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ID0910827100

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    Plenarprotokoll 9/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 6553 A Begrüßung des Präsidenten des Unterhauses der Republik Indien und einer Delegation beider Häuser des indischen Parlaments 6559 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Weltwirtschaftsgipfel, zum Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland, zum NATO-Gipfel sowie zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 6570 C Dr. Kohl CDU/CSU 6577 C Brandt SPD 6587 A Ronneburger FDP 6595 A Dr. Dregger CDU/CSU 6599 D Dr. Ehmke SPD 6603 D Genscher, Bundesminister AA 6609 C Graf Stauffenberg CDU/CSU 6615 D Bahr SPD 6620 A Schäfer (Mainz) FDP 6622 D Dr. Wörner CDU/CSU 6625 D Hansen fraktionslos 6629 C Dr. Barzel CDU/CSU 6632 B Voigt (Frankfurt) SPD 6638 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 6640 D Dr. Haussmann FDP 6644 B Pfeffermann CDU/CSU 6646 C Esters SPD 6647 A Frau Schuchardt FDP 6647 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1982 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1982) — Drucksache 9/1576 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 9/1752, 9/1773 — Dr. Warnke CDU/CSU 6648 C Dr. Mitzscherling SPD 6650 B Beckmann FDP 6652 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland — Drucksache 9/1572 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1777 — 6655 B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 9/1640 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1780 —Wartenberg (Berlin) SPD 6655 C Fragestunde — Drucksachen 9/1757 vom 18. Juni 1982 und 9/1783 vom 23. Juni 1982 — Humanitäre Hilfe im Libanon DringlAnfr 1 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD DringlAnfr 2 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 6553 B, C, D, 6554 A, B, C, D, 6555 A, B, C,D ZusFr Frau Renger SPD 6553 C, D, 6554D, 6555A ZusFr Köster CDU/CSU 6553D, 6555 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 6554A, 6555D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6554B, 6555 B ZusFr Gansel SPD 6554 B, 6555 C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 6554C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6555A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6555 B Aussagen von Gerichten über Tierquälerei durch Käfighaltung MdlAnfr 65 18.06.82 Drs 09/1757 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 6556 A, C, D, 6557A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6556C,D ZusFr Oostergetelo SPD 6556 D ZusFr Conradi SPD 6557 A Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgung von Kurden und christlichen Minderheiten in der Türkei MdlAnfr 12, 13 18.06.82 Drs 09/1757 Thüsing SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . 6557 B, 6558D, 6559 A, B, C, D, 6560 B, C, D, 6561 A, B, C ZusFr Thüsing SPD 6558C, D, 6561 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6559 A ZusFr Waltemathe SPD 6559 A ZusFr Gansel SPD 6559 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6559 C ZusFr Duve SPD 6559 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6560 A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6560 B ZusFr Conradi SPD 6560 C ZusFr Dr. Ehmke SPD 6560 D Lage der Kurden in der Türkei; Einstellung der Wirtschafts- und Militärhilfe angesichts der Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten MdlAnfr 14, 15 18.06.82 Drs 09/1757 Gansel SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6561C, D, 6562 A, B, C, D ZusFr Gansel SPD 6561 C, D, 6562 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6562 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6562 B ZusFr Thüsing SPD 6562 D Entsendung einer internationalen Kommission zur Beobachtung der politischen Massenprozesse in der Türkei MdlAnfr 16, 17 18.06.82 Drs 09/1757 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . 6562D, 6563A,B ZusFr Oostergetelo SPD 6563 A, B, C Menschenrechtssituation in der Türkei; Vorlage des Berichts der Bundesregierung MdlAnfr 18, 19 18.06.82 Drs 09/1757 Waltemathe SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6563C,D, 6564 A, C, D, 6565 A, C, D, 6566 A, B, C ZusFr Waltemathe SPD . . . . 