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    Plenarprotokoll 9/111 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 111. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 Inhalt: Glückwünsche zu Geburtstagen . . . 6744 D Begrüßung einer Parlamentsdelegation der Republik Südafrika 6744 D Begrüßung einer Delegation der Nationalversammlung der Republik Senegal . 6761 C Bericht zur Lage der Nation Schmidt, Bundeskanzler 6745 A Dr. Kohl CDU/CSU 6761 D Brandt SPD 6773 D Genscher FDP 6781 B Dr. von Weizsäcker, Regierender Bürger- meister des Landes Berlin 6788 B Dr. Zimmermann CDU/CSU 6794 B Dr. Ehmke SPD 6799A Mischnick FDP 6806 A Franke, Bundesminister BMB 6810 B Lorenz CDU/CSU 6814A Ronneburger FDP 6818 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 6821 D Werner CDU/CSU 6823 D Büchler (Hof) SPD 6826 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. Dezember 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gemeinsame Information und Beratung der Schiffahrt in der Emsmündung durch Landradar- und Revierfunkanlagen — Drucksache 9/1632 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 9/1811 — 6829 C Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" — Drucksache 9/823 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/1946 — 6829 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung der Lohnsteuerpauschalierung für Teilzeitbeschäftigte — Drucksache 9/1886 — 6830A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. Oktober 1970 zur gegenseitigen Anerkennung von Inspektionen betreffend die Herstellung pharmazeutischer Produkte (Gesetz zur Pharmazeutischen Inspektions-Convention-PIC) — Drucksache 9/1901 — 6830A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Seemannsgesetzes — Drucksache 9/1829 — 6830 B II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung einer Straßenverkehrsunfallstatistik (Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz) — Drucksache 9/1910 — 6830 B Beratung der Sammelübersicht 40 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/1744 — 6830 C in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 41 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/1782 — 6830 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Zukunft des EWG- Eisenbahnnetzes — Drucksachen 9/1515, 9/1838 — . . . . 6830 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum Bau eines Tunnels unter dem Ärmelkanal — Drucksachen 9/1638, 9/1839 — . . . . 6830 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1979 — Einzelplan 20- - Drucksachen 8/3967, 9/1758 — . . . . 6830 D Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1981 — Einzelplan 20 - - Drucksache 9/1786 — 6831 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 136/66/EWG über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Fette — Drucksachen 9/1506 Nr. 11, 9/1747 — . 6831 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Beschleunigung der Agrarentwicklung in bestimmten Gebieten Griechenlands — Drucksachen 9/1506 Nr. 12, 9/1768 — . 6831C Fragestunde — Drucksache 9/1948 vom 3. September 1982 — Verweigerung der Einreise in die ČSSR für den in der Bundesrepublik Deutschland arbeitenden Journalisten Raymund Hörhager MdlAnfr 21, 22 03.09.82 Drs 09/1948 Dr. Soell SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6741 B, D ZusFr Dr. Soell SPD 6741B, D Interpretation der Erklärungen auf den Gipfeltreffen von Versailles und Bonn zur Gewährung von Ostkrediten MdlAnfr 23 03.09.82 Drs 09/1948 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6742 A, B, C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6742A, B Extraterritoriale Rechtswirkungen des Außenwirtschaftsgesetzes bei internationalen privatrechtlichen Auslandslieferverträgen und Lizenzvergaben ins Ausland MdlAnfr 24 03.09.82 Drs 09/1948 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6742 D, 6743 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6743A,B Einsatz von Strafgefangenen, insbesondere politischen Häftlingen, beim Bau der sowjetisch-westeuropäischen Erdgasleitung MdlAnfr 4 03.09.82 Drs 09/1948 Engelsberger CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6743C, 6744 A, B, C ZusFr Engelsberger CDU/CSU . 6743D, 6744A, B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 6744 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6744 C Nächste Sitzung 6831 D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6833* A Anlage 2 Glückwünsche zu Geburtstagen . . . . 6833* B Anlage 3 Beseitigung von Hemmnissen im Handel mit Eiern innerhalb der EG MdlAnfr 1, 2 03.09.82 Drs 09/1948 Eigen CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 6833* B Anlage 4 Bau einer Mauer entlang der innerdeutschen Grenze sowie Aufschiebung des Besuchs von SED-Chef Honecker MdlAnfr 7, 8 03.09.82 Drs 09/1948 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMB . . . . 6833* D Anlage 5 200. Geburtstag Simon Bolivars; Äußerungen Dr. von Dohnanyis über die konsularischen Beziehungen Hamburgs zu Bolivien MdlAnfr 18, 19 03.09.82 Drs 09/1948 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6834*A Anlage 6 Einsatz von Atomwaffen durch die USA im Kriegsfall MdlAnfr 20 03.09.82 Drs 09/1948 Dr. Scheer SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 6834* C Anlage 7 Anstieg der Zahl der Nichtseßhaften in den Jahren 1980/81, Anteil der Aussiedler und „Freigekauften" aus der DDR MdlAnfr 32 03.09.82 Drs 09/1948 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grobecker BMJFG . 6834* C Anlage 8 Vereinheitlichung des europäischen Bankenrechts MdlAnfr 33, 34 03.09.82 Drs 09/1948 Rapp (Göppingen) SPD SchrAntw PStSekr Huonker BMF . . . 6834* D Anlage 9 Marxistische Indoktrination von Zivildienstleistenden bei einem Einführungslehrgang in Castrop-Rauxel MdlAnfr 58 03.09.82 Drs 09/1948 Lowack CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grobecker BMJFG . 6835* D Anlage 10 Änderung der EG-Verordnung Nr. 337/79 zwecks Zulassung einer Anreicherung um 4,5 Volumenprozent für die Weinbaugebiete Mosel-Saar-Ruwer, Ahr und Mittelrhein MdlAnfr 59, 60 03.09.82 Drs 09/1948 Schartz (Trier) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grobecker BMJFG . 6836*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 6741 111. Sitzung Bonn, den 9. September 1982 Beginn: 8.30 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 6833* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 10.9. Dr. Ahrens ** 10.9. Dr. Bardens ** 10.9. Büchner (Speyer) ** 10.9. Dr. Dregger 10.9. Eickmeyer ** 10.9. Frau Geier 10.9. Dr. Geißler 9. 9. Grüner 9. 9. Hauck 10.9. Herterich 9. 9. Hoppe 10.9. Dr. Müller ** 10.9. Müller (Bayreuth) 10.9. Pensky ** 10.9. Rösch 10.9. Dr. Schachtschabel 10.9. Schmidt (Wattenscheid) 10.9. Schulte (Unna) ** 10.9. