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ID0913005700

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    Plenarprotokoll 9/130 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 130. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. November 1982 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Pieter Dankert, und einer Delegation 8005 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Außenpolitik, zum Ergebnis der USA-Reise, zur Zukunft des Atlantischen Bündnisses und zu Europafragen in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Aufgaben, Probleme und Perspektiven des Atlantischen Bündnisses — Drucksachen 9/1532, 9/1739 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union — Drucksache 9/951 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein), Graf Huyn, Dr. Czaja, Köster, Dr. Stercken, Dr. Hupka, Dr. Todenhöfer, Graf Stauffenberg, von der Heydt Freiherr von Massenbach und der Fraktion der CDU/CSU Einführung eines Europapasses — Drucksache 9/1473 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Politik der Europäischen Gemeinschaft — Drucksache 9/1741 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft Die Regionen Europas Erster Periodischer Bericht über die soziale und wirtschaftliche Lage in den Regionen der Gemeinschaft — Drucksachen 9/158 Nr. 1, 9/1040 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Schaffung von Arbeitsplätzen: Prioritäten für eine Aktion der Gemeinschaft — Drucksachen 9/1211, 9/1993 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 8006 B Wischnewski SPD 8014 C Rühe CDU/CSU 8026 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. November 1982 Genscher, Bundesminister AA 8032 B Dr. Barzel, Bundesminister BMB . . . 8040 C Brandt SPD 8042 B Klein (München) CDU/CSU 8046 D Schäfer (Mainz) FDP 8051 D Voigt (Frankfurt) SPD 8055 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU . . . 8061A Dr. Vohrer FDP 8065 A Haase (Fürth) SPD 8069 B Hansen fraktionslos 8071 D Dr. Althammer CDU/CSU 8073 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 8076 B Freiherr von Schorlemer CDU/CSU . . 8079 C Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 8080 C Borchert CDU/CSU 8083 D Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . 8085 B Reddemann CDU/CSU 8087 A Dr. Linde SPD 8088 B Louven CDU/CSU 8090 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hoffmann (Soltau), Klein (München), Dr. Althammer, Dr. Czaja, Schwarz, Köster, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Dr. Stercken, Dr. Lenz (Bergstraße), Graf Huyn, Dr. Marx, Sauer (Salzgitter) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Schäfer (Mainz), Dr. Vohrer, Dr. Wendig, Ronneburger, Frau Dr. Hamm-Brücher, Popp, Dr. Rumpf und der Fraktion der FDP Freilassung des polnischen Bürgerrechtlers Jozef Lipski und anderer politischer Häftlinge — Drucksache 9/2103 — Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . 8092 A Polkehn SPD 8092 C Nächste Sitzung 8093 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8095* A Anlage 2 Förderung mikroelektronischer Produkte, insbesondere des Mobiltelefons für jedermann MdlAnfr 58, 59 19.11.82 Drs 09/2111 Dr. Steger SPD SchrAntw BMin Dr. Riesenhuber BMFT 8095* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. November 1982 8005 130. Sitzung Bonn, den 25. November 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 26. 11. Dr. Ahrens 26. 11. Bahner 26. 11. Beckmann 26. 11. Dr. Böhme (Freiburg) 26. 11. Dr. Dübber 26. 11. Eymer (Lübeck) 26. 11. Gansel 26. 11. Haar 26. 11. Haase (Fürth) 26. 11. Höffkes 26. 11. Dr. Hornhues 26. 11. Jansen 26. 11. Junghans 26. 11. Dr. Mikat 25. 11. Müller (Bayreuth) 26. 11. Nagel 26. 11. Poß 26. 11. Frau Roitzsch 26. 11. Rosenthal 26. 11. Schartz (Trier) 25. 11. Schmidt (Wattenscheid) 25. 11. Schmöle 25. 11. Dr. Wieczorek 26. 11. Anlage 2 Antwort des Bundesministers Dr. Riesenhuber auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 9/2111 Fragen 58 und 59): Anlagen zum Stenographischen Bericht Wie beurteilt die Bundesregierung die technologischen und ökonomischen Chancen des „Mobiltelefons für jedermann", und inwieweit wurde dieses Projekt bisher gefördert, bzw. welche Förderung ist künftig beabsichtigt? Welche Produkte wie das „Mobiltelefon für jedermann" fördert die Bundesregierung ebenfalls wegen der innovativen Bedeutung des hohen Anteils an mikroelektronischen Produkten? Zu Frage 58: Mobilfunksysteme für große Teilnehmerzahlen setzen sogenannte Kleinzellensysteme voraus, die bevorzugt im Frequenzbereich um 900 MHz arbeiten werden. Heutige Kleinzellennetze verwenden eine analoge Sprachenübertragung auf dem Funkweg. Die Forschungsanstrengungen konzentrieren sich auf Systeme mit digitaler Sprachübertragung, die gegenüber den analogen Systemen Vorteile versprechen. Das BMFT fördert Arbeiten zu digitalen Kleinzellennetzen seit Anfang 1979 im Rahmen des Programms „Technische Kommunikation", einem gemeinsamen Programm von BMFT und BMP. Die im Rahmen dieser Projekte erreichten technischen Fortschritte und die künftigen Marktchancen werden günstig bewertet. Zu Frage 59: Um die breite Anwendung der Mikroelektronik zu beschleunigen, wird mit dem zeitlich befristeten Sonderprogramm (1982-1984) die Entwicklung von Produkten, in denen die Mikroelektronik funktionsbestimmend ist, unterstützt. Rund die Hälfte der mehr als 2 500 Anträge sind Produktinnovationen in der Meß- und Regeltechnik (insbesondere für den Maschinenbau, für Energieeinsparung und Umweltschutz), etwa 25 % zielen auf den Markt für Büro und Kommunikation und jeweils ca. 5 % der Anträge sind auf Anwendungen im Kfz-Sektor, auf Haushaltsgeräte und auf Geräte für medizinische Anwendungen gerichtet.
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    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zumindest bei der Rede von Herrn Schäfer habe ich, obwohl wir uns jetzt in anderen Funktionen gegenüberstehen, an mehreren Stellen noch klatschen können.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Für einen Altjuso ist das allerhand!)

