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ID0911403000

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    Plenarprotokoll 9/114 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 114. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6977 A Begrüßung einer Delegation des Althing der Republik Island 6992 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksache 9/1920 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1982 bis 1986 — Drucksache 9/1921 — Dr. Dregger CDU/CSU 6979 D Löffler SPD 6985 D Cronenberg FDP 6992 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 6996 D Dr. Waigel CDU/CSU 7003 D Roth SPD 7010 D Dr. Haussmann FDP 7016A Müller (Remscheid) CDU/CSU 7019C Dr. Mitzscherling SPD 7023A Lahnstein, Bundesminister BMF . . . 7027 A Westphal, Bundesminister BMA . . . 7031 C Rühe CDU/CSU 7036 B Voigt (Frankfurt) SPD 7041 C Möllemann FDP 7046 D Dr. Wörner CDU/CSU • 7051 C Genscher, Bundesminister AA 7057 D Dr. Ehmke SPD 7059 A Fragestunde — Drucksache 9/1968 vom 10. September 1982 — Übernahme des Document Center in deutsche Verwaltung MdlAnfr 2, 3 10.09.82 Drs 09/1968 Hansen fraktionslos Antw StMin Frau Dr. Hamm-BrücherAA 6977 B, C, D ZusFr Hansen fraktionslos 6977 B,C,D Schikanen gegen ausreisewillige Deutsche in Polen seit Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 MdlAnfr 4 10.09.82 Drs 09/1968 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . . . 6978 A, B, C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 6978 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6978 C Ausstattung amerikanischer Universitätsbibliotheken mit Literatur zur Wiedervereinigung Deutschlands MdlAnfr 5 10.09.82 Drs 09/1968 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6979 A, B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 6979A, B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6979C Nächste Sitzung 7060 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7061* A Anlage 2 Schwierigkeiten bei der Wiederaufnahme der Flugverbindung zwischen Köln/Bonn und Warschau durch die polnische Fluggesellschaft LOT MdlAnfr 45 10.09.82 Drs 09/1968 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 7061* B Anlage 3 Aufpreis für Zeitkarteninhaber bei Benutzung von Bahnbussen MdlAnfr 46 10.09.82 Drs 09/1968 Herberholz SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 7061* C Anlage 4 Aufrechterhaltung der Bundesbahnstrecke Bad Lauterberg/Odertal-Scharzfeld im Südharz MdlAnfr 47 10.09.82 Drs 09/1968 Frau Benedix-Engler CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 7061* D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 6977 114. Sitzung Bonn, den 16. September 1982 Beginn: 8.30 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 7061* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen* 17.9. Dr. Diederich (Berlin) *** 17.9. Feinendegen 16.9. Frau Fischer*** 17.9. Gobrecht*** 17.9. Handlos 17.9. Hauck 17.9. Dr. Hennig*** 17.9. Dr. Holtz*** 17.9. Hoppe 17.9. Dr. Hüsch 16.9. Klein (München) *** 17.9. Dr. Köhler (Wolfsburg) *** 17.9. Dr. Kreile 16.9. Lampersbach 17.9. Lenzer** 17.9. Frau Dr. Lepsius*** 17. 9. Lintner*** 17.9. Müller (Bayreuth) 17.9. Schröder (Wilhelminenhof) 16.9. Schulte (Unna) 17.9. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim** 17.9. Dr. Soell*** 17.9. Dr. Stercken*** 17.9. Topmann** 17.9. Dr. Wendig 17.9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an der 69. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/1968 Frage 45): Sind der Bundesregierung Schwierigkeiten der polnischen Fluggesellschaft LOT bei ihrer beabsichtigten Wiederaufnahme der Flugverbindung zwischen Köln/Bonn und Warschau bekannt, und könnten diese Schwierigkeiten u. a. auf das in der Volksrepublik Polen geltende Kriegsrecht zurückzuführen sein? Der Bundesregierung liegt bisher kein Antrag der polnischen Fluggesellschaft LOT auf Wiedereinrichtung der Fluglinie Warschau-Köln/Bonn vor. Ein solches Vorhaben würde ausschließlich unter dem in den vertraglichen Abmachungen mit Polen festgelegten Gesichtspunkt der Wechselseitigkeit geprüft Anlagen zum Stenographischen Bericht werden. Die gegenwärtige politische Situation in Polen hat hierauf keine Auswirkungen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Herberholz (SPD) (Drucksache 9/1968 Frage 46): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß Zeitkartenbenutzer der Deutschen Bundesbahn auf Strecken, auf denen Triebwagen aus Kostengründen eingestellt wurden, bei Benutzung des bereitgestellten Busses jeweils einen Aufpreis zu zahlen haben? Die Fahrpreise der Deutschen Bundesbahn sind im Schienen- und Bahnbusverkehr innerhalb der bei beiden Geschäftszweigen einheitlich gebildeten Entfernungszonen grundsätzlich gleich. Legt der Bus jedoch eine längere Entfernung zurück als das Schienenfahrzeug, können Preisunterschiede auftreten. Diese Preisunterschiede sind jedoch keine Aufpreise. Das Wirtschaftsunternehmen Deutsche Bundesbahn (DB) gestaltet sein Preis- und Leistungsangebot, und damit auch seine Tarife, im Schienen- wie Bahnbusverkehr grundsätzlich selbständig und eigenverantwortlich. Dementsprechend prüft die DB von sich aus bereits, inwieweit bestehende Preisunterschiede im Schienen- und Bahnbusverkehr bei Beförderungen über die gleiche Strecke und unterschiedliche Entfernungen etwa durch Angleichung der Tarifentfernungszonen bereinigt werden können. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage der Abgeordneten Frau Benedix-Engler (CDU/CSU) (Drucksache 9/1968 Frage 47): Sieht die Bundesregierung, daß ein Zusammenhang zwischen dem abnehmenden Reiseaufkommen der Deutschen Bundesbahn und dem sich ständig verschlechternden Angebot in den Nebenstrecken besteht, und ist sie bereit, in diesem Zusammenhang auf den Vorstand der Deutschen Bundesbahn dahin gehend einzuwirken, daß der an sich schon schlechte Verkehrszugang im Südharz-Bereich, der die Benachteiligung dieses Raums ständig erhöht, nicht noch durch weitere Streckenstillegungen (Bad Lauterberg/Odertal und Scharzfeld—Bad Lauterberg) belastet wird. Nein, die Bundesregierung sieht den in Ihrer Frage unterstellten Zusammenhang nicht. Im Gegenteil: Das Angebot der Deutschen Bundesbahn orientiert sich stets an der Nachfrage. So gehört die Teilstrecke Bad Lauterbach-Odertal mit 194 Reisenden im werktäglichen Durchschnitt (beide Richtungen zusammen) zu den schwächst ausgelasteten Reisezugstrecken der Deutschen Bundesbahn. We- 7062* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. September 1982 gen anstehender Investitionen hat die Deutsche Bundesbahn das Verfahren zur Stillegung der vorgenannten Teilstrecke eingeleitet. Ein Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn mit prüffähigen Unterlagen liegt dem Bundesminister für Verkehr noch nicht vor. Wegen der Lage der Strecke im Zonenrandgebiet wird das Kabinett entscheiden. Der Abschnitt Scharzfeld-Bad Lauterberg soll vorerst sowohl im Reise- als auch im Güterverkehr beibehalten werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr verehrter Herr Kollege, es kommt nicht nur auf die Steuerlastquote, sondern auf die Abgabenquote an.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die ist erheblich gestiegen. Dazu, daß die steuerliche Belastung der Arbeitnehmer durch die Lohnsteuer so rasant gestiegen ist, trägt die Hartleibigkeit bei, mit der sich die Regierung gegen die Korrektur heimlicher Steuererhöhungen durch Anpassung der Progression an die Inflationsrate sträubt. Die Lohnsteuer und die sehr stark gestiegenen Sozialabgaben lähmen den Leistungswillen der Arbeitnehmer.
    Hier liegt eine der Ursachen für die rapide zunehmende Schwarzarbeit. Für 1982 wird der Umsatz im Bereich der Schwarzarbeit auf rund 40 Milliarden DM geschätzt. Wen wundert es, wenn die offizielle Maurerstunde heute 47,30 DM kostet, wobei nur ein Drittel auf den tariflichen Stundenverrechnungssatz und weiter je ein Drittel auf Lohnzusatzkosten und auf Gemeinkosten wie betriebliche Steuern, Versicherungsbeiträge und ähnliches entfällt? Von dem Drittel, das auf den tariflichen Stundenlohn von 15,60 DM entfällt, erhält der Maurer noch ganze 10 DM. Bei einem solchen Griff in die Taschen der produktiv Tätigen ist der Marsch in die Untergrundwirtschaft unaufhaltsam.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit der Unternehmen werden vor allem durch saftige Gewinnsteuern, aber auch durch gewinnunabhängige Steuern beeinträchtigt. Während die Abgabenquote — Anteil am Bruttosozialprodukt — bei uns über 38 % liegt, beträgt sie in der Schweiz nur 28,8 % und in Japan nur 26,3 %. Dafür haben Japan und die Schweiz auch keine Arbeitslosen; da gibt es doch einen Zusammenhang! Das ist zwar nicht der einzige Grund, aber einer der Gründe, die für diese unterschiedliche Entwicklung sprechen. Es muß doch jedem einleuchten, daß Steuer- und Abgabenerhöhungen, mit denen staatliche Beschäftigungsprogramme finanziert werden sollen, noch mehr Arbeitsplätze unrentabel machen und damit noch mehr Arbeitsplätze zerstören, als mit dem Aufkommen aus diesen Steuererhöhungen neu geschaffen werden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es war daher ein Verdienst, daß die Bundesratsmehrheit die von der sozialliberalen Koalition beabsichtigte Erhöhung der Mehrwertsteuer verhindert hat.
    Weit schlimmer als die von SPD und FDP geplante und von uns verhinderte Mehrwertsteuererhöhung ist das, was der SPD-Bundesparteitag in München beschlossen hat: Arbeitsmarktabgabe für alle, Ergänzungsabgabe für sogenannte Besserverdienen-