6563C,D, 6565 C ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU . . 6564A, 6565D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6564 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6564C, 6565D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6564 C ZusFr Dr. Barzel CDU/CSU 6564 D ZusFr Haase (Fürth) SPD 6566A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . 6566A ZusFr Conradi SPD 6566 B ZusFr Dr. Stercken CDU/CSU 6566 B Hungerstreik in der Bundesrepublik Deutschland wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden MdlAnfr 20, 21 18.06.82 Drs 09/1757 Neumann (Bramsche) SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6566D, 6567 A, B, C ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6566 D ZusFr Frau Schuchardt FDP 6567 B ZusFr Thüsing SPD 6567 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 III Hungerstreiks in Westeuropa wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Entsendung einer Delegation der UNO- Menschenrechtskommission in die Türkei MdlAnfr 22, 23 18.06.82 Drs 09/1757 Duve SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6567D, 6568A, B, C ZusFr Duve SPD 6567D, 6568A, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6568 A Nutzung des NATO-Treffens am 10. Juni 1982 zur Einhaltung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei MdlAnfr 24 18.06.82 Drs 09/1757 Frau Schuchardt FDP Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6568 C, D, 6569 A, B, C, D, 6570A,B ZusFr Frau Schuchardt FDP . . . 6568D, 6569A ZusFr Thüsing SPD 6569 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6569 B ZusFr Schwarz CDU/CSU . . . . 6569D, 6570 A ZusFr Lattmann CDU/CSU 6570 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 6570 B Nächste Sitzung 6656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6657*A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* A Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6553 108. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1982 Beginn: 8.01 Uhr
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    *) Anlagen 2 und 3 Berichtigung 107. Sitzung, Seite 6540 C drittletzte Zeile: Statt „Mindestalkoholbedarf" ist „Mindestalkoholgehalt" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6657* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 25. 6. Bahner (Berlin) 25. 6. Frau Geiger 25. 6. Hauck 25. 6. Dr. Müller ** 25. 6. Frau Dr. Neumeister 25. 6. Dr. Riedl (München) 25. 6. Schmidt (Wattenscheid) 24. 6. Schmöle 25. 6. Schröder (Hannover) 25. 6. Schröer (Mülheim) 24. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin gebe ich — zugleich im Namen des Kollegen Coppik — folgende Erklärung ab: Anlagen zum Stenographischen Bericht Zigtausende Berliner Mieter haben in den vergangenen Monaten mit ihrer Unterschrift den Erhalt der Mietpreisbindung ohne wenn und aber gefordert. Sie haben damit in eindrucksvoller Weise ihr Recht auf eine bezahlbare und ordentlich instandgesetzte Wohnung eingefordert. Das vorliegende Gesetz wird dieser Forderung nicht gerecht. Es programmiert Mieterhöhungen, die sich im Einzelfall auf über 10 % im Jahr kummulieren können. Es verschlechtert die Rechtsposition der Mieter und verschlimmert weiter die katastrophale Wohnraumsituation in vielen Teilen Berlins. Demokratische Sozialisten lehnen das Gesetz in dieser Form ab. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und preisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin kann ich nicht zustimmen. Bereits bei der letzten Verlängerung der Berliner Mietpreisbindung wurde vom Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau von allen Fraktionen, also CDU/CSU, SPD und FDP, beschlossen, daß dies die letzte Verlängerung sei und künftig das Berliner Mietrecht dem im Bundesgebiet geltenden Mietrecht angeglichen werden solle. Ich halte mich an diesen Beschluß gebunden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Wir stehen zu der jetzigen Strategie. Sie ist jetzt gültig, Herr Kollege Mertes. Aber wenn man etwas verändern und überprüfen will, kann man in einer Demokratie nicht darauf verzichten, das auch öffentlich zu tun. Wenn man einen öffentlichen Konsens über Strategien herstellen will, muß man das auch tun, indem man sich mit den Argumenten pro und contra auseinandersetzt. Indem Sie jetzt wieder den Verdacht aussprechen, daß man dort etwas unterminiert, fahren Sie genau auf dieser Schiene, die ich eben angeprangert habe.