    Das erleichtert es wenigstens, auch angesichts verschiedener Rollen, die wir haben, ein gewisses Maß an Kontinuität der persönlichen und politischen Beziehungen in dieser Frage zwischen uns beizubehalten. Das möchte ich ausdrücklich begrüßen und am Anfang hervorheben.

    (Dolata [CDU/CSU]: Das hätten Sie beim Bundeskanzler auch tun können!)

    — Keine Sorge, ich fahre in diesem konstruktiven Geist fort. — Es geht hier bei unserer Auseinandersetzung nicht um gut oder böse, nicht um schwarz oder weiß. Vielmehr geht es um kurzfristig unterschiedliche Akzente und um längerfristig möglicherweise gegenläufige Trends in der Außen-, Sicherheits-, Abrüstungs- und auch in der Entwicklungspolitik. Deshalb ist die Klärung dieser Trends und der damit verbundenen Absichten und möglicherweise auch Risiken Aufgabe dieser Debatte.
    Nun ging es dabei zentral um den Begriff der Kontinuität. Wir haben uns Kontinuität wechselseitig versprochen und sie gleichzeitig wechselseitig bezweifelt. Trotzdem meine ich, daß die Debatte bereits eine gewisse Klärung gebracht hat. Denn
    wenn ich die Redner der CDU und CSU richtig verstehe — bei Herrn Klein war es deutlicher als bei Herrn Rühe, aber es war bei beiden ausgeprägt —, dann ist Ihre Kontinuität vor allen Dingen ein Rückgriff auf die Außenpolitik der 50er Jahre.

    (Rühe [CDU/CSU]: Die gemeinsame Erklärung stammt von 1972! Das sind die 70er Jahre!)

    — Es ist vor allen Dingen, Herr Rühe, ein Rückgriff auf die 50er Jahre. Sie haben ja auch ausdrücklich gesagt, Herr Rühe, daß Kontinuität nicht heiße, die vorgefundene Politik einfach fortzusetzen, sondern daß es — im Gegenteil — zur Kontinuität immer wieder der Kurskorrektur bedürfe. Wenn Sie das sagen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir diesen Rückgriff auf die Kontinuität der 50er Jahre, verbunden mit der Ankündigung einer Kurskorrektur, als ersten Schritt eines Rückfalls in die 50er Jahre verstehen und damit auch unsere Befürchtung verbinden, daß daraus schrittweise — nicht vor dem 6. März, aber nach dem 6. März — das Risiko entsteht, daß wieder eine Politik eingeleitet und neu begonnen wird, die dann doch auch zu dem, in den 50er Jahren herrschenden Kalten Krieg führen könnte.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Ziemlicher Stuß, was Sie da reden!)