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 10.9. Stöckl 10.9. Dr. Unland ** 10.9. Dr. Vohrer ** 10.9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Glückwünsche zu Geburtstagen am 11. Juli 1982 Abg. Wehner 76 Jahre am 9. August 1982 Abg. Lampersbach 65 Jahre am 17. Juli 1982 Abg. Volmer 60 Jahre am 24. Juli 1982 Staatsminister Wischnewski 60 Jahre am 22. August 1982 Abg. Dr. Pohlmeier 60 Jahre am 30. August 1982 Abg. Ruf 60 Jahre am 6. September 1982 Abg. Schmidt (Kempten) 60 Jahre Anlage 3 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/1948 Fragen 1 und 2): Welche Handelshemmnisse im Handel mit Eiern gibt es in welchen Ländern der Europäischen Gemeinschaft? Anlagen zum Stenographischen Bericht Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen? Der innergemeinschaftliche Warenverkehr mit Eiern, der im allgemeinen störungsfrei verläuft, wird zur Zeit insbesondere durch das seit dem 1. September 1981 geltende Einfuhrverbot behindert, das das Vereinigte Königreich mit der Begründung, hierdurch einen wirksameren Schutz gegen das Auftreten der Newcastle-Krankheit bei Geflügel zu erreichen, gegen Importe von Geflügelfleisch und Eiern aus bestimmten Mitgliedstaaten verhängt hat. Der Europäische Gerichtshof hat dieses Einfuhrverbot, von dem insbesondere die nach dem Vereinigten Königreich exportierenden Mitgliedstaaten Frankreich und die Niederlande unmittelbar betroffen sind, nunmehr für vertragswidrig erklärt und das Vereinigte Königreich aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung des freien Warenverkehrs zu treffen. Die Bundesregierung wird — wie schon bisher — die EG-Kommission darin unterstützen, die geeigneten Schritte zu unternehmen, um im Kontakt mit den britischen Stellen unverzüglich die Unterbrechung der Handelsströme zu beseitigen. Auf Intervention der deutschen Delegation im letzten Sonderausschuß für Landwirtschaft in Brüssel hat die EG-Kommission erklärt, daß sie das Vereinigte Königreich aufgefordert habe, Maßnahmen zu ergreifen, um das Einfuhrverbot bis spätestens zum 20. September 1982 aufzuheben. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/1948 Fragen 7 und 8): Treffen Presseberichte zu, wonach die DDR entlang der innerdeutschen „Grenze" von der Ostsee bis zum Fichtelgebirge eine Mauer von ca. 1 393 km Länge und einer Höhe von 3 bis 4 m plant? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung für den Fall der Richtigkeit dieser Presseberichte gegenüber der DDR unternehmen, und wird die Bundesregierung einen Besuch des Staatsratsvorsitzenden Honecker in der Bundesrepublik Deutschland, nachdem mehrere führende Unionspolitiker nicht in die DDR einreisen durften, solange als unerwünscht betrachten, bis mit Sicherheit gewährleistet ist, daß die DDR von diesem „Bauvorhaben" abläßt? Zu Frage 7: Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, aus denen sich ergibt, daß die DDR entlang der innerdeutschen Grenze von der Ostsee bis zum Fichtelgebirge eine fortlaufende Mauer plant. Presseberichte, in denen solche Vermutungen angestellt worden sind, können nicht bestätigt werden. Richtig ist, daß an verschiedenen Abschnitten der innerdeutschen Grenze — insbesondere in oder gegenüber geschlossenen Ortschaften — der Metallgitterzaun durch Mauerwerk ersetzt worden ist. Diese punktuellen Veränderungen, die offenbar vor allem Einblicksmöglichkeiten und Sichtkontakte der Be- 6834* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 völkerung unterbinden sollen, stellen keine neuartige Entwicklung dar. Zu Frage 8: Da die Richtigkeit der betreffenden Pressemeldungen nicht unterstellt werden kann, sieht die Bundesregierung keinen Anlaß, daran hypothetische Überlegungen zu knüpfen. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/1948 Fragen 18 und 19): Welche Vorbereitungen hat die Bundesregierung getroffen, um 1983 einen angemessenen deutschen Beitrag anläßlich der Feier des 200. Geburtstags Simon Bolivars sicherzustellen, und sieht die Bundesregierung in diesen Veranstaltungen einen Weg, das durch den Falklandkonflikt getrübte Verhältnis zwischen Europa und Lateinamerika zu verbessern? Kann sich die Bundesregierung die Rechtsauffassung des früheren Staatsministers im Auswärtigen Amt und jetzigen Präsidenten des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. von Dohnanyi, zu eigen machen, der am 16. August 1982 dem Botschafter der Republik Bolivien schrieb, „Das von Ihnen zitierte Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen ist also von Hamburger Seite durch die vom Senat eingenommene Haltung gegenüber den Vorgängen um das bolivianische Generalkonsulat zu keinem Zeitpunkt verletzt worden", oder steht die Bundesregierung zu dem, was sie mir vor einigen Monaten in der Fragestunde in diesem Zusammenhang versichert hat? Zu Frage 18: Die Bundesregierung beabsichtigt, des 200. Geburtstages des Befreiers Simon Bolivar offiziell zu gedenken. Im Herbst 1983 wird ein Festakt in Berlin in Anwesenheit des Bundespräsidenten an die Bedeutung von Simon Bolivar erinnern. Drei wissenschaftliche Tagungen in Berlin, Hamburg und Köln werden sich mit Fragen der Bolivar-Forschung und den deutschen Beziehungen zu Lateinamerika befassen. Ausstellungen und Veröffentlichungen sollen ein breites Publikum auf die Bedeutung des Vorkämpfers der Unabhängigkeit Lateinamerikas und seine Wirkung bis heute hinweisen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß dies eine willkommene Gelegenheit bietet, um die traditionell freundschaftliche Verbundenheit der Bundesrepublik Deutschland mit den Staaten Lateinamerikas auszudrücken. Eine unmittelbare Beziehung zum Falkland(Malwinen)-Konflikt besteht nicht. Die Vorbereitungen für die Gedenkveranstaltungen sind bereits im vergangenen Jahr angelaufen. Zu Frage 19: Die Bundesregierung steht weiterhin zu den Ausführungen, die sie am 4. März 1982 in der Fragestunde des Deutschen Bundestages im Zusammenhang mit der vorübergehenden Schließung des Generalkonsulats in Hamburg gemacht hat. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Frage des Abgeordneten Dr. Scheer (SPD) (Drucksache 9/1948 Frage 20): Rechnet die Bundesregierung damit, daß Versuche von Heeresvertretern der Vereinigten Staaten von Amerika im Kongreß, im Kriegsfall die Entscheidungsgewalt über den Einsatz von Atomwaffen zu erhalten, Erfolg haben werden, und wie wird die Bundesregierung gegebenenfalls darauf reagieren? Nach Kenntnis der Bundesregierung besteht seitens des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika keinesfalls die Absicht, die Entscheidungsgewalt über den Einsatz von Atomwaffen zu delegieren. Darauf hat der stellvertretende Regierungssprecher Dr. Rühl bereits in einer Pressekonferenz am 23. Juli 1982 hingewiesen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grobecker auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 9/1948 Frage 32): Inwieweit kann die Bundesregierung die Angaben der Arbeitsgemeinschaft für Nichtseßhaftenhilfe bestätigen, daß sich die Zahl der Nichtseßhaften 1980/81 um 35 v. H. erhöht hat, und wie erklärt sie es, daß die Gruppe der Aussiedler und „Freigekauften" aus der DDR überproportional vertreten sein soll? Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft für Nichtseßhaftenhilfe in Bethel hat sich 1981 nicht die Zahl der Nichtseßhaften, sondern die der sogenannten Neuauftritte von Nichtseßhaften im Vergleich mit 1980 um 35 v. H. erhöht. Der Bundesregierung liegen keine zusätzlichen Erkenntnisse, insbesondere aufgrund einer amtlichen Bundesstatistik hierüber vor. Sie geht aber davon aus, daß die Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft zutreffen. Nach deren Angaben beträgt der Anteil der Flüchtlinge, Spätheimkehrer und freibekommenen DDR-Häftlinge an der Gesamtzahl der Nichtseßhaften 25 v. H. Diese Personengruppe ist damit im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerungsstruktur in der Bundesrepublik zwar nach wie vor überrepräsentiert, der Anteil an der Gesamtzahl der Nichtseßhaften ist aber in der Vergangenheit ständig gesunken. Die besonderen Gründe für die Nichtseßhaftigkeit dieses Personenkreises liegen in mangelnden sozialen Bindungen und abgewerteten oder nicht vorhandenen beruflichen Qualifikationen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Huonker auf die Fragen des Abgeordneten Rapp (Göppingen) (SPD) (Drucksache 9/1948 Fragen 33 und 34): Welchen Stand haben die mit der Ersten Richtlinie des EG- Ministerrats vom 12. Dezember 1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 6835* die Tätigkeit der Kreditinstitute in Gang gekommenen Bemühungen zur