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich frage mich wirklich, ob nicht eine atomwaffenfreie Zone unmittelbar an der Grenze, gefechtsfeldwaffenfrei, nicht auch militärisch eine gewisse Logik hat, weil wir doch in der ersten Phase gar nicht daran interessiert sind und weil es eigentlich gar nicht glaubwürdig ist, nukleare Gefechtsfeldwaffen einzusetzen. Diese müßten sehr früh eingesetzt werden. Damit würde der Krieg sehr schnell zu einem Nuklearkrieg eskalieren. Das kann weder unser Vorhaben sein, noch kann dies glaubwürdig sein.
    Deshalb sollte man sich ernsthaft damit auseinandersetzen. Ich sehe durchaus die Bedenken. Ich bin gegebenenfalls sehr wohl für eine Umrüstung. Herr Wörner hat das vor kurzem in einem Privatgespräch richtig zur Kenntnis genommen, daß ich dann, wenn es darum geht, aus solchen Gründen zu einer konventionellen Aufrüstung zu schreiten, d. h. indirekt mit der Kritik an atomaren Waffen zu beginnen und bei einer realen Steigerung von 3 bis 4 %, entsprechend der Aussage von Weinberger, als Konsequenz zu enden, skeptisch und ablehnend bin. Ich sage das ganz offen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ich möchte nicht eine nuklearwaffenkritische Diskussion damit instrumentalisiert sehen, daß man aus diesem Grund bei einer Steigerung des Verteidigungshaushalts landet. Ich glaube übrigens, daß dies auch innenpolitisch nicht durchsetzbar wäre. Wenn man die Schwierigkeiten sieht, die wir zur Zeit mit dem Haushalt haben, muß man sagen, daß dies auch nicht verantwortbar wäre.
    Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dr. Barzel hat danach gefragt, was mit den Deutschen los ist. Es ist was mit ihnen los. Es ist dieses los, daß sich zur gleichen Zeit, da in manchen westlichen Fernsehanstalten noch Filme gezeigt werden, in denen Deutsche militaristisch sind oder in denen Leute mit deutschem Akzent meistens grausam sind, diese Deutschen verändern. Die Friedensbewegung ist eine Realität, über die in der westlichen Öffentlichkeit diskutiert wird, während in den Fernsehanstalten noch ein anderes Bild von den Deutschen gezeigt wird.
    Dies ist eine Veränderung zum Positiven. Deutsche haben meiner Meinung nach — das ist meine Hoffnung — aus ihrer Geschichte gelernt; hoffentlich nicht, indem sie geschichtslos geworden sind. Sie haben daraus gelernt — das hoffe ich; ich sage das als Hoffnung —, daß sie versuchen, eine neue Identität zu gewinnen. Diese neue Identität ist nicht eine Identität gegen das NATO-Bündnis, sie ist nicht eine Identität gegen Europa, sondern sie ist eine Identität, indem sie nach Wegen suchen, mit möglichst wenig Waffen zum Frieden beizutragen.
    Es ist eine Identität, bei der sie versuchen, sich mit ihren Nachbarn zu versöhnen und zu verständigen. Es ist eine Identität, bei der sie im eigenen Land versuchen, die Demokratie zu stabilisieren, bei der sie manchmal in anderen Ländern mit ein bißchen elitärem und selbstgerechtem Habitus für Demokratie eintreten. Es ist eine Identität, die uns vielleicht Schwierigkeiten macht, die mir aber, wenn sie, wie gesagt, nicht mit zuviel Hochmut, zuviel Selbstgerechtigkeit verbunden ist, wenn sie nicht mit Geschichtslosigkeit verbunden ist, auch Hoffnung macht.
    Über diese neue Identität diskutieren die Leute draußen, über sie diskutieren auch wir hier. Aber wir sollten sie nicht als Zerfall von etwas Altem ansehen, sondern in diesem Fall ist der Zerfall der alten Identität der Deutschen eine Hoffnung für unsere zukünftige Identität.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mertes.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alois Mertes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Kollegen Karsten Voigt, mit dem ich in allen möglichen Kreisen und Gremien in Ruhe und Sachlichkeit dis-