    Die Kontinuität, die Herr Schäfer hier vorgetragen hat, ist eine andere. Er versucht, wenn ich es einmal so sagen darf, die Brücke zwischen beiden Positionen zu schlagen. Das ist eben die schwierige Aufgabe, die er hat: daß er versucht, die Kontinuität zwischen der aktiven sozialliberalen Friedens-, Abrüstungs-, und Entspannungspolitik und der Politik der 50er Jahre herzustellen, in denen die FDP j a auch mit an der Regierung beteiligt war.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Das waren bessere Jahre als die jetzt!)

    Dabei ist jedoch nicht zu übersehen, daß er damit in gewisse Widersprüche zu dem, was von der CDU/ CSU hier vorgetragen wird, und auch in Widersprüche zu dem gerät, was von der CDU/CSU in der Sache schrittweise durchgesetzt wird.


Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter, der Abgeordnete Dr. Mertes möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Sind Sie damit einverstanden?

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    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Redezeit ist knapp bemessen. Ich dachte ursprünglich, daß sie etwas großzügiger bemessen sei. Da dies nicht so ist, möchte ich die Zwischenfrage nicht zulassen.

    (Rühe [CDU/CSU]: Eine würde ich schon zulassen! — Klein [München] [CDU/CSU]: Unglaublich, flegelhaft! — Rühe [CDU/ CSU]: Wenn man so gewagte Exegesen anstellt, sollte man die Frage schon zulassen!)

    Ich meine, daß die Risiken, die mit dieser Kurskorrektur, die Sie ankündigen, Herr Rühe, verbunden sind, um so schwerwiegender und weitreichender sind, je länger Sie die Möglichkeit haben, diese Kurskorrektur zu betreiben. Denn dann wird diese



    Voigt (Frankfurt)

    Kurskorrektur zu einer Weichenstellung in Richtung auf eine andere Politik führen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sie halten sich für unfehlbar! Deshalb lassen Sie sich nicht korrigieren, nicht einmal durch eine Zwischenfrage!)

    — Herr Mertes, Sie haben j a als Mitglied der Regierung jederzeit die Möglichkeit, hier zu sprechen. Vielleicht hören Sie jetzt ausnahmsweise einmal geduldig zu, da jetzt die Opposition die sowieso seltene Möglichkeit hat, ihre Gedanken darzulegen.
    Das, was als Ergebnis der Reisediplomatie von Herrn Kohl besonders bemerkenswert ist, sind die negativen Folgen der Vorliebe fürs Allgemeine und der mangelnden Präzision im Detail. Das ist z. B. auch aus den Widersprüchen zwischen der Rhetorik der deutsch-französischen Erklärung und der Praxis der deutsch-französischen Gegensätze danach abzuleiten. Der Bundeskanzler erklärte anläßlich der 40. deutsch-französischen Konsultationen in Bonn am 21. Oktober 1982:
    Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß nur in der Gemeinsamkeit zwischen Deutschland und Frankreich unser Europa eine Zukunft finden kann ...
    Dies kann ich unterstützen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Prima!)

    In der Praxis jedoch bahnt sich eine gefährliche Entfremdung zwischen Bonn und Paris an. Erstens. Willy Brandt hat schon darauf hingewiesen, daß sich die europäischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialminister nicht auf eine gemeinsame Aktion zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben einigen können. Wie es heißt, hat Finanzminister Stoltenberg zusätzliche Programme abgelehnt. Ich verstehe das von der Sache her nicht; ich halte das auch in der Sache für falsch. Aber es besteht dann in der entscheidenden Sachfrage der Arbeitslosigkeit eben keine Gemeinsamkeit, sondern eine Uneinigkeit in den deutsch-französischen Beziehungen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Ihre bisherige Zusammenarbeit hat die Arbeitslosigkeit nicht verhindert!)