Abstimmung und Vereinheitlichung des Bankenrechts in Europa auf dem Gebiet der Zusammenarbeit der nationalen Bankenaufsichtsbehörden und bezüglich der nationalen Gesetzgebungen erreicht, und wie beurteilt die Bundesregierung die verschiedentlich geäußerte Sorge, daß es im Zuge dieser Bemühungen zu erhöhten administrativen Belastungen der deutschen Kreditinstitute und der Behörden kommen könnte? Sind in den Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums zu einer Novelle des Kreditwesengesetzes bereits Ergebnisse — gegebenenfalls in welchen Positionen — der europäischen Bankenrechtskoordinierung eingegangen und glaubt die Bundesregierung, ausschließen zu können, daß es im Zuge der Koordinierung in einem dem Gesetzeszweck abträglichen Maß zu wiederholten Änderungen des Kreditwesengesetzes kommen könnte? Zu Frage 33: Die laufende Zusammenarbeit der nationalen Bankenaufsichtsbehörden in der EG obliegt vornehmlich dem „Kontaktausschuß", einer Art Arbeitsgemeinschaft der EG-Bankaufsichtsbehörden, die regelmäßig tagt, um gemeinsam interessierende Probleme zu erörtern. Die in Artikel 3 Abs. 7 der Ersten Bankrechtsrichtlinie vorgesehene europäische Bankenliste ist geschaffen und wird, wie in der Richtlinie vorgesehen, laufend aktualisiert. Ebenso ist der in Art. 11 der Richtlinie vorgesehene Beratende Ausschuß eingerichtet worden. Er tagt zweimal jährlich und berät unter anderem mit der EG- Kommission über neue Vorschläge zur weiteren Koordinierung im Bereich der Kreditinstitute. Er hat ferner die in Art. 6 der Richtlinie vorgesehenen Arbeiten an Beobachtungskoeffizienten aufgenommen und vier Beobachtungskoeffizienten entwickelt, die sich in der Erprobung befinden. Die Beobachtungskoeffizienten dienen dazu, vergleichbare Daten über die Situation der Banken in den EG-Mitgliedstaaten zu ermitteln und damit eine Grundlage für eine etwaige künftige Harmonisierung bankaufsichtlicher Grundsätze zu erhalten. Die entsprechenden Berechnungen führen die Bankaufsichtsbehörden durch. Die deutsche Kreditwirtschaft hat dazu auf freiwilliger Basis mit Informationen beigetragen. Soweit die Erste Bankrechtsrichtlinie in den nationalen Gesetzgebungen Änderungen erforderlich machte, sind diese mit Ausnahmen von zwei EG-Mitgliedstaaten erfolgt. Nach Auffassung der Kommission müssen außerdem auch in der Bundesrepublik Deutschland noch einige Vorschriften der Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Sorge, es könne durch die Harmonisierungsbemühungen der EG auf dem Gebiet der Bankenaufsicht zu erhöhten administrativen Belastungen der deutschen Kreditinstitute und der Behörden kommen, hat sich hinsichtlich der bisherigen Harmonisierung nicht bestätigt. Die Bundesregierung achtet darauf, daß auch die weiteren Harmonisierungsschritte keinen unangemessenen Verwaltungsaufwand für Wirtschaft und Behörden mit sich bringen. Zu Frage 34: Im Referentenentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) sind die Erste Richtlinie sowie der Entwurf einer Richtlinie über die Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis berücksichtigt. In Umsetzung der Ersten Richtlinie wird insbesondere die Zusammenarbeit des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen und der Deutschen Bundesbank mit den Bankaufsichtsbehörden der EG-Mitgliedstaaten verbessert und der Bank aufsichtlich notwendige Informationsaustausch gesetzlich geregelt werden. Der Entwurf einer Konsolidierungsrichtlinie, der von der Kommission im September des vergangenen Jahres dem Rat zugeleitet worden ist, beschränkt sich darauf, die Mitgliedstaaten im Grundsatz zu einer Bankaufsicht über Bankkonzerne durch Konsolidierung zu verpflichten, d. h., bankaufsichtlich bedeutsame Kennzahlen der zu einem Konzern gehörenden Kreditinstitute zusammenzufassen. Außerdem soll durch die Richtlinie der für diese erweiterte Bankaufsicht erforderliche Informationsaustausch im Kreise der Mitgliedstaaten sichergestellt werden. Die Konsolidierungsrichtlinie läßt den einzelnen Mitgliedstaaten weitgehende Freiheit über die Ausgestaltung der Konsolidierung im einzelnen. Sollte die KWG-Novelle vor der Verabschiedung der Konsolidierungsrichtlinie in Kraft treten, ist wegen der weiten Fassung dieser Richtlinie nicht mit der Notwendigkeit einer weiteren Änderung des Gesetzes zu rechnen. Im Rahmen des dem Deutschen Bundestag vorliegenden Bilanzrichtlinie-Gesetzes ist eine technische Anpassung einiger KWG-Vorschriften vorgesehen. Andere Initiativen der Kommission zur Harmonisierung des Bankrechts befinden sich in einem so frühen Stadium, daß eine Umsetzung in deutsches Recht noch nicht absehbar ist. Bei den Verhandlungen in Brüssel wird die Bundesregierung darauf achten, daß es nicht zu Änderungen des KWG kommt, die dem Gesetzeszweck abträglich sind. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grobecker auf die Frage des Abgeordneten Lowack (CDU/CSU) (Drucksache 9/1948 Frage 58): Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach Mitteilung von Zivildienstleistenden beim Einführungslehrgang in CastropRauxel rein marxistische Indoktrinierung „unverhüllt und intensiv" betrieben wird, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit das Bundesamt für Zivildienst seiner Aufsichtspflicht im notwendigen Umfang nachkommt? Der Bundesregierung sind keine Äußerungen von Zivildienstleistenden bekannt, nach denen in den Einführungslehrgängen am Zivildienstzentrum Soziale Dienste Ruhrgebiet in Castrop-Rauxel „unverhüllt und intensiv marxistisch indoktriniert" worden sein soll. Auch für das Bundesamt für den Zivildienst, dem die hauptamtlichen Dozenten des Zivildienstzentrums als Mitarbeiter angehören, ergibt sich bisher kein Anhaltspunkt, der einen solchen 6836* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. September 1982 Vorwurf rechtfertigen und Zweifel an der Verfassungstreue dieser Mitarbeiter begründen würde. Die Bundesregierung legt Wert darauf, daß den Vorwürfen nachgegangen wird. Sie bittet deshalb um Bekanntgabe der Ihnen offenbar zugänglichen Einzelheiten. Vom Ergebnis der dann anzustellenden Untersuchungen werden Sie selbstverständlich unterrichtet werden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grobecker auf die Frage des Abgeordneten Schartz (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache 9/1948 Fragen 59 und 60): Hat die Bundesregierung, dem Beschluß des Deutschen Bundestages folgend, beantragt, die EG-Verordnung Nr. 337/79 dahin gehend zu ändern, daß für die Weinbaugebiete Mosel-Saar-Ruwer, Ahr und Mittelrhein eine Anreicherung um 4,5 Volumenprozent ständig zugelassen wird? Bis wann ist mit einer entsprechenden Änderung der EG- Verordnung Nr. 337/79 zu rechnen? Zu Frage 59: Nachdem nunmehr die Sommerpause der Europäischen Gemeinschaften beendet ist, wird die Bundesregierung unverzüglich wegen der Änderung des Artikels 32 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 337/79 entsprechend der Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 des Weingesetzes Verhandlungen mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aufnehmen, die das alleinige Initiativrecht für Verordnungen hat. Zu Frage 60: Vorhersagen über den Erfolg und den zeitlichen Ablauf können nicht gemacht werden. Die Bundesregierung wird Sie über das Ergebnis der Verhandlungen zu gegebener Zeit unterrichten.
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    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, wir sollten den Kollegen von Weizsäcker und Zimmermann für das deutschland- und außenpolitische Kontrastprogramm, das sie in der letzten Stunde geboten haben, sehr dankbar sein.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Ha! Ha!)

