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ID0911409300

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    Vokabeln: 9
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    9. Franke?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/114 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 114. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6977 A Begrüßung einer Delegation des Althing der Republik Island 6992 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksache 9/1920 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1982 bis 1986 — Drucksache 9/1921 — Dr. Dregger CDU/CSU 6979 D Löffler SPD 6985 D Cronenberg FDP 6992 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 6996 D Dr. Waigel CDU/CSU 7003 D Roth SPD 7010 D Dr. Haussmann FDP 7016A Müller (Remscheid) CDU/CSU 7019C Dr. Mitzscherling SPD 7023A Lahnstein, Bundesminister BMF . . . 7027 A Westphal, Bundesminister BMA . . . 7031 C Rühe CDU/CSU 7036 B Voigt (Frankfurt) SPD 7041 C Möllemann FDP 7046 D Dr. Wörner CDU/CSU • 7051 C Genscher, Bundesminister AA 7057 D Dr. Ehmke SPD 7059 A Fragestunde — Drucksache 9/1968 vom 10. September 1982 — Übernahme des Document Center in deutsche Verwaltung MdlAnfr 2, 3 10.09.82 Drs 09/1968 Hansen fraktionslos Antw StMin Frau Dr. Hamm-BrücherAA 6977 B, C, D ZusFr Hansen fraktionslos 6977 B,C,D Schikanen gegen ausreisewillige Deutsche in Polen seit Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 MdlAnfr 4 10.09.82 Drs 09/1968 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . . . 6978 A, B, C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 6978 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6978 C Ausstattung amerikanischer Universitätsbibliotheken mit Literatur zur Wiedervereinigung Deutschlands MdlAnfr 5 10.09.82 Drs 09/1968 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6979 A, B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 6979A, B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6979C Nächste Sitzung 7060 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7061* A Anlage 2 Schwierigkeiten bei der Wiederaufnahme der Flugverbindung zwischen Köln/Bonn und Warschau durch die polnische Fluggesellschaft LOT MdlAnfr 45 10.09.82 Drs 09/1968 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 7061* B Anlage 3 Aufpreis für Zeitkarteninhaber bei Benutzung von Bahnbussen MdlAnfr 46 10.09.82 Drs 09/1968 Herberholz SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 7061* C Anlage 4 Aufrechterhaltung der Bundesbahnstrecke Bad Lauterberg/Odertal-Scharzfeld im Südharz MdlAnfr 47 10.09.82 Drs 09/1968 Frau Benedix-Engler CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 7061* D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 6977 114. Sitzung Bonn, den 16. September 1982 Beginn: 8.30 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 7061* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen* 17.9. Dr. Diederich (Berlin) *** 17.9. Feinendegen 16.9. Frau Fischer*** 17.9. Gobrecht*** 17.9. Handlos 17.9. Hauck 17.9. Dr. Hennig*** 17.9. Dr. Holtz*** 17.9. Hoppe 17.9. Dr. Hüsch 16.9. Klein (München) *** 17.9. Dr. Köhler (Wolfsburg) *** 17.9. Dr. Kreile 16.9. Lampersbach 17.9. Lenzer** 17.9. Frau Dr. Lepsius*** 17. 9. Lintner*** 17.9. Müller (Bayreuth) 17.9. Schröder (Wilhelminenhof) 16.9. Schulte (Unna) 17.9. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim** 17.9. Dr. Soell*** 17.9. Dr. Stercken*** 17.9. Topmann** 17.9. Dr. Wendig 17.9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an der 69. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/1968 Frage 45): Sind der Bundesregierung Schwierigkeiten der polnischen Fluggesellschaft LOT bei ihrer beabsichtigten Wiederaufnahme der Flugverbindung zwischen Köln/Bonn und Warschau bekannt, und könnten diese Schwierigkeiten u. a. auf das in der Volksrepublik Polen geltende Kriegsrecht zurückzuführen sein? Der Bundesregierung liegt bisher kein Antrag der polnischen Fluggesellschaft LOT auf Wiedereinrichtung der Fluglinie Warschau-Köln/Bonn vor. Ein solches Vorhaben würde ausschließlich unter dem in den vertraglichen Abmachungen mit Polen festgelegten Gesichtspunkt der Wechselseitigkeit geprüft Anlagen zum Stenographischen Bericht werden. Die gegenwärtige politische Situation in Polen hat hierauf keine Auswirkungen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Herberholz (SPD) (Drucksache 9/1968 Frage 46): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß Zeitkartenbenutzer der Deutschen Bundesbahn auf Strecken, auf denen Triebwagen aus Kostengründen eingestellt wurden, bei Benutzung des bereitgestellten Busses jeweils einen Aufpreis zu zahlen haben? Die Fahrpreise der Deutschen Bundesbahn sind im Schienen- und Bahnbusverkehr innerhalb der bei beiden Geschäftszweigen einheitlich gebildeten Entfernungszonen grundsätzlich gleich. Legt der Bus jedoch eine längere Entfernung zurück als das Schienenfahrzeug, können Preisunterschiede auftreten. Diese Preisunterschiede sind jedoch keine Aufpreise. Das Wirtschaftsunternehmen Deutsche Bundesbahn (DB) gestaltet sein Preis- und Leistungsangebot, und damit auch seine Tarife, im Schienen- wie Bahnbusverkehr grundsätzlich selbständig und eigenverantwortlich. Dementsprechend prüft die DB von sich aus bereits, inwieweit bestehende Preisunterschiede im Schienen- und Bahnbusverkehr bei Beförderungen über die gleiche Strecke und unterschiedliche Entfernungen etwa durch Angleichung der Tarifentfernungszonen bereinigt werden können. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage der Abgeordneten Frau Benedix-Engler (CDU/CSU) (Drucksache 9/1968 Frage 47): Sieht die Bundesregierung, daß ein Zusammenhang zwischen dem abnehmenden Reiseaufkommen der Deutschen Bundesbahn und dem sich ständig verschlechternden Angebot in den Nebenstrecken besteht, und ist sie bereit, in diesem Zusammenhang auf den Vorstand der Deutschen Bundesbahn dahin gehend einzuwirken, daß der an sich schon schlechte Verkehrszugang im Südharz-Bereich, der die Benachteiligung dieses Raums ständig erhöht, nicht noch durch weitere Streckenstillegungen (Bad Lauterberg/Odertal und Scharzfeld—Bad Lauterberg) belastet wird. Nein, die Bundesregierung sieht den in Ihrer Frage unterstellten Zusammenhang nicht. Im Gegenteil: Das Angebot der Deutschen Bundesbahn orientiert sich stets an der Nachfrage. So gehört die Teilstrecke Bad Lauterbach-Odertal mit 194 Reisenden im werktäglichen Durchschnitt (beide Richtungen zusammen) zu den schwächst ausgelasteten Reisezugstrecken der Deutschen Bundesbahn. We- 7062* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 gen anstehender Investitionen hat die Deutsche Bundesbahn das Verfahren zur Stillegung der vorgenannten Teilstrecke eingeleitet. Ein Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn mit prüffähigen Unterlagen liegt dem Bundesminister für Verkehr noch nicht vor. Wegen der Lage der Strecke im Zonenrandgebiet wird das Kabinett entscheiden. Der Abschnitt Scharzfeld-Bad Lauterberg soll vorerst sowohl im Reise- als auch im Güterverkehr beibehalten werden.
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    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Reihenfolge ist insofern etwas seltsam,