    Zweitens. Tiefe Differenzen zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland haben sich, wie man hört, auch bei den Gesprächen gezeigt, die der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Herr Mertes, mit seinem Amtskollegen geführt hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Haben Sie das Dementi gelesen? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Waren Sie dabei?)

    In der Frage des Beitritts von Spanien und Portugal, beim Budgetbeitrag, im europäischen Binnenhandel und im Ost-West-Handel habe es Meinungsverschiedenheiten gegeben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]:. Es hat ein Dementi gegeben! Was sagen Sie zu dem Dementi? Das nimmt er nicht zur Kenntnis!)

    Herr Bundeskanzler Kohl und Herr Bundesaußenminister Genscher haben sogar bestätigt, daß es zwischen der Haltung der USA in Osthandelsfragen und der der europäischen Staaten zwar Ansätze, Bemühungen um Einheitlichkeit, aber in der Sache nach wie vor Unterschiede gebe und daß noch kein gemeinsames Konzept vereinbart sei.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: „Nach wie vor" ist dort gesagt worden!)

    Dieser Begriff der substantiellen Einigung ist durch Zwischenfragen von Herrn Ehmke klargestellt worden. Dabei kam durch die Antworten von Herrn Genscher heraus, daß die substantielle Einigung wahrscheinlich doch noch keine Einigung in der Substanz war, sondern erst eine Andeutung von Substanz, ohne daß dabei im Ergebnis eine gemeinsame Haltung herausgekommen wäre.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Er wertet Versailles ab!)

    Wie soll auch eine gemeinsame Haltung herauskommen, wenn eine amerikanische Osthandelspolitik im Kern darauf gerichtet ist, den Osthandel zu beschneiden, und wenn unsere Osthandelspolitik, wenn sie die KSZE-Schlußakte und das deutschsowjetische Wirtschaftsabkommen ernst nimmt, darauf gerichtet sein muß, den Osthandel auszuweiten, aus politischen und aus wirtschaftlichen Gründen und weil es auch im Rahmen unserer Zustimmung zur KSZE-Schlußakte liegt, den Handel insgesamt auszuweiten.

    (Rühe [CDU/CSU]: Das ist alles nicht überzeugend!)

    Ich meine, daß auch bei den deutsch-amerikanischen Gesprächen das Risiko sichtbar war, daß man über die Beschwörung der Geistesverwandtschaft zwischen konservativen Politikern im Grundsätzlichen hinaus dann Schwierigkeiten im Detail entweder nicht ansprach oder überdeckte. Das wird sich dann in einer späteren Phase rächen. Ich denke z. B. daran, daß jetzt bei den GATT-Verhandlungen die Europäer und die USA erhebliche Meinungsunterschiede haben. Das ist der Fall. Und mir ist nicht bekannt, daß diese Frage in den USA in irgendeiner Weise angesprochen oder erfolgreich einer Lösung zugeführt worden wäre. Diese Frage der Wirtschaftsbeziehungen — GATT — muß aber, genau wie die Frage der Arbeitslosigkeit im deutsch-französischen Verhältnis, aber auch in den anderen Ländern des westlichen Bündnisses eine zentrale Rolle spielen.
    Lassen Sie mich nun noch zu der Mittelstreckenproblematik kommen, weil sie mehrfach angesprochen worden ist: Ich glaube, es ist nicht berechtigt — und ich möchte ausdrücklich unterstreichen, daß es nicht berechtigt ist —, irgendeinen Zweifel an unserer Kontinuität in der Frage der Sicherheits-, Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik zu haben. Ich möchte ausdrücklich dem zustimmen, was hier Hans-Jürgen Wischnewski und Willy Brandt gesagt haben, auch im Namen von Jochen Vogel gesagt haben, und hinzufügen: Es ist eindeutig — und wir haben das in der Vorbereitung dieser heutigen Sitzung bei uns in der Fraktion ausführlich disku-