    Man kann sich schon richtig die Handlungsfähigkeit einer Regierung mit den beiden vorstellen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Den Satz haben Sie schon gestern vorgetragen!)

    Ich möchte dem Regierenden Bürgermeister von Berlin sehr herzlich zu seiner Rede gratulieren, nicht nur, weil ich in großen Teilen mit ihr in Obereinstimmung stehe, sondern weil ich auch bezüglich der Teile, wo ich nicht mit ihr in Übereinstimmung stehe, der Meinung bin, daß diese Art zu diskutieren uns allen gut bekommt.
    Ich weiß, daß der Bundesminister für innerdeutsche Angelegenheiten auf die deutschland- und berlinpolitischen Aspekte noch eingehen wird. Ich will aber für die Sozialdemokraten schon hier sagen, daß wir die Meinung des Regierenden Bürgermeisters über Berlin als geschichtliche Mitte Deutschlands teilen und dies unter anderem darin zum Ausdruck bringen werden, daß wir im nächsten Frühjahr zum 50. Jahrestag der Verabschiedung des verhängsnisvollen Ermächtigungsgesetzes zu einer großen Kundgebung vor dem Reichstag in Berlin zusammenkommen werden.
    Wenn ich zunächst zum Vormittag zurückkomme, so bitte ich, mir das nachzusehen. Ich habe das Gefühl, daß der Herr Bundeskanzler heute vormittag sehr klar Fragen gestellt hat und die Antworten darauf nicht ganz so klar ausgefallen sind wie die Fragen. Sonst wäre es nicht möglich gewesen, daß der Kollege Zimmermann eben in seiner Rede Herrn
    Genscher sogar für die Meinung der CSU hätte in Anspruch nehmen können.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Vielleicht kann der Kollege Mischnick da noch größere Klarheit bringen. Ich will gern dabei helfen. Ich glaube, wir haben eine Übereinstimmung mit der Opposition — ich sage das nicht leicht —, daß es eine Diskrepanz gibt zwischen der schwierigen Lage, in der sich unser Land wirtschaftspolitisch und außenpolitisch befindet, und dem Zustand, in dem sich die Regierungskoalition in den letzten Monaten gezeigt hat. Da muß man Herrn Kohl recht geben, auch wenn es weh tut. Herr Kohl, ich ärgere mich darüber noch viel mehr, weil nämlich dieser Zustand die CDU/CSU in den Umfragen und Wahlen hochschwemmt, Sie mich aber auch heute nicht davon überzeugt haben — zumal alle Vorschläge ausblieben —, daß Sie es irgendwie besser machen würden. Diese Debatte soll helfen — das war der Sinn, wie der Kanzler die Debatte angelegt hat —, aus der unguten Situation herauszukommen.
    Ich sage zunächst ein kurzes Wort zur Wirtschaftspolitik: Eines der Dinge, die wir uns alle sagen müssen, ist: Wir reden sehr lange von einer „Rezession", während es in Wirklichkeit um eine Weltwirtschaftskrise geht. Wir haben Ende dieses Jahres über 10 Millionen Arbeitslose in der EG, über 30 Millionen in den OECD-Ländern. Den labilen Zustand des Währungs- und Finanzsystems der Welt hat Kollege Lahnstein nach der Konferenz in Toronto geschildert. Der Bundeskanzler hat heute deutlicher als sonst gesagt: Diese Wirtschaftskrise bleibt eine Wirtschaftskrise, obwohl die Bundesrepublik bisher besser durch sie gekommen ist als andere Länder. Aber richtig bleibt auch: wir sind besser durchgekommen. Herr Kollege Genscher, ich bin der Meinung: daß wir besser durchgekommen sind, das ist gewissermaßen die Hegelsche List der Vernunft in der sozialliberalen Koalition.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich könnte natürlich auch sagen: Es ist die große Führungsleistung von Kanzler und Vizekanzler.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Jetzt kommt auch noch der Weltgeist!)