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: In der Tat!)

    als mein Beitrag in eine sozialpolitische Debatte gehört, die bisher aber erst durch einen Redner bestritten worden ist. Das, was Sie, Herr Müller (Remscheid) gesagt haben, muß aber hier eine Antwort bekommen. Deshalb bitte ich um Verständnis, daß ich mich nach dem Finanzminister gemeldet habe.
    Herr Müller, Sie haben auf eine Bemerkung hingewiesen, die ich von diesem Pult zu einem Zeitpunkt gemacht habe, als ich für meine Fraktion als finanzpolitischer Sprecher geredet habe. Ich stehe nicht an, mich zu dem zu bekennen, was ich damals sinngemäß gesagt habe, nun wäre — wir sagen etwas leicht — „Ende der Fahnenstange", wenn es um die Frage der Einschnitte in die sozialen Leistungen gehe. Ich will Ihnen gern bestätigen, daß es — auch in der Verantwortung als Finanzpolitiker meiner Fraktion — meine finstere Entschlossenheit war, daran mitzuwirken, daß in diesem Bereich leichtfertiges Herumfuhrwerken verhindert würde. Ich stehe auch heute dazu.
    Daß es Wirtschaftsdaten und Wirtschaftsentwicklungen gegeben hat, die uns eine neue schwierige Entwicklung gebracht haben, war Inhalt der Debatte über zwei Tage. Ich kann es mir ersparen, dies hier noch einmal zu erläutern.
    Herr Müller, die von Ihnen angesprochene Berner-kung habe ich zu einem Zeitpunkt gemacht, wo jeder von uns praktisch jeden Tag in der Zeitung lesen konnte, daß einer der Ihren — einer der CDU-Ministerpräsidenten, einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU oder Ihr Fraktions-



    Bundesminister Westphal
    vorsitzender hier im Bundestag, Herr Kohl — etwas im Sinne von „Es muß in die sozialen Leistungsgesetze eingeschnitten werden" gesagt hatte. Tag für Tag gab es solche Meldungen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Das sagt doch auch Ihr Kanzler!)