    Dr. Mertes (Gerolstein)

    kutiere, eben nicht mehr wiedererkannt. Heute hat hier der reine Polemiker gestanden, der uns in die schwarze, in die böse Ecke stellen wollte. Das paßt nicht zu Ihnen, Herr Kollege Voigt. Schade!

    (Dr. Ehmke [SPD]: Das war doch sehr gut! — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, da ich nur einige Bemerkungen machen möchte, fasse ich mich ganz kurz. Zunächst ein Punkt, der mir am Herzen liegt. Der Kollege Brandt hat heute morgen zu Recht darauf hingewiesen, daß man Zypern nicht vergessen dürfe. Da ich dort einmal Vertreter der Bundesrepublik Deutschland gewesen bin, liegt mir dieses Anliegen auch persönlich am Herzen. Wir haben von unserer Fraktion aus einen Antrag für Zypern gestellt, nämlich: die Bundesregierung möge Bemühungen unterstützen, die humanitären Probleme aus der Gesamtlösung dieses schwierigen Problems herauszunehmen. Seit 1974 wird darauf gewartet. Wir wollen die Rückkehr von 50 000 Menschen in die Stadt Famagusta. Wir wollen eine Besuchsmöglichkeit zwischen beiden Teilen der Insel.
    Nun zu dem, was uns heute so beschäftigt hat. Ich finde, die Situation ist gekennzeichnet durch Doppeldeutigkeit, durch doppelte Sprache und durch doppelte Zunge im Lager der Regierung, im Lager der Koalition.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was meine ich damit? Wenn man mit dem Bundeskanzler im kleinen Kreise zusammensitzt, auch mit Ausländern, dann sagt er: Es ist nicht die CDU/CSU, über die ich mich in der Sicherheits- und Außenpolitik beschweren kann; sie ist sehr kooperativ, sagt er dann. Tritt er aber vor den Deutschen Bundestag oder vor Wahlversammlungen, dann stellt er uns als diejenigen hin, die zerstörerisch in die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik hineinwirken.
    Der Bundesaußenminister sollte einmal diejenigen Themen der deutschen Sicherheits- und Abrüstungspolitik aufstellen, bei denen er seit vielen Jahren uneingeschränkt, ohne Wenn und Aber, die Unterstützung der CDU/CSU hat; nicht weil wir an einen Fetisch des Konsensus glauben, sondern weil wir das aus staatspolitischer Verantwortung tun. Daneben sollte der Bundesaußenminister einmal die Liste derjenigen wesentlichen Punkte aufstellen, bei denen ihm laufend aus der SPD die Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Das ist doch die groteske Situation.
    Wenn Sie heute mit ausländischen Politikern aus dem Bündnisbereich sprechen, hören Sie: Die formulierte Politik dieser Bundesregierung, dieses Herrn Schmidt und dieses Herrn Genscher, ist okay. Aber was uns ständig Sorge macht, ist der Druck, der von innen her auf den Bundeskanzler und auch auf den Außenminister ausgeübt wird und der darauf abzielt, diese Politik in der Substanz, in dem, worauf es ankommt, zu verändern. Das ist die Schwierigkeit, vor der auch unsere Verbündeten stehen. Sie hat unsere Außenpolitik heute so unberechenbar und so unklar gemacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bitte Sie, Herr