    — Herr Kohl, nur kein Neid! — Diese beiden Parteien haben miteinander und gegeneinander dafür gesorgt, daß keiner auf die Idee kommen konnte, seine Meinung als Patentrezept durchzusetzen. Darum haben wir anders als in England und Amerika weder Reagan- noch Thatcher-Politik gemacht noch Brüningsche Sparpolitik wiederholt. Was uns Sozialdemokraten betrifft, sind wir nicht verleitet worden zu meinen, je größer die Programme seien, desto größer sei auf die Dauer der Effekt.
    Uns ist auch klar — heute ist es von allen gesagt worden —, sicher muß man in dieser geänderten wirtschaftlichen Situation abnehmenden Wachstums die Sozialsysteme langfristig anpassen. Was der Bundeskanzler heute dazu gesagt hat, liegt klar auf dieser Linie. Er hat von einer „mittleren Linie" gesprochen. Das Problem ist, diese mittlere Linie trotz aller Schwierigkeiten zu halten. Ich bin der



    Dr. Ehmke
    Meinung, daß diese „mittlere Linie", die der Bundeskanzler heute noch einmal nachgezeichnet hat, sehr viel dichter bei den FDP-Beschlüssen liegt als manche dogmatische Äußerung einzelner FDP-Leute in den letzten Wochen.
    Herr Kollege Genscher, ich komme auf das zurück, was Sie über individuelle Kreativität gesagt haben; darüber gibt es ja keinen Streit. Ich darf aber daran erinnern, was in Ihrem Freiburger Programm steht:
    Der Kapitalismus hat ... auch zu gesellschaftlicher Ungerechtigkeit geführt. Die liberale Reform des Kapitalismus erstrebt die Aufhebung der Ungleichgewichte des Vorteils und der Ballung wirtschaftlicher Macht, die aus der Akkumulation von Geld und Besitz und der Konzentration des Eigentums an den Produktionsmitteln in wenigen Händen folgen.
    Eine Konzentration, die leider immer weiter geht.
    Sie haben weiter gesagt, darum bedürfe es
    einer Bestimmung der gebotenen Grenzen der Verfügungsmacht über Eigentum durch Gesetz. Wo die Verfügungsgewalt über Eigentum an Produktionsmitteln zu Herrschaft über Menschen führt, ist ihre demokratische Kontrolle durch Mitbestimmung geboten.
    Schließlich heißt es kritisch zur heutigen Wirtschaftsentwicklung, die bisher von uns nur in Teilen, nicht im Kern revidiert ist:
    Heute konzentriert sich der Zuwachs an Produktivkapital aus Gewinnen in den Händen weniger Kapitalbesitzer. Das ist gesellschaftspolitisch gefährlich, sozial ungerecht und mit den liberalen Forderungen nach Gleichheit der Lebenschancen und nach optimalen Bedingungen für die persönliche Selbstentfaltung nicht vereinbar.
    Ich glaube, darum muß man Ihrem Satz von der individuellen Kreativität, die in unserem Lande Platz haben soll, hinzufügen, daß dazu eine gesellschaftspolitische Anstrengung nörig ist, da individuelle Kreativität nicht etwa wie ein Naturereignis über uns kommt. Es ist lange gekämpft worden, bis man überhaupt Gesellschaftssysteme hatte, in denen das einigermaßen möglich ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun gebe ich den Kollegen von der CDU und auch manchen von der FDP darin recht: Solche gesellschaftspolitischen Anstrengungen können auch ganz falsch sein. Wenn ich z. B. daran denke, wie unsinnig die EG-Agrarordnung ist und wieviel Milliarden sie uns kostet, dann würde ich das für einen falschen Weg halten.

    (Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das, was Sie da sagen, strotzt von Unkenntnis!)

    Aber Sie werden mir recht geben, Herr Kollege Genscher: Auch Ihr FDP-Kabinettskollege Ertl denkt
    nicht daran, auf diesem Gebiet zur Marktwirtschaft
    zurückzukehren, sondern allenfalls ein vernünftigeres Regulierungssystem zu schaffen.

    (Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Lassen Sie sich das einmal von Herrn Ertl erklären! — Kiechle [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung!)

    Darum bin ich der Meinung: Es könnte hier noch mehr Klarheit geschaffen werden.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Herr Kollege Kiechle sagt zu Recht, daß Sie davon keine Ahnung haben! — Dr. Schwörer [CDU/ CSU]: Er redet von all dem, wovon er keine Ahnung hat!)

    Natürlich ist es fast unvermeidbar — aber es ist eingrenzbar —, daß von Hessen soviel Unklarheit ausgeht. Denn da, Herr Kollege Mischnick, ist es nun so, daß viele Wähler, auch FDP-Wähler, vor der Schwierigkeit stehen — Holger Börner mußte leider weg; darum lassen Sie mich das sagen —, zu verstehen, warum heute nicht mehr wahr sein soll, was im Juni noch wahr war, und warum FDP-Kollegen heute über die Koalition mit der SPD, die zwölf Jahre lang gut gearbeitet hat, schlecht reden und — umgekehrt — hinsichtlich ihrer Einschätzung von Herrn Dregger das Gegenteil dessen sagen, was sie noch vor drei Monaten gesagt haben. Das dient ihrer Glaubwürdigkeit nicht. Es ist auch nicht gut, wenn der Eindruck entsteht, jemand verstünde unter Demokratie, er habe ein Dauerabonnement auf Regierungsbeteiligung. Sie müssen auch verstehen, daß nicht alle genau zu unterscheiden wissen, was da mit hessischen und was da mit Bundeszungen gesagt wird.
    Hinsichtlich der Aufforderung des Herrn Bundeskanzlers, daß der, der aus der Bonner Koalition heraus wolle, das hier klar sagen solle, kann ich feststellen, daß das offenbar niemand will; jedenfalls ist das hier nicht gesagt worden. Die umgekehrte Aussage, daß man die Koalition in dieser Situation trotz aller Schwierigkeiten fortsetzen müsse und nicht davonlaufen dürfe, könnte nach meinem Wunsch noch etwas klarer ausfallen.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sowieso!)

    Ich frage mich, ob wir uns nicht auch darüber einigen können — auch mit der Opposition —, daß der Streit um Steuern nicht ideologisch aufgebauscht werden darf. Jeder weiß, welche Grenzen der Belastung mit Steuern — in der Bundesrepublik ist es mehr die Soziallastquote als die Steuerquote, um die es geht — gesetzt sind. Aber andererseits ist es nicht wahr, daß jedes Beschränken des Ehegattensplittings oder jeder Ergänzungsabgabe die Investitionen trifft, weil wir ja — leider, Herr Kollege Lambsdorff — die Situation haben, daß Leute, die Geld haben, dann, wenn sie noch mehr Geld haben, keineswegs in die Investitionen gehen, sondern das Geld in Finanzfonds und dgl. anlegen — in Amerika, in England wie bei uns. Sie wissen besser als ich, wieviel Milliarden allein z. B. die deutsche Versicherungswirtschaft auf diese Weise anlegt, statt zu investieren. Man darf daher nicht so tun, als ob jede Steuerbelastung der Höherverdienenden automatisch ein



    Dr. Ehmke
    Minus an Investitionen bedeute. Die Entwicklungen in Amerika und England zeigen das Gegenteil.

    (Beifall bei der SPD)

    Festhalten müssen wir — da sind wir mit Graf Lambsdorff und auch mit Staatssekretär Schlecht wohl einer Meinung —, daß bei den Sozialleistungen natürlich nicht nur der Abbau des Leistungsniveaus, sondern auch die Auswirkung dieses Abbaus auf die Nachfrage gesehen werden muß.
    Wenn ich das gesellschaftspolitisch sehe,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt's!)

    dann muß ich als Sozialdemokrat noch eins hinzusetzen:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt's!)

