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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 6553 A Begrüßung des Präsidenten des Unterhauses der Republik Indien und einer Delegation beider Häuser des indischen Parlaments 6559 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Weltwirtschaftsgipfel, zum Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland, zum NATO-Gipfel sowie zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 6570 C Dr. Kohl CDU/CSU 6577 C Brandt SPD 6587 A Ronneburger FDP 6595 A Dr. Dregger CDU/CSU 6599 D Dr. Ehmke SPD 6603 D Genscher, Bundesminister AA 6609 C Graf Stauffenberg CDU/CSU 6615 D Bahr SPD 6620 A Schäfer (Mainz) FDP 6622 D Dr. Wörner CDU/CSU 6625 D Hansen fraktionslos 6629 C Dr. Barzel CDU/CSU 6632 B Voigt (Frankfurt) SPD 6638 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 6640 D Dr. Haussmann FDP 6644 B Pfeffermann CDU/CSU 6646 C Esters SPD 6647 A Frau Schuchardt FDP 6647 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1982 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1982) — Drucksache 9/1576 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 9/1752, 9/1773 — Dr. Warnke CDU/CSU 6648 C Dr. Mitzscherling SPD 6650 B Beckmann FDP 6652 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland — Drucksache 9/1572 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1777 — 6655 B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 9/1640 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1780 —Wartenberg (Berlin) SPD 6655 C Fragestunde — Drucksachen 9/1757 vom 18. Juni 1982 und 9/1783 vom 23. Juni 1982 — Humanitäre Hilfe im Libanon DringlAnfr 1 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD DringlAnfr 2 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 6553 B, C, D, 6554 A, B, C, D, 6555 A, B, C,D ZusFr Frau Renger SPD 6553 C, D, 6554D, 6555A ZusFr Köster CDU/CSU 6553D, 6555 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 6554A, 6555D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6554B, 6555 B ZusFr Gansel SPD 6554 B, 6555 C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 6554C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6555A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6555 B Aussagen von Gerichten über Tierquälerei durch Käfighaltung MdlAnfr 65 18.06.82 Drs 09/1757 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 6556 A, C, D, 6557A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6556C,D ZusFr Oostergetelo SPD 6556 D ZusFr Conradi SPD 6557 A Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgung von Kurden und christlichen Minderheiten in der Türkei MdlAnfr 12, 13 18.06.82 Drs 09/1757 Thüsing SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . 6557 B, 6558D, 6559 A, B, C, D, 6560 B, C, D, 6561 A, B, C ZusFr Thüsing SPD 6558C, D, 6561 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6559 A ZusFr Waltemathe SPD 6559 A ZusFr Gansel SPD 6559 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6559 C ZusFr Duve SPD 6559 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6560 A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6560 B ZusFr Conradi SPD 6560 C ZusFr Dr. Ehmke SPD 6560 D Lage der Kurden in der Türkei; Einstellung der Wirtschafts- und Militärhilfe angesichts der Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten MdlAnfr 14, 15 18.06.82 Drs 09/1757 Gansel SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6561C, D, 6562 A, B, C, D ZusFr Gansel SPD 6561 C, D, 6562 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6562 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6562 B ZusFr Thüsing SPD 6562 D Entsendung einer internationalen Kommission zur Beobachtung der politischen Massenprozesse in der Türkei MdlAnfr 16, 17 18.06.82 Drs 09/1757 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . 6562D, 6563A,B ZusFr Oostergetelo SPD 6563 A, B, C Menschenrechtssituation in der Türkei; Vorlage des Berichts der Bundesregierung MdlAnfr 18, 19 18.06.82 Drs 09/1757 Waltemathe SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6563C,D, 6564 A, C, D, 6565 A, C, D, 6566 A, B, C ZusFr Waltemathe SPD . . . . 6563C,D, 6565 C ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU . . 6564A, 6565D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6564 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6564C, 6565D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6564 C ZusFr Dr. Barzel CDU/CSU 6564 D ZusFr Haase (Fürth) SPD 6566A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . 6566A ZusFr Conradi SPD 6566 B ZusFr Dr. Stercken CDU/CSU 6566 B Hungerstreik in der Bundesrepublik Deutschland wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden MdlAnfr 20, 21 18.06.82 Drs 09/1757 Neumann (Bramsche) SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6566D, 6567 A, B, C ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6566 D ZusFr Frau Schuchardt FDP 6567 B ZusFr Thüsing SPD 6567 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 III Hungerstreiks in Westeuropa wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Entsendung einer Delegation der UNO- Menschenrechtskommission in die Türkei MdlAnfr 22, 23 18.06.82 Drs 09/1757 Duve SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6567D, 6568A, B, C ZusFr Duve SPD 6567D, 6568A, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6568 A Nutzung des NATO-Treffens am 10. Juni 1982 zur Einhaltung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei MdlAnfr 24 18.06.82 Drs 09/1757 Frau Schuchardt FDP Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6568 C, D, 6569 A, B, C, D, 6570A,B ZusFr Frau Schuchardt FDP . . . 6568D, 6569A ZusFr Thüsing SPD 6569 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6569 B ZusFr Schwarz CDU/CSU . . . . 6569D, 6570 A ZusFr Lattmann CDU/CSU 6570 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 6570 B Nächste Sitzung 6656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6657*A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* A Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6553 108. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1982 Beginn: 8.01 Uhr
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    *) Anlagen 2 und 3 Berichtigung 107. Sitzung, Seite 6540 C drittletzte Zeile: Statt „Mindestalkoholbedarf" ist „Mindestalkoholgehalt" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6657* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 25. 6. Bahner (Berlin) 25. 6. Frau Geiger 25. 6. Hauck 25. 6. Dr. Müller ** 25. 6. Frau Dr. Neumeister 25. 6. Dr. Riedl (München) 25. 6. Schmidt (Wattenscheid) 24. 6. Schmöle 25. 6. Schröder (Hannover) 25. 6. Schröer (Mülheim) 24. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin gebe ich — zugleich im Namen des Kollegen Coppik — folgende Erklärung ab: Anlagen zum Stenographischen Bericht Zigtausende Berliner Mieter haben in den vergangenen Monaten mit ihrer Unterschrift den Erhalt der Mietpreisbindung ohne wenn und aber gefordert. Sie haben damit in eindrucksvoller Weise ihr Recht auf eine bezahlbare und ordentlich instandgesetzte Wohnung eingefordert. Das vorliegende Gesetz wird dieser Forderung nicht gerecht. Es programmiert Mieterhöhungen, die sich im Einzelfall auf über 10 % im Jahr kummulieren können. Es verschlechtert die Rechtsposition der Mieter und verschlimmert weiter die katastrophale Wohnraumsituation in vielen Teilen Berlins. Demokratische Sozialisten lehnen das Gesetz in dieser Form ab. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und preisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin kann ich nicht zustimmen. Bereits bei der letzten Verlängerung der Berliner Mietpreisbindung wurde vom Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau von allen Fraktionen, also CDU/CSU, SPD und FDP, beschlossen, daß dies die letzte Verlängerung sei und künftig das Berliner Mietrecht dem im Bundesgebiet geltenden Mietrecht angeglichen werden solle. Ich halte mich an diesen Beschluß gebunden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Entschuldigen Sie, ich hatte Sie so links außen heute nicht eingeordnet.

