daraus entstehen können und die wir in den dreißiger Jahren kennengelernt haben.
    Wenn es in den letzten Jahren in Europa nicht so recht vorangegangen ist, war das nicht allein die Schuld der vergangenen Bundesregierung. Die Handlungsfähigkeit der Europäischen Gemeinschaft läßt zu wünschen übrig. Die Übung, manche Fragen, die durchaus mit Mehrheit entschieden werden können, nur einstimmig zu entscheiden, hat sich als lähmend für die Gemeinschaft erwiesen.
    Diese Lähmung wird fortschreiten, je mehr Mitgliedstaaten es sind. Der französische Europaminister Chandernagor hat den gegenwärtigen Zustand drastisch beschrieben. Er sagt:
    Man verlangt heute bei allen Fragen, auch solchen von geringerer Bedeutung, ein einstimmiges Votum. Wenn also die Angelegenheit dem Rat vorliegt, fragt der Vorsitzende jeden, was er davon denkt. Und die Antwort ist: Das ist nicht schlecht, aber — —. Und dann bringt jeder seine Vorbehalte vor. So geht es mehrfach reihum, und die Vorbehalte verschärfen sich. Dann sagt der Vorsitzende: Das ist nicht reif. Und die Angelegenheit wird vertagt.
    So weit Chandernagor.
    Dieses Verfahren ruiniert Europa. Es muß geändert werden. Eine Festschreibung dieses Verfahrens oder auch nur des Luxemburger Dissenses von 1966 kommt für die CDU/CSU-Fraktion nicht in Betracht. Wir ermuntern die deutsche Präsidentschaft, so zu verfahren wie der belgische Außenminister Tindemans, der im Mai dieses Jahres die Agrarpreisfrage auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission mit Mehrheit entscheiden ließ. Aber natürlich muß die Mehrheitsentscheidung auch die berechtigten Interessen der überstimmten Länder wahren.
    Ich glaube jedoch, daß die Einstimmigkeitsregeln nicht die eigentliche Ursache der Handlungsschwäche der Europäischen Gemeinschaften sind. Die Regierungen mancher Mitgliedstaaten haben nur eine unsichere parlamentarische Basis und sehr wenig Entscheidungsspielraum. Sie sind also auch entscheidungsschwach. Nur potenziert sich dies alles auf europäischer Ebene durch die Einstimmigkeitsregel. Deswegen müssen wir von dieser weg. Es ist das Verdienst des Bundesaußenministers, diese Frage in Angriff genommen zu haben.

    (Zuruf von der SPD: Gelöst hat er sie aber auch nicht!)

    — Manche Fragen muß man — darauf werde ich noch kommen — in Angriff nehmen, um überhaupt Lösungen näherzukommen. Ich finde, wir haben im letzten Jahr — daran war ja die vorangegangene Bundesregierung durchaus beteiligt — einige Fortschritte in dieser Richtung gemacht. Ich hoffe, wir werden auf diesem Wege weitere Fortschritte machen. Der Bundesaußenminister verdient für seinen Mut und für seine Entschiedenheit in schwierigen Fragen unsere respektvolle Anerkennung. Wir wünschen ihm diesen Mut und diese Entschiedenheit auch in diesem Falle.

    (Beifall von der CDU/CSU)

    Wir wünschen ihm die Unterstützung der Regierungen aller Mitgliedstaaten, insbesondere aber die Frankreichs, mit dem uns ein Vertrag zur Förderung der Solidarität und Zusammenarbeit verbindet, und Italiens und der Benelux-Länder, wo christlich-demokratische Parteien maßgeblichen Einfluß auf die Regierungen besitzen.



    Dr. Lenz (Bergstraße)

    Die größte Partei in der vergangenen Koalition hat es an politischem Engagement für die europäische Sache fehlen lassen.

    (Zurufe von der SPD)

    Der frühere Bundeskanzler Brandt und der frühere Bundeskanzler Schmidt haben manchmal den vielleicht falschen Eindruck erweckt, sie führen lieber nach Moskau als nach Brüssel oder Straßburg.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD)

    — Einige Ihrer Parteifreunde haben die europäische Einigungspolitik, die eine Politik für Frieden, Freiheit und Wohlstand ist, durch Äußerungen in Mißkredit gebracht wie: Deutschland sei der Zahlmeister Europas oder der größte Nettozahler, ohne die großen Vorteile der europäischen Einigungspolitik für unser Land zu erwähnen.

    (Erneute Zurufe von der SPD)

    — Das waren alles sozialdemokratische Äußerungen, meine Damen und Herren; Herrn Genscher und seinen Freunden wäre so etwas nie in den Sinn gekommen.

    (Weitere Zurufe von der SPD)

    Bei den hohen Kosten der Ostpolitik — das scheint Sie offenbar zu treffen — sind derartige Äußerungen nie gefallen. Statt dessen wurden uns ihre Vorteile in den rosigsten Farben angepriesen. Einiges davon haben wir ja auch heute hier gehört. Diejenigen, die so geredet haben, haben natürlich die nicht zu bestreitenden Leistungen der vergangenen Regierung auf diesem Sektor geschmälert.
    Die Union begrüßt es auch, daß die Bundesregierung sich weiter für den baldigen Eintritt Portugals und Spaniens in die Europäische Gemeinschaft einsetzen will, weil Nationen, die einen so großen Beitrag zur Geschichte und damit zur Identität Europas geleistet haben, eine Bereicherung für die Europäische Gemeinschaft darstellen.