    Voigt (Frankfurt)

    tiert —, daß die SPD als Partei und die SPD-Fraktion zu den Münchener Parteitagsbeschlüssen und den Berliner Parteitagsbeschlüssen zur Friedens-, Außen- und Sicherheitspolitik und damit auch zu den Beschlüssen in diesem Punkte stehen. Wir sind stolz darauf, daß es nicht zuletzt dem rüstungskontrolipolitischen Engagement und dem ständigen Drängen von Bundeskanzler Schmidt zu verdanken ist, daß in Genf überhaupt verhandelt wird. Wo dann unsere Differenzen möglicherweise beginnen, ist das Engagement beim Drängen auf ein Verhandlungsergebnis. Wir werden die neue Koalitionsregierung daran messen, ob sie wie die bisherige sozialliberale Bundesregierung alles in ihren Kräften Stehende tut, um die Genfer Verhandlungen im Sinne unserer sicherheits- und abrüstungspolitischen Ziele und Interessen zu beeinflussen.
    Dazu gehört, daß zügig verhandelt wird und daß mit dem Willen zum Kompromiß verhandelt wird. Der Hinweis auf die Unterstützung des Reaganschen Null-Lösungs-Vorschlags ist eben noch nicht identisch mit dem Willen, zum Kompromiß zu kommen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das ist ein atlantischer Vorschlag, den Helmut Schmidt unterstützt hat!)

    — Es ist ein Vorschlag, der eine Ausgangsposition für Verhandlungen bezeichnet, die wir unterstützen. Wenn man aber Verhandlungen ernst nimmt, dann kann die Ausgangsposition nicht von Verhandlungen ausgeschlossen werden nach dem Prinzip: Friß, Vogel, oder stirb.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wer sagt das denn?)

    Dann muß sie verhandelbar sein. Das bedeutet auch, daß man auf beiden Seiten auf Kompromisse drängen muß. Das ist etwas, was wir von der neuen Regierung genauso erwarten wie von der alten Regierung.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Herr Kollege, das ist wider besseres Wissen, was Sie da gesagt haben!)

    Es gibt dabei noch einen Punkt, der zu beachten ist. Das ist die Einbettung des Doppelbeschlusses in ein entspannungspolitisches Gesamtkonzept. So ist er ja auch von Helmut Schmidt verstanden worden. Deshalb muß noch einmal gesagt werden, daß ohne die Einbettung in ein entspannungspolitisches Gesamtkonzept der Doppelbeschluß selber seines politischen Rahmens beraubt würde und damit auch Verhandlungsaussichten gefährdet würden. Christoph Bertram hat vor kurzem in der „Zeit" völlig zu Recht darauf hingewiesen, daß es im wesentlichen den Schwierigkeiten in der Entspannungspolitik zuzuschreiben ist, daß es heute so langsame Fortschritte, wenn überhaupt Fortschritte, in der Rüstungskontrollpolitik gibt.
    Nun meine ich, daß hier noch einige zusätzliche Fragen geklärt werden müssen. Der Bundeskanzler hat gesagt, daß mit der Stationierung nicht vor Ende 1983 begonnen werden soll. Ich möchte hinzufügen: Ich verstehe das so — wenn es nicht so verstanden werden soll, dann bitte ich um Korrektur —, daß weder Teile noch Ausrüstungsgegenstände vorgezogen stationiert werden. Das heißt, wir bejahen alles das, was mit der NATO-Infrastruktur gemacht wird. Das haben wir auch mit unterstützt. Aber alles das — um die Finanzierungsweise anzusprechen —, was durch die Amerikaner finanziert wird und was entweder direkt zu den Mittelstreckenraketen oder Cruise Missiles gehört oder was im Zusammenhang mit ihrer Stationierung zu sehen ist und durch die Amerikaner dort hingestellt wird, gehört nicht in die Bundesrepublik Deutschland, wenn überhaupt, dann auf keinen Fall vor Ende 1983. So verstehe ich Ihre Aussage, Herr Bundeskanzler. Falls sie nicht so verstanden sein sollte, bitte ich um Korrektur. Wenn das so klargestellt sein sollte, wäre das eine wichtige Klarstellung für unsere Debatte.
    Nun haben Sie sich auch mit dem Begriff des Automatismus auseinandergesetzt. Es ist richtig, wir haben schon 1979 in Berlin, aber auch in München gesagt: Einen Automatismus kann es nicht geben, nicht mit uns Sozialdemokraten. Das ist auch die Logik, weshalb wir gesagt haben: Ein Parteitag soll vor Beginn einer möglichen Stationierung — die wir ja möglichst vermeiden wollen —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir auch!) noch einmal entscheiden.