    (Heiterkeit)



Rede von Dr. Horst Ehmke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich darf zwei Fragen stellen. Die eine: Ist Ihnen bekannt, daß das mit dem Sofort-auf600-Gehen relativ gegenstandslos ist, weil über diese Summe hinaus der Swing durchschnittlich gar nicht in Anspruch genommen worden ist?
Zweitens. Herr Kollege Barzel, selbst unter Berücksichtigung der sicher vorhandenen Enttäuschung im deutsch-deutschen Verhältnis, sind Sie wirklich der Meinung, wenn Sie auf Ihre eigenen Erfolge, als Sie über dieses Ressort verfügt haben, zurücksehen, daß es so schlecht ist, was in Zeiten der sozialliberalen Koalition im deutsch-deutschen Verhältnis erreicht worden ist?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Ehmke, ich bin nicht rechthaberisch genug, über meine eigene Amtszeit zu votieren. Das machen andere, und da brauche ich mich nicht zu verstecken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was die Bundesbank und die 600 Millionen betrifft, so frage ich zurück, Herr Kollege Ehmke: Warum hat eigentlich die Bundesbank, als sie Ihnen diese merkwürdige Überweisung aus dem Bankgewinn zum Ausgleich des Haushalts machte, 731 Millionen Komma sowieso abgezogen? Das war nämlich dieser Betrag, den sie für ungewiß und politisch strittig hielt. Das ist etwas über 600. Das sind die Fakten, Kollege Ehmke. Ich denke, wir kennen uns beide in den Fakten aus, wenn wir dazu sprechen.
    Ich möchte gerne noch etwas in die Debatte einführen. Wenn wir das schon offensichtlich so mit Erfolg erörtern, dann muß man das ja fortsetzen. Das mit der Erhöhung des Zwangsumtausches durch die DDR haben wir schon einmal gehabt. Damals ist es der Regierung gelungen, das zum Teil zu reparieren. Nachdem das gelungen war, hatten wir einen markigen Kanzler; es war schon der gegenwärtige. Der kam hierher und sagte am 30. Januar 1975 laut Protokoll:
    daß wir im Wiederholungsfall bei etwaigen einseitigen Maßnahmen der DDR, die gegen Geist oder Buchstaben getroffener Übereinkünfte verstoßen, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen könnten, auch nicht nach einer etwaigen Reparatur. Unsere Sorge ist dabei nicht nur, wie die DDR als unser Vertragspartner eingeschätzt werden muß, sondern unsere Sorge gilt auch dem Fortgang der Entspannung in Europa.
    Es geht dann lang weiter; kurz zusammengefaßt: dies sei nur möglich, wenn die DDR ein verläßlicher Vertragspartner sei.
    Nun haben Sie es zum zweitenmal gemacht und keine Reparatur gemacht. Die Einschätzung der DDR als Vertragspartner ist offenkundig. Und was macht die Regierung?