    Ich will ein Zweites — man könnte das Bekenntnis nennen — sagen. Ich habe den Begriff, den Sie von sich abwehren wollten, den der „sozialen Demontage", von einem bestimmten Tag an nicht mehr benutzt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schreckliches Wort!)

    Es ist zwar eine Indiskretion, die ich begehe, aber ich glaube, es muß einmal gesagt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es ist auch niemand da!)

    Es war Herr Stoltenberg, Ministerpräsident aus Schleswig-Holstein (CDU), Mitglied des Vermittlungsausschusses, der sozusagen von mir erwartet hat — auch ich war damals Mitglied des Vermittlungsausschusses —, daß ich diesen Begriff nicht mehr verwende. Ich habe damit nicht seiner Erwartung, sondern meiner eigenen Einstellung entsprochen; denn das, was ich damals mitzutragen aufgeladen bekommen habe an Kürzungsabsichten, die von der Mehrheit des Bundesrates kamen — das ging viel weiter als das, was nachher im Vermittlungsausschuß beschlossen wurde —, im Hinblick auf die Schwächsten in diesem Lande, die Sozialhilfeempfänger, hat mich veranlaßt, mir zu sagen: Jetzt darfst du nicht mehr vor andere Menschen gehen und von sozialer Demontage reden. Du bist mitverantwortlich. Du hast einen Teil davon mitgetragen, auch wenn du wußtest, daß das eine falsche Richtung war, aber mitgetragen, weil anderes durchgesetzt werden mußte. Inzwischen hat das Haus diese Korrekturen in diesem Bereich vorgenommen; aber lassen Sie sich das ruhig hier einmal offen sagen.
    Herr Müller, Sie haben das schlimme Wort gewählt, wir hätten die Rentenkassen „geplündert". Lassen Sie mich mit ein paar Strichen deutlich machen, was Sache ist, was den Tatsachen entspricht.
    Erstens. In der Zeit, in der in diesem Land eine sozialliberale Koalition regiert, ist das Rentenniveau enorm gesteigert worden, und wir wollten dies. Dies war notwendig.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Zweitens. Die Steigerung des Rentenniveaus ist sogar noch in der Zeit weitergegangen, als wir eine erste ökonomische Krise, geboren aus den Ölpreissteigerungen in der Mitte der 70er Jahre, hatten. Wenn ich das mit dem Anwachsen der Arbeitnehmereinkommen vergleiche, die j a netto zu rechnen sind, dann wird mir jeder bestätigen, daß die Renteneinkommen sowohl im Zeitraum von 1970 bis jetzt als auch im Zeitraum von 1976 bis jetzt stärker als die Arbeitnehmereinkommen gestiegen sind.

    (Franke [CDU/CSU]: Nennen Sie doch einmal die Gründe, Herr Westphal!)

    — Das war die Sozialgesetzgebung, die wir getragen haben.