    Wenn man mit Unternehmern in anderen Ländern spricht, stellt man fest, daß die sich gern solche Gewerkschaften, wie wir sie haben, malen würden. Suchen Sie einmal Gewerkschaften mit den Lohnabschlüssen, die die IG-Metall und auch die Gewerkschaft ÖTV in diesem Jahr herbeigeführt haben!

    (Beifall bei der SPD)

    Nun sagt man oft — ich höre das immer von den Ökonomen —, Wirtschaft sei zu 50 % eine Frage der Psychologie. Aber doch bitte auch der Psychologie von Arbeitnehmern!

    (Beifall bei der SPD)

    Man darf Gewerkschaften gegenüber, die bei abnehmenden Reallöhnen und bei Kürzungen sozialer Leistungen unter dem Druck ihrer Leute stehen, nicht so tun, als ob dies alles weiter aufeinander kommen könnte. Vielmehr muß man verstehen, daß das im Ganzen gesehen werden muß. Man muß auch aufpassen, daß bei den notwendigen Kürzungen soziale Gerechtigkeit waltet, und man darf außerdem keine Fehler machen. Es ist nicht gut — das sage ich selbstkritisch, aber ich bitte CDU/CSU und FDP, sich dem anzuschließen —, über Haushaltsstreichungen kurzfristig Korrekturen vorzunehmen. Seien wir doch ehrlich: Wir alle stehen doch mit dem, was wir etwa beim Zusatztaschengeld beschlossen haben, nicht gut da. Es hat wenig Zweck, sich hinterher dafür gegenseitig Verantwortung zuzuschieben. Da haben wir etwas gemacht, was falsch war. Das mußten wir nach wenigen Monaten korrigieren. Im Zusammenhang mit den Behinderten war es genauso. Das zeigt: Das ist die falsche Methode des Umbaus des Sozialsystems.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir müssen da auch bei den 5 DM Kostenbeteiligung, über die wir j a im einzelnen noch reden werden, aufpassen, Herr Kollege Mischnick: Wir dürfen nicht den gleichen Fehler machen, so daß wir nach vier Wochen wieder sagen müssen, das war falsch. Das würde keinem nützen.
    Ich habe übrigens mit Freude zur Kenntnis genommen, daß zwischen meinem Kollegen Eugen Glombig und dem FDP-Kollegen Schmidt (Kempten) ein Meinungsaustausch über die Frage der Weiterentwicklung des Sozialsystems in diesem Sinne stattgefunden hat. Ich bin der Meinung, das zeigt noch einmal, daß gerade die Dialektik dieser Koalition, die neben der außergewöhnlichen Qualität unserer Gewerkschaften der Hauptgrund dafür war, daß wir bisher besser als andere durch die Schwierigkeiten gekommen sind, daß gerade sie geeignet ist, auch den richtigen Weg in die Zukunft zu finden.
    Ich glaube schließlich auch, daß die CDU/CSU so weit von alledem nicht entfernt sein kann. Herr Kollege Kohl, Sie haben heute etwas zur Arbeitszeitverkürzung gesagt, was ich wirklich für falsch halte. Ihre Kollegen haben das auf dem Katholikentag sehr viel besser gemacht.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Was war denn an meinen Ausführungen falsch?)

    — Die Frage der Arbeitszeitverkürzung nur zu sehen unter Kostengesichtspunkten und nicht auch zu sehen unter dem Gesichtspunkt der Verteilung von weniger werdender Arbeit.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Entschuldigung, das habe ich doch heute gesagt!)

    — Wenn ich Sie mißverstanden habe, um so besser.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ich habe das SPDWahlprogramm zitiert!)

    — Sie haben gesagt, der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung könne nicht gefolgt werden, während Ihre Kollegen auf dem Katholikentag in Übereinstimmung mit der päpstlichen Enzyklika „Laborem exercens" eingehend dargelegt haben, warum auch das ein Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Bei der katholischen Soziallehre sind Sie der letzte, der mich belehren kann!)

    — Aber Herr Kohl, nicht so vom hohen Roß! Ich mache das doch auch nicht mit Ihnen. Wir werden vielleicht eine Gelegenheit finden, das noch einmal im einzelnen zu diskutieren.
    Wenn wir von der Koalition uns jetzt fragen — Opposition also ausgeschlossen —, was hätten wir anders machen müssen, glaube ich, müssen wir eines eingestehen — das hat allerdings die Opposition und auch die Wissenschaft geteilt —: Wir haben ganz sicher eine zu positive Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung zugrunde gelegt. Ich sagte vorhin schon: Das zeigt sich schon in dem Gebrauch des verniedlichenden Wortes „Rezession" — bei über 30 Millionen Arbeitslosen in der westlichen Welt!
    Es hat keinen Zweck, diese Krise mit 1929 zu vergleichen. Die Dinge liegen ganz anders. Der Bundeskanzler hat aber zu Recht gesagt, daß es auch nicht nur um einen konjunkturellen Vorgang geht. Das Ganze ist längerfristig zu sehen. Es wäre auch gut, wenn wir von dem Glauben an technokratische Daten wegkämen. Wir sollten uns eine Bandbreite von Prognosen nehmen und unser eigenes politisches Urteil fällen. Dafür habe ich früher schon einmal ohne Erfolg gekämpft.



    Dr. Ehmke
    Wir haben uns z. B. im Juni dieses Jahres auf 3 % Wachstum im Jahr 1983 verlassen. Eigentlich hat keiner derjenigen so recht daran geglaubt, die diese Zahl zugrunde gelegt haben. Aber die Daten waren eben so.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Ich unterstelle niemandem, daß er das wollte; das fände ich nicht fair.
    Ich verstehe sogar, wenn Finanz- und Wirtschaftsminister sagen — ich habe das oft gehört —: Man darf nicht die pessimistische Prognose nehmen; das verunsichert die Wirtschaft. Ich sage aber: In den letzten zweieinhalb Jahren ist die Wirtschaft einschließlich der Arbeitnehmer durch optimistische Prognosen verunsichert worden, die durch die tatsächliche Entwicklung widerlegt wurden. Wir sollten uns das mit dem Festhalten und den punktuellen Daten überlegen; Sie übrigens auch.
    Insgesamt jedenfalls brauchen wir in der Situation mehr Handlungsfähigkeit. Darum auch von mir für die SPD-Fraktion die herzliche Bitte an den Koalitionspartner, mit dem aufzuhören, was Handlungsfähigkeit einschränkt.
    Herr Kollege Genscher, wenn ich jetzt noch für einen Augenblick zur Außenpolitik komme, so will ich zunächst einmal sagen, daß wir mit dem übereinstimmen, was Sie gesagt haben. Das ist nicht neu; das tun wir seit vielen Jahren.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sie tun es, die Hälfte Ihrer Partei nicht!)

    — Ja, wir tun es. — Aber ich sage Ihnen auch, Herr Kollege Genscher: Um so mehr schmerzt es mich, im Ausland, in Ost und West, nun schon seit Monaten von den Regierungen und anderen zu hören — unsere Opposition kritisiert das mit Recht; das geht in Ordnung —: Es ist zwar interessant, was ihr sagt, aber wie lange regiert ihr eigentlich noch — drei Tage, drei Wochen, drei Monate?