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Sie geht zur Tagesordnung über!)

    — Sie geht zur Tagesordnung über. Warum, meine Damen und Herren? Hier muß einmal Aufklärung gegeben werden, genau wie bei den Statistiken. Warum?
    Wir haben heute aus dem Mund des Kollegen Brandt gehört, wie gefährlich die Stationierung von Waffen sei. Ich habe das auch nicht gern. Aber Herr Wörner hat doch recht, nicht die Waffen sind gefährlich, sondern die Politik, die sie zum Auslösen bringen könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was ist denn mit der Bundesregierung los? Die evangelische Kirche in der DDR findet den Mut und die Zivilcourage, überall vor dem zu warnen und zu mahnen, was sie die „Militarisierung des öffentlichen Lebens" drüben nennt. Das ist eine Gefahr. Wenn man Friedenspolitik betreibt, kann man die Realität in der DDR doch nicht ausklammern. Dann muß man davon sprechen. Dann muß man junge Menschen nicht nur so aufnehmen, wie das hier in einigen Reden — ich habe gar nichts dagegen — geschehen ist, sondern man muß eben auch dieser jungen Menschen wegen von der Realität drüben sprechen, von der Gefahr, von dem Gewissensdruck in der Frage der Jugendweihe und all diesen Dingen. Meine Damen und Herren, die wissen doch selbst, warum sie das machen. Das sind doch verantwortliche Leute, die Kirchenmänner drüben. Die würden das doch nicht öffentlich sagen, wenn das irgend etwas stört.
    Die Bundesregierung spricht im Zusammenhang von Außenpolitik gerne von Mäßigung, von Gleichgewicht und Ausgewogenheit. Trotzdem ist der Eindruck entstanden, daß man draußen fragte: Was ist mit den Deutschen los? Wo stehen die noch? — Ich bin dem einmal nachgegangen; ich habe j a die Möglichkeiten dazu. Da gibt es eine ganze Liste. Kein einzelner der Punkte dieser Liste verwirrt irgend jemanden im Westen, nur das Viele zugleich.
    Da fiel vielen Beobachtern aus manchen Himmelsrichtungen auf daß es im Oktober 1979 einen Leitantrag der SPD für ihren damaligen Parteitag gab, in dem von der „zentralen Bedeutung des Verhältnisses zur Sowjetunion" die Rede war. So „Zentrales" war nach Westen nicht zu hören.
    Da mußte der Bundeskanzler die schon abgesetzte Fernsehrede zu Weihnachten 1979 berichtigen, weil die „friedliebende Sowjetunion" nun nach Afghanistan nicht mehr bestätigt werden konnte; das fiel den Beobachtern auch auf.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Dann merkte man im Jahre 1980 kritisch an, wie wenig, ja, eigentlich wie verhalten, fast peinlich