    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Was heißt denn Automatismus?)

    Dies darf zumindest von seiten der FDP nicht kritisiert werden.

    (Beifall des Abg. Duve [SPD])

    Denn Herr Bundesaußenminister Genscher hat auf seinem Parteitag in der Sache eine ähnliche Zusage an seine Delegierten dort gegeben.

    (Bindig [SPD]: Der ändert seine Meinung doch laufend!)

    Wenn er seinem Parteitag vorher einen Bericht über den Stand der Verhandlungen geben soll, dann kann das der Sache nach nur bedeuten, daß auch er einem Automatismus der Stationierung nicht zustimmt.
    Wenn in dieser Frage die Positionen von FDP und SPD deckungsgleich sind, was ich hoffe, dann kann es keine glaubwürdige Kritik an unserer Feststellung mehr geben, daß es bei uns keinen Automatismus bei der Stationierung gibt,

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Halten wir uns doch an den Beschluß!)

    daß wir uns als Partei die politische Bewertung und unsere politische Entscheidung für Ende 1983 vorbehalten, vor dem Beginn der Stationierung.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sind Sie der Richter darüber?)

    Als Sozialdemokraten nehmen wir uns das Recht heraus, als Partei unser Urteil darüber abzugeben. Ich hoffe, die FDP tut das genauso, nicht im gleichen Wortlaut, aber der Sache nach identisch. Wenn Sie das für verkehrt halten, setzen Sie sich bitte mit



    Voigt (Frankfurt)

    Ihrem Koalitionspartner auseinander, aber bitte nicht mit uns; denn in dieser Frage haben wir eine Position, die wir seit 1979 vertreten, nur noch einmal bestätigt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Herr Voigt, könnten Sie noch einmal präzise sagen, was Automatismus ist?)

    Ich möchte noch auf einen Punkt im Kommuniqué Reagan/Kohl hinweisen, den ich, vielleicht unzulässigerweise, nicht ganz verstanden habe. Dort wird jeder einseitigen Reduzierung von Nuklearwaffen eine Absage erteilt. Nun sind wir j a auch für Verhandlungslösungen. Aber ich verstehe diese generelle Absage an jede einseitige Reduzierung von Nuklearwaffen nicht — im Kommuniqué als Prinzip festgeschrieben —, wenn Herr Bundesaußenminister Genscher hier völlig zu Recht darauf hinweist, daß schon einmal 1 000 Sprengköpfe einseitig abgezogen worden sind, und wenn andererseits Herr Möllemann bisher immer gesagt hat — übrigens mit meiner vollen Zustimmung, weil es unseren eigenen Forderungen entspricht —, die NATO könne gegebenenfalls sogar einseitig auf eine größere Zahl von nuklearen Gefechtsfeldwaffen verzichten, ihre Zahl reduzieren. Wenn man das auch einseitig kann — Herr Möllemann nickt —, dann verstehe ich nicht, was diese Passage in der deutsch-amerikanischen Erklärung soll. Ich vermute fast, daß dieses Problem im Detail durch die Vorliebe für Generelle dort etwas überdeckt worden ist.
    Überdeckt worden ist wohl auch ein anderes Problem, nämlich das der chemischen Waffen. In dem deutsch-amerikanischen Kommuniqué werden die Genfer Verhandlungen über chemische Waffen angesprochen. Aber Herr Jung hat — übrigens mit Berufung auf seine Funktion als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung — am 22. November 1982 eine Presseerklärung veröffentlicht, in der es heißt, chemische Waffen seien als Abschreckungspotential unglaubwürdig. Weiter: Es werde auch ein Abkommen zur Ächtung der Produktion und Lagerung von chemischen Kampfstoffen gefordert. Dem stimmen wir zu. Dann heißt es:
    Desgleichen die dieses Abkommen fördernde vertrauensbildende Maßnahme, daß aus beiden Teilen Deutschlands sofort alle chemischen Waffen abgezogen und keine weiteren nachgeführt werden.
    Das entspricht im Kern dem, was wir auf dem Münchener Parteitag gefordert haben. Mir ist nicht bekannt, daß das bisher die Position der CDU war. Aber wenn der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Kurt Jung das mit Berufung auf seine Funktion darlegt, muß ich annehmen, daß das die neue Position der Bundesregierung zu chemischen Waffen ist, die ich ausdrücklich unterstützen möchte. Ich wäre sehr dankbar, wenn in der weiteren Debatte klargelegt würde, ob meine Interpretation der neuen Linie der Bundesregierung richtig ist oder ob hier ein Alleingang einer einzelnen Person gemacht worden ist, ohne
    daß das abgedeckt worden ist, obwohl sich diese Person auf sein Regierungsamt beruft.
    In der Debatte hat es noch eine Frage zu diesem Gesamtkomplex gegeben, die Frage der Offenlegung der Stationierungsorte. Am 17. September 1982 haben wir hier eine Diskussion geführt. Das war noch zu der Zeit, als die sozialliberale Koalition existierte. Ich habe damals im Namen der SPD-Fraktion gefordert — diese Forderung richtete sich an die sozialliberale Regierung —, mit dieser Geheimniskrämerei aufzuhören und die geplanten Standorte öffentlich bekanntzugeben.