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Was sagt Herr Lafontaine? Das ist das Problem!)

    Darum sage ich, man muß auch das unter außenpolitischen Gesichtspunkten sehen. Gerade die Partei, die den Außenminister stellt, muß bei Übereinstimmung in diesen Fragen Wert darauf legen, daß die Handlungsfähigkeit der Regierung nicht in Frage gestellt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie mich nun, Herr Kollege Kohl, zu dem Punkt „Verhältnis zu Amerika" kommen. Wir haben eine große Enttäuschung erlebt; das muß man sagen. Wir hatten gehofft, daß durch die Reise des amerikanischen Präsidenten durch Europa einschließlich der großartigen Rede, die er hier in diesem Hause gehalten hat, wieder der Schulterschluß in der Allianz erreicht sei. Wir haben dann erlebt, daß der Präsident wieder nach Hause fuhr und von seinem eigenen rechten Flügel in die Zange genommen wurde, er sei mit den Europäern nicht hart genug gewesen, und daraufhin kamen völlig überraschend die Erdgas-Sanktionen.
    In dieser Frage des Erdgas-Röhren-Geschäfts sind sich in Europa die Unternehmer, die Arbeitnehmer und alle Regierungen einig. Ich verstehe nicht, Herr Kohl, warum Sie in einer Zeit, in der die konservative britische Regierung Gegenorder gegen die amerikanischen Maßnahmen trifft, den Bundeskanzler kritisieren, wenn er den Amerikanern sagt: So geht das nicht.
    Der amerikanische Außenminister ist da weniger empfindlich. Ich sehe gerade, daß Herr Shultz in einem Interview gesagt hat: „Niemand unterstützt die westliche Allianz so entschlossen wie der Bundeskanzler; niemand versteht mehr als er von den Problemen der Wirtschaft bei uns und in der übrigen Welt."

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Schwarz [CDU/CSU])

    — Herr Schwarz, wenn Sie sich über den amerikanischen Außenminister lustig machen wollen, sagen Sie es ihm selbst. Ich nehme ihn ernst in diesem Urteil.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Schwörer [CDU/ CSU]: Das hat er ironisch gemeint!)

    Sehen Sie, Herr Kollege Kohl, darum habe ich vorhin gesagt: Es hat keinen Zweck, sich anzubiedern. Wir sind hier wirklich in einem Konflikt. Der muß, wie Kollege Brandt gesagt hat, unter Freunden ausgetragen werden.
    Sie haben nun einen Zwischenruf gemacht, den ich neulich schon schriftlich bei Herrn Wörner sah. Sie wissen: ich bin ziemlich hartgesotten. Aber ich denke doch darüber nach, wenn Herr Wörner, wenn ich aus Moskau zurückkomme, sagt: Der war in Moskau, der hat sich da lieb Kind gemacht! Sie können das von mir aus sagen. Ich komme gleich zu dieser Moskaureise zurück.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das habe ich überhaupt nicht gesagt!)

    — Sie haben gesagt: „Wo Sie sich überall anbiedern." Da habe ich angenommen, Sie wollten den WörnerZwischenruf aufgreifen. Wenn Sie das nicht wollten, bin ich Ihnen dankbar. Gut, in Ordnung, dann bleibe ich bei Wörner.
    Darüber sind wir uns doch einig: Man kann nicht diejenigen, die mit den Sowjets reden, als Liebediener der Sowjets darstellen und dann noch ernstgenommen werden wollen, wenn man sagt, man wolle ernsthaft Verhandlungen. Man kann nämlich nicht miteinander verhandeln, ohne ernsthaft miteinander zu reden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Herr Ehmke, man kann nicht von denjenigen, die mit den Amerikanern reden, sagen, die gehen bei den Amerikanern in einen gewissen Körperteil! Kann man das so formulieren?)

    — Nein, aber ich sage Ihnen: Sie dürfen von einer gemeinsamen europäischen Kritik, die durch alle Länder geht, die über alle Parteispektren geht, hier nicht sagen, das sei Amerikafeindlichkeit, und Sie dürfen den Bundeskanzler nicht schelten, wenn er den



    Dr. Ehmke
    Amerikanern gegenüber unsere Bedenken gegen ihre Sanktionspolitik vorbringt.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Wir halten nämlich diese Sanktionspolitik im Grundsatz für falsch. Es ist ja nicht so, daß Handel und Austausch ein Nullsummenspiel sind. Kein Unternehmer macht ein Geschäft, wenn er selbst nichts davon hat. Es hat auch keinen Zweck, den Freihandel zu beschwören, aber die Hälfte der Welt davon auszunehmen.
    Auf dem Energiesektor gibt es beachtenswerte amerikanische Studien, die sagen: Es ist falsch, den Sowjets die Kooperation zu verweigern und sie auf den Weltmarkt zu zwingen — was die osteuropäischen Länder bereits in zunehmendem Maße tun müssen, weil sie heute schon nicht mehr genügend Öl von der Sowjetunion erhalten — und dann auch noch die internationalen Konflikte anzuheizen.
    Und zu den politischen Nebeneffekten: Die Konservativen in Deutschland hatten Angst im Zusammenhang mit der Öffnung gegenüber dem Osten durch die Entspannungspolitik. Sie meinten, die würden uns anstecken, die kommunistische Gefahr würde größer. Wer hat sich denn angesteckt? Wir doch nicht mit unseren 0,4 % DKP-Stimmen, die keiner erst nimmt!

    (Beifall bei der SPD)

    Sondern die Sowjetunion ist dieses Risiko eingegangen. Es hat damals keine Dissidenten gegeben, es hat damals nicht die Bewegungsfreiheit der osteuropäischen Staaten gegeben.
    Sie wissen so gut wie ich, daß, wenn man heute mit Wirtschaftsleuten oder Politikern im Ostblock redet — mit Herrn Kadar oder wem auch immer —, gesagt wird: Um Gottes willen, nachdem wir uns auf eine gewisse Öffnung dem Westen gegenüber eingelassen haben, enttäuscht nicht die europäischen Hoffnungen der osteuropäischen Völker, indem ihr in der Krise den Laden dichtmacht, was ja eine Aufforderung ist, zur Selbstisolierung und Autarkie zurückzukehren!