    Dr. Dregger
    de, höhere Bodenwertzuwachssteuer, höhere Vermögensteuer, höhere Spitzensteuersätze, eine Gewerbesteuer auch für die freien Berufe, Festschreiben der heimlichen Steuererhöhungen, Einschränken des Ehegattensplittings. Es ist erstaunlich, was den Genossen alles einfällt, wenn es darum geht, den Leuten das Geld aus der Tasche zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Wenn auch diese Steuerexzesse,


    (Broll [CDU/CSU]: Steuerorgien!)

    die die SPD plant, von CDU und FDP verhindert werden können, allein die Tatsache, daß die größte Regierungspartei sie propagiert, zerstört Vertrauen. Wer soll denn noch bereit sein, neue Arbeitsplätze und neue Ausbildungsplätze in einem Hochsteuerland zu schaffen, wenn er ständig mit weiteren Steuerdrohungen behängt wird? Deswegen schlage ich vor, daß sich alle Bundestagsparteien darauf verständigen, das Steuergerede ab sofort zu beenden und durch eine Steuergarantie zu ersetzen, nach der die Steuerlast — für die nächsten Jahre jedenfalls — nicht erhöht wird, damit Vertrauen bei Verbrauchern und Investoren wieder zurückkehren kann.
    Meine Damen und Herren, es war doch so, daß Deutschland in den 50er und 60er Jahren der beliebteste Industriestandort der Erde war. Hier wurde investiert, Kapital aus aller Welt kam hierher. Hier entstanden die Arbeitsplätze, hier entstanden Beschäftigung und Überbeschäftigung. Jetzt ist es umgekehrt: Das ausländische Kapital kommt gar nicht mehr an, und deutsches Kapital fließt ins Ausland. Deswegen kann man sich doch über Arbeitslosigkeit, die hier eintritt, nicht wundern.
    Neben der Förderung unserer wissenschaftlichen und technischen Leistungsfähigkeit, neben der Begrenzung der Lohnstück-, der Energie-, der Zins- und Abgabekosten sind weitere Schritte zur Rückgewinnung der Vollbeschäftigung notwendig. Es fehlen j a inzwischen mindestens 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze. Wer soll sie denn schaffen? Im öffentlichen Dienst ist das doch nicht möglich. Wir haben die Zahl der Staatsdiener in den 70er Jahren ohnehin um 1,1 Millionen erhöht mit dem Ergebnis, daß sich die Personalkosten verdreifacht haben und mit anderen Ausgaben unsere öffentlichen Haushalte erdrücken. Die Großen werden das auch nicht können; AEG ohnehin nicht, aber auch die gesunden Riesen werden diese Arbeitsplätze nicht schaffen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Neue Heimat"!)