    Dr. Barzel
    diese Koalition des 25. Jubiläums der Westverträge gedachte, die uns immerhin konkret Frieden und Freunde und Wohlfahrt und Souveränität gebracht haben, und — mit wie lauten Getöse des 10. Jahrestages des Moskauer Vertrages gedacht wurde.
    Dann: Rühmt man sich als Deutscher draußen, etwa: Wir sind doch so furchtbar solidarisch. Wir sind nicht zur Moskauer Olympiade gefahren. — Das stimmt, antwortet man, aber sind nicht vorher euer Kanzler und euer Außenminister gegen die Quarantäne des Westens nach Moskau zu spektakulären Gesprächen gefahren, die den Moskauern viel mehr wert waren als die Teilnahme einer deutschen Delegation, die vielleicht auch noch Medaillen gewonnen hätten, meine Damen und meine Herren?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann kommen die öffentlichen Erklärungen von dieser Seite des Hauses; die Behauptung, die Partei Adenauers sei nicht friedensfähig; der Kampf innerhalb der Koalition um die Nachrüstung. Das verwirrt im Westen; das verwirrt übrigens auch im Osten, denn es gab dort falsche Hoffnungen.
    Im Spätherbst 1981 kam Breschnew wieder nach Bonn; schon wieder. Meine Damen und Herren, westliche Besucher haben uns gefragt: Ist das noch Besuch, wenn der so oft kommt? — Der Kanzler sei „Dolmetscher", hieß es, und wir im Westen haben gedacht, er sei Partei und Partner. Das verwirrt doch
    — kein einzelner Schritt, aber das alles.
    Und dann gleich hinterher zum Werbellinsee, engagiert, gerade vor der Verhängung des Kriegsrechts in Polen.

    (Wehner [SPD]: Haben Sie noch eine Steigerung?)

    — Herr Kollege Wehner, dieser Zwischenruf von Ihnen ist die Steigerung, denn es zeigt, daß ich im Punkt bin.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Das ist ein Kaspertheater, wissen Sie! Unter Ihrer Würde ist das, Herr!)

    — Ja, ich weiß es ganz genau. Jetzt kommt das, was unter Würde ist,

    (Wehner [SPD]: Unter Ihrer Würde!)

    nämlich daß der Kanzler in Güstrow sagt — Herr Kollege Wehner, da kommt der Satz, den nun keiner mehr im Westen verstehen kann —, Herr Honecker sei so bestürzt gewesen wie er, daß das notwendig sei. Das „bestürzt", das verzeiht jeder, aber „notwendig"! Kriegsrecht in Polen gegen Polen „notwendig"! Das hat das Faß zum Überlaufen gebracht, meine Damen und Herren.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht leider weiter, Herr Kollege Wehner. Dann kam der Vize-Außenminister Rakowski nach Bonn. Als er kam, wußte ich nicht, was ich heute weiß, nämlich daß er damals auch in anderen westlichen Hauptstädten angeklopft hatte. Die hatten aber gesagt: Sie sind uns willkommen, wenn einer von uns Herrn Walesa besuchen darf. — Herr Rakowski war nur in Bonn ...
    Dann kam die Erklärung des Regierungssprechers vom 30. Dezember, die Sowjetunion sei kein Anstifter der Vorgänge in Polen. Da hat man nicht mehr nur die Köpfe geschüttelt, da hat man Sachen gesagt, die ich hier im Hause gar nicht wiederholen möchte.
    Als der Kanzler am 2. Januar in der „New York Times" sagte, in Jalta sei Europa eben verteilt worden, hat das Leuten einen Schock gegeben, die sich bis dahin im Westen geweigert hatten, alle diese Punkte der Liste zu einer einzigen Erkenntnis zusammenzuführen; denn es hieße doch, mit doppeltem Boden zu arbeiten, in Jalta den Großmächten die Teilung und im Deutschland-Vertrag den Deutschen die Einheit zu versprechen. Dies hat ungeheuer gewirkt, und der Bundeskanzler selbst wird sich bei diesen Leuten davon nicht mehr erholen können.
    Dann kam, Herr Kollege Wehner, Ihr Parteitag.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Wenn man Sie hört, hat die NATO-Tagung mit der Bestätigung der gemeinsamen Politik gar nicht stattgefunden! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Nun lassen Sie mich das doch alles hier erst einmal ausführen, auch wenn Ihnen das nicht paßt. Ich sagte das schon.

    (Löffler [SPD]: Ein bißchen Konzeption wäre uns lieber!)

    Dann kam Ihr SPD-Parteitag, Herr Kollege Löffler.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Jetzt kommt etwas Konkretes!)