    (Beifall bei der SPD)

    Daraufhin hat Herr Abgeordneter Mertes einen Zwischenruf gemacht — das ist aus dem Protokoll ersichtlich —, mit dem er das ausdrücklich unterstützte.
    Nun höre ich, daß die neue Bundesregierung nicht beabsichtigt, das zu tun. Ich möchte deshalb meinen Appell noch einmal an Sie richten, diese Forderung gemeinsam zu vertreten. Wir sagen j a ausdrücklich, daß wir die frühere Haltung unserer eigenen Regierung mit ändern wollten, d. h. zu einer Zeit, als die Regierung noch von der sozialliberalen Koalition gebildet wurde. Ich erneuere also meinen Appell: Ändern Sie Ihre Haltung, geben Sie die geplanten Standorte bekannt! Anderenfalls wird nur unnötige Angst und unnötiges Mißtrauen geschürt. Ich meine, es täte gut, wenn in unserem Lande Klarheit geschaffen wird und nicht an jeder Ecke, wo Baumaßnahmen durchgeführt werden, künftige Standorte vermutet werden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Hier wollen Sie also Schluß machen mit der Kontinuität!?)

    Herr Rühe hat sich kritisch mit dem Begriff der Sicherheitspartnerschaft auseinandergesetzt. Nun muß man erst einmal darauf hinweisen, daß Bundeskanzler Schmidt im Namen der sozialliberalen Bundesregierung insgesamt am 14. Juni 1982 ausdrücklich auf diese Sicherheitspartnerschaft Bezug genommen hat. Er hat das in einer Rede vor der UNO im Jahre 1978 im Detail ausgeführt. Deshalb verstehe ich nicht ganz, wie man jetzt in der Koalition von FDP und CDU die Sicherheitspartnerschaft kritisiert, die früher als Konzept mitgetragen wurde, und zwar nicht nur vom Bundeskanzler, sondern durch die gesamte sozialliberale Koalition.

    (Rühe [CDU/CSU]: Das war schon früher umstritten!)

    Zumindest muß man sagen, daß es eine Abkehr vom Konzept der Sicherheitspartnerschaft, eine Abkehr vom Konzept des bisherigen Bundeskanzlers ist, denn Sie kritisieren das ja.

    (Rühe [CDU/CSU]: Seine Wortwahl!)

    — Kritisieren Sie es wegen der Sache oder wegen der Wortwahl, Herr Rühe?

    (Rühe [CDU/CSU]: Wegen der Wortwahl, weil dadurch Verwirrung gestiftet wird!)




    Voigt (Frankfurt)

    — Kritisieren Sie auch den Begriff der gemeinsamen Sicherheit? Das will ich nur fragen.

    (Rühe [CDU/CSU]: Ich habe Ausführungen gemacht, daß man Sicherheit nicht allein erreichen kann, daß man auch die Interessen der anderen Seite berücksichtigen muß!)

    — Was ist sozusagen Verwerfliches daran, wenn man gemeinsame Sicherheit sagt und formuliert und Sicherheitspartnerschaft anstrebt? Warum sollen wir nicht den Streit in der Sache führen?

    (Rühe [CDU/CSU]: Weil unsere Sicherheitspartner unsere Verbündeten sind und niemand anders!)