    — Die „Neue Heimat" auch nicht, die Bank für Gemeinwirtschaft auch nicht, natürlich nicht; wir wollen da keinen ausnehmen. — 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze können aber trotzdem nur im Bereich der Wirtschaft entstehen.
    Meine Damen und Herren, wir werden nur dann 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze für abhängig Beschäftigte haben, wenn 20 000 bis 40 000 Bürger den Mut haben, sich selbständig zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch das ist in einem Klima der Entmutigung, wie es die Politik dieser Bundesregierung geschaffen hat, nicht denkbar. Wir müssen diesen tüchtigen Facharbeitern, Ingenieuren oder Angestellten, die daran denken, selbständig zu werden, den Rücken stärken. Wir müssen ihnen Mut machen. Wir müssen ihnen helfen, das Risikokapital anzusparen. Bei den hohen Zinssätzen kann man das doch nicht nur mit Fremdkapital machen. Wir müssen ihnen durch großzügige Abschreibungen, gegebenenfalls auch Bürgschaften und Zinsverbilligungen unter die Arme greifen. Vor allem müssen wir ihnen den Rükken stärken. Diese Kleinunternehmer sind doch keine Kapitalisten. Das sind die Tragesel der Nation, die nicht an den Urlaub denken, sondern an den Aufstieg der Firma und die dafür schuften. Denen müssen wir Kraft geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Private Initiative freisetzen, statt sie zu lähmen, das ist der einzige Sinn staatlicher Wirtschafts- und Finanzpolitik.
    Neben der Rückgewinnung der Vollbeschäftigung ist die Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen die zweite große Aufgabe der 80er Jahre. Ohne Vollbeschäftigung gibt es keine Haushaltssanierung, und ohne Haushaltssanierung gibt es keine Vollbeschäftigung. Das zeigt die Schwierigkeit einer Situation, in der beide Aufgaben gleichzeitig in Angriff genommen werden müssen, und den schmalen Grat, auf dem wir uns zu bewegen haben.
    Die jetzige Überschuldung hindert jedenfalls Staat und Kommunen daran, der stagnierenden Bauwirtschaft, insbesondere im Tiefbau, unter die Arme zu greifen. Die Gemeinden, die zwei Drittel der öffentlichen Investitionen erbringen, haben sie im vorigen Jahr um 3 % reduziert und reduzieren sie in diesem Jahr noch einmal um 12 %, was j a Gift ist. Dabei ist gerade die Bauwirtschaft einer der Motoren der Volkswirtschaft. Jeder vierte Arbeitsplatz hängt unmittelbar oder mittelbar vom Bau ab. Kleine staatliche Impulse wie etwa die Wiedereinführung der Abzugsfähigkeit eines Teils der Hypothekenzinsen für Häuslebauer — nur als persönlicher Vorschlag — könnte sehr rasch Hunderttausende von Bauherren mit einem Bauvolumen von 30 Milliarden DM aus der Reserve locken. Die staatlichen Vorleistungen würden sich nach meiner Oberzeugung sehr schnell amortisieren. Die jetzige Oberschuldung verhindert Steuersenkungen und führt zu Steuer- und Abgabenkosten, die leistungsfeindlich sind.
    Sie führt außerdem zu hohen Zinskosten. Allein 1981 explodierten die staatlichen Zinsausgaben auf 37 Milliarden DM, was 7 % aller öffentlichen Ausgaben ausmacht. Das ist mehr als die Gesamtheit aller öffentlichen Investitionen, die nur noch 6 % ausmachen.
    Niedrige Zinsen müssen finanzpolitisch verdient werden. Nehmen wir einmal die Schweiz und Japan als Beispiel. Man muß sich immer die richtigen Vorbilder aussuchen. Sie suchen sich immer die falschen aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Dr. Dregger
    Orientieren wir uns an der Schweiz und an Japan. Die Schweiz mit ihrer stocksoliden Haushaltspolitik,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    ein Land, das vom Dollar wesentlich abhängiger ist als die Bundesrepublik Deutschland, beweist, daß man das Abkoppelungsmanöver von den hohen amerikanischen Zinsen im eigenen Hause vornehmen kann und muß. Das ist natürlich nur mit Einsparungen möglich, mit Abstrichen an den Ausgaben, mit einer sehr konservativen Haushaltspolitik, die in der Schweiz dazu geführt hat, daß der Staatsetat sogar mit einem kleinen Kassenüberschuß abgeschlossen hat. Und vor allem: keine Arbeitslosen — 0,4 %, nicht 7,4 % wie bei uns.
    Von den notwendigen Einsparungsbemühungen kann nichts von vornherein ausgenommen werden. Die Personalkosten der öffentlichen Hand nennenswert zu senken, ist nur bei einer schrittweisen Verminderung des Personals möglich — selbstverständlich nicht durch Entlassungen, sondern durch Zurückhaltung bei der Wiederbesetzung freigewordener Stellen —, wobei wir uns darüber klar sein müssen, daß nicht die Bürokratie schuld an der Personalvermehrung ist. Bevor Beamte und Angestellte eingestellt werden, beschließen Politiker Stellenpläne. Bevor Stellenpläne beschlossen werden, erfolgen Auftragsüberweisungen an die Verwaltung. Wir müssen erkennen: Wir haben zu viele öffentliche Aufgaben, zu viele und zu komplizierte öffentliche Vorschriften, zu viele Behörden, zu viele Gerichtsinstanzen, zu lange Verfahren und zu lange Prozesse und deshalb zu viele Staatsdiener.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Roth [SPD]: Wie oft sind Sie denn zum Bundesverfassungsgericht gerannt?)