    (Beifall bei der SPD — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU — Franke [CDU/CSU]: Er erweckt den Eindruck, als wüßte er es wirklich nicht besser! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Drittens. Durch das Zwanzigste und Einundzwanzigste Rentenanpassungsgesetz hat es eine erhebliche Veränderung und Verbesserung der gesamten Finanzsituation der Rentenversicherung gegeben. Sie hätte diese 15 % Steigerung, die sonst eingetreten wäre, wie es Herr Müller hier gesagt hat, wohl nicht ertragen können. Ich kann mir vorstellen, wie Ihre Argumentation ausgesehen hätte, wenn dies nicht erfolgt wäre.
    Dieser Vorgang der — nennen wir ihn ruhig so — Sanierung der Rentenfinanzen hat es mit sich gebracht, daß jetzt — was Sie kritisieren und was ich nicht leichtfertig positiv beurteilen kann, aber mitzutragen habe — eine Korrektur in der Größenordnung des Zuschusses des Bundes an die Rentenversicherungskassen für dieses Jahr 1983 noch einmal in einer Größenordnung von 1,3 Milliarden DM erfolgt. Die Folge davon ist aber nicht, daß die Rentenversicherung in ihrer Finanzierung in Unordnung kommt. Das, was wir als Grundlage haben müssen und was sicher in der Rentenkasse sein muß, ist auch sicher darin, so daß wir die Renten sicher und ordentlich bezahlen können und trotzdem noch eine Reserve haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Viertens. Was die Union vorgehabt hat, Herr Müller, und was Rückwirkungen auf die Rentenkasse gehabt hätte, ist in dem von mir am Freitag voriger Woche schon einmal zitierten Dokument nachzulesen. Ich meine die Beschlüsse, mit denen die Mehrheit des Bundesrates am 26. September 1981 zum Zweiten Haushaltsstrukturgesetz — d. h. zu dem, was wir uns angewöhnt haben, die „Operation '82" nennen — Stellung genommen hat. Dort war die Aufforderung an die Bundesregierung enthalten, Herr Müller, sofort für das Jahr 1982 einen Rentnerkrankenversicherungsbeitrag von 2 bis 3 % einzuführen. Dort war die Aufforderung an die Bundesregierung enthalten, den Beitrag, den die Bundesanstalt für Arbeit für die Arbeitslosen an die Rentenversicherung und die Krankenversicherung zahlt — es steht dort an: die Sozialversicherung —, auf die Bemessungsgrundlage der Lohnersatzleistung herabzusenken. Das wäre ein enorm tiefer Einschnitt, der bei den Rentenkassen erhebliche negative Finanzfolgen gehabt hätte.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Was machen Sie denn jetzt?)

    — Die Hälfte. Das habe ich hier klargemacht. Sie waren nicht da. Sie haben am Freitag Herrn Franke reden lassen. Wie Sie das einteilen, ist Ihre Sache, aber dort habe ich dazu gesprochen. Ich brauche das hier alles nicht zu wiederholen. Vielleicht lesen Sie einmal das Protokoll nach!

    (Zurufe von der CDU/CSU)




    Bundesminister Westphal
    Herr Müller, falls Sie draußen jemand hört, so können Ihre Äußerungen erneut die Wirkung haben, daß bei älteren Menschen Ängste erweckt werden,

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Die haben Sie bei der Regierung!)

    und zwar durch die Vorstellung, die Rentenversicherung und ihre Kassen seien nicht in Ordnung. Der, der die Verantwortung dafür hat, sagt Ihnen und allen hier mit allem Verantwortungsbewußtsein noch einmal: Der Rentner braucht um die Zahlung seiner Rente nicht zu fürchten.

    (Beifall bei der SPD)

    Am 1. Januar des folgenden Jahres, 1983, für das wir hier über eine Reihe von sehr tiefgreifenden und schwierigen Einschnitten zu reden haben, wird der Rentner eine Rentenerhöhung von etwa 4,6 % bekommen, und dabei ist der Anteil des Rentnerkrankenversicherungsbeitrags schon abgezogen. Herr Müller, Sie wissen das. Warum sagen Sie das nicht?!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Müller, Sie haben behauptet — auch das ist ein Wort, das ich aufgreifen muß —, am Ende unserer Sozialpolitik stünde ein Scherbenhaufen. Ich habe mir eben noch einmal die Liste geben lassen. Einer meiner Vorgänger war Walter Arendt, ein hochgeschätzter Arbeitsminister dieses Landes.

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Der „beste" Arbeitsminister aller Zeiten! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Warum mußte der gehen?)

    — Jawohl, Herr Vogel. — Ich habe hier in schwieriger Zeit zu handeln. Sie haben gelernt, daß hier kein Illusionist steht.
    Aber das gehört zu unserer Gesetzgebung: die Reform der Betriebsverfassung, das Mitbestimmungsgesetz, die Unverfallbarkeit der Betriebsrenten. Ich frage Sie, was bei AEG und den Menschen los wäre, wenn es dieses Gesetz nicht gäbe.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Weiter: Konkursausfallgeld. Darf ich Sie einmal fragen, was es in einer Wirtschaftssituation wie wir sie haben, für die Arbeitnehmer bedeutete, wenn wir dieses Instrument nicht zur Verfügung hätten?