    Da haben Sie im April 1981 ohne sichtbaren Widerstand des Kanzlers aus der verbindlichen Zusage zur Nachrüstung eine offene Option gemacht. Der Beschluß der NATO und des Bundestags heißt: Wir werden nachrüsten, wenn die Sowjetunion nicht bis dann und dann ihre Vor- und Überrüstung wegnimmt. Der Beschluß des SPD-Parteitags heißt: Wir werden prüfen, ob wir nachrüsten werden. Das sind zwei Welten, meine Damen, meine Herren.
    Da braucht sich keiner mehr zu wundern, und diesen Sprung im Glas wird keine PR-Aktion und nicht einmal der Charme der Kollegin Frau Hamm-Brücher wieder wegnehmen. Das wird nur eine neue Politik machen können, eine Politik der Verläßlichkeit, nicht des Vielleicht und nicht des Dazwischen, sondern eine Politik, die versucht, unsere Interessen, die wir haben — ich habe das vorhin an einem Punkt sehr deutlich gesagt —, nicht zwischen den Blöcken, sondern im Westen deutlich zu machen; denn unser Gewicht in Moskau, in Ost-Berlin und in Prag ist so stark, wie es im Bündnis und in der Gemeinschaft ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn der Bundeskanzler hier wäre, hätte ich ihn an unsere Debatte vom 24. Januar 1979 erinnert, wo ich ihn nach Bismarcks Schaukelpolitik gefragt habe, die vielleicht sein Vorbild sei, worauf er ausweichend geantwortet hat. Ich will auch all die anderen Zitate aus seinem Munde nicht nennen, auch nicht das, was Kissinger im ersten Band der Memoiren über diese Politik und im zweiten Band über den



    Dr. Barzel
    Kollegen Brandt sagt, sondern ich möchte ein Zitat hier einbringen, das mich wirklich beschäftigt, und irgend jemand wird es dem Kanzler nahebringen, daß er dies wenigstens liest.

    (Löffler [SPD]: Bringen Sie doch einmal Gedanken von sich!)

    — Herr Kollege Löffler, ich bin die ganze Zeit dabei zu denken, zunächst kritisch und analytisch. Wenn man gegen eine Regierung und gegen eine Koalition auftritt, wird man j a erst mal denken dürfen, was die falsch machen. Was wir richtig machen, haben Herr Kollege Kohl, Herr Wörner, Herr Stauffenberg und Herr Dregger in einer eindrucksvollen Weise vorgetragen, und ich habe es oft genug gesagt. Sie werden mich nicht von meinem Faden abhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte zitieren, was der Kanzler in Tutzing gesagt hat. Jedermann weiß, daß ich ihn nicht als Watschenmann oder Pappkameraden aufbaue. Als ich am 26. Januar 1982 Pressetexte las, habe ich das nicht geglaubt und dem Kanzleramt gesagt: Gebt mir bitte einmal einen verbindlichen Text. Das dauerte ein paar Wochen, und dann kam er. Da liest man — ich zitiere nur einen einzigen Satz —: „Sicherheitspartnerschaft kann im Gegenüber nicht ausschließlich den Feind sehen, sondern sie muß den Mitmenschen erkennen, der derselben Gefahr ausgesetzt ist wie ich."
    Herrn Breschnew als Mitmenschen — einverstanden. Herrn Breschnew als Gegenüber — nicht einverstanden. Was er unserem Volk an Teilung, an Schießen, an Drohen, an Vergewaltigung von Freiheit, an Unterwanderung hier antut, läßt mich ihn nicht ein Gegenüber nennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wodurch aber — das ist das Entscheidende — sind die Menschen in Moskau derselben Gefahr ausgesetzt wie ich? Das stimmt einfach nicht. Der Westen hat weder den Willen noch die Fähigkeit zu einem Angriffskrieg. Wir haben aus dem NATO-Kommuniqué gerade erst gelernt: Er wird nicht den ersten Schuß abgeben. Das ist doch hier oft zitiert worden. Wie können dann beide die gleiche Gefahr haben?

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wie kann der Bundeskanzler das total Ungleiche hier gleichsetzen?

    (Graf Stauffenberg [CDU/CSU]: Der Bundeskanzler kann das!)

    Das, meine Damen und Herren, zeigt natürlich, daß wir wieder an dem Punkt der Gleichsetzung

    (Löffler [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — da Sie aufstehen, darf ich es scherzhaft sagen — von Räuber und Gendarm angelangt sind.

    (Löffler [SPD]: Aber daß diese Waffen eben aus der Kontrolle geraten können, das wäre beispielsweise eine gemeinsame Gefahr!)

    — Bitte, wie war das, Herr Löffler? Sie wollten aufstehen? Ich höre Ihnen so gerne zu, wie Sie wissen,
    nicht nur, wenn wir da reden, sondern natürlich auch so.