Bundesaußenminister, stellen Sie einmal die lange Liste jener Punkte auf, bei denen wir diese Kooperation seit Jahren nachweislich zeigen, bei denen Ihnen jedoch — sicherlich aus Überzeugung und nicht ohne schlechte subjektive Gründe — von der SPD Schwierigkeiten gemacht werden. Es ist doch eine absurde Situation, daß in den entscheidenden Fragen der deutschen Außenpolitik die stärkste Regierungspartei ständig die substantielle Opposition gegen die Regierung ist. Das ist eine Perversion auch des Gedankens der Koalition. Das ist eine groteske Situation. Alle unsere Verbündeten empfinden das so.
    Das zweite: Der Bundeskanzler weicht, weil dem so ist, dann in die Vergangenheit aus. Dazu hat der Kollege Barzel eben das Notwendige gesagt. Ich halte es für eines Demokraten absolut unwürdig, anders als wie folgt zu sprechen — so habe ich es immer gesagt —: Die SPD hat ihre Sicht der nationalen Interessen, ihre Sicht der Friedenssicherung in den 50er Jahren ins Feld geführt, um seriös nach bestem Wissen und Gewissen gegen die Westverträge zu argumentieren und zu kämpfen. Nachdem das vorbei war, hat sie nicht aus Reue, sondern aus Realismus sich auf den Boden der Tatsachen gestellt und mit diesen Verträgen bis heute Politik gemacht. Das war ein normaler demokratischer Vorgang. Ich bekunde heute noch meinen Respekt vor Männern wie Kurt Schumacher und Carlo Schmid, nach deren Namen heute die Straßen um den Bundestag herum benannt sind, weil sie damals diese Positionen als Opposition artikuliert und sich hinterher als Demokraten auf die rechtens zustande gekommenen Verträge berufen haben.
    Das nehmen wir auch für die FDP in Anspruch, die — wenigstens zum größten Teil — 1957 gegen den Beitritt in die Europäischen Gemeinschaften war.
    Und das nehmen wir für uns in Anspruch. Wenn wir in den 70er Jahren nicht unsere Sicht der Friedenssicherung und unsere Sicht der Interessen des deutschen Volkes artikuliert hätten, wären die Argumente in die falschen Hände geraten, nämlich in undemokratische Hände. Es ist ein Verdienst der CDU/ CSU, daß sie die Fragen der Sicherung der Freiheit und der Sicherung der Interessen unserer Nation sowie die realistische Sicht des Friedens in diesem Hause so deutlich artikuliert hat.
    Nachdem aber diese Verträge geschlossen waren, haben wir gesagt: pacta sunt servanda, sie sind einzuhalten, sie sind politisch zu nutzen. Nur — lieber Herr Kollege Löffler, Sie sagen ja auch, wir hätten uns mit diesen Verträgen innerlich noch nicht abgefunden —, diese Verträge sind leider doppeldeutig. Es gibt einen Witz von Radio Eriwan, der lautet: Trifft es zu, daß die Schlußakte von Helsinki dem Frieden dient? Im Prinzip j a, heißt die Antwort, aber der Kampf um die richtige Auslegung in Belgrad und Madrid wird Formen annehmen, daß kein Stein mehr auf dem anderen bleibt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich hoffe, daß es nicht so sein wird. Aber das ist doch
    das Problem mit diesen Verträgen, daß sie doppel-