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Vielleicht würden Sie auch anerkennen, daß in diese Zeit, in der die sozialliberale Koalition Sozialpolitik gemacht hat, die Schaffung der flexiblen Altersgrenze gehört, auch die Verbesserung für die Behinderten auf diesem Gebiet. Auch die Rente nach dem Mindesteinkommen gehört dazu. Weiter nenne ich: das Betriebsärztegesetz, die Arbeitsstättenverordnung, die Erweiterung des Mutterschaftsurlaubs, das Schwerbehindertengesetz, das Reha-Angleichungsgesetz sowie die Schaffung eines einheitlichen Kindergeldes für alle, das eben nicht mehr eine
    Entlastung vor allem der reicheren Eltern bedeutet.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Ständig steigende Arbeitslosenzahlen und Schulden haben Sie vergessen!)

    Ich habe diese Liste einmal aus folgendem Gesichtspunkt in Erinnerung gebracht.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Die Arbeitslosen haben Sie vergessen!)

    Ich möchte Ihnen und vielleicht auch anderen, die mir zuhören, gern sagen, daß heute keines dieser Gesetze fehlt. Sie alle helfen uns jetzt in schwieriger Zeit. Sie bilden das, was man soziales Netz nennt und was wir in schwieriger Zeit besonders brauchen.

    (Beifall bei der SPD)

    Denjenigen, die sagen, hier entstünde ein Scherbenhaufen und es sei kein soziales Zeitalter eingetreten,

    (Franke [CDU/CSU]: Ihr sammelt doch alles wieder ein!)

    füge ich hinzu: Man kann die Zahlen aus dem Mund des Bundeskanzlers, die Sie, Herr Müller, uns entgegengehalten haben, auch in einer positiven Weise zur Darstellung bringen. Sie als Sozialpolitiker sollten die Gelegenheit dazu nicht unbedingt auslassen.
    Der Anteil dessen, was in den sozialen Bereich geht, am Bruttosozialprodukt unseres Landes, also an dem, was die Bürger im Laufe eines Jahres erarbeiten, ist seit der Zeit, wo die sozialliberale Koalition ihre Verantwortung übernommen hat, bis zum Jahr 1981 — alles über alles gerechnet — von 24 auf 31 % gestiegen. Wenn Sie dies bedenken, dann wissen Sie, welch enorme Milliardensummen für die Kleinen, für die sozial Schwachen, für die Arbeitnehmer dahinterstehen. Wenn ich hinzufüge, daß das, was wir Operation '82 nennen, daß das, was wir jetzt an Einschnitten verantworten, insgesamt zu einer Rückführung des Anteils am Bruttosozialprodukt von 31 auf 30% führt, dann weiß jeder, wie hart die Wirkungen auf den einzelnen sind; jeder hat seine Beispiele. Aber jeder wird, insgesamt gesehen, auch sagen müssen: Das ist ein Siebtel der Größenordnung, die bestand, als wir anfingen. Das zeigt, daß hier nicht etwa das soziale Netz kaputtgemacht worden ist. Mir lag daran, dies deutlich zu machen.
    Meine Damen und Herren, ich bringe das nicht deshalb vor, um etwa anderen — da meine ich Ihre Kollegen, Herr Müller, die Beifall geklatscht haben, aber an anderer Stelle, als sie es gern gehabt hätten — noch mehr Appetit zu tieferen Einschnitten zu machen. Sie müssen sich erinnern, Herr Müller: Sie sind stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. Ihr Vorsitzender, der sonst dort neben Ihnen sitzt, hat in der „Augsburger Allgemeinen" gesagt: Arbeitslosengeld kürzen! Bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Karenztage einführen!

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Das hat er so nicht gesagt!)




    Bundesminister Westphal
    — Nein, nicht in der „Augsburger Allgemeinen", sondern an diesem Pult hat er es gesagt; Entschuldigung! Ich lese es noch einmal nach. Aber ich weiß, daß er es von diesem Pult aus gesagt hat.

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr! Das hat er nicht gesagt! Nehmen Sie es zurück!)

    — Natürlich hat er es gesagt. Er hat von der Möglichkeit der Einführung von Karenztagen gesprochen.

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Na also!)

    — Und? Was ist da denn anders? Wenn Sie regieren, müssen wir damit rechnen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Das gehört zu Ihrem Konzept.
    Aber nehmen wir ein anderes Beispiel.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das Lambsdorff-Papier!)

    — Ich setze mich im Augenblick mit Ihnen, mit dem Haushalt 1983 und mit dem auseinander, was Ihrerseits an Vorschlägen auf dem Tisch liegt.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Sie müssen sich erst in der Regierung einig werden, was Sie wollen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Franke?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich lasse gerne eine zu.