    (Zuruf von der SPD: Wie stellen Sie sich denn die Finanzierung des Agrarmarktes vor?)

    Wir wollen sie bald in unseren Kreis aufnehmen. Aber wir sind uns auch der Probleme bewußt, die sich in diesen Ländern, aber auch in den Ländern, die der Gemeinschaft schon angehören, und in den Ländern, die mit Spanien und Portugal auf dem Gemeinsamen Markt konkurrieren, stellen werden. — Wenn wir nicht ein Loch von 40 Milliarden in der Bundeskasse von Ihnen geerbt hätten, Herr Kollege, könnten wir mehr zur Lösung dieser und anderer Probleme in der Europäischen Gemeinschaft tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben zusammen mit der FDP und zum Teil gegen den hartnäckigen Widerstand der SPD, der j a auch heute noch spürbar wurde, unter Konrad Adenauer die Grundlagen der europäischen Einigungspolitik gelegt. Wir haben auch in unserer Oppositionszeit die Europapolitik nach besten Kräften gefördert. Wir haben z. B. die Pläne des luxemburgischen Ministerpräsidenten Werner zur Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion und von Ministerpräsident Leo Tindemans zur Schaffung einer Europäischen Union unterstützt. Die CDU/CSUBundestagsfraktion hat bereits im vergangenen Jahr ihre Vorstellungen über den Weg von der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union zur Diskussion gestellt. Dieser Antrag ist auch in den Parlamenten anderer Mitgliedstaaten und im Europäischen Parlament eingebracht und behandelt worden. Es war eine gemeinsame Aktion von Christlichen Demokraten auf europäischer und nationaler Ebene. Anfang Dezember werden wir in Paris an die in der Europäischen Volkspartei zusammengeschlossenen christlich-demokratischen Parteien der Europäischen Gemeinschaft appellieren, gemeinsam mit uns auf dem Weg zur Europäischen Union voranzuschreiten.
    Wir haben jetzt zusammen mit unserem Koalitionspartner FDP einen Katalog von elf Punkten aufgestellt, die nach unserer Auffassung während der deutschen Präsidentschaft besonders energisch betrieben werden sollten. Vielleicht werden wir nicht alle diese Ziele erreichen. Aber wer nicht wagt, kann nicht gewinnen. Packen wir es also an.
    Vielleicht haben wir Europapolitik oft zu abstrakt und über die Köpfe unserer Bürger hinweg betrieben. Die Bürger müssen sehen, daß sich in Europa etwas bewegt. Schaffen wir deshalb die Kontrollen im Reiseverkehr ab, wie die Benelux-Länder es getan haben. Ich kenne die Einwände. Sie überzeugen mich nicht. Die Bürger müssen sehen, daß sich in Europa etwas bewegt. Und etwas bewegen kann man immer noch am besten im eigenen Land, wo man nicht die Zustimmung von neun anderen Regierungen braucht. Gehen wir also mit gutem Beispiel voran.
    Wir sind keine Europa-Ideologen. Wir wollen nicht alles um jeden Preis in Europa vereinheitlichen. Kennedy hat einmal davon gesprochen, daß die europäische Einigung zu den zahlreichen Versuchen seit Hunderten von Jahren gehöre, Stärke durch Einheit und Freiheit durch Vielfalt zu erhalten. Vielfalt ist Teil der vielbesprochenen europäischen Identität. So viel Europa wie nötig, so viel Eigenverantwortung wie möglich — das ist unsere Devise. Wenn wir anders handeln würden, schwächten wir die Kraft Europas.
    Die europäische Identität bliebe für uns christliche Demokraten unverständlich ohne das Christentum. Davon hat Papst Johannes Paul II. bei seiner kürzlichen Spanienreise gesprochen. Zum Christentum gehört auch Solidarität. Das heißt in der Praxis: dem anderen beistehen und nicht die eigenen Probleme auf Kosten des anderen lösen. Ich weiß: Das Wort „Jeder ist sich selbst der Nächste" ist weit verbreitet. Aber christlich ist es nicht.
    Solidarität ist die Eigenschaft, die zum Bau Europas unerläßlich ist. Das hat schon Robert Schuman vor mehr als 30 Jahren erkannt. Robert Schuman: französischer Patriot lothringischer Abstammung, Bonner Student, deutscher Soldat im 1. Weltkrieg, französischer Widerstandskämpfer im 2. Weltkrieg, französischer Ministerpräsident und Außenminister und erster Präsident des Europäischen Parla-



    Dr. Lenz (Bergstraße)

    ments — ein Stück europäische Geschichte in dem Leben dieses einen Mannes.
    Er sagte in seiner Erklärung vom 9. Mai 1950, fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs:
    Europa läßt sich nicht mit einem Schlag herstellen, auch nicht durch einfache Zusammenarbeit. Es wird sich nur dann bilden können, wenn durch Solidarität der Tat eine wirkliche Gemeinschaft entsteht.
    Wir brauchen diese Solidarität der Tat nach innen und nach außen — nicht nur gegenüber Argentinien und den USA, sondern auch und vor allem gegenüber der Sowjetunion.
    Herr Bundeskanzler, Herr Bundesaußenminister, wir wissen, daß Sie mit Mut und Fantasie für die Einigung Europas arbeiten, wie Robert Schuman und Konrad Adenauer sowie viele andere Männer und Frauen aus vielen Ländern und aus vielen politischen Lagern. Wir werden Sie dabei entschieden und entschlossen unterstützen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)