    Das ist ein Wildwuchs, der den Rechtsstaat allmählich fragwürdig macht.

    (Zurufe von der SPD)

    Hier ist eine Reform notwendig, damit der Rechtsstaat wieder seinen eigentlichen Sinn erfüllen kann.
    All das erfordert, ich weiß es, großen politischen Mut. Es wird auch Mut dazu gehören, das gesamte Sozialsystem, das 1982 fast 485 Milliarden DM kostet, auf den Prüfstand zu stellen. Es ist ja so, daß es immer noch Leute gibt, die zuwenig bekommen, aber auf der anderen Seite gibt es viele, die als Trittbrettfahrer zuviel bekommen. Es gilt, umzuschichten und zu konzentrieren auf diejenigen, bei denen wirklich der Bedarf nach wie vor gegeben ist und gedeckt werden muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist nicht leicht bei aufgeregten Interessenverbänden und bei dem Totschlagsargument der sozialen Demontage, das sofort gebraucht wird, wenn auch nur einer anfängt nachzudenken, auch wenn es ein Vorschlag ist, der sicherlich noch überprüfungsbedürftig ist.
    Aber Streichungen und Kürzungen allein bringen keinen Erfolg.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Entscheidend ist der wirtschaftliche Aufschwung. Nur er gibt den Opfern Sinn, die dann von allen getragen werden müssen. Notwendig ist daher eine Offensivstrategie, die Leistungswillen und Leistungskraft freisetzt, eine neue Politik, die den Menschen wieder motiviert. Mit pessimistischen Kanzlervisionen über die große Krise, mit Schuldzuweisungen an die Vereinigten Staaten von Amerika, mit Passivität im eigenen Bereich und Resignation kann kein neues Vertrauen entstehen. Grundlage des Vertrauens kann nur die Wahrheit sein. Wir brauchen daher als erstes eine ungeschönte, wahrhaftige Eröffnungsbilanz

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und darauf aufbauend einige Perspektiven, die Bestand haben und die nicht schon bei ihrer Verkündung überholt sind wie alle die Wirtschafts-, Finanz-und Haushaltspläne, die uns von dieser Bundesregierung seit langem vorgelegt werden. Nur die Rückkehr des Vertrauens in die Beständigkeit und Wahrhaftigkeit der staatlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik kann den Aufschwung einleiten und mit ihm die Konsolidierung der Staatsfinanzen.
    Herzlichen Dank.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löffler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 13 Jahren sitzen Sie in der Opposition, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Höchste Zeit!)

    Seit 13 Jahren versuchen Sie, Schreckensbilder im Bewußtsein unserer Bürger zu verfestigen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das war heute bei Ihnen, Herr Dregger, etwas, aber nicht viel anders. Auch Sie hat in weiten Teilen Ihrer Rede Ihre eigene Schwarzmalerei eingeholt. Auch Sie gingen von dem Bild einer zerrütteten Gesellschaft und eines zerrütteten Staates aus. Doch das Bild, Herr Dregger, das Sie vermittelt haben, entspricht nicht den Tatsachen.