    Dr. Mertes (Gerolstein)

    deutig sind, daß die Sowjetunion unter Entspannung — —

    (Löffler [SPD]: Sie waren doch Diplomat! Sie wissen doch, was doppeldeutig bedeutet! Wo gibt es denn da etwas Klares!)

    — Entschuldigen Sie bitte: Adenauer hat immer gesagt: eindeutige Vertragstreue und deshalb eindeutige Vertragsinhalte. Dieses Prinzip haben Herr Brandt und Herr Bahr über Bord geworfen. Sie haben den Aberglauben an die verwandelnde Kraft von Formelkompromissen und müßten heute erkennen, daß die Sowjetunion unter Entspannung, unter den Verträgen, unter der Schlußakte etwas vollkommen anderes versteht als der Westen.

    (Löffler [SPD]: Das ist Geschichte, verehrter Herr Mertes!)

    — Nein! Das ist höchst aktuell. Weshalb denn dieser ständige Interpretationskampf in Belgrad und jetzt in Madrid?
    Deshalb treten wir für folgende Position ein — hören Sie bitte zu, Herr Kollege Löffler —: wir vertreten die Position, die die Bundesregierung als die verbindliche Auslegung des Westens und der Bundesregierung hinstellt. Aber da müssen wir sie natürlich beim Worte nehmen. Wir müssen doch als Opposition an das erinnern, was uns zugesagt worden ist. Herr Brandt und auch Herr Scheel haben von diesem Pult aus gesagt: Der Gewaltverzicht der Sowjetunion im Moskauer Vertrag wird den Frieden sicherer machen, der Moskauer Vertrag bringt uns einen Sicherheitszuwachs. Ja, dann müßten doch die Herren Bahr und Brandt heute immer wieder sagen: Dieser Vertrag, den wir mit Mühe ausgehandelt haben, ist von der Sowjetunion gebrochen worden. Genau das tun sie nicht.
    Statt dessen setzt Herr Bahr die Taktik fort, einer klaren Position der Bundesregierung und des westlichen Bündnisses immer wieder etwas entgegenzusetzen, was objektiv gegen die Interessen des westlichen Bündnisses ist. Wenn jetzt Herr Gromyko bei den Vereinten Nationen bekannt gibt, was Breschnew gefordert hat, nämlich den Nichtersteinsatz von Kernwaffen — da sagt Herr Kollege Bahr: Das ist eine vertrauensbildende Maßnahme, eine erfreuliche Vorleistung der Sowjetunion; aber der Bundeskanzler sagt in New York das genaue Gegenteil, und der Außenminister hier noch einmal das genaue Gegenteil. Das ist doch, bildlich gesprochen, ein Dolch in den Rücken der Position der Bundesregierung in einer wichtigen Sache. Das ist doch das Problem, mit dem wir uns herumschlagen. Wir stehen aus Überzeugung in diesen Fragen als Opposition — nicht weil wir Konsens für einen Fetisch halten, sondern weil wir in diesen Grundfragen Übereinstimmung wollen — bei der Bundesregierung. Aus Ihren eigenen Reihen aber werden immer wieder namhafte Leute auftreten, die diese Politik kaputtmachen. Diese Doppelzüngigkeit ist das, was das Streben nach gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik so schwer macht. Damals wurde gesagt: „Modus vivendi", die Verträge seien ein Modus vivendi, die alle grundlegenden Fragen offen halten und nur praktische Regelungen bewirken. Mir hat neulich jemand gesagt: Wissen Sie, was ein Modus vivendi ist? Ein „Modus vivendi", das war eine Politik des „Modus wie-wenn-die" Sowjets ihre Politik geändert hätten, „wie-wenn-die"!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD und der FDP)

    Ich möchte mich noch einmal mit einem Gedanken auseinandersetzen, weil er sehr wichtig ist, den der Kollege Voigt eben hier geäußert hat. Ich möchte noch einmal sagen: es gibt trotz der kollateralen Kausalitäten letzten Endes keinen in sich selbsttätigen Rüstungswettlauf. Der Rüstungswettlauf ist das Symtom eines politischen Einflußwettlaufes, den die Sowjetunion erklärtermaßen will und den sie — möglichst unter den Bedingungen des Friedens — gewinnen will. Schon Clausewitz hat gesagt: Der Eroberer kommt am liebsten im Frieden in unser Land. Ich werde nicht vergessen, daß der Kollege Bahr meiner zweimaligen Frage heute hier ausgewichen ist, nämlich meiner Frage: Sind wir nicht — neben dem allgemeinen Risiko des Krieges — auch bedroht durch die politischen Zielvorstellungen der Sowjetunion, die diesseits des Risikos eines nuklearen Krieges ihren Einflußbereich ausdehnen will, die uns hier gefügig machen will, um dann politische Kontrolle über Westeuropa auszuüben? Die Sowjets wollen nicht Krieg, wollen nicht Selbstzerstörung — —