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen sehe ich — in Übereinstimmung mit dem hiesigen amerikanischen Botschafter in der Bewertung der Sache — die amerikanische Politik aus folgendem Grund nicht ein: Die Weltwirtschaftskrise, die auf beide Seiten wirkt — denen drüben geht es j a nicht besser als uns —, hat sowieso zu einem erheblichen Rückgang — mit Ausnahme des innerdeutschen Handels, aus naheliegenden Gründen, aber aus gleichen Ursachen — des Außenhandels geführt. 1981 kamen 2,9 % unserer Importe aus der Sowjetunion — 2,9 %, und da wird von „Abhängigkeit" geredet! —, und 2,2 % unserer Exporte gingen dorthin. Das zeigt übrigens: 1981 ist gegenüber der Sowjetunion, aber auch gegenüber vielen anderen Ostblockländern unsere Handelsbilanz negativ geworden, weil die ihrerseits ihre Importe aus Mangel an harter Währung beschränken. Das läuft also ohnehin in diese Richtung, was soll da der ideologische Streit?
    Wir müssen über COCOM reden. Ich halte COCOM und dessen Einhaltung für ein wichtiges Thema. Wir sollten auch bei dem bleiben, was in der Versailler Erklärung gesagt worden ist, nämlich: Kredite nur zu vernünftigen Bedingungen. Wir haben ja nicht Zinsen subventioniert. Auf die Hermes-Bürgschaften wollen sie genausowenig verzichten wie wir. Da sind wir einverstanden. Aber im übrigen muß nun bald mit den Sanktionen Schluß sein. Ich verstehe, daß das schwierig ist für die amerikanische Seite, nachdem sie das gemacht hat. Ich bin auch bereit, alles zu tun, zu helfen, davon wegzukommen. Aber ich muß den amerikanischen Freunden ganz ehrlich sagen: es ist sehr schwer, davon wegzukommen, wenn gleichzeitig die Ordres an französische, italienische, englische und deutsche Firmen ergehen — deutsche noch nicht, kommt wohl noch — und wir Gegenordres geben müssen. Das bleibt doch nicht ohne Einfluß auf die Öffentlichkeit! Das muß man sich auch überlegen. Aber wir sollten sicher alles tun, nicht von unserer Seite noch Prestigehürden aufzubauen, wie man die Sache aus der Welt bringt.
    Damit komme ich zu Fragen, die der Kollege Weizsäcker, aber auch der Kollege Genscher angesprochen hat. Ich glaube, daß man auch auf dem Gebiet der Rüstung und der Abrüstung in kritischer Freundschaft sagen muß — wir werden j a auch kritisiert für manches —, daß manches Hin und Her in Washington der Allianz nicht dienlich war. Es ist auch kein Vorwurf, aber eine Tatsache: der Außenministerwechsel kostet uns noch einmal ein halbes Jahr Zeit, zumal der Außenminister nun — glücklicherweise mit Erfolg, und wir wünschen, daß das so bleibt — sich zunächst einmal vor allen Dingen der Nahostfragen annehmen mußte. Es kann auch nicht bestritten werden, daß manche Äußerungen aus Washington, besonders aus dem Pentagon, nicht geeignet sind, der Allianz zu nützen, sondern eher, die öffentliche Meinung in Westeuropa durcheinanderzubringen. Wenn man z. B. wie Herr Weinstein das neulich in der FAZ getan hat, wegen der sehr schlechten Präsentierung der military guidance Kritik übt, dann können wir das wohl genauso klar sagen. Solche unüberlegten amerikanischen Sprüche nagen mehr am europäischen Vertrauen zu Amerika als die ganze sowjetische Propaganda, die so gut gar nicht ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Es gilt, Herr Kollege Genscher, Handlungsfähigkeit zu erhalten, um die gemeinsame und von Ihnen als Außenminister entscheidend mitgeformte Politik fortzusetzen, eine Politik, die wir auch nach Afghanistan und Polen durchgehalten haben und weiter durchhalten müssen, obwohl ich keinen Zweifel habe, daß Afghanistan und Polen jahrelang noch in krisenähnlichen Zuständen sein werden. Für beides gibt es keine schnellen Lösungen.
    Schließlich darf ich auf die INF-Verhandlungen kommen, weil der Kollege Barzel mir einen diesbezüglichen Zuruf gemacht hat und der Kollege Mertes und Kollege Zimmermann das auch angesprochen haben. Ich bitte herzlich — Opposition eingeschlossen —, uns hier nicht auseinanderzureden.



    Dr. Ehmke
    Wir sind dorthin gegangen nach Beratung, und die Amerikaner haben mit unserer vollen Zustimmung die Null-Lösung vorgeschlagen. Das ist die beste Lösung, die wir kriegen können; die wollen wir kriegen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Null zu Null!)

    — Das ist klar. Keine verbalen Tricks! Was ist die Situation? Wir haben die Null-Lösung vorgeschlagen, die Sowjets haben ihre Lösung vorgeschlagen und haben sie bis jetzt in zwei Punkten ergänzt. Einmal haben sie selbst korrigiert, daß wir natürlich nicht nur über SS 20 westlich des Urals reden können, sondern — insofern sind sie unserer Forderung nachgekommen — über alle SS 20, die Westeuropa erreichen können.
    Das zweite ist, sie haben sich bereit erklärt, auch über Raketen geringerer Reichweite zu verhandeln. Ich muß sagen, daß dies zwar begrüßenswert ist, nach meiner festen Überzeugung aber vor dem Hintergrund der Tatsache gesehen werden muß, daß die Sowjetarmee die SS 21, 22 und 23 in ihre Verbände einführt. Das heißt, hier kriegen wir, wie vorausgesagt, ein zusätzliches Problem, und das Verhandlungsangebot der Sowjets — das meines Erachtens aber nicht ausreicht — will das jedenfalls einbeziehen.
    Jetzt geht es um folgende Frage, Herr Kollege Genscher. Sie haben da niemanden beim Namen genannt; aber ich beziehe das einmal auf mich, damit ich eine Antwort geben kann. Ich habe der sowjetischen Seite nach vielen, vielen Stunden zum Teil auch technischer Diskussionen gesagt: Ihre Position, wie sie jetzt steht, ist so einseitig, daß auf dieser Position für den Westen kein Abschluß möglich ist. Zweitens habe ich auf die Frage, was passiert, wenn alles so bleibt, gesagt: Wenn alles so bleibt, wie es ist, werden die europäischen NATO-Länder nach meinem Urteil mit der Stationierung amerikanischer Waffensysteme beginnen. Da kommt es nicht auf ein halbes Jahr an. Man sollte sich nicht dadurch irritieren lassen, daß das vielleicht ein bißchen länger dauert.
    Ich komme zum entscheidenden Punkt: Ich sehe jetzt — und da wäre ich für eine Stellungnahme dankbar —, daß von der CDU/CSU unter Inanspruchnahme des Bundesaußenministers in einem Papier, das der Kollege Wörner vorgelegt hat, aber auch in Presseerklärungen gesagt wird, daß die CDU/CSU der Meinung sei, die westliche Position in Genf sei: Null-Lösung oder gar nichts. Das wäre eine völlig neue Situation. Denn wir haben gesagt: Wir werden da verhandeln. Jede Seite weiß, daß sie da nicht ihre Ideallösung bekommt. Und es ist klar: Wenn wir die Sowjets von ihrer einseitigen Position wegbewegen wollen, dann müssen wir uns überlegen, wie das möglich ist. Sonst verharren beide Großmächte in ihren Ausgangspositionen. Das wären keine Verhandlungen, wie sie im Doppelbeschluß stehen. Ich hoffe, wir sind darüber einig, um so mehr, als darüber nicht nur in Bonn auf unserem sicherheitspolitischen Seminar mit den Amerikanern gesprochen worden ist, sondern auch der
    Kanzler mit dem amerikanischen Außenminister darüber gesprochen hat.


Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Bitte schön.