    (Beifall bei der SPD — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist doch der falsche Zettel! Der ist noch von 1980!)

    Es muß in Ihrer Konzeption alles so schlimm sein, weil Sie es so wollen, weil es in Ihr Konzept paßt.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Weil es so ist!)

    Es ist ein Konzept, das in wesentlichen Teilen von Herrn Strauß vor acht Jahren — vor acht Jahren! — unter einem Schwall düsterer Prophezeiungen in Sonthofen entwickelt wurde.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: So weit sind wir jetzt! Leider hat er recht behalten!)




    Löffler
    Zugegebenermaßen gibt es in den Reihen der CDU/ CSU-Fraktion einige Damen und Herren, die Sonthofen jetzt mit Schlagsahne servieren, weil sie merken, daß Sonthofen „pur" natürlich nicht mehr zieht. Der Ratschlag von 1974 — „wir dürfen jetzt nicht aus der Deckung herausgehen" — ist ungeeignet für die Wahrnehmung politischer Verantwortung, damals und erst recht heute. Die von Herrn Strauß in Sonthofen empfohlene Taktik — „Jetzt nur Anklage und Warnen, aber keine konkreten Rezepte" —

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Meine ganze Rede bestand aus Rezepten!)

    ist keine Politik, mit der man glaubhaft ein hohes Staatsamt anstreben kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie, Herr Dregger, wollen hessischer Ministerpräsident werden,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Er wird es auch!)

    und Herr Kohl strebt das Amt des Bundeskanzlers an.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Er wird es auch!)

    — Zu Ihrem Zwischenruf: Das ist Ihr gutes Recht, meine Herren.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Wir sind ja schon dankbar, daß Sie uns wenigstens das Recht einräumen!)

    Aber es ist auch das gute Recht des Bürgers, daß Sie jetzt die Deckung verlassen, die Sie hinter unverbindlichen Allgemeinplätzen gefunden haben,

    (Beifall bei der SPD — Pfeffermann [CDU/ CSU]: Was soll denn das Geschwätz?)

    und sich den drängenden Fragen unserer Zeit stellen. Das hat Herr Kohl vorigen Donnerstag nicht getan;

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Saudummes Gewäsch!)

    Sie, Herr Dregger, haben es heute auch nicht vollständig getan.

    (Beifall bei der SPD)

    Da sind z. B. folgende Fragen: Wie wollen Sie die soziale Stabilität in unserer Gesellschaft bei engen finanziellen Spielräumen wahren, über die wir heute leider auf Grund weltweiter wirtschaftlicher Verwerfungen nur verfügen können? Wie wollen Sie den sozialen Auftrag des Grundgesetzes erfüllen? Welche Politik wollen Sie konkret zur Überwindung der Arbeitslosigkeit betreiben?

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Ich habe das genau vorgetragen!)

    Gelten in der Sozialpolitik der Unionen die Vorstellungen der Sozialausschüsse und die letzten Äußerungen von Herrn Professor Biedenkopf, oder gilt immer noch das Wort von Franz Josef Strauß, der soziale Leistungen einmal als „materielle Gratifikation" abqualifizierte?

    (Urbaniak [SPD]: Man darf nicht vergessen, was er da gesagt hat! — Kiechle [CDU/ CSU]: Es sind schließlich keine „geistigen" Gratifikationen!)

    — Für die Landwirtschaft gilt das voll und ganz, Herr Kiechle; da gebe ich Ihnen recht.

    (Beifall bei der SPD)

    Es sind ja nun genügend Vorschläge auf dem Tisch, nur Ihre fehlen.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Nun nehmen Sie wenigstens zu den Vorschlägen der anderen klar Stellung, ganz konkret!

    (Beifall bei der SPD)

    Wollen Sie das Arbeitslosengeld kürzen? Wollen Sie den Mutterschaftsurlaub angesichts Ihrer auf diesem Gebiet weitergehenden Forderungen abschaffen? Wollen Sie das Wohngeld einschränken? Wie hoch soll nach Ihrer Vorstellung die Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen sein? Ich könnte Ihnen noch eine ganze Latte solcher Fragen stellen. Auf diese Fragen wollen unsere Bürger